BayHStA Staatsrat 1, Nr. 27 11 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

1. Abschluß des »Pfalzneuburgischen Deputationsabschieds«

[MF] Vereinbarung mit der Deputation der Neuburgischen Landschaft über die künftige Organisation und Regierungsverhältnisse des Herzogtums Neuburg136; Millionen-Darlehen der Stände.

{2v} 1. Nach beendigten Unterhandlungen und getroffenen Vereinbahrung [sic] mit der bevollmächtigten Deputation der Neuburgischen Landschafft wurde der mit derselben abgeschloßene Deputations-Abschied über die Neuburger Landes und Regierungs Verhältnüße vorgeleget, worin festgesezet, das dortig landschafftliche Commissariat aufzuheben und eine Landes Direction in Neuburg zu errichten, dann ferner die Bestimmung enthalten ist, welche Verfügungen in dem Herzogthume Neuburg künftig mit dem Landtags Ausschuße und der landschafftlichen Verordnung, mit dem Steuerweeßen und Rectification der öffentlichen Abgaaben, mit der Einrichtung der Landgüther, Aufhebung derselben Gebundenheit und des Hoffußes, mit der Justiz Verwaltung und Cameral Regie auf dem Lande und den Militär-Cantons getroffen, auch welche Maaßreglen von seiten der Neuburger Landständen zu Aufbringung eines Anlehens von einer Million ergrieffen werden sollten.

Dieser Deputations Abschied wurde vollkommen gnädigst genehmiget, nur solle bey dem Absatze des Steuerweeßens und Rectification der öffentlichen Abgaaben, wo von Ablößung der Zehendpflichten durch Bezahlung eines berechneten Capitals an den Zehentherrn die Rede ist und auf diesen Falle wegen den Pfarr-Zehenden ein Vorbehalt gemacht ist, derselbe Vorbehalt auch auf die landesherrliche Zehenden anwendbahr gemacht werden.

2. Landesdirektion Neuburg

Organisation der neuen Landesdirektion in Neuburg.

2. Als Folge des vorderen, gnädigst bestättigten Deputations-Abschiedes wurde der Rescripts Entwurf zu Organisirung der neuen Landes Direction in Neuburg, derselben Instruction und des dabey anzustellenden Personalis vorgetragen

{3r} und ebenfalls gnädigst genehmiget.

3. Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzlage der Polizei in München (Hundesteuer; Schutzgelder; Gebühren für Passierscheine).

4. Versetzung und Änderung des Aufgabenbereichs des Aumeisters Christian Näßl137.

5. Versuche zur Rückgewinnung eines Zuschusses von 100.000 fl., den Kurfürst Karl Theodor für den Kauf der Herrschaft Breiteneck aus der Kabinettskasse gegeben hatte.

6. Anerkennungs-Geschenk für den österreichischen Verpflegungsoffizier Schütz wegen seiner Rücksichtnahme auf die Untertanen in den ihm zugewiesenen Gebieten.

7. Versorgung des vormaligen Kammerknaben Maximilian Hund Graf v. und zu Lauterbach durch Verleihung des Titels eines »adeliche[n] Stallmeister[s]«138 und Belassung seiner aus der Kabinettskasse bezogenen Pension.

8. Abweisung des Gesuchs des Edelknaben Ferdinand Freiherr von Geeböck um eine Studienbeihilfe.

9. Fortzahlung des Gnadengehalts für die Freifrau von Wildenau nach ihrer Wiederverheiratung aus der Kabinettskasse.

10. Beziehungen zu Berchtesgaden

[MA] Beziehungen zur Fürstpropstei Berchtesgaden: Übernahme von Kapitalien, Übernahme von Teilen der Reichsanschläge, neue Absprache zum Salinenvertrag von 1795.

10. Auf die verschiedene Ansuchen des Herrn Fürsten Probsten von Perchtersgaden um Übernahm oder Hinausbezahlung zweyer dem Reichsstifte aufgekündeter Capitalien, um Unterstüzung bey den verreichenden neuen Römer-Monathen und Stellung des Quintupli, dann um {4v} eine neue Punctation zum Salinen Vertrag wurde in einem ausführlichen Gutachten vorgeleget, wie die Perchtesgadische Salinen im Jahre 1795 zu Deckung und Sicherheit des Reichenhaller Salzweeßens an das durchleuchtigste Churhauß gebracht worden und wie dermahl die Verhältnüße deswegen stehen, sohin ein Schreibens Entwurf vorgetragen, wie der Herr Fürst in Rücksicht auf seine verschiedene Ansuchen beanthworthet werden könnte.

Das entworffene Schreiben an den Herrn Fürsten solle vor deßen Ausfertigung mittels einer Note dem Geheimen Ministerial Finanz Departement zur Äüßerung hierüber mitgetheilet werden.

11. Beziehungen zu Bamberg

Überblick über die Beziehungen zum Hochstift Bamberg. Viele lokale Konflikte ergäben sich aus der Stellung des Bischofs als Lehens- und Grundherr einer Vielzahl von adeligen Landsassen des Kurfürstentums.

11. Wurde ein Conspect der Verhältnüße, Irrungen und Differenzien, in welche Baiern mit dem Hochstifte Bamberg verwickelt ist, vorgeleget, um aus dem bisherigen Caos dieses publicistischen Gegenstandes nach und nach sich herausfinden zu können, worin vorzüglich die Eigenschafft des Bischoffen von Bamberg als Lehenherr, auch sonst rechter Grundherr über eine ungeheuere Zahl von adelichen Landsaßen, auch anderen Unterthanen herausgehoben und die daraus entstandene Differenzen zergliederet sind.

