BayHStA Staatsrat 164

9 Blätter. Unterschriften des Königs und des Ministers. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Hompesch.

Geheime Räte: Graf v. Preysing; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Johann Nepomuk v. Krenner; Freiherr v. Stengel; Franz v. Krenner; v. Effner; Schenk; Freiherr v. Asbeck; Feuerbach.

Hypothekenrecht

Feuerbach trägt die Ergebnisse vor, die sich aus seinen Beratungen mit der Hypothekenkommission ergeben haben. Im Mittelpunkt stehen die allgemeinen Hypotheken (u.a. die freiwilligen, die der Ehefrauen, die der Minderjährigen und Entmündigten, die des Staates, die gerichtlichen), die teils modifiziert, teils aufgehoben werden sollen. Feuerbach erhält den Auftrag, die entsprechend den Modifikationen ausgearbeiteten gesetzlichen Bestimmungen zuerst der Hypothekenkommission und dann dem Geheimen Rat vorzutragen.

{1r} 1. In gehorsamster Befolgung des von Seiner Majestät dem Könige ertheilten Befehles, daß auch während der Verlegung des allerhöchsten Hoflagers nach Dillingen1150 die geheime Raths Sizungen fortgesezt werden sollen, {1v} versammelte sich der geheime Rath diesen Morgen um ½ 11 Uhr unter dem Vorsiz Seiner Excellenz des königlichen geheimen Staats- und Konferenz Ministers Freiherrn von Hompesch, da Seine Königliche Hoheit der Kronprinz sich zur Armee begeben, Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas dem allerhöchsten Hoflager gefolget, und Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Graf von Morawizky verhindert waren, der Sizung beizuwohnen.

Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch forderten die königliche geheimen Räthe auf, von den bearbeiteten Gegenständen diejenige vorzutragen, welche dringend sein könnten.

Geheimer Rath von Feuerbach bemerkte hierauf, daß es nöthig sein würde, dem versammelten geheimen Rathe die Resultate vorzutragen, welche sich bei der auf allerhöchsten Befehl vereinigten Commißion aus der Mitte des geheimen Rathes {2r} wegen den allgemeinen Hypotheken und der Hypotheken wegen noch unbestimmten Forderungen ergeben1151. Von Feuerbach äußerte, daß er in einem ausführlichen Vortrage, der sowohl den Mitgliedern der Commißion als auch den übrigen des geheimen Rathes mitgetheilt worden1152, zuerst das Streitige von dem Unstreitigen scharf abgesondert, die ein für allemal fest stehende Grundsäze und Grundbegriffe nochmals bestimmt bezeichnet und so den Streitpunkt, auf welchen allein die Discußionen gerichtet sein könnten, genau fixiret habe.

Er habe der Comißion die unstreitige und unbestreitbare Säze vorgetragen, und ihr die Modifikazionen vorgelegt, die bei den in der früheren geheimen Raths Sizung bestrittenen Puncten auch mit Beibehaltung des ganzen Sistems eintreten könnten.

Diese bestrittene Puncte der Hypotheken Geseze umfaßten

I.) die willkührlich allgemeine Hypotheken. Die Gründe, die für die Belaßung dieser auf freiwilligen Verträgen beruhenden Hypotheken in dem {2v} Gesezbuche sprechen, wurden vorgelegt, dabei aber auch gezeigt, daß dadurch schon die gewünschte Einfachheit des Sistems verloren gehe, und daß alle Bedenklichkeiten, welche bei den allgemeinen Hypotheken der Ehefrauen eintreten, auch hier vorhanden seien.

II.) Allgemeine gesezliche Hypotheken der Ehefrauen. Geheimer Rath von Feuerbach führte die Bedenken, die gegen diese Hypotheken erhoben worden, aus und zergliederte die Folgen, welche die aufgestellte Sisteme nach der neuen Gesezgebung für die Ehefrauen haben müßten. Um aber den nicht ungegründeten Bedenklichkeiten gegen diese Hypotheken so viel möglich abzuhelfen, habe er der Comißion verschiedene Vorschläge zur Abänderung der hierauf sich beziehenden Gesezes Stellen vorgelegt, die auch von der Commißion mit wenigen Zusäzen angenommen worden.

Geheimer Rath von Feuerbach las aus dem Vortrage diese Vorschläge ab, und bemerkte die Zusäze, welche die Commißion {3r} beigefüget, erinnerte auch, daß wenn diese Vorschläge von dem geheimen Rathe genehmiget würden, so seien die Bedenklichkeiten gehoben, und die Sicherheit der Ehefrau seie auf einem andern Wege ziemlich erreicht. Diese Modifikazion des Sistems gewähre übrigens den Vorzug, daß 1) die von dem hohen Staats Rathe schon gebilligte, übrigens allerdings bedenkliche Eintragung der Hypothek ex officio ganz hinwegfalle, 2) daß also die Lehre von der Eintragung des Besiz Titels vereinfacht werde, 3) daß ein Reductions Gesuch des Ehemannes nach schon geschehener Eintragung nicht mehr statt finde, weil die Reduction gleich anfangs geschehe, daß also 4) die General Hypothek der Ehefrau den Special Hypotheken in effectu völlig aßimiliret sei, mithin 5) insoferne das Sistem an Einfachheit gewinne.

Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch ließen über diese Vorschläge {3v} zu Abänderung der allgemeinen gesezlichen Hypotheken nach den früheren Erinnerungen des geheimen Rathes, welche die Commißion mit einigen Zusäzen angenommen, abstimmen, woraus sich ergab,

daß der geheime Rath sich einstimmig mit der Meinung der Commißion vereinigte.

III.) Gesezlich allgemeine Hypotheken der Minderjährigen und Interdizirten. Geheimer Rath von Feuerbach stellte die Paralelle zwischen der alten und neuen Gesezgebung auf, um zu beweisen, daß leztere den Kredit des Vormundes nicht übermäsig belaste, und daß dieselbe eher zu wenig für den Pupillen gesorgt habe, um den Kredit des Vormundes desto mehr zu sichern. Indessen, da nach den gemachten Einwendungen und Gründen zu schließen, daß es nicht eigentlich weder die Pupillar Hypothek noch die Allgemeinheit derselben seie, gegen welche Bedenken eintreten, sondern nur die Art, wie die Allgemeinheit dieser Hypothek geltend gemacht werde, den Anstoß {4r} begründe, so habe er der Commißion verschiedene Anträge vorgelegt, wie diesen Bedenklichkeiten ohne große Schwierigkeiten abgeholfen werden könne.

Geheimer Rath von Feuerbach las dem geheimen Rathe diese in dem Vortrage enthaltene Anträge über die gesezlich allgemeine Hypotheken der Minderjährigen und Interdizirten vor, und bemerkte, daß die Commißion sich mit denselben vereiniget, und nur über die Bestimmung der Summe, welche zur Sicherheit der Pupillen inskribiret wird, folgende Grundsäze angenommen habe.

Die Summe solle bestimmt werden a) nach dem Werth der Kapitalien und Mobilien, b) nach dem Werthe des jährlichen Ertrages c) nach dem vierten Theile des Werthes der Immobilien. Von Feuerbach erinnerte, daß die lezte Bestimmung durch die Mehrheit der Stimmen bei der Commißion zwar angenommen worden, daß aber einige Mitglieder die {4v} Erinnerung gemacht, daß dieselbe für den Vormund zu lästig und überhaupt zu streng sei, weil eine Deterrioration des vierten Theils bei der beständigen Aufsicht des Familien Rathes und bei den demselben eingeräumten Rechten nicht wohl eintreten könne.

Da diese lezte Meinung auch von mehreren Mitgliedern des geheimen Rathes in den eingetretenen Discußionen geäußert wurde, so sahen Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch sich veranlaßt, hierüber abstimmen zu laßen

wodurch nach der Mehrheit der Stimmen folgender Beschluß gefaßt wurde.

Alle Anträge des geheimen Raths von Feuerbach über die gesezlich allgemeine Hypotheken der Minderjährigen und Interdizirten, so wie die Zusäze der Commißion wurden angenommen, nur solle die Bestimmung wegen der Inskripzion auf den vierten Theil des Werthes der {5r} Immobilien der Pupillen dahin abgeändert werden, daß, um dem Familien Rathe bei Anordnung der Inskripzion mehr Spielraum zu laßen, und den Kredit des Vormundes nicht mehr als nöthig zu belasten, Folgendes in das Gesezbuch aufgenommen werden [solle]: „c) Rüksichtlich der möglichen Deterrioration der Substanz unbeweglicher Güther des Pupillen solle nach Ermeßen des Familien Rathes und nach Größe der Gefahr der Deterrioration die Inskripzion auf den 4ten bis 10ten Theil derselben geschehen.“

IV.) Allgemeine Hypotheken des Staates. Hiebei bemerkte geheimer Rath von Feuerbach, daß er es für hinlänglich gehalten, diese der Vollständigkeit wegen bei der Commißion nur anzuführen; da der Antrag, die allgemeine Hypotheken gleich bei der Eintragung zu reduziren, von dem Finanz Ministerio in der früheren Sizung selbst gemacht worden, so habe er die ohnehin nicht schwierige Frage, {5v} wie die Reduction geschehen solle, mit Stillschweigen in seinem Vortrage übergangen. Die Commißion habe seine Ansicht getheilt.

V.) Allgemeine gerichtliche Hypothek. Geheimer Rath von Feuerbach erklärte die Natur der allgemeinen gerichtlichen Hypotheken, und führte die Säze wiederholt aus, welche er der Commißion über diesen Theil der Hypotheken Gesezgebung vorgetragen.

Er habe angetragen, da es darauf ankomme, das Sistem zu modifiziren, daß die gerichtliche Hypotheken ganz aufgehoben werden. Folgende Gründe unterstüzten diesen Antrag:

1.) Weil alle Maaßregeln, welche getroffen werden könnten, um diese Hypothek gleich den übrigen zu modifiziren, entweder gar keine oder nur halbe Maaßregeln sein würden. 2.) Weil bei den Modifikazionen, welche die übrige Hypotheken erleiden, die gerichtliche Hypothek allein in ihrer Anomalie stehen bleiben würde, {6r} und es sich nicht der Mühe lohne, um einer einzigen Hypothek willen die Einfachheit des Sistems zu stören. 3.) Weil, wenn es auch besser wäre, sie in dem Gesezbuche zu laßen, gleichwohl unter solchen Voraussezungen räthlich sei, das Bessere dem Guten aufzuopfern. 4.) Weil, wenn auch dadurch eine kleine Lüke enstehen sollte, gleichwohl in der künftigen Prozeß Ordnung durch Beschleunigung der Execution, durch Verschärfung der Executions Mittel wieder nachgeholfen werden könne. 5.) Weil die Auslassung derselben mit anderen Lehren des Gesezbuches nicht gerade im Widerspruche stehe. 6.) Weil auch in dem Sisteme der bisherigen Gesezgebung diese Hypothek nicht vorkomme, und in so ferne die Erfahrung hoffen lasse, daß man sie auch künftig entbehren könne, denn das pignus praetorium und judiciale1153 seie etwas ganz anders als die gerichtliche Hypothek im Sinne des neuen Sistems.

Die Mehrzahl der Commißions Mitglieder habe sich {6v} mit seinem Antrage vereiniget, einige hingegen hätten die Weglaßung der gerichtlichen Hypotheken für bedenklich gefunden, und Modifikazionen in den Bestimmungen in Antrag gebracht, aber im Allgemeinen sich für ihre Beibehaltung erkläret.

Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch ließen bei diesen verschiedenen Ansichten abstimmen

und die Mehrheit der von den Mitgliedern des geheimen Raths abgegebenen Stimmen entschied so wie die Mehrzahl der Kommißions Mitglieder für die Weglassung der allgemeinen gerichtlichen Hypotheken.

VI.) Willkührliche allgemeine Hypotheken wegen unbestimmten Forderungen. VII.) Gesezliche Hypotheken wegen unbestimmten Forderungen und VIII.) richterliche Hypotheken wegen unbestimmten Forderungen.

{7r} Geheimer Rath von Feuerbach las wegen diesen drei Puncten die in seinem Vortrag ausgeführte Meinungen ab, und äußerte, daß die Commißion sich mit demselben vereiniget habe.

Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch ließen über diese drei Titel der Hypotheken Geseze abstimmen,

und der geheime Rath nahm die Entscheidungen der Commißion über diese drei Titel an.

Geheimer Rath von Feuerbach legte dem geheimen Rathe folgende Resultate vor, die sich Ausnahm der gemachten Vorschläge ergeben.

1.) Die Hypotheken zerfielen ihrem Titel nach nur in zwei Gattungen, willkührliche, gesezliche (die richterliche würde verschwinden); 2.) die Allgemeinheit der in dem Vortrage benannten Hypotheken würde unverändert bleiben, nämlich die Allgemeinheit in dem Sinne des neuen Gesez-Buches, dagegen würden 3.) alle Hypotheken darin einander gleich, daß sie nur für eine bestimmte Summe {7v} eingetragen werden könnten (Hypotheken für blos eventuelle übrigens bestimmte Forderungen würden bleiben). 4.) Alle Hypotheken würden darin einander gleich, daß sie in Ansehung der Güther, worauf die Inskripzion zu nehmen, gleich anfangs bestimmt werden müßten. Daher würde 5.) die Lehre von dem Reductions Gesuch ganz hinwegfallen, folglich 6.) überhaupt manche scheinbare Anomalie und Verwikelung des ganzen Sistems gehoben, und dadurch, wenn Einfachheit ein unbedingter Vorzug der Gesezgebung sei, dem baierischen Hypotheken Sistem noch ein neuer Vorzug vor dem französischen genommen werde.

Es komme nun darauf an, ob die hiernach nothwendig werdende neue Redigirung der gesezlichen Bestimmungen über die Hypotheken, womit er sich nun beschäftigen werde, gleich dem versammelten geheimen Rathe oder zuerst wieder der Commißion zur Prüfung vorgetragen werden solle. Über diese Frage {8r} erbitte er sich die Entscheidung des geheimen Rathes.

Der geheime Rath entschied, daß die von dem geheimen Rathe von Feuerbach zu bearbeitende neue Redaction der gesezlichen Bestimmungen über die Hypotheken zuerst der Commißion und dann dem versammelten geheimen Rathe zur Prüfung vorgetragen werden solle1154.

Handelsgerichtsbarkeit in Nürnberg

Stengel trägt über die neue Organisation der Handelsgerichtsbarkeit in Nürnberg vor. Der Geheime Rat akzeptiert die Anträge einstimmig.

2. Der königliche geheime Rath Freiherr von Stengel eröfnete dem geheimen Rathe, daß er in Folge des allerhöchsten Befehles Seiner Majestät des Königs beauftragt worden, über die Anordnung der Handelsgerichte Vortrag zu erstatten.

Freiherr von Stengel erwähnte zuerst der Verfassung, welche dieses Handels Gericht in Nürnberg erster Instanz und das sogenannte Markt-Gewölbe, ein Friedens- und Schiedsrichter Amt in Handels Sachen1155 bis zur Erscheinung des organischen Edictes über die Gerichts Verfassung1156 und bis zur eingetretenen Reform in den Nürnberger Verwaltungs und Justiz Stellen gehabt, und gab dann die Einrichtungen an, nach welchen dieselbe ohne {8v} neue Ausgaben für das Staats Aerarium fortbestehen sollen1157.

