BayHStA Staatsrat 1, Nr. 4 11 beschriebene Seiten. Vermerke: auf dem Umschlagblatt oben Mitte »1. Mai 1799«; u.r. abgehakt mit Bleistift.

Anwesend: Kf. Max Joseph, Hzg. Wilhelm; Minister Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling. Protokoll: Kobell.

[MF] 1. Ablehnung des Gesuchs der Gräfin Tauffkirchen, nach dem Verlust der Anwartschaft auf Kranzberg eine andere Pflege verliehen zu bekommen.

2. Die Vorstellungen des Obermarschkommissars Adrian v. Riedel gegen die neue Dikasterialorganisation sollten nicht beantwortet werden.

3. Umgestaltung der künftigen Verwaltung der Schwaige Schleißheim, Unterstellung unter die Hofkammer. Teile der kurfürstlichen Schwaigen sollen baldmöglichst verkauft oder verpachtet werden.

4. Nachlaß der Kanzleitaxen (nicht aber der Siegel- u. Kanzleigebühren) für Minister Graf Morawitzky und die Geheimen Referendäre. An Hompesch ergeht der Auftrag zur Aufstellung eines neuen Taxsystems für die gesamten Kurlande.

5. Nachlaß der Kanzleitaxen für den zum Hof-Musikintendanten ernannten Anton Clement Graf Törring-Seefeld.

6. Rückstellung des Gesuchs des Christian Freiherr v. Zweibrücken um Gewährung der ihm 1765, 1766 und 1777 zugesicherten jährlichen Leibrente.

7. Organisation der General-Landesdirektion und der Landesdirektion Amberg

Genehmigung von Organisationspatent, Geschäftsordnung und Personalernennungen für die General-Landesdirektion in München und für die Landesdirektion in Amberg.

7. Wegen dem Personal Statu der neu organisiret werdenden Generallandes-Direction allhier und in Amberg wurden zwey Tabellen vorgeleget, worin das Raths Personale hiezu benennet, dann ein hiernach abgefaster Rescripts-Entwurf verleßen, wodurch die ganze neue Organisation der Landes-Direction allhier und in Amberg bekant {3v} gemacht, das neu angestellt werdende Personale sowie das übrig bleibende, welches theils in die Ruhe versezet, theils auf andere Ämter beförderet oder sonst placiret wird, benennet, und wegen dem zu besezenden Canzley-Personale die gutachtliche Meynung der General-Landes Direction erforderet, dann endlich der Geschäfftsgang für dieses neue Collegium festgesezet ist.

Diese für Baiern und die Obere Pfalz gefertigte Aufsätze werden genehmiget, doch solle der von Kling nur provisorisch als Director in Forst- und Cultursachen angeordnet und statt des zum Land Commissär vorgeschlagenen Rentschreiber Oppl zu Landshut ein anderer in Vorschlag gebracht werden.

8. Postwesen

[MA] Aufgrund des geltenden Vertrags mit dem Haus Thurn und Taxis ergäben sich gravierende Probleme für das Postwesen in Bayern. Unterhandlungen über Verbesserungen seien der neuen General-Landesdirektion zu übertragen.

8. Der churfürstliche Geheime Staats und- Conferenz Minister Freiherr von Monjellaz legte mündlich die Nachtheile vor, welche aus dem Vertrag mit dem Herrn Fürsten von Thurn und Taxis über das Postweeßen in Baiern für die hierobige Landen entstehen. Allein, da Seine izt regierende Churfürstliche Durchleucht solchen im Jahre 1793 garantiret, so würde in der Hauptsache hiegegen nichts zu erwürcken seyn, jedoch legen in dem Vertrage selbsten einige Gründe, um eine Abänderung dieser zu laut schreyenden Mißbräuche mit Recht und Erfolg foderen zu können, worauf er auch antrug.

Nach organisirter Landes Direction ist derselben dieser Gegenstand mittels Rescripts zu näheren Einsicht und Unterhandlung mit dem anhero kommen werdenden {4r} Fürstlich Taxischen Abgeordneten zu übertragen, damit dieselbe sodann weiteren Bericht und Antrag, wie solche Mißbräüche gehoben werden können, vorzulegen imstande wäre. Hiebey legten Seine Herzogliche Durchleucht von Pfalz-Birkenfeld wegen der von Höchstihnen nicht gegebenen Zustimmung zu diesem Vertrag eine Protestation hiegegen ein und reservierten sich und ihren Nachkommen ihre Rechte.

9. Vorläufige Rücknahme einer generellen Sonder-Kontribution auf die geistlichen Güter

Beschlüsse über das weitere Vorgehen mit dem »15-Millionen«-Kontributionsprojekt angesichts der Beschwerden der auswärtigen, in Bayern begüterten Bischöfe, Hochstifte und Domkapitel. Von der unmittelbaren Anwendung der päpstlichen Genehmigung solle zunächst abgesehen werden und die Bischöfe angesichts der Not des Landes zur freiwilligen Mithilfe aufgefordert werden42.