Über die Differenzen, die aus dieser Eigenschafft mit Bamberg obwalten, ist die oberpfälzische Landes-Direction in ihrem ausführlichen Gutachten zu vernehmen, ihr aber auch aufzugeben, alle Thätlichkeiten zu verhinderen.

12. Hilfe für die notleidende Bevölkerung der Festung Philippsburg wird zugesagt; zunächst sollten jedoch am Reichstag Erkundigungen eingezogen werden, ob und in welcher Höhe andere Reichsstände bereits Hilfe zugesagt hätten.

13. Organisation der Archive

Vorlage von Protokollen über Organisation, Separierung und Unterbringung der Archive.

13. Wegen Einrichtung der Geheimen Archiven wurde ein weiteres Protocol vorgeleget, worin über Einricht-, Separir- und beßerer Local-Unterbringung der Archiven, dann anderer dahin einschlagender Gegenständen verschiedene Verfügungen zu treffen verabredet wurde.

Die in diesem Protocol gefaste Beschlüße erhielten die gnädigste Bestättigung.

[MGeistl] 14. Bestätigung des Status des Kollegiatstifts zu Neuburg unter seinem Dekan Carl Philipp Schönmezler.

[MJ] 15. Bewilligung des Titels als Geheimer Rat für Franz Nikola Freiherr von Spon.

16. Aufenthaltsgenehmigung für den französischen Emigranten Graf von Coinbarel.

17. Wiederzuweisung der Stelle als Oberamtsverweser, Zentgraf und Gefällsverweser in Lindenfels/Pfalz an Wilhelm Morlock nach längerer Krankheit.

18. Belohnung für den Schuhmachergesellen Daniel Breitenbucher, der in Schwetzingen die durchgehenden Kutschpferde der Kurfürstin gebändigt hatte »und dadurch einem vielleicht entstandenen größeren Unglück vorgekommen«: Verleihung des Bürger- und Meisterrechts in einer pfälzischen Stadt.

19. Besetzung der Stelle als Oberamtsverweser in Umstadt/Pfalz mit Carl Martin.

20. Abgabe aller alten Siegel an das Landesarchiv angeordnet.

21. Bestandsgarantie für das Wechselgericht zweiter Instanz

Das Wechselgericht 2. Instanz solle (entgegen Antrag) nicht mit dem Hofrat vereinigt werden, sondern selbständig bleiben.

{6v} 21. Wegen dem Wechselgericht 2. Instanz wurde in einem gefasten Gutachten der Antrag gestellet, daßelbe aufzuheben und deßen Geschäffte mit churfürstlichem Hofrath der von diesem dagegen gemachten berichtlichen Einwendungen ohngeachtet, zu vereinigen.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen das Wechselgericht 2. Instanz nach seiner bisherigen Verfaßung bestehen laßen.

22. Bericht des Hofrats über Vollzug des kurfürstlichen Reskripts vom 17. September in der Angelegenheit des Grafen Königsfeld139.

23. Die Vorschläge zur Aufarbeitung der seit langem beim Revisorium anhängigen Prozesse seien mit dem Ministerialdepartement für Finanzen abzustimmen.

24. Vorläufige Rückstellung des Gesuchs des Kanzlers der Regierung Neuburg, Carl Freiherr v. Hartmann, ihm die Stelle als Vizepräsident des neuen Regierungs-Gremiums zu verleihen.

25. Nachlaß der Kanzleitaxe für die Festsetzung der Besoldungserhöhung der Neuburger Regierungsboten Paul und Alois Crusius.

Anmerkungen

136
Der »Pfalzneuburgische Deputationsabschied über die Neuburgischen Landes- und Regierungsverhältnisse«, datiert auf den 5. Oktober 1799, findet sich im Volltext gedruckt bei Mayr, Sammlung, Bd. 1, Nr. II.77, S. 116-124, in Auszügen bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 2, S. 44-56. Zur Bedeutung des Dokuments, das einerseits die ursprünglich geplante Unterstellung Neuburgs unter die General-Landesdirektion aufhob und die Selbstregierungsrechte des alten Herzogtums stärkte, andererseits (im Konsens mit den Ständevertretern, mit denen Montgelas persönlich gut bekannt war) eine Reihe von Reformen programmierte, deren Umsetzung in Kurbayern um diese Zeit noch unmöglich gewesen wäre (vor allem die Einführung einer einheitlichen Grundsteuer und von Konsumtionssteuern betreffend), siehe Weis, Montgelas, Bd. 2, S. 243-247 (Hinweis auf die zugehörigen Akten S. 244 Anm. 3). Er bewertet den Rezeß freilich als »eine rein theoretische Abhandlung, eine Absichtserklärung über Reformvorhaben …, die von Montgelas und den reformfreudigen Neuburger Landschaftsverordneten gemeinsam ausgearbeitet wurde, die aber wegen des Widerstands des Neuburger ständischen Adels bis zum Ende der Ständeverfassung 1807 keine praktischen Auswirkungen hatte« (S. 247).
137
Genannt als »Wildbahner und Aumeister« im HStK 1800, S. 184.
138
Vgl. HStK 1800, S. 50.
139
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 17. September 1799, TOP 17).