BayHStA Staatsrat 381, Nr. 1 16 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 2. Mai 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, Utzschneider, [MJ:] Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca. Entschuldigt: Löwenthal.

1. Neuorganisation der Ministerien und des Staatsrats

Montgelas bringt den Mitgliedern des Staatsrats die kurfürstliche Verordnung vom 14. April 1801 über die Reorganisation der Ministerialverwaltung328 zur Kenntnis, die u.a wöchentliche Sitzungen des Staatsrat anordnet. Montgelas legt weiterhin den Plan vor, für jedes Ministerial-Departement eine eigene Kanzlei und ein eigenes Expeditionsamt zu schaffen und auch die Registratur entsprechend aufzuteilen. Debattiert werden die daraus sich ergebenden Änderungen bei der Einhebung der Taxgelder der Geheimen Kanzlei, die Aufteilung allgemein wichtiger Akten und die Abgaben der Registraturen an das Archiv (Arbeitsaufträge an die Referendäre Steiner, Zentner und Krenner sen.). Die Betreffe der Kurpfalz und Jülich-Bergs bleiben bis auf weiteres dem MA zugeordnet. Die Modalitäten der Bekanntmachung der neuen Ministerial-Organisation bei den nachgeordneten Landesstellen soll Zentner erarbeiten.

Aus der Debatte von fünf Anfragen aus dem MF zur Durchführung der Neuorganisation ergeben sich folgende Grundsatzentscheidungen: Um die Behandlung aller einzelnen Gesuche wegen Pensionszahlungen im Plenum des Staatsrats zu verhindern, soll das MF möglichst bald einen Entwurf für ein allgemein gültiges Pensions-Reglement vorlegen. Jedes Departement wird eine genaue Liste jener Betreffe aufstellen, deren Behandlung in den Staatsrat gehört. Im Zweifelsfall entscheidet der Minister darüber, ob eine Frage im Ministerialdepartement behandelt werden kann oder in den Staatsrat gebracht werden muß. Dabei bleiben die bisherigen Modi der Entscheidungsfindung innerhalb des Ministerialdepartements unverändert. Dagegen komme die Entscheidung, eine bestimmte Frage sogleich bzw. nur in der Geheimen Staatskonferenz zu behandeln, allein dem Kurfürsten zu. Die »Polizei-Gegenstände« werden dem MJ zur alleinigen Bearbeitung zugewiesen; in Fragen der »Staatswirthschafft« oder der »Nahrungssorge« solle es aber in Benehmen mit dem MF entscheiden. Der Staatsrat entscheidet bei Konflikten zwischen den Ministerien, welchem Departement die Federführung in einer bestimmten Frage zusteht.

Den Referendären Zentner, Krenner jun., Stichaner und Branca wird die Erarbeitung einer Regelung übertragen, die die große Zahl der direkt beim Kurfürsten eingereichten Bittschriften vermindern und für deren Weiterleitung an die direkt zuständigen Stellen sorgen soll.

{2r} 1. Des Herrn Geheimen Staats- und Konferenz-Ministers Freiherrn von Montgellas Excellenz {2v} eröfneten dem heute am 9 Uhr sich versammelten Staatsrathe, daß Seine Churfürstliche Durchlaucht zu Hebung der bis gegenwärtig häufig eingetrettenen Collisionen zwischen den verschiedenen Ministerial Departements, zu Minderung der eine zu häufige Schreiberey veranlaßenden Communicationen unter denselben, und um in den Geschäftsgange mehr Einheit und Übereinstimmung zu bringen, gnädigst beschlossen hätten, die seither selten eingetrettenen Staatsräthe nun wöchentlich einmal, oder, wenn Wichtigkeit und Dringenheit der Gegenstände es erfodere, auch öfter halten zu lassen. Die deswegen erlassene höchste Weisung, welche auch den Geschäftskreis jedes Ministerial Departements und die Organisation in dem Staatsrathe selbsten in sich fasse, seye nicht mehr nöthig abzulesen, weil solche jedem Departement mitgetheilet worden und folglich zur Kenntnis eines jeden Mitglieds gekommen seye.

Nach dem Sinne dieser höchsten Entschliessung {3r} komme es nun darauf an, in der heutigen Sitzung jene Erinnerungen zu hören, welche allenfalls von einem oder dem andern der Mitglieder der Ministerial Departements gegen die innere Organisation des Staatsrathes gemacht werden wollten, dann in Überlegung zu nehmen, wie die darin enthaltene höchste Absicht rücksichtlich der Expeditur, Registratur, und Geheimen Kanzlei am zweckmäsigsten ausgeführet und wie die erneuerte Ministerial Instruktion und Organisation des Staatsrathes an die Landesstellen ausgeschrieben werden solle.

Des Herrn Ministers Freiherrn von Montgellas Excellenz entwickelten hierauf ihre Meinung, wie die Geheime Kanzlei, Registratur, und Expeditur für das gegenwärtige Systeme passend einzurichten seye und äußerten, daß solches am zweckmäsigsten geschehen könnte, wenn nach dem Beispiele des Ministerial Departements der auswärtigen Geschäfte jedes Ministerial Departement seine eigene Expeditur und Kanzlei erhielt, und die zeither bestandene Geheime Registratur nach den vier Ministerial Departements eingetheilet {3v} würde, welches mit der Intention Seiner Churfürstlichen Durchlaucht ganz übereinstimme, indeme die gegenwärtige Einrichtung der Registraturen und Expeditur dem Staatsdienste wenig Nutzen gewähre. Nachdeme gegen diese Meinung und den rücksichtlich der Erheb- und Verrechnung der Geheimen Kanzlei-Taxgelder, dann wegen Trennung der oft in mehrere Departements zugleich einschlagenden Acten damit verbundenen Schwürigkeiten mehrere Erinnerungen gemacht waren, wurde sich über die dabei zu beobachtende Grundsätze dahin vereinbahret, daß die Erheb- und Verrechnung der zeither bei der Geheimen Kanzlei erhobenen Taxgelder künftig bei den Landesdirektionen der verschiedenen Provinzen besorget und diesen die hiernach nöthige Instructionen ertheilet, eben so auch die Geheimen Registraturen nach den vier Ministerial Departements in Fächer eingetheilet und dabei näher auseinander gesetzet werden solle, was zu den Registraturen und was zu den Archiven gehöret. Zu näherer Ausführung des ersten Gegenstandes

wurde der Geheime Finanz-Referendär Herr von Steiner zu Faßung einer Relation, und der Geheime Rath Herr von Zentner wegen dem {4r} ihm übertragenen Referat der mittelpfälzisch- und niederländischen Gegenständen zu Fertigung einer Corelation beauftraget. Rücksichtlich des zweiten [Gegenstandes] erhielt Herr Geheimer Referendär von Krenner der ältere den Auftrag, nach vorherigem Benehmen mit dem Landes-Archivar von Sammet über die Art der Registraturs-Einrichtungen nach den angenommenen Grundsätzen seinen Vortrag in einem der nächsten Staatsräthe zu erstatten. Zugleich wurde auch vestgesezt, daß während der provisorischen Verwaltung der rheinischen Provinzen durch das Ministerial Departement der auswärtigen Geschäfte die von da einlaufende Berichte und Vorstellungen wie zeithero in dem Protocollo rerum exhibitarum dieses Departments eingetragen und, nachdem die darauf von den einschlägigen Herrn Referendär entworfene Entschließungen in der Kanzlei jenes Departements, wohin sie nach der ersten Ministerial Instruction gehörten, geschrieben, auch expediret werden sollen.

Wegen Ausschreibung der erneuerten {4v} Ministerial Instruction und Staatsraths Organisation an die Landesstellen zu ihrer Richtschnur wurde nach Umfrage für gut gefunden, solche nur extractive, soviel eine jede Stelle betrift, hinaus zu geben und zu diesem Zwecke einen Entwurf einer solchen Bekanntmachung fertigen zu lassen,

welches zu bewerkstelligen dem Herrn Geheimen Rath von Zentner aufgetragen wurde.

Von seiten des Ministerial Finanz-Departements wurde hierauf über einige Stellen der neuen Ministerial Instruction um Erläuterungen angefraget, nämlich:

a) Sollten nach der Instruction alle Pensionen und Dienstvergebungen in dem Staatsrathe vorgetragen werden? Da die Menge derlei Pensions-Verleihungen von geringer Bedeutung oft einen ganzen Staatsrath ausfüllen würden, so erfodere dies eine nähere Bestimmung.

b) Seyen mehrere Gegenstände, welche dem Finanz-Departement übertragen, in der Staatraths-Organisation nicht begrifen – wem daher zu entscheiden obliege, welcher Gegenstand zu dem Staatsrathe geeignet seye? {5r}

c) Ob der in dem Art. 6 § a der Staatsraths Organisation enthaltene Ausdruck von den majoribus seines Departements die Folge habe, daß künftig in den Departements-Sitzungen nach den majoribus concludirt werden müsse?

d) Wem zu entscheiden vorbehalten bleibe, welche Gegenstände nach dem Art. 15 zur Geheimen Staats-Conferenz alleine geeignet seyen?

e) Ob die wegen den Polizei-Verhältnissen für das Ministerial Justiz-Departement in der Ministerial Instruktion enthaltene Stellen in dem weiten oder engen Sinne genommen und zu verstehen seyen, folglich alles dahin Einschlagende von diesem Department besorget werde?

Zu Beantwortung dieser Anfragen wurde, nach vorheriger Berathung und Umfrage, folgende Entschließungen gefaßet:

ad a) Habe es blos die Absicht, daß das Ministerial Finanz Departement ein Pensions-Reglement für die ganze Dienerschaft entwerfen und selbes im Staatsrathe vortragen solle, wo sodann, wenn dieses die churfürstliche höchste Genehmigung erhält, dem Finanz-Departement die Verbescheidung jedes {5v} einzelnen Falles hiernach überlassen bleibe.

ad b) Die Entscheidung bleibe dem Chef iedes Ministerial Departements übertragen, doch wurde bei diesem Veranlaße beschlossen, daß iedes Departement eine genaue Übersicht der Gegenstände entwerfe, welche dasselbe nach seiner Meinung zum Staatsrathe geeignet glaube.

ad c) Dieser Ausdruck ändere nichts an der bisherigen Observanz, sondern solle genommen werden, als ob es heiße, von dem Schluße seines Departements.

ad d) Bleibe der höchsten Entscheidung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht überlassen.

ad e) Die Polizei-Gegenstände sollen nach dem Innhalt der neuen Ministerial Instruction von dem Ministerial Justiz-Departement vernehmlich mit dem Ministerial Finanz-Departement allein bearbeitet und besorget *und nur in Gegenständen, welche auf die Staatswirthschafft und die Nahrungssorge einzelner Unterthanen oder ganzer Gemeinden Bezug haben, mit dem Ministerial Finanz Departement Benehmen gepflogen* [Einfügung am Rand von der Hand Kobells] werden. In Fällen aber, wo Zweifel entstehen, von welchem Departement {6r} die Haupt-Proposition zu führen, solle im Staatsrathe angefraget werden.

Nachdeme noch eine weitere Erinnerung, wie nämlich nach der höchsten Absicht Seiner Churfürstlichen Durchlaucht die in Menge an Höchstsie gebracht werdende Bittschriften vermindert und die Supplicanten angewiesen werden könnten, sich mit ihren Ansuchen gleich an die ohnmittelbare Stelle zu wenden, wodurch sie schneller Entschliessungen erhalten und eine Menge unnöthiger Schreiberey vermieden würde, dadurch erlediget worden, daß

die Geheime Referendärs von Zentner, von Krenner der jüngere, von Stichaner und Branca den Auftrag erhielten, hierüber ihr Gutachten abzugeben.

2. Vortrag Krenner jun.: Für das Zustandekommen einer Anleihe über 200.000 fl., über die die Landschaft gerade mit dem Frankfurter Bankhaus B. Metzler seel. Sohn & Cons. verhandle, sei die Abgabe detaillierter Garantie-Erklärungen zu Konditionen und Rückzahlung durch den Kurfürsten nötig.329

3. Vortrag Krenner jun.: Die Bitte des Franziskanerinnen-Klosters in Ingolstadt um Befreiung von der auf die Bräu-Häuser erhobene Kriegskosten-Anleihe des Staates330 wird unter Hinweis auf die Vermögenseinstufung des Klosters beim Dezimationsbeitrag abgelehnt.

4. Vortrag Krenner jun.: Modalitäten der Eintreibung dieser Zwangsanleihe bei den Brauhäusern in der Oberpfalz; Entscheidung strittiger Einzelfälle in Neumarkt/Opf., Parsberg, Beratzhausen, Breitenegg, Mühlhausen, Pyrbaum und Freystadt.

5. Vortrag Krenner jun.: Mitteilung der Verpflegungskosten für das französische Truppenkommando in München: 11.887 fl. 25 3/8 kr in der Zeitspanne 22. März bis 10. April 1801. Der Betrag wird der Kriegs-Deputation zur Eintragung in die »Haupt-Tabelle« zur Kenntnis gebracht.

6. Vortrag Krenner jun.: Anforderung einer Entscheidung von Kriegsdeputation und Ober-Kriegskollegium, ob die vier im Bereich der Burg von Burghausen für das französische Militär errichteten Backöfen wieder abgerissen werden sollten.

7. Vortrag Krenner jun.: Verbescheidung mehrer Anfragen der Kriegskommission in Neuburg/Donau zu den Modalitäten der Erhebung der Lokal-Umlage für die Kriegskosten dort.

8. Vortrag Schenk: Eine Kommission der Kriegsdeputation bereitet den Rückkauf von Gütern aus den Militärmagazinen der Franzosen vor und sichtet bzw. überprüft die entsprechenden Bestände.

9. Vortrag Branca: Genehmigung zur Einschmelzung des im Rahmen von Requisitionen nach München gebrachten und hier »ganz zerstöret« angekommenen »goldenen Marienbilde[s]« aus Ingolstadt.

10. Vortrag Branca: Anweisung an die Kriegsdeputation zur Prüfung, ob das Augustinerchorherren-Stift Schlehdorf Anspruch auf Minderung der ihm auferlegten Summe von 1.304 fl. 30 kr. habe, die es als Ersatz für nicht mehr auffindbares Kirchensilber zahlen müsse.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

328
»Die Organisation des Staats Rathes, und nähere Bestimmung des Geschäftskreises einiger Departements betreffend«; BayHStA MA 70349, fol. 62-73 (Ausfertigung für MA). Den Text hatte Zentner ausgearbeitet. Vgl. Dobmann, Zentner, S. 90-92 und Schimke, Regierungsakten, S. 334f. Anm. 47; die hier erwähnte »undat. Weisung des Kurfürsten zur Organisation des Staatsrats und zur Kompetenzabgrenzung der Ministerialdepartements« in BayHStA StR 1721 (unfol.) ist textidentisch mit der Verordnung vom 14. April.
329
Vgl. Ullmann, Staatsschulden, Tl. 1, S. 94.
330
Es handelte sich um eine 1801 ausgeschriebene fünfprozentige Zwangsanleihe bei den bayerischen Brauhäusern mit einem Volumen von 150.750 fl.; siehe Ullmann, Staatsschulden, Tl. 1, S. 94.