BayHStA Staatsrat 8

8 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

König Max Joseph.

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.

Organische Edikte

Vorlage der von der Organisationskommission erarbeiteten „Organischen Edikte“. Montgelas betont, daß die Gesetzesvorhaben genau geprüft werden müssen, weil sie in das Privateigentum und die „persönlichen Rechte“ der Untertanen eingreifen. Um die Meinungsbildung in der Kommission nachvollziehen zu können, sollen vom Antrag des Berichterstatters abweichende Ansichten im Protokoll der Organisationskommission vermerkt werden.

[MA] {1r} 1. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas äußerte, daß er in der heutigen Staats-Konferenz Seiner Königlichen Majestät und dem versammelten Ministerio mehrere organische {1v} Edicte vortragen werde, welche die angeordnete Commißion in Organisazions Sachen73 in Folge der Ihnen ertheilten Aufträge vorgearbeitet. Diese Edicte erforderten nach ihrer Wichtigkeit und der Gegenständen, die sie umfaßen, eine überdachte und genaue Prüfung, weil dieselbe auf das Privat Eigenthum der königlichen Unterthanen sich beziehen, und die persönlichen Rechte derselben berühren. Aus diesem Grunde werde er Freiherr von Montgelas diese Edicte nach ihrem ganzen Inhalte ablesen, und bei jenen Stellen, wo er nach seiner Überzeugung einige Erinnerungen nöthig finde, Seiner Königlichen Majestät seine Bemerkungen beifügen, damit Allerhöchstdieselben nach vernommener Meinung der beiden andern königlichen Minister, die allerhöchste Entscheidung hierauf ertheilen könnten.

Vor allem müße er erinnern, daß von der Organisazions Commißion nur immer die Resultate {2r} ihrer Berathungen und die Edicts-Entwürfe, nie aber die Discußionen selbst vorgelegt würden, die dem Ministerio doch manchen Aufschluß geben könnten, aus welchen Gründen diese oder jene Faßung angenommen worden.

Um dieses für die Zukunft zu erreichen, trage er an, daß der Commißion in Organisazions Sachen durch den geheimen Konferenz Secretaire [Egidius Kobell] mündlich eröfnet werden möchte, daß der Referent der Commißion künftig die Ursachen die eine Abänderung seines Antrages nach der Mehrheit der Stimmenden veranlasset, in Kürze auf dem Konzept bemerke, um dieselbe in das Protocoll nachher aufnehmen zu können.

Seine Königliche Majestät geruheten diesen Antrag zu genehmigen.

Gemeindeverfassung

An einen Vortrag Montgelas’ anknüpfend weist der König die Organisationskommission an, ein Edikt bezüglich der Bildung der Gemeinden auszuarbeiten.

2. Freiherr von Montgelas legte nun das Protocoll der Commißion in Organisazions Sachen vom 16. v[origen] M[onats] vor, worin auf die Bildung {2v} der Communen angetragen wird, und führte alle Gründe an, die die Commißion aufgestellt, um die Nothwendigkeit dieser Regierungs Maaßregel auseinander zu sezen74.

Freiherr von Montgelas äußerte seine Ansicht über die Bildung der Gemeinden, vereinigte sich mit der Commißion, daß die Bildung der Rural-Gemeinden für die Ausführung der Regierungs-Zweke vortheilhaft, und untergab der Entscheidung Seiner Königl. Majestät, was hierüber festgesezt werden solle.

Seine Königliche Majestät haben, nachdem Allerhöchstsie die Meinungen Ihrer Staats Minister vernommen wegen Bildung der Communen Folgendes zu beschließen geruhet.

In Übereinstimmung mit den wegen den städtischen Gemeinden bereits erfolgten Verordnungen75 solle die Bildung der Gemeinden nach folgendem Maaßstabe vorgenommen, und von der Organisazions Commißion das nöthige Edict hiezu {3r} bearbeitet und vorgelegt werden. Daß 1tens die Bewohner einer Stadt eine Stadt-Gemeinde bilden sollen, und daß nach dem Maaße der Bevölkerung diese mehrere Unterabtheilungen erhalten kann. 2tens Daß ein jedes Patrimonial Gericht eine Gemeinde ausmache, und 3tens daß die Rural Gemeinden welche noch gar nicht bestehen errichtet, und hiebei das Maximum auf 1000 und das Minimum auf 250 Seelen angenommen werden solle76.

Gerichtsverfassung

Beratung des Entwurfs eines Organischen Edikts über die Gerichtsverfassung. Der Antrag wird mit geringen Änderungen genehmigt.

3. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas führte jene Anträge an, welche die Commißion in Organisazions Sachen über die Gerichts Verfassung durch das Protocoll vom 14ten v. M. vorgeleget, und begleitete das organische Edict, welches deßwegen verfaßt worden, und welches er ablas, mit den Erinnerungen, die er hiebei zu machen sich aufgerufen fühlte.

Nachdem Seine Königliche {3v} Majestät die Meinungen der beiden andern geheimen Staats Minister ebenfalls erholt hatten, genehmigten Allerhöchstdieselbe den vorgelesenen Edicts Entwurf nach folgenden darin zu treffenden Aenderungen:

Bei § 4 soll der Ausdruck Grundgerichte in diesem § und in dem ganzen Edicte weggelaßen, und dafür Patrimonial Gerichte gesezt werden.

Der § 7 soll mit Umgehung seiner gegenwärtigen Faßung so gesezt werden: § 7. Für die Patrimonial-Gerichte, welche wir als künftig zu bestehende Untergerichte bestätigen werden, wird rüksichtlich ihrer Besezung sowohl als ihres künftigen Bestandes eine eigene Verordnung folgen77.

§ 8 solle so gesezt werden: Die erste Instanz Gerichte der Unserer Souverainetaet untergebenen mediatisirten Fürsten und Grafen nehmen gleiche Verfaßung wie Unsere Untergerichte an.

Bei dem § 11 solle nach den Worten den Unserer Souverainetaet {4r} untergebenen mediatisirten Fürsten und Grafen beigefügt werden: und welchen Wir Ihnen etwa gleich zu stellen für gut finden werden.

In dem § 14 solle statt der unterstrichenen Worte welche keine definitive Kraft haben, gesezt werden: welche nicht definitiv sind; und statt der unterstrichenen Worte, bei definitiven aber, bei denjenigen die eine definitive Kraft haben, aber pp.

Bei dem § 23 solle nach den Worten, in peinlichen Fällen errichtet werden, beigesezt werden: „dieselbe sind zugleich die erste Instanz für die Mediatisirte, und die ihnen etwa von uns assimilirt werdende Fürsten und Grafen.“

In den § 28 solle der Schluß auf folgende Art gesezt werden: „Die Geschäffts und Disciplinar Aufsicht stehet den Praesidenten zu, welche in wichtigen Sachen den Rath der Directoren zu erholen haben.“

§ 30: Solle statt 3 Versammlungen 3 Seßionen gesezt werden.

{4v} Am Schluß des § 31 solle beigefügt werden: „und in 1ter Instanz bei den Civil-Strittigkeiten der Mediatisirten und der ihnen etwa aßimilirt werdenden Fürsten und Grafen.“

Der § 34 solle auf folgende Art gesezt werden: „den wirklichen Besizern der mediatisirten Fürstenthümer und Grafschaften bleibt künftig das bestimmte Austregal-Gericht, so wie es in der Declaration vom 19. März 1807 ausgesprochen78.“

Der § 36 solle wie folgt abgeändert werden: „Wenn zwischen Untergerichten, welche unter demselben Appellazions Gerichte stehen, Kompetenz-Konflikte sich ergeben, so hat das Appellazions Gericht Bericht darüber zu erstatten, und Unsere allerhöchste Entscheidung zu erholen.“

In dem § 37 solle nach den Worten [„]sie erhalten ihre Arbeits Tabellen beigesezt[“] und der Schluß dahin abgeändert werden: „welche sie quartaliter {5r} mit ihren Erinnerungen an das Ministerial Justiz Departement einzusenden, und die allenfalls daselbst entstandene Gebrechen anzuzeigen haben.“

In dem § 43 solle die Stelle wegen der Geschäfts und Disciplinar Aufsicht rüksichtlich der Directoren auf die nämliche Art wie in dem § 28 wegen den Appellazions Directoren [!] verordnet worden, geändert werden.

§ 45 solle statt 3 Versammlungen 3 Seßionen, und in dem § 46 statt dem Schluße die Directoren bleiben in ihren Versammlungen gesezt werden: „die Directoren können nach Gutfinden des Praesidenten *von Zeit zu Zeit* [Textergänzung, Schreiberhand: Kobell] in den Senaten gewechselt werden.“

Der § 51 solle auf die nämliche Art, wie es bei § 36 verordnet wurde, abgeändert werden.

Der § 54 [solle] weggelaßen werden.

Der § 5579 solle auf folgende Art gesezt werden: „Diesem Obergerichte stehet die Aufsicht über die sämmtliche Appellazions Gerichte Unseres Reiches zu. Es kann Uns, wenn es {5v} es [!] Visitazionen derselben nothwendig findet, seinen Anfrags Bericht hierüber erstatten, und nach erfolgter Genehmigung dieselbe abordnen, und Einsicht von dem Gange der Geschäfte nehmen, und Uns sodann mit Anlegung der Protokolle und Beifügung seiner Erinnerungen berichtliche Anzeige über den Befund machen.“

Im § 59 und 60 solle statt dem 1ten 8bris d. J. [= 1. Oktober 1808] der 1te Jänner 1809 ausgesprochen werden80.

Übrigens haben Seine Königliche Majestät die Benennungen Appellazions-Gericht und Oberappellazions-Gericht allergnädigst genehmiget, und allen übrigen §§, die durch vorstehende Befehle keine Abänderung erleiden, Ihre Allerhöchste Bestätigung ertheilet81.

Eherecht

Morawitzky trägt über die Art. 161 bis 164 des in Bayern zu rezipierenden Code Napoléon vor. Die Artikel statuieren bestimmte Eheverbote sowie Dispenskompetenzen. Das dem König zugesprochene Dispensrecht bleibt erhalten.

[MJ] 4. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Morawizky legte Seiner Königlichen Majestät einen allerunterthänigsten {6r} Antrag des Justiz Ministerii vor, welcher durch einige Stellen des Code Napoléon, die auf Dispensation in verbotenen Graden der Verwandschaft und Schwägerschaften Bezug haben, und worüber einige Glieder der Gesezkommißion Zweifel geäußert, veranlaßt worden82.

Herr Graf von Morawizky las die Art. 161, 162, 163 und 164 des Code Napoléon ab83, zeigte welche Gewalt durch den lezten Artikel Seiner Königlichen Majestät in Dispensationen ihrer katholischen Unterthanen gegen verbotene Grade zugesprochen wird, und führte die Bedenken einiger Mitglieder der Gesezkommißion an, welchen die Aufnahme des Art. 164 in das baierische Civilgesezbuch aus dem Grunde bedenklich scheine, weil Heirathen in verbothenen Graden nach Grundsäzen der katholischen Religion verboten, und daher die katholische Unterthanen verpflichtet seien, nur bei den geistlichen Oberen solche Dispensationen nachzusuchen.

Herr Graf von Morawizky {6v} widerlegte in seinem Antrage diesen angeführten Grund, und zeigte, nach welchen Ansichten das Ministerial Justiz Departement diesen Gegenstand betrachte und daß er zu dem Antrage sich aufgerufen fühle: Daß Seine Königliche Majestät allergnädigst entscheiden möchten, daß der Art. 164 des Code Napoléon in das baierische Gesezbuch ohne Zusaz aufgenommen, und daher so wie in andern Fällen so auch im Falle der verbotenen Grade das Recht Dispensazionen zu ertheilen, blos dem weltlichen Souverain ausdrücklich beigelegt werde.

Dieser Antrag des Ministerial Justiz Departements wurde von Seiner Königlichen Majestät allergnädigst genehmiget, und solle der Art. 164 des Code Napoléon ohne Zusaz in das baierische Civilgesezbuch aufgenommen werden84.

Patrimonialgerichtsbarkeit

Der von der Organisationskommission vorgelegte Entwurf zur Verfassung der Patrimonialgerichte wird grundlegend abgeändert. Insbesondere die Titel 3 und 4 über die Bestellung der Patrimonialrichter sowie das Erlöschen und die Suspension der Patrimonialgerichtsbarkeit werden umgearbeitet.

[MA] 5. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister {7r} Freiherr von Montgelas erstattete über den von der Commißion in Organisazions Sachen vorgelegten Entwurf einer konstituzionellen Verordnung über die Patrimonial Gerichts Verfassung Vortrag85, und äußerte seine Erinnerungen, indem er diesen Entwurf ablas86.

Seine Königliche Majestät haben, nachdem Sie die Meinungen Ihrer Staats Minister über diesen vorliegenden Gegenstand vernommen, rüksichtlich des vorgelegten Entwurfs folgende Aenderungen und Bestimmungen festzusezen geruhet.

In der ganzen Verordnung solle der Ausdruck Grundgericht in jenen von Patrimonial Gericht umgewandelt werden.

Im Eingange sollen die unterstrichenen Worte solle ferner nach der Form und unter den Bedingungen ausgeübt werden dürfen dahin abgeändert werden „die Patrimonial Gerichte werden künftig nach der Form und unter den {7v} Bedingungen ausgeübt, welche pp“87.

Der § 4 solle ganz ausgelaßen werden88.

In dem § 5 solle die Entfernung statt auf drei auf vier baierische Straßen Stunden bestimmt werden89.

Der § 12 soll ganz weggelaßen werden90.

Der § 14 solle auf folgende Art geändert werden: „sogenannte einschichtige Unterthanen können von denjenigen, welchen die Gerichtsbarkeit hierauf nicht als eine persönliche spezielle Verleihung gegeben worden, zu Bildung der zu einem Patrimonial Gericht erforderlichen Famillen Zahl eingerechnet werden, wenn sie in der ausgesprochenen Entfernung von vier Stunden gelegen91.“

In dem § 16 solle nach den Worten: Ministerium der auswärtigen Geschäften, beigesezt werden: als Hoheits Departement92.

Am Schluße des 18ten § solle beigefügt werden: „und dahero befugt, die Gerichtsbarkeit unter den für die grundherrlichen Rechte festgesezt werdenden {8r} Normen auszuüben93.“

Die übrigen §§ des 1ten 2ten und 5ten Titels werden von Seiner Königlichen Majestät genehmigt, in so ferne sie durch die vorhergehende Vorschriften keine Abänderung erleiden.

Wegen dem 3ten und 4ten Titel dieses Entwurfes aber haben Seine Königliche Majestät befohlen, daß dieselbe ganz umgearbeitet, und dabei auf die wegen Anstellung der Gerichtshalter schon erlaßene frühere Verordnungen94 auf den geringern Umfang eines Patrimonial Gerichts, das nur 50 Famillen unter sich hat, und die beschränkte Einkünfte eines Patrimonial Gerichtsherrn Rüksicht genommen, und das Ganze nach seiner neuen Faßung reproduzirt werden solle95.

Genehmigung der Entschließungen durch den König.

Anmerkungen

73

Mitglieder der Organisationskommission waren die Minister Montgelas, Morawitzky und Hompesch sowie die Referendäre Georg Friedrich von Zentner und Johann Adam von Aretin (MA), Joseph von Stichaner und Maximilian von Branca (MInn), schließlich Paul Johann Anselm von Feuerbach (MJ); Doeberl, Rheinbundverfassung, S. 46.

74

Zur Eingliederung der Gemeinden in die staatliche Behördenstruktur grundlegend Weiss, Integration, v.a. S. 5-9 u. S. 86-120; zusammenfassend Mauerer/Stauber, Verwaltung, S. 287-293 mit der dort angegebenen Literatur.

75

Vgl. Weiss, Integration, S. 42-44.

76

Vgl. unten Nr. 9 (Staatskonferenz vom 28. Juli 1808), TOP 3 (betr. Bildung der Gemeinden); Nr. 12 (Staatskonferenz vom 22. August 1808), TOP 2 (betr. Bildung der Rural-Gemeinden).

77

Siehe unten TOP 5.

78

Die „Königliche Deklaration. Die Bestimmung der künftigen Verhältnisse, der der königlichen Souverainität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staats-Gewalt betreffend“ vom 19. März 1807 (RegBl. 1807, Sp. 465-490) bestimmte u.a.: „In peinlichen Fällen, mit Ausnahme der Militär-Verbrechen, genießen die subjicirten Fürsten und Grafen und ihre Erben das Recht einer Austrägal-Instanz, nämlich durch Richter ihres Standes gerichtet zu werden“ (Pkt. A 11, Sp. 470).

79

Durch den Wegfall des § 54 des Entwurfs in der im Regierungsblatt publizierten Fassung (s. Anm. 81) als § 54 gezählt.

80

Im Organischen Edikt vom 24. Juli 1808 (s. folgende Anm., Sp. 1800) zu einem Paragraphen zusammengezogen: „§ 59. […] Vom 1. Jänner des künftigen Jahres hören daher die Geschäfte aller jener Gerichts-Behörden auf, welche von Uns nicht als künftig bestehend öffentlich bekannt gemacht worden sind. Diejenigen, welche nach obigem festgesezten Termine sich einer ferneren Gerichtsbarkeit anmassen, sollen als Verlezer Unserer Hoheitsrechte bestraft, und ihre Handlungen als nichtig angesehen werden.“

81

OE betr. die „Gerichts-Verfassung“ vom 24. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 1785-1800; Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 292, S. 756-765; Winkopp (Hg.), Der Rheinische Bund 8 (1808), Nr. 20, S. 266-277; Auszug: Schimke, Regierungsakten, Nr. 50, S. 252-261. – Zum Kontext Demel, Staatsabsolutismus, S. 290.

82

Vgl. Demel, Staatsabsolutismus, S. 325; Scholz Löhnig, Eherecht, S. 140.

83

CN Art. 161: „In gerader Linie ist die Ehe zwischen allen Ascendenten und Descendenten, sie seyen ehelich oder unehelich, so wie zwischen Verschwägerten derselben Linie verboten.“ Art. 162: „In der Seitenlinie ist die Ehe zwischen Bruder und Schwester, ohne Unterschied der ehelichen und unehelichen Geburt, und zwischen Verschwägerten in demselben Grade verboten.“ Art. 163: „Die Ehe ist ferner verboten zwischen dem Oheim und der Nichte, der Tante und dem Neffen.“ Art. 164: „Doch kann der Kaiser aus wichtigen Gründen von den im vorhergehenden Artikel enthaltenen Eheverboten dispensiren.“ So eine zeitgenössische Übersetzung: Code Napoléon/Gesetzbuch Napoleons, Bd. 1, S. 73.

84

EABG, Art. 159 (S. 52): „Wegen der in vorstehendem 158. Artikel enthaltenen Eheverbote bleibt jedoch dem Könige anheim gestellt, aus wichtigen Ursachen zu dispensiren.“ – Vgl. Nr. 10 (Staatskonferenz vom 8. August 1808), TOP 3.

85

Gemäß Tit. I § 5 der Konstitution vom 1. Mai 1808 behielt der Adel „seine gutsherrlichen Rechte nach den gesezlichen Bestimmungen (RegBl. 1808, Sp. 987; AK Bayerns Anfänge, S. 325). Jedoch hatten sich die Gutsherren „[i]n der Ausübung der Justiz-Gewalt […] nach den über die Justiz-Verfassung Unsers Reiches im Allgemeinen und über die Patrimonial-Gerichte insbesondere kund gemachten organischen Edikten zu achten“ (OE „über die gutsherrlichen Rechte“ vom 28. Juli 1808, § 6, RegBl. 1808, Sp. 1834f.). Dazu kam die Verfügung im Organischen Edikt über die Gerichtsverfassung vom 24. Juli 1808 (RegBl. 1808, Sp. 1787, § 7): „Für die Patrimonial-Gerichte, welche Wir als künftig zu bestehende Untergerichte bestätigen werden, wird rücksichtlich ihrer Besezung sowohl, als ihres künftigen Bestandes eine eigene Verordnung folgen.“

86

Entwurf: BayHStA MInn 30124, „Konstitutionele [!] Verordnung über die Patrimonial-Gerichts-Verfassung“, Unterschrift von Branca, [Bl. 1-8] (Vermerk Bl. 1r: „in der königlichen geheimen Staats Conferenz abgeleßen. München den 30ten Juny 1808“). – Zur Patrimonialgerichtsbarkeit eingehend Demel, Staatsabsolutismus, S. 285-300, zu den einschlägigen Beratungen der Staatskonferenz von Juni bis September 1808 ebd., S. 290-295; vgl. Schimke, Herrschaften, S. 13-15; dies., Regierungsakten, S. 194-198; Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, S. 82-85.

87

„Konstitutionele Verordnung“ (BayHStA MInn 30124), Bl. 1r: „Die Grund Patrimonial- Gerichtbarkeit solle ferner wird künftig nach der Form und unter den Bedingungen ausgeübt werden dürfen, welche in gegenwärtiger konstitutionelen Verordnung enthalten sind.“

88

Ebd., Bl. 1v-2r (durchgestrichen): „§ 4. Die Hälfte der jedesmahligen Familien Zahl solle dem Gerichts-Inhaber mit dem Grund-Eigenthum zugethan seyn [Ergänzung: oder keiner fremden Grundbarkeit unterliegen], wenn er auf die Beibehaltung der Gerichtsbarkeit Anspruch machen will.“

89

Ebd., Bl. 2r: „§ 5. Die Größe der Grund- Patrimonial-Gerichtsbezirke wird durch den Grundsaz bestimmt: daß der entfernteste Gerichts-Gesessene nicht über drey vier bairische Strassen Stunden von dem Gerichts Size entlegen seyn solle“. Entsprechung in der publizierten Fassung: RegBl. 1808, Sp. 2246f., § 4.

90

Ebd., Bl. 3r (durchgestrichen): „§ 12. Neue Verleihungen der Gerichtsbarkeit finden weder zu diesem [gemeint ist der Erwerb der Gerichtsbarkeit über eine oder mehrere Familien, § 11] noch zu einem andern Zweke ferner statt.“

91

Ebd., Bl. 3r-3v: „§ 14. Sogenante einschichtige Unterthanen, über welche die Edelmannsfreiheits Gerichtbarkeit oder eine andere aus erloschenen blos persönlichen Privilegien fließende Gerichtsbarkeit ausgeübt wurde, eignen sich zur Bildung der Normal Familien Zahl nicht. Die Gerichtsbarkeit über solche Unterthanen kann daher kein Objekt von Arrondirungs-Verträgen werden.“ Neue Fassung: OE vom 8. September 1808, RegBl. 1808, Sp. 2248, § 12.

92

Ebd., Bl. 3v: „§ 16. Demnach sind alle Patrimonial Gerichtbarkeits Inhaber gehalten bey Verlust der Gerichtbarkeit, die Beschreibung ihrer Gerichts Bezirke, die Nachweisung der Familien Zahl nach der Vorschrift mit der Recognition Beglaubigung des Landgerichtes, und die Beweise daß ihnen die Gerichtbarkeit über selbe zustehe, bey dem einschlägigen General Kreis Kommissariate bis dahin vorzulegen; durch welches sie nach geeigneter Prüfung an Unser Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten [Ergänzung am Seitenrand: als Hoheits Departement] mit einem den ganzen Kreis umfassenden Berichte zur Erholung Unserer Genehmigung eingesendet werden. – Neue Fassung: OE vom 8. September 1808, RegBl. 1808, Sp. 2248f., § 14.

93

„Konstitutionele Verordnung“ (BayHStA MInn 30124), Bl. 4r: „§ 18. Die Grund Patrimonial-Gerichte sind in ihren Bezirken in allen jenen Fällen kompetente Instanzen, wo die Gerichtsbarkeit Unserer Untergerichte gegründet ist, soferne eine Ausnahme in gegenwärtiger Verordnung nicht ausdrüklich festgesezet ist.“

94

Dazu v.a. die VO betr. die „Patrimonial-Gerichtspflege in Alt-Baiern, der oberen Pfalz und Neuburg“ vom 6. Juni 1807, RegBl. 1807, Sp. 1001-1006; auch bei Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 277, S. 529-531, ferner bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 35, S. 198-202 mit weiteren Nachweisen einschlägiger Normen.

95

„Konstitutionele Verordnung“ (BayHStA MInn 30124), Bl. 5r-7v, Tit. III §§ 24-41 („Von der Bestellung der Patrimonial Grund Gerichte“), Tit. IV §§ 42-44 („Von der Verwaltung der Patrimonial Grund Gerichtsbarkeit“). Zum Fortgang: Nr. 9 (Staatskonferenz vom 28. Juli 1808), TOP 4.