9. Wegen der Beschwerden der auswärtigen in Baiern begüterten Bischöffen, Stiffter und Domcapitel über die ihnen unter der vorigen Regierung noch zu entrichten auferlegte Contributions-Summen wurde ein Antrag vorgeleget, und darin auseinander gesezet, inwieweit diese Beschwerden gegründet, sodann zu derselben Hebung den Vorschlag gemacht, mit gänzlicher Abstrahierung von der päbstlichen Bulle den Domcapitel zu rescribiren, daß wegen den eingetrettenen üblen Zeiten und eingerißenen allgemeinem Geld-Mangel es zur Nothwendigkeit geworden, die Geistlichkeit, so in beßeren Umständen sich befindet und die bey einer allgemeinen Noth ebensowenig als die Weltliche sich der Beywürkung zu Erleichterung des Staats-Lastes entziehen könten, zu einem Beytrag anzuhalten. Weswegen auch Seine Churfürstliche Durchleucht erwarteten, daß sie, von der Wahrheit dieser Grundsäze überzeuget, sich diesem gewiß billigen Begehren ihres Landesfürsten nicht wiedersezen, sondern im Gegentheil mit voller Anhänglichkeit und Anstrengung demselben zu entsprechen sich beeiferen und zu diesem Ende einige Glieder aus ihrer Mitte anhero senden würden, um mit ihnen diesfalls in nähere Vereinbahrung zu tretten. Nach diesen Grundsäzen seyen auch die Bischöffe zu beanthworthen, dann der als {4v} churfürstlicher Gesandte nach Wien abgehende Graff von Taxis von dem ganzen Gange dieses Contributions-Geschäfftes zu unterrichten und ihme der Auftrag zu ertheilen, wegen diesem Contributions-Geschäffte weder bey der Staats Canzley noch sonst wo zur Zeit eine Erwehnung zu machen, sondern, wenn hiegegen Fürschritte in Wien gemacht werden sollten, seinen Bericht zu erstatten und weitere Résolution zu erwärtigen.

Dieser Antrag ist gnädigst genehmiget.

10. Streit mit dem Reichskloster Kaisheim über die Landeshoheit und Rechte an dessen Hintersassen im Herzogtum Neuburg. Die Regierung in Neuburg wird angewiesen, vorerst keine Eingriffe gegen die vom Kloster beanspruchten Rechte vorzunehmen, solle aber gleichzeitig die Legitimität der vom Kloster aufgrund eines Vertrags von 1656 beanspruchten Rechte prüfen.

11. Besoldungsvorschuß für den Gesandten in Berlin, Freiherrn von Posch.

12. Bewerbung des Freiherrn Müller v. Müllegg um den Posten als zweiter kurfürstlicher Agent in Wien wird vorerst abgewiesen, doch solle der Gesandte, Graf Taxis, Erkundigungen über ihn einziehen.

[MGeistl] 13. Temporäre Übertragung der Pfarre Wolfratshausen und des Benefiziums Dorfen auf das Kloster Beuerberg zur Kompensation einer Schuldforderung.

14. Grundsatzregelung für das Aufenthaltsrecht von Emigranten

[MJ] Grundsätzliche Regelung des Aufenthaltsrechts von Emigranten: Personen aus der Schweiz, Graubünden, Niederlanden und Italien könnten nur mit Sondererlaubnis des Hofes bleiben. Das Aufenthaltsrecht von französischen Emigranten, die einen Bürgen stellen könnten, von angestellten oder in ein Kloster aufgenommenen Geistlichen und von Personen, die ein entsprechendes kurfürstliches Privileg erhalten hätten, bleibe unberührt, solange sie die öffentliche Ordnung nicht störten und nicht dem Staat zur Last fielen.

14. Wurde ein Rescriptsentwurf wegen den in den churfürstlichen Landen sich befindenden französischen und sonstigen Ausgewanderten von den teutschen Reichslanden, der Schweitz, den Niederlanden und Italien verleßen, wornach den französischen Emigrirten, für welche ein in churfürstlichen Landen angesessener Unterthan oder herrschafftlicher [Diener] rücksichtlich ihres Unterhalts und Betragen sich verbürget, dann den Geistlichen, so in die hierländische Klöster durch den Geistlichen Rath und die Consistorien eingewiesen worden, sowie jene, die als Capläne oder Supernumerarien angestellet, endlich den sich mit höchster Erlaubnüß im Lande ansäßig gemachten und das Incolatsrecht erhaltenen Individuen, dann den Ausgewanderten aus den teutschen Reichslanden der Aufenthalt noch ferner und in so lange sie sich ruhig und ordentlich betragen und dem Staate nicht zu Last fallen, zu gestatten, denen übrigen Emigrirten aus der Schweitz, Graubünden, den Niederlanden und Italien aber ohne besondere Hofserlaubnüß der Eintritt und Aