BayHStA Staatsrat 381, Nr. 35 23 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst. (mit kurzem Nachtrag Kobells): 4. Dezember 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk [MJ:] Löwenthal, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas gibt die kurfürstlichen Resolutionen zu den Anträgen des Staatsrats vom 21. und 25. November bekannt.

2. Hertling zeigt an, daß dem Würzburger Rechtsprofessor Gallus Kleinschrod, wie vom Staatsrat beschlossen465, als Anerkennung für den Entwurf eines neuen bayerischen Strafgesetzbuches eine Belohnung von 2.000 fl. angewiesen wurde.

3. Vortrag Krenner jun.: Der Kurfürst sei laut einer Note des Kabinettssekretärs Johann Nepomuk Käser nicht damit einverstanden, die Rückzahlung von 100.000 Gulden »älteren Militärschulden« nach den vom Staatsrat vorgeschlagenen Regularien dem Finanzministerium zu überlassen466. In der Zwischenzeit sei in einer neuen Note die Auszahlung von weiteren 100.000 fl., diesmal zur Begleichung ausstehender Pensionen, angeordnet worden. Der Staatsrat beschließt, den Kurfürsten nochmals zu bitten, beide Zahlungen über das Finanzministerium und die Hauptkasse laufen zu lassen und jene Pensionsempfänger zu benennen, die bevorzugt zu behandeln seien.

Kfstl. Entschließung dazu 4. Dezember 1801: Die Entscheidung dazu bleibe noch ausgesetzt.

4. Vortrag Stichaner: Die Regierung zu Landshut reicht die Aufstellung der in der Stadt Landshut umzulegenden Kriegskosten ein, die sich auf 54.672 fl. 43 kr. belaufen. Als Vorschuß seien bereits 13.533 fl. 10 kr. geleistet worden; der Restbetrag solle nach Absprache mit der Ständeverordnung erhoben werden.

5. Vortrag Stichaner: Nach der Trennung des Regierungs- vom »Intelligenz«-Blatt467 sollten die Verlautbarungen der Gerichtskollegien eigens gedruckt und als Beilage zum Regierungsblatt vertrieben werden.

6. Vorträge Brancas (Bericht der General-Landesdirektion über den Stand der Verhandlungen um die Herrschaft Wolnzach) und von Krenner jun. (Bericht der Kriegsdeputation wegen der Schäden an den Möbeln im früheren Haus von Graf Ziucci) werden zur Kenntnis genommen.

7. Vortrag Krenner jun.: Der Antrag der Kriegskommission Neuburg auf Gewährung einer Gratifikation für Franz Joseph Kettner, Sekretär bei der Landesdirektion, solle an die Kriegsdeputation zur Stellungnahme weitergeleitet werden.

8. Vortrag Krenner jun.: Bewilligung einer Gratifikation von 50 fl. für Augustin Widmer für die bei der Kriegsdeputation in Burghausen geleisteten Dienste.

9. Vortrag Krenner jun.: Die Untersuchung der Entschädigungsforderungen des Weinwirts Ströbl von Neuburg468 habe zutage gebracht, daß dieser, im Zusammenspiel mit der ersten in Neuburg etablierten und später abgelösten Kriegskommission massiv überhöhte Forderungen für Weinlieferungen an die französische Generalität geltend zu machen suchte. Ströbl wird vorerst die Bezahlung einer geringen Vergleichssumme in Aussicht gestellt; falls er durch die Vorlage von Korrespondenzen und Frachtbriefen den Bezug der angeblich an die Franzosen gelieferten hochwertigen Weine nicht nachweisen könne, solle strafrechtlich gegen ihn vorgegangen werden.

10. Vortrag Schenk über die Schleifung der Befestigungen der Stadt Düsseldorf und Verwendung der dadurch frei werdenden Gründe. Diese sollten zum größeren Teil verkauft oder verpachtet werden, aber auch zur »Verschönerung der Stadt Düßeldorf« genutzt werden.

11. Maßnahmen zur Beachtung der abgeschafften kirchlichen Feiertage

Branca legt die Grundlinien einer neuen Generalverordnung vor, die durch eine Vielzahl von Maßnahmen die Beachtung der Abschaffung zahlreicher Feiertage neu zu regeln habe469.

{7v} 11.) In einem ausführlichen Vortrage und den hierin angezogenen Actenstücken, welche Herr Geheimer Referendär von Branca sämtlich ablas, führte derselbe an, was von dem Churfürst Maximilian Joseph dem III und von dem letztverstorbenen Churfürsten Carl Theodor wegen Nichthaltung der abgeschaften Feyertäge verfüget worden, dann auf welche Art unter der letzten Regierung alle vorhin getroffene Anordnungen wieder aufgehoben und der der Landeskultur so schädlichen Haltung der abgeschaften Feyertäge ofener Spielraum gegeben, dann welches Gutachten nach dem Regierungs-Antritt Seiner dermal regierenden Churfürstlichen Durchlaucht auf mündlichen Auftrag von dem Geistlichen Rath erstattet, und welche Grundsätze von der General Landesdirektion, die diesen wichtigen Gegenstand besonders bearbeitet und deswegen mit dem Geistlichen Rath in eine Konferenz getretten seye, aufgestellet worden, und wovon die Resultate folgende seyen:

1) Gegen die Hausvätter sollen [sic] in Hinsicht der Arbeit und des Handels kein Zwang eintretten, wohl aber gegen die Handwerksgesellen und Dienstboten, wenn sie sich zu arbeiten weigern.

2) Solle man die abgeschaften Feyertäge durch Abstellung aller Gottesdiensten und äußern Zeichen aus {8r} dem Gedächtniße entfernen,

3) sollen alle Gelage vor der gewöhnlichen Feierabendstunde verbotten seyn,

4) sollen die Feiertäge in den Kalendern auf die Sonntäge verleget und an deren Statt die Namen anderer Heiligen eingedruckt werden. Zu diesem Ende wäre durch den Geistlichen Rath bei den Ordinariaten die Einleitung zu trefen.

5) Wären die früheren Verordnungen gegen die Einschwärzung fremder Kalender in Vollzug zu bringen,

6) die Jahrmärkte nicht mehr auf die Feiertäge zu verlegen.

7) Von den allgemeinen Kreutzgängen wären noch die am St. Markustag und die drei in der Bittwoche, eben so der Kirchgang am Schauerfreitag im Frühjahr und Herbst zur Danksagung für die erhaltenen Früchte, dann von den Local Umgängen iedem Orte nur einer zu gestatten.

Referent äuserte, wie er in Ganzen weder dazu anrathen könnte, die Verordnung von 1772 ohne weiters wieder anzunehmen, da sie wesentliche Mängel habe und der Willkühr zuviel ausgesezt seye, noch auch das Mandat vom Jahre 1785 zu bestättigen, da es ofenbar zu unverhältnißmäsig streng seye.

Aus diesen Ursachen könne er dem Geistlichen Raths Gutachten nicht beitretten, finde aber auch bei dem Cumulativ {8v} Gutachten der General Landesdirektion manche Lücke. Er trage dahero an, nach den in dem letzteren enthaltenen Grundsätzen eine General Verordnung zu entwerfen und hiebei folgende Erinnerungen zu benutzen und einzuverleiben:

1) Nicht der Willkühr der Hausvätter die Haltung oder Nichthaltung der abgeschaften Feiertäge zu überlassen, weil diese sonst, wenn es bekannt würde, daß es ihnen frei stehe, den Laden oder die Werkstätte zu öfnen oder zu schließen, die Sklaven ihrer Gesellen und Ehehalten seyn würden.

2) Die Strafe der gegen das Gebot handlenden Hausvätter solle in einer geringen Geldstrafe von einen Gulden für ieden Contraventionsfalle zum Armenfond bestehen, und vorzüglich gegen die Handwerker, Gastwirthe und ihres Gleichen gerichtet seyn. Nur bei Zusammenrottungen und Widersetzlichkeiten sollen stärkere Straffen eintretten.

3) Die Kreutztäge und Patrocinien sollen, wie in der Verordnung vom 14. Jan. 1785, auf die Sonntäge und gebottenen Feiertäge verleget werden.

4) Sollen nicht mehr als in jener Verordnung nebst einem localen Kreutzgang gestattet werden. {9r}

5) Die Verlegung der Feiertäge im Kalender solle, wie in dem Jahre 1784, ohne neue Korrespondenz mit den Ordinariaten geschehen, weil die Einwilligung dessen schon vorliegt und der Landesherr aus dem jure carendi vel reformandi auch solches von selbst verfügen könnte.

