BayHStA Staatsrat 380, Nr. 4 5 beschriebene Seiten. Vermerke: auf dem Umschlagblatt oben Mitte »21. Mai 1799«; u. r. mit Bleistift abgehakt.

Anwesend: Kf. Max Joseph; Minister Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling; Referendäre Stengel (Staat), Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenck (Finanz), Krenner sen. (Auswärtiges), Löwenthal, Fuchsius, Stengel, Stichaner (Justiz), Branca, Zentner (Geistliches). Protokoll: Kobell.

[1.] Vortrag Stichaner: Beratung der Entschädigungsforderungen des Handelshauses Theveny und Flügge in Hamburg wegen eines nicht zustande gekommenen Millionen-Anlehens46. Die Schuld wird, u.a. wegen der Nichtbeachtung von Fristen dem Handelshaus zugewiesen, die Entschädigungsforderungen als überzogen kritisiert. Die Anleihe soll öffentlich annulliert und die Obligationsstücke mit Amtshilfe des Hamburger Magistrats eigezogen werden.

[2.] Vortrag Stephan v. Stengel: Angesichts schlechter Ernteaussichten drohe Getreidemangel. Die General-Landesdirektion erhält eine Generalvollmacht für entsprechende Maßnahmen. Das Ministerialdepartment des Äußeren wird angewiesen, den österreichischen Gesandten Konrad Ludwig Graf v. Lehrbach eigens auf diese Mangelsituation hinzuweisen und auf eine Öffnung der österreichischen Erblande für den Handel zu dringen.

[3.] Reorganisation der Jurisdiktion über die Hofstäbe

Vortrag Stichaner: Reorganisation der Jurisdiktion über das Personal der Hofstäbe: Normalisierung der Sonderstellung, Abschaffung der Sondergerichtsbarkeit der Stabskommissare, Übergang der Jurisdiktion an Hofrat, Hofrichteramt bzw. den zuständigen Ortsrichter.

[3.] Der Geheime Referendär von Stichaner verlaß einen gefaßten Vortrag wegen künftiger Organisation der Staabsjurisdictionen und trug folgende Meynung des Ministerial-Justiz-Departements vor: 1. solle die Jurisdiction in Staabssachen rücksichtlich der siegelmäßig- und privilegierten Personen künftig mit dem churfürstlichen Hofrathe gänzlich consolidiret seyn und bleiben, 2. sollen die Staabs Commissarien und Staabs Actuarien künftig gänzlich aufhören und cessiren, ihnen jedoch, insoferne die durch die dermahlige Besoldungsregulirung keine Verbeßerung erhalten, eine billige Entschädigung zukommen, 3. wäre die Jurisdiction in Staabssachen rücksichtlich der unsiegelmäßig und unprivilegierten Personen von dem churfürstlichen Hofrathe zu trennen und 4. dem Hofoberrichteramt beyzulegen, jedoch 5. mit Ausnahm derjenigen Staabspartheyen, welche nicht in der Stadt und dem Burgfrieden wohnen, und künftig dem judici ordinario loci zu unterwerffen. 6. solle in Staabsjurisdictions-Sachen weder bey churfürstlichen Hofrath noch bey dem Hof-Oberrichter Amt andere als bey diesen Stellen herkomliche Taxen genohmen werden, 7. wären diese Taxen bey dem churfürstlichen Hof-Oberrichter Amt gänzlich zu verrechnen, und hätte sich das Amt hievon unter keinem Vorwande etwas zuzueignen. 8. wäre dem Hofoberrichter Amt gegen Verrechnung all seiner Taxen ein Surrogat auszuwerffen und zu diesem Ende ein 10jahriger Calcul hievon herzustellen. 9. wäre dem churfürstlichen Hof-Oberrichter aufzugeben, die Staabs Jurisdictions {4r} Sachen um so mehr zu befördern, als daßelbe [sic] auser seinem Hofoberrichter Amt von allen übrigen Geschäfften entlediget ist, doch 10. wäre demselben zu Berichtigung seiner Obliegenheiten ein Substitut beyzugeben und diesem aus den neu verrechnet werdenden Taxen in Staabssachen eine Besoldung von 800 fl. auszuwerffen.

Diese Anträge sind gnädigst genehmiget und ist ein fähiger Substitut des Hof-Oberrichter Amts in Vorschlag zu bringen. Das Hofpersonale in Nymphenbourg solle jedoch wegen der Nähe bey hiesiger Residenzstadt hieher gezogen werden.

Anmerkungen

46
Zu diesem 1797 geplatzten Anlehens-Projekt Karl Theodors im Gesamtwert von einer Million Gulden vgl. Ullmann, Staatsschulden, Tl. 1, S. 79 mit Anm. 9; Weis, Montgelas, Bd. 1, S. 405.