Nach einer ausführlichen Auseinandersezung der zu berüksichtigenden Verhältniße legte geheimer Rath Freiherr von Stengel dem geheimen Rathe in einem dem Protokoll beigefügten Vortrage1158 die Anträge vor, welche nach seiner Ansicht über die unentgeltliche Dienste der Assessoren, über die Annahme und Verwendung der Beiträge des Nürnberger Handels-Standes, wegen dem Locale der Handels-Gerichte, wegen den Regie-Kosten, der Gerichts-Ordnung, der Kompetenz und dem Geschäftsgange in Ausübung zu bringen wären.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch ließen über diese Anträge abstimmen

und dieselbe wurden von dem geheimen Rathe einstimmig angenommen. Seiner Majestät dem Könige sollen die in gegenwärtigem Protokoll enthaltene {19r} Entschließungen zur allerhöchsten Bestätigung vorgelegt werden1159.

Genehmigung der Entschließungen durch den König.

Anmerkungen

1150

Der königliche Hof hielt sich zwischen dem 11. April und dem 17. Mai 1809 in Dillingen auf, um sich dem (möglichen) Zugriff österreichischen Militärs zu entziehen. Bayern, Max I. Joseph, S. 560, 568.

1151

Vgl. Protokoll Nr. 33 (Geheimer Rat vom 29. März 1809), TOP 2. Die in Hypothekensachen eingerichtete Kommission trat erstmals am 10. April 1809 zusammen; dazu das Sitzungsprotokoll BayHStA Staatsrat 2035, nicht paginiert, 7 Bll. Kommissionsmitglieder waren Maximilian Graf v. Preysing-Hohenaschau, Nikolaus Freiherr v. Stengel, Johann Nepomuk v. Effner, Paul Johann Anselm Feuerbach (Gesetzgebungssektion), Joseph August Graf v. Toerring-Gutenzell, Georg Friedrich v. Zentner, Carl Maria Graf v. Arco (Sektion des Inneren), Johann Heinrich Schenk, Franz Wilhelm Freiherr v. Asbeck sowie der am 10. April verhinderte Franz v. Krenner (Finanzsektion).

1152

Feuerbach, „Vortrag zu der geheimen Rats Sizung die allgemeinen Hypotheken und die Hypotheken wegen unbestimmter Forderungen betreffend“ vom 5. April 1809, 75 Seiten, BayHStA MA 99501, weiteres lithographisch vervielfältigtes Exemplar BayHStA Staatsrat 2035.

1153

Pignus ist im römischen, dann auch im gemeinen Recht das „Pfand im eigentlichen Sinn, mit dem der Berechtigte ein beschränktes dingliches Recht an fremder Sache erwirbt“ (Kaser, Privatrecht, S. 458). Pfandrechte entstanden u.a. durch richterliche Verfügung, sei es durch Besitzeinweisung (das entsprechende Pfandrecht hieß pignus praetorium), sei es durch „gerichtliche Anordnung der Auspfändung zum Zweck der Vollstreckung eines Urtheils“ (sog. pignus iudiciale). Vgl. Hufeland, Lehrbuch, S. 350, Rz. 803; Arndts, Lehrbuch, § 372, S. 542f. (Zitat); Dernburg, Pandekten, § 270, S. 653f. In zeitgenössischer Terminologie war das Pfandrecht „ein einem Gläubiger eingeräumtes dingliches Recht, sich zur Sicherheit seiner Forderung an eine Sache des Schuldners zu halten, und dieselbe auf den Fall der unterbleibenden Zahlung der Schuld zur Befriedigung seiner Forderung zu veräussern“ (Krüll, Handbuch Bd. 2, S. 244f., § 537).

1154

Zum Fortgang: Protokoll Nr. 48 (Geheimer Rat vom 28. September 1809).

1155

Im sogenannten Marktgewölbe am Herrenmarkt in Nürnberg befand sich seit der Einrichtung einer Warenbörse in den 1560er Jahren das Schiedsgericht in Markt- und Börsenangelegenheiten (Diefenbacher/Endres, Stadtlexikon, S. 672 s.v. Marktgewölbe).

1156

OE betr. „die Gerichts-Verfassung“ vom 24. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 1785-1800; Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 292, S. 756-765; Auszug: Schimke, Regierungsakten, Nr. 50, S. 252-261.

1157

Gemäß dem Organischen Edikt über die Gerichtsverfassung (RegBl. 1808, Sp. 1791, § 24) sollte die Appellation in handelsgerichtlichen Sachen von Nürnberg an das Appellationsgericht für den Pegnitz- und Naabkreis in Amberg gehen. Dies rief spätestens seit dem Sommer 1808 den Protest Nürnberger Handelskreise hervor. Stengel faßte diese Kritik und die Reaktion der Zentralstellen in München in seinem Vortrag im Geheimen Rat (siehe folgende Anmerkung, hier Bl. 2r-2v, § 4) folgendermaßen zusammen: „Nachdem aber der Handelsstand zu Nürnberg gegen diese Anordnung vorstellte, daß die Entfernung dieses Appellazions Gerichts für ihre vielen und wichtigen Handelsstreitigkeiten um so mehr nachtheilig sein würde, als es dabei meistens auf Beschleunigung der Justiz-Hilfe ankomme; daß auch das Appellazions-Gericht zu Amberg (wo es an eigentlichen zu Handels-Gerichts-Prozessen qualifizirten Handelsleuten mangle) nicht also besezt sein würde, um in dieser Anordnung das seinen Geschäften so wichtige allgemeine Vertrauen zu gründen, nachdem auch die königliche Ministerien für die Anordnung eines Handelsgerichts zweiter Instanz zu Nürnberg einstimmten; so haben Seine Königliche Majestät diese Anordnung unterm 17. Jänner l[aufenden] J[ahres] beschlossen; jedoch solle diese Verfügung nur provisorisch sein, bis die Gerichts-Verfassung für Handelssachen mit den künftigen neuen Handels Gesezen im allgemeinen gleichmäsig geordnet werden könne.“ – Näheres zu den hier skizzierten Vorgängen bei Rehm, Handelsgerichtsbarkeit, S. 74-85.

1158

Der von Nikolaus v. Stengel verfaßte, 9 Blätter umfassende Vortrag ist (als lithographischer Druck) im Protokoll zwischen den Blättern 8v und 17r eingebunden und trägt die Überschrift „Die Anordnung der Handels-Gerichte zu Nürnberg betr[effend]. Zum geheimen Rath zufolge des Befehls Seiner Königlichen Majestät vom 20. Februar l[aufenden] J[ahres]“. Die Ausarbeitung ist auf den 7. April 1809 datiert (BayHStA Staatsrat 164; ein weiteres Exemplar des Vortrags in BayHStA Staatsrat 8221).

1159

Mit Verordnung vom 18. Mai 1809 wurde u.a. beschlossen, in Nürnberg „nicht nur das Handelsgericht erster Instanz in der erfoderlichen Verfassung herzustellen, sondern auch, in Erwägung der vorgestellten besonderen Verhältnisse, und um Allerhöchstihrer [sc. der Königlichen Majestät] lieben und getreuen Stadt Nürnberg einen neuen Beweis einer besonderen Aufmerksamkeit zu geben, ein eigenes Handelsgericht zweiter Instanz daselbst anzuordnen“. Zugleich wurde das Gerichtspersonal bestellt. VO betr. die „Anordnung der Handelsgerichte erster und zweiter Instanz in Nürnberg“ vom 18. Mai 1809, RegBl. 1809, Sp. 797-800, zit. Sp. 797f.; weitere Drucknachweise bei Rehm, Handelsgerichtsbarkeit, S. 82 Anm. 5.