6) In Rücksicht des Portiuncula Ablasses solle es bei dem § der Verordnung vom 14. Jan. 1785 verbleiben.

7) Neue zu ertheilende Jahrmärkte sollen auf keinen Tag, welcher vorhin ein Feiertag ware, mehr begutachtet oder gegeben werden.

Diese von dem Referenten in Antrag gebrachte Erinnerungen bei der wegen den abgeschaften Feiertägen zu erlassenden General Verordnung wurden in dem Staatsrathe mit dem Zusatze genehmiget, daß rücksichtlich der Jahrmärkte der General Landesdirektion aufgetragen werden solle, da, wo es füglich und ohne besondere Anstände geschehen könne, dieselbe auf andere Täge als die abgeschaften Feiertäge zu verlegen, bei neu zu ertheilenden aber solche nie auf abgeschafte Feiertäge zu begutachten. Ferner {9v} wurde verordnet, daß diese Verordnung mit dem Anfang des nächsten Jahres in Ausübung gebracht und darauf mit aller Strenge gehalten, dann die Abänderung der Kalender im Jahre 1803 vorgenommen und hiezu dermal schon die nöthige Einleitungen getrofen werden sollen. Auch solle auf nämliche Art wie bei der Ehehalten-Ordnung ein kurzer faßlicher Auszug dieser Verordnung gefertiget und solcher zum Unterrichte der Gesellen, Dienstboten und des Landvolkes in den Feiertags- und anderen Schulen so wie bei sonstigen Gelegenheiten benutzet werden.

12. Vortrag Stichaner: Auf Anordnung des Kurfürsten hin wurden nochmals Verhandlungen mit den Besitzern der vier zum Abbruch vorgesehenen Häuser am »Platz« in München geführt470, doch seien diese zu keinen Konzessionen hinsichtlich Minderung des Verkaufspreises oder Annahme von Entschädigungszahlungen für ihre Gewerberechte bereit gewesen. Der Staatsrat empfiehlt dem Kurfürsten daher auf Vorschlag Stichaners, »von dem ganzen Plane dieser Häuser-Demolition, welche die Nothwendigkeit nicht erheischt«, Abstand zu nehmen.

13. Vortrag Zentner: Einigung zwischen dem Fiskus und der katholischen Sektion der Geistlichen Güterverwaltung in Heidelberg über die Aufteilung der Bau- und Erhaltungskosten für Kirche und Schulhaus in Richen (Krs. Heilbronn).

14. Vortrag Zentner: Beantwortung der von dem lutherischen und reformierten Geistlichen der Pfalz eingereichten Anfragen zum künftigen Modus der Präsentation der Pfarrer und der Kircheninspektoren der beiden evangelischen Konfessionen.

15. Vortrag Zentner: Alle von der Geistlichen Güterverwaltung in der Pfalz zu Besoldungszwecken eingezogenen Geld- und Naturalabgaben (außer jenen für die Physici in den Oberämtern) werden abgeschafft.

16. Vortrag Stichaner: Bestellung von 15 Exemplaren der neuen Wochenschrift »Oberdeutsche Justiz- und Polizei-Fama«, die der Salzburger Professor Theodor Konrad Hartleben ankündigen hatte lassen471, zur Benutzung durch die Mitglieder des Staatsrats. Allen kurfürstlichen Beamten solle die Lektüre des Periodikums durch eine Anzeige im Regierungs- und Intelligenzblatt empfohlen werden.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

465
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 23. September 1801, TOP 7).
466
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 21. November 1801, TOP 12).
467
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 10. November 1801, TOP 8).
468
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 9. September 1801, TOP 2).
469
Die entsprechende Verordnung »Wegen denen abgewürdigten Feyertägen« vom 4. Dezember 1801 im Druck bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 97, S. 504-507; Mayr, Sammlung Bd. 2, Nr. VI.56, S. 270-272.
470
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 4. November 1801, TOP 11).
471
Die Zeitschrift erschien 1802 als »Deutsche Justiz- und Polizey-Fama« bei Cotta in Tübingen und wurde ab 1803 fortgesetzt unter dem Titel »Allgemeine deutsche Justiz- und Polizeifama«. Der Herausgeber war Theodor Konrad Hartlieb (1770-1827), seit 1796 Professor für Staatsrecht an der Universität Salzburg.