BayHStA Staatsrat 202

8 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

König Max Joseph.

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck.

Zentralisierung der Brandversicherung

Vortrag Arcos über die Einrichtung einer Brandversicherungsanstalt. Die Ausgangsfrage war, ob die fünf im Königreich bestehenden Brandkassen beibehalten oder oder ihre Zahl vermindert werden sollte. Montgelas setzt anders an: Er beantragt beim König, die Brandversicherung in einer Anstalt zu zentralisieren. Der König schließt sich dem Antrag an und befiehlt, die Sache im Geheimen Rat zu beraten. Arco kann sich mit seiner abweichenden Meinung in der vorbereitenden Geheimratssektion nicht durchsetzen. Ein zweiter Anlauf in der Sitzung des Geheimen Rates führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Der König bestätigt seine Entscheidung, die Brandversicherung zu zentralisieren, und läßt den Verordnungsentwurf verlesen. Arco diskutiert die einzelnen Paragraphen und trägt die Motive vor. Kontroversen ergeben sich insbesondere hinsichtlich des Beitritts zur Gesellschaft, der Aufsicht über die Gesellschaft, der Pensionsleistungen und der Befreiung von Portogebühren.

{1r} Seine Majestät der König, Allerhöchstwelche {1v} geruheten, der auf heute angeordneten geheimen Raths Sizung beizuwohnen, ertheilten dem geheimen Rathe Grafen von Arco den Auftrag, den von ihm wegen den Brand-Aßekuranz-Anstalten im Königreiche verfaßten Vortrag zu erstatten, und die Meinungen der geheimen Raths Sectionen des Innern und der Finanzen hierüber vorzulegen.

Geheimer Rath Graf von Arco befolgte diesen allerhöchsten Befehl dadurch, daß er zuerst seinen über die Brand Aßecuranz-Anstalten im Königreiche verfaßten schriftlichen Vortrag, der dem Protokoll beiliegt1846, ablas, und sich darin auf die umständliche Untersuchung dieses Gegenstandes bei der Polizei-Section, und die von den Central Räthen von Luz1847 und von Baron von Tautphaeus1848, dann von dem Central Aßeßor von Stürmer als Referenten abgegebene Meinungen bezog1849, und die Fragen behandelte 1) sollen die 5 Brand Assecuranz-Anstalten, wie solche bestehen, isolirt und nach ihrer bisherigen Zahl beibehalten, oder 2) soll in dieser Zahl entweder durch Mehrung oder durch Minderung eine Aenderung vorgenommen werden.

Graf von Arco legte hierauf seine eigene Ansicht über diesen Gegenstand vor1850.

Eben als Graf von Arco als Vorstand der Polizei-Section die umständliche und erschöpfende Discußionen {2r} über diesen Gegenstand dem Herrn Minister Grafen von Montgelas habe vorlegen wollen, seie der lezte oesterreichische Krieg ausgebrochen1851, und dadurch die Sache ausgesezt geblieben, bis auf einen von dem Herrn Minister Grafen von Montgelas unterm 29ten November v. J. an Seine Majestät den König erstatteten allerunterthänigsten Antrag die königliche allerhöchste Entschließung erfolget sei, daß nur eine einzige Brand-Versicherungs Anstalt für das ganze Reich sein, und der Gegenstand bei dem geheimen Rathe vorbereitet werden solle1852.

Nach diesem allerhöchsten Beschluße seien alle präparatorische Maaßregeln zur Ausarbeitung einer nach dieser Ansicht behandelten umständlichen Instruction über die Centralisirung der sämmtlichen Brand-Aßekuranz Anstalten des Reiches eingeleitet, zugleich aber von der Polizei Section der einstimmige Schluß gefaßt worden, Seiner Majestät dem Könige die der anbefohlenen Centralisirung entgegen stehende wichtige Bedenken allerunterthänigst vorzulegen, und solche der allerhöchsten Aufmerksamkeit zu untergeben.

In den vereinigten geheimen Raths Sectionen habe er diese Bedenken ebenfalls bereits vorgetragen, allein die Mehrheit der geheimen Räthe habe solche nicht für erheblich genug befunden, um gegen den bestimmten allerhöchsten Ausspruch und gegen ihre eigene Überzeugung, die sie bestimmt zu dem Antrage {2v} auf Centralisirung der verschiedenen Anstalten führe, wenn auch obige allerhöchste Entscheidung nicht wirklich schon vorläge, einen andern Antrag Seiner Majestät dem Könige vorzulegen.

Hierauf seien die von der Polizei Section in einer andern Voraussezung ausgearbeitete Verordnung und Instructions Entwürfe geprüft und zur allerhöchsten Entscheidung vorbereitet worden.

Ein Zweifel, der gegen die von ihm Grafen von Arco aufgestellte Behauptung von einigen Mitgliedern der Finanz Section erhoben worden, daß die fränkische Brand Aßecuranz Anstalten durch Ausschlagung der Quoten der Brandschädens Beiträge auf alle den Brand Aßecuranzen dermal einverleibten Häußerbesizer in dem bisherigen Maaß-Stabe ihrer Beiträge sehr fühlbar und wesentlich würden gefährdet werden, und daß sie, wenn es noch so gut gehen sollte, einen 3 und 4fach höheren Beitrag, als es bisher der Fall war zu leisten haben würden, habe ihn Grafen von Arco veranlaßt, in einem eigenen Nachtrage eine komparative Berechnung aufzustellen, daß dieser Saz nachgewiesen, und nicht wie man geglaubt, mehr eine Vermuthung als eine durch strengen Calcul bewiesene Behauptung seie1853.

Geheimer Rath Graf Carl von Arco las diesen Nachtrag ab, und erbat sich dann von Seiner Majestät dem Könige die allerhöchste Entscheidung, ob Allerhöchtsie den Beschluß, alle Brand-Aßekuranz Anstalten {3r} in eine für das ganze Reich zu zentralisiren, der Erinnerungen der Polizei Section ohngeachtet bestehen laßen wollten, und ob Allerhöchstdieselbe befehlen, daß das nach dieser Voraussezung bearbeitete Gutachten des Central Aßeßors von Stürmer1854 nebst seinen Beilagen dem Entwurfe einer Verordnung1855, einer Brandversicherungs Ordnung1856, der Instruction der Geschäftsführung1857 und den Bemerkungen der geheimen Raths Sectionen abgelesen werden solle.

Seine Majestät der König entschieden wiederholt für die bereits anbefohlene Centralisirung aller bisher bestandenen Brandversicherungs Anstalten in eine einzige für das ganze Reich, und ertheilten dem Grafen von Arco den Auftrag, das nach diesem Beschluße von der Polizei Section bearbeitete Gutachten nebst seinen Beilagen vorzutragen, und demselben die Bemerkungen der geheimen Raths Sectionen beizufügen.

Geheimer Rath Graf Carl von Arco las in Folge dieser allerhöchsten Entscheidung den dem bearbeiteten Gutachten des Centrals Aßeßors von Stürmer beiliegenden Entwurf einer Verordnung ab, die über die Vereinigung der Brandversicherungs Geschäften zu einer allgemeinen Anstalt für das ganze Königreich zu erlaßen wäre, und bemerkte, daß die Polizei Section denselben angenommen, und die vereinigte geheime Raths Sectionen hiebei nichts {3v} erinnert hätten.

Nach verfügter Umfrage genehmigten Seine Majestät der König diesen Entwurf der Verordnung.

Geheimer Rath Graf Carl von Arco fieng nun an, das Gutachten selbst abzulesen, und damit die Brandversicherungsordnung nach ihren Abschnitten, Titeln und Kapiteln zu vergleichen, auch bemerkte derselbe, da die Brandversicherungs Ordnung eine Beilage der allgemeinen Verordnung werde, die Ziffer der Artikel immer um 6 herabgesezt werden müßten, und der Art. 7 jezt Art. 1 werde, und so fort.

Bei dem ersten Abschnitte von der rechtlichen Natur und Beschaffenheit der Anstalt Allgemeine Bestimmungen Art. 1 und 2 seie die Hauptfrage zu entscheiden, ob die Brandversicherungs Anstalt wie sie bisher überall gewesen, eine freie Anstalt bleiben, oder eine Zwangs Anstalt werden solle?

Aus Gründen, die in dem Gutachten, das dem Protokoll beiliegt, enthalten, habe die Polizei Section und die geheime Raths Sectionen sich für den ungezwungenen Beitritt zu der Brandversicherungs Anstalt erklärt1858.

Nachdem Seine Majetät der König die Meinung der geheimen Staats und Konferenz Minister Grafen von Montgelas und {4r} und [!] von Reigersberg, so wie der geheimen Räthe Graf von Tassis und von Effner, welche den Sections Sizungen nicht beigewohnt, erholet, und diese sich ebenfalls für die Freiheit des Zutrittes geäußert, Herr Graf von Montgelas aber dabei bemerkt hatten, daß sich gegen die Gründe der Rechtlichkeit, die der Polizei Referent einem Zwange bei dieser Anstalt entgegen gestellt, manches anführen laße, was dieselbe sehr schwächen würde

geruheten Seine Majestät der König den Grundsaz auszusprechen, daß der Zutritt zur Brandversicherungs-Anstalt freiwillig wie bisher sein solle, und die wegen dem Artikel 1 in den Discußionen entstandene weitere Frage, ob ein Unterthan auch in eine ausländische Brandversicherungs Anstalt eintreten dürfe, dahin entschieden, daß dieses einem Unterthan, der der baierischen Brandversicherung schon beigetreten nicht verweigert sein solle, da hiedurch nicht nur dem Staate kein Schaden sondern im Gegentheil bei entstandenem Unglüke eines solchen im Auslande aßekurirten Gebäudes durch Hereinbringung fremder Gelder noch ein Nuzen zugehen könne.

Die hierauf Bezug habende Stelle des Artikel 1 solle so gefaßt werden „die Anstalt erstrekt sich nie über die Grenzen des Reichs, und es darf kein Unterthan, welcher nicht der vaterländischen {4v} Anstalt schon beigetreten ist, nach dem 1ten Oktober 1811 mit auswärtigen Gesellschaften der nämlichen Art sich verbinden, unter dem Nachtheile zur baierischen Brand Aßekuranz eine Geldbuße von 100 baierischen Thalern, oder 240 fl. zu entrichten“. Der Art. 2 wurde mit den von den geheimen Raths Sectionen vorgeschlagenen Aenderungen von Seiner Majestät dem Könige genehmiget.

Bei Tit[e]l I von dem Eintritte und der Einverleibung in die Anstalt 1tes Kapitel Artikel 3 bis 8 bemerkte geheimer Rath Graf von Arco, welche Abänderungen von den geheimen Raths Sectionen in der Faßung dieser Art. getroffen worden.

Seine Majestät der König genehmigten die Artikel 3, 4, 5, 6 und 7 mit den Aenderungen, welche die geheime Raths Sectionen vorgeschlagen, und mit Weglaßung der Stelle im Artikel 4 „unbeschadet der etwa bestehenden Verträge“ indem solche Verträge zu Umgehung des Gesezes gemacht werden könnten1859. Auch solle in Artikel 4 statt Miethsmann gesezt werden „Miethsleuthe“.

Bei dem 2ten Kapitel von den zur Einverleibung geigneten Gegenständen Artikel 8, 9 und 10 {5r} und dem 3ten Kapitel von der Art und Weise des Eintritts und der Einverleibung Artikel 11, 12 und 13 entwikelte geheimer Rath Graf Carl von Arco die Ansichten, so die Polizei Section hierüber gehabt1860, und legte die Abänderungen vor, welche die geheime Raths Sectionen bei diesem Art. getroffen.

Der geheime Staats und Konferenz Minister Graf von Reigersberg erinnerte bei dem Artikel 121861, daß er es dem Intereße der Minderjährigen und unter der Curatel stehenden für nachtheilig halte, wenn die Vormünder und Curatoren die Macht hätten, nur die Hälfte der Gebäuden ihrer untergebenen Minderjährigen aßekuriren zu laßen, er trage dafür an, daß sie zur Angabe des Ganzen oder wenigstens ⅔ angewiesen würden, nach den bisherigen Gesezen seien sie zur Aßecurazion des Ganzen verbunden, wenn sie sich nicht einer Verantworlichkeit gegen ihre Pupillen aussezen wollen, indem nur durch die Sicherung der ganzen Gebäuligkeit den Pupillen im Unglüks Falle voller Ersaz zu theil und zugewendet werde.

Wenn der Schlößer und größere Gebäude besizende Pupill dadurch zu größeren Beiträgen verbunden werde, so seie dieses mit dem ihme im Unglüks Falle zugehenden Vortheil im Verhältniß, ohne dieß könne nicht auf wenige einzelne Intereßenten bei ähnlichen allgemeinen Anstalten gesehen werden.

Gegen diese Bemerkung des Herrn Justiz Ministers äußerten mehrere Herrn geheimen Räthe, daß niemand den ganzen Werth seiner Gebäude angebe, und die Angabe der Hälfte gewöhnlich seie, auch würden Minderjährige und unter Curatel stehende bei der ganzen Aßecuranz ihrer Häußer und Schlößer oft und fast immer verkürzt werden.

Seine Majestät der König genehmigten die Art. 8, 9, 10, 11, 12 und 13 mit den Aenderungen der geheimen Raths Sectionen.

{5v} Dem 2ten Titel von dem Entschädigungs Rechte, welches durch den Eintritt und die Einverleibung erworben wird Artikel 14, 15, 16, 17, 18 und 19. Dem IIIten Titel Von der Beitragsverbindlichkeit, welche mit dem Eintritte und der Einverleibung übernommen wird Art. 20, 21, 22. Dem Titel IV von den besondern Vorrechten der Anstalt rüksichtlich der Beitrags und Entschädigungs-Gelder Art. 23 und 24 und dem Titel V von dem Austritt aus der Anstalt Artikel 25 und 26 wurden von dem geheimen Rathe Grafen von Arco die Erinnerungen beigefügt, welche die Polizei Section in ihrem Gutachten deßwegen ausgeführt1862, auch die Zusäze und Aenderungen vorgetragen, unter welchen die vereinigte geheime Raths Sectionen diese vorgetragene Artikel angenommen haben.

Rüksichtlich des Artikel 23 von Vorrechten der Anstalt bei den Konkursen bemerkte geheimer Rath Graf Carl von Arco, daß rüksichtlich der Gelder, welche die Brand-Aßekuranz unter Vorbehalt der Rükvergütung vorschießet, und jener, welche aus einer verwirkten Strafe erhoben werden können, unterschieden werden müße, die ersteren müßten nach dem Cod[ex] jur[is] Bav[arici Judiciarii] den Kurrentisten nachgehen1863, und dieses scheine unbillig, er glaube, daß dieselbe höher und allenfalls in die 10te Klaße gesezt werden könnten.

{6r} Der Cod. jur. Bav. wurde nachgeschlagen und da es sich so verhielt, wie angegeben worden, und die Billigkeit, die Anstalt mit diesen Geldern höher hinauf zu sezen, allgemein anerkannt wurde, so

genehmigten Seine Majestät der König, daß der hierauf Bezug habende Absaz des Art. 23 auf folgende Art gefaßt werde: „Rüksichtlich derjenigen Gelder, welche von der Anstalt in Folge des Art. 18 nur unter dem Vorbehalte der Rükvergütung vorgeschoßen worden sind, hat die Anstalt in dem Konkurse das Vorzugs Recht, unmittelbar vor den Konkurs Gläubigern, hinsichtlich der Forderung aus einer verwirkten Strafe aber wird die Anstalt bei Konkursen ganz in der nämlichen Art behandelt, wie der landesherrliche Fiscus rüksichtlich seiner Forderungen aus dem Titel der Strafe oder Verwirkung“1864.

Die übrige Faßung des Art. 23, so wie die Art. 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 24, 25 und 26 wurden mit den von geheimen Raths Sectionen angetragenen Zusäzen und Aenderungen genehmiget.

Dem zweiten Abschnitte von der Verwaltung der Anstalt Titel I von den Verwaltungsbehörden Artikel 27, 28, 29. IIer Titel Artikel 30, 31, 32, 33 und 34 {6v} fügte geheimer Rath Graf Carl von Arco die Ansichten der Polizei Section aus dem bearbeiteten Gutachten1865 und die Aenderungen bei, welche die geheime Raths Sectionen bei dem abgelesenen Art. zu treffen in Antrag gebracht.

Bei dem Art. 27 von Benennung der Behörden, Dienstpersonal, bemerkte der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Graf von Montgelas, daß sie die vorgeschriebene Aufsicht und Leitung der General Commißariate dem Intereße der Sache und der Gesellschaft angemeßen fänden, allein, daß solches durch eine Ministerial Section besorgt werden solle, die keine Verantwortlichkeit auf sich habe, und alles auf den Minister hinüber wälze, dagegen müße er sich verwahren1866.

Die Ministerial Sectionen, welche keine eigentlichen Kollegien seien, sondern nur Bureaux bei den Ministerien bildeten, suchten alles, was an Verantwortlichkeit grenze, von sich zu entfernen, und auf den Minister zu legen, und der Minister solle für alles was ihm zur Unterschrift vorgelegt werde, stehen. Wie schwer dieses schon gegenwärtig seie, fühlten, fühlten [!] sie bei dem Übermaße der Arbeiten, womit die Ministerien des Innern und der Finanzen überhäuft seien. Wenn daher Seine Majestät der König nicht eine eigene Administration der Brandversicherungs Anstalt aufzustellen {7r} sondern diesen neuen Verwaltungs Zweig, der rüksichtlich seiner Einnahmen Ausgaben und Rechnungen eine große Verantwortlichkeit in sich trage, dem Ministerio des Innern zu übertragen geruhen würden, so müße er allerunterthänigst antragen, daß die Gegenstände der Brandversicherungs-Anstalt durch die Polizei Section an die Departemental Sizung bei dem Ministerium des Innern, welche gleichsam als ein Collegium konstituiret, gebracht, und von dieser unter ihrer Verantwortlichkeit an den Minister des Innern gegeben werden. Hiedurch stehe jemand da, an den sie sich, im Falle die Geschäfte der Anstalt nicht ordentlich gehen, halten, und seine Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen könnten.

Nach diesem Antrage des königlichen geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Montgelas genehmigten Seine Majestät der König, daß in dem 2ten Absaze des Artikel 27 die Stelle: unter dem Vortrage der Polizei Section als General Verwaltungs Behörde der Anstalt geführet ausgelaßen, und dafür nach Ministerium des Innern gesezt werden solle „nach der über die Geschäftsführung bei demselben unterm 7en Oktober 1810 ertheilten allerhöchsten Vorschrift besorget1867“.

Die übrige Faßung des Artikel 27, dann {7v} die Artikel 28, 29, 30, 31, 32, 33 und 34 wurden von Seiner Majestät dem Könige mit den von den geheimen Raths Sectionen in Antrag gebrachten Abänderungen und Zusäzen genehmiget.

Dem Titel III von der Regie der Anstalt Artikel 35, 36 und 37, dem dritten Abschnitte von den streitigen Brand Versicherungs Gegenständen Tit[e]l I von den außergerichtlichen Streit-Gegenständen Art 38 und 39 Titel II von den gerichtlichen Streit-Gegenständen Art. 40 und 41 wurden von dem geheimen Rathe Grafen Carl von Arco die Beweggründe der Polizei Section aus ihrem Gutachten beigefügt1868 und die Aenderungen und Zusäze angezeigt, welche die geheimen Raths Sectionen hiebei getroffen.

Bei dem Art. 351869 erinnerte der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Graf von Montgelas, daß er keinen Grund finde, warum der Staat die Pension der allenfallsigen Wittwe des Central-Rechnungs Kommißärs auf das Aerar übernehmen solle1870. Die Brandversicherung seie eine Privat Anstalt, und müße aus ihren Beiträgen für die bei derselben Angestellte sorgen, wenn der Staat Quieszenten hiezu verwende, so lange er deren habe {8r} die ohnehin nach der Pragmatik schon Pensions Ansprüche hätten1871, so seie dieses Erleichterung genug für die Anstalt, allein als Grundsaz würde er die Pensionirung der Wittwen des bei der Brandversicherungs Anstalt aufgenommenen Personals aus dem Staats Aerar nicht aussprechen.

Auch gegen den Art 371872 worin der Brandversicherungs Anstalt das Postfreithum1873 zugesichert wird, erklärte sich der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Graf von Montgelas, indem er äußerte, daß die Brandversicherung als Privat-Anstalt um so weniger einen Anspruch auf dieses Postfreithum machen könne, als der Staat zu dieser Anstalt beträchtliche Beiträge gebe, und hiebei immer durch die Einschläge großer Unterschleif getrieben und das Staats Aerar verkürzt würde.

Geheimer Rath Graf von Arco bemerkte, daß nach der Aeußerung des Kommißärs der Brand-Aßekuranz Schroedl, die Ausgaben für Versendung auf der Post sich jährlich auf 1.000 fl. belaufen könnten.

Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Graf von Reigersberg äußerte daß er um so mehr für dieses Postfreithum für die Brandversicherung allerunterthänigst antrage, als dieses eigentlich die einzige Erleichterung seie, die der Staat dieser Privat-Anstalt, welche demselben doch bedeutenden Vortheil bringe, gewähre.

Seine Majestät der König entschieden, daß die Stelle im Artikel 35 „die Pensions Ansprüche des Central Rechnungs Kommißärs werden im {8v} eintretenden Falle nach den Bestimmungen der Dienst Pragmatik auf das Aerar übernommen“, dann jene im Art. 37 „deßgleichen hat die Anstalt einen vollkommenen Postfreithum zu genießen, nur müßen die Paquete mit amtlichen Siegeln und von außen als Brandversicherungs Gegenstände ausdrüklich bezeichnet sein“, ferner in Art. 391874 jene „respec der Polizei Section als General Verwaltungs Behörde“ ausgelaßen werden sollen.

Die übrige Faßung der Art. 35, 36, 37, 38, 39, 40 und 41 wurden nach den Beschlüßen der geheimen Raths Sectionen von Seiner Majestät dem Könige genehmiget.

Seine Majestät der König befahlen, die Sizung des geheimen Rathes für heute aufzuheben, und bis künftigen Donnerstag den 20ten dieses die Geschäfts Instruction der Brandversicherungs Anstalt vorzunehmen1875.

Genehmigung der Beschlüsse durch den König.

Anmerkungen

1846

Carl Maria Graf v. Arco, „Vortrag für den königlichen geheimen Rath die Brand Aßekuranzanstalten im Königreiche betr[effend]“, lithographierter Text, 16 S., BayHStA Staatsrat 202; dazu die im Folgenden angeführten „Beilagen“. – Zur Entwicklung des Brandversicherungswesens seit 1799 (vgl. VO betr. die „Errichtung der Brandversicherungsgesellschaft“ vom 17. September 1799, MGS [N.F.] Bd. 1, Nr. V.2, S. 228-235; Auszug bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 134, S. 671-680; Fundstellennachweise weiterer einschlägiger Mandate bei Döllinger, Repertorium, S. 86f.) vgl. die Akten BayHStA MInn 19103/I-IX (19103/VIII und IX zum Kontext des vorliegenden Tagesordnungspunkts).

1847

Johann Heinrich von Lutz legte seine Ansichten am 9. Dezember 1808 (Beilage II, 6 Seiten) und am 6. April 1809 (Beilage VII, 9 Seiten) nieder, BayHStA Staatsrat 202. Lutz trat für die Bildung von Brandkassen ein, die sich an der Kreiseinteilung orientieren sollten.

1848

Franz Gottlieb Seraph Freiherr von Tautphoeus legte seine Ausarbeitung am 27. Dezember vor (Beilage III, 6 Seiten), ebd. Er war der gleichen Meinung wie Stürmer, weil er fürchtete, daß im Fall einer Zentralisierung die meisten Mitglieder fränkischer Versicherungsgesellschaften ihre Mitgliedschaft kündigen würden (wie folgende Anmerkung). Eine weitere Stellungnahme erfolgte am 18. März 1809 (Beilage VI, 4 Seiten, BayHStA Staatsrat 202).

1849

Johann Baptist Stürmer legte seine Stellungnahme am 27. November 1808 (Beilage I, 26 Seiten) und am 12. Januar 1809 (Beilage V, 9 Seiten) vor, ebd. Stürmer sprach sich dafür aus, die fünf bestehenden Gesellschaften beizubehalten und für die drei südlichsten Kreise (Inn-, Eisack- und Etschkreis) eine sechste Brandassekuranzgesellschaft zu errichten.

1850

Vgl. Arcos Betrachtungen zu den Stellungnahmen der Räte der Polizeisektion vom 9. Januar 1809 (Beilage IV, 22 Seiten), ebd. Er folgte darin der Meinung Lutz’, die er mit weiteren Argumenten ausbaute. Wenn die Schadensregulierung die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Kreises übersteige, sollten die übrigen Kreise Beihilfen leisten.

1851

Arco wollte die Ergebnisse der Meinungsbildung in der Polizeisektion folglich Anfang April 1809 vorlegen.

1852

Original (mit eigenhändiger Anweisung des Königs) in BayHStA MInn 19103/VIII (Faksimile: Das Feuer hat zwei Gesichter, S. 89f.); Kopie: Beilage VIII, lithographierter Text, 2 Seiten, Staatsrat 202. – Das Ministerium des Inneren nannte als Vorteile, die aus der Zusammenlegung der Brandkassen zu einer zentralen Einrichtung erwachsen würden, namentlich die größere „Konsistenz des Ganzen, durch die Vereinfachung der Administrazion, durch die Gleichförmigkeit der Grundsätze in der Repartition und Erhebung der Beiträge, endlich durch einen regelmäßigeren und schleunigeren Geschäftsbetrieb“ (MInn 19103/VIII).

1853

Vgl. Arco, „Nachtrag […]“ vom 26. November 1810, 8 Seiten, und drei Beilagen, BayHStA Staatsrat 202.

1854

[Stürmer], „Gutachten die Brandassekuranz betr.[effend]“, lithographierter Text, 66 Seiten, ebd. (zit.: [Stürmer], Gutachten).

1855

Beilage A zu [Stürmers] Gutachten, ebd.

1856

Beilage B zu [Stürmers] Gutachten, ebd.

1857

Beilage C zu [Stürmers] Gutachten: „Entwurf einer Instruktion, die Geschäftsführung in Sachen der Brandversicherungsanstalt betr[effend]“, lithographierter Text, 51 Seiten, ebd.

1858

Stürmer widerlegte in seinem Gutachten (ebd., S. 10-14) zwei Argumente, die zugunsten des Zwangsbeitritts vorgebracht worden waren. Das erste Argument rechtfertigte den Zwang mit dem „Interesse der Staatskassen“, das zweite Argument zielte auf „das Wohl der Unterthanen“. Wenn man das erste Argument gelten ließe, so Stürmer, gelange man zu einer absurden Folgerung: „Alles, was den Staatskassen Geld einträgt, oder was den Staatskassen Ausgaben erspart, kann und muß Gesetz, und jedes solches Gesetz kann und muß mit Zwang durchgeführt werden“ (S. 11). Wenn man das „Wohl des Volkes“ als Rechtfertigungsgrund des Zwanges anführe, werde man auch hier „auf einen monstruosen Satz hingetrieben, auf den Satz nämlich: das Volk kann gesetzlich gezwungen werden, sich gegen die Folgen aller Uebel versichern zu lassen, d. i. sich so oft, und so viel zu assekuriren, daß zuletzt die nothwendigste aller Assekuranzen die Assekuranz wider die Assekuranzen wäre“ (S. 11). Darüber hinaus sei Zwang nicht notwendig, da in den Distrikten, wo bereits Versicherungen bestünden, die Mehrzahl der Untertanen bereits Mitglied sei. Schließlich sei es aus politischen Gründen nicht rätlich, die bisher auf der Basis „rechtliche[r] Sozialverträge“ gestalteten, das heißt auf freier Assoziation beruhenden und vom Staat öffentlich garantierten Brandversicherungsanstalten nunmehr in Zwangsanstalten umzuwandeln.

1859

Die Entwurfsfassung lautete (Beilage B zu [Stürmers] Gutachten, S. 5f.): „Ist ein besonderer Stellvertreter [für den dauerhaft abwesenden Eigentümer des versicherten Hauses] nicht benannt, so wird der Miethsmann *korrigiert zu: Miethsleuthe* als solcher angesehen, welcher die für den Eigenthümer zur Anstalt vorgeschossenen Leistungen vom Miethpreise abzuziehen berechtiget ist, jedoch unbeschadet der etwa bestehenden Verträge.“

1860

[Stürmer], Gutachten, S. 18-24.

1861

Verordnungsentwurf (Beilage B., S. 21-25), Art. 12: „Anschlag der Gebäude“. Die hier einschlägige Stelle lautet: „[…] der Anschlag [darf] auf weniger nicht, als die Hälfte des wahren Werths gesetzt werden“ (S. 23).

1862

[Stürmer], Gutachten, S. 24-36.

1863

Vgl. CJBJ, Kap. 20 (“Von dem Prioritäts-Recht der Glaubigern […]”), § 8 (S. 152f.).

1864

Die Entwurfsfassung lautete (Beilage B, S. 42-44, Art. 23: „Vorrechte bei Konkursen“, hier S. 43): „Rücksichtlich derjenigen Gelder, welche von der Anstalt in Folge des Art. 18 nur unter dem Vorbehalt der Rückvergütung vorgeschossen worden sind, oder unter dem Titel des Schadens Ersatzes oder einer sonst auch verwirkten Strafe gefordert werden, wird die Anstalt bei Konkursen ganz in der nämlichen Art behandelt, wie der landesherrliche Fiskus, rücksichtlich seiner Foderungen aus dem Titel der Strafe oder Verwirkung.“

1865

[Stürmer], Gutachten, S. 36-49.

1866

Die einschlägige Stelle der Entwurfsfassung lautete (Beilage B, S. 48f., Art. 27: „Benennung der Behörden. Dienstpersonal“, hier S. 48): „Die Aufsicht und Leitung liegt in Bezug auf den Umfang der einzelnen Kreise, den Generalkreiskommissariaten ob; in Bezug auf die gesamte Monarchie wird dieselbe von dem Ministerium des Innern unter dem Vortrage der Polizei Sektion als General Verwaltungs Behörde der Anstalt geführt“.

1867

Verweis auf das Organische Edikt betr. den „Geschäftsgang bei dem Ministerium des Innern“ vom 8. (!) Oktober 1810, RegBl. 1810, Sp. 889-899.

1868

[Stürmer], Gutachten, S. 49-55.

1869

Entwurfsfassung, Art. 35: „Benennung der Behörden. Dienstpersonal“, Beilage B, S. 60-62.

1870

Stürmer argumentierte, man könne „nicht umhin“, dem Zentralrechnungskommissär „den Karakter eines Staatsdieners zu geben“. Jedoch sei die Versicherung keine „Pensionsanstalt“. Da nur der Landesherr den Charakter eines Staatsdieners verleihe und er hier „eigentlich einen Akt der Staatsoberaufsicht über eine allgemeine Landesanstalt aus[übe]“, scheine es nicht inkonsequent, „die fragliche Pension auf das Aerar zu übernehmen“ ([Stürmer], Gutachten, S. 50).

1871

Die sogenannte Staatsdienerpragmatik (auch: Dienstpragmatik), niedergelegt in der VO betr. die „Verhältnisse der Staatsdiener, vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und Gehalt“ vom 1. Januar 1805 (RegBl. 1805, Sp. 225-241) bestimmte grundsätzlich: „Der Staat übernimmt […] für die hinterlassenen Witwen und Waisen seiner Staatsdiener […] ein der Familiensorge der Staatsbeamten, und den Kräften des Staatsvermögens entsprechendes Surrogat herzustellen“ (Art. XXIV, Sp. 233).

1872

Entwurfsfassung, Art. 37: „Kosten für Versendungen“, Beilage B, S. 64.

1873

Portofreiheit.

1874

Kontext: „Beschwerden gegen Verfügungen der Generalkreiskommissariate eignen sich vorerst zur Untersuchung und Erledigung des Ministeriums des Innern, respec. der Polizei Sektion als General Verwaltungsbehörde in den Angelegenheiten der Brandversicherungs Anstalt“ (Entwurfsfassung, Art. 39: „Instanzen Fatalien“, Beilage B, S. 67).

1875

Zum Fortgang: Nr. 75 (Geheimer Rat vom 20. Dezember 1810), TOP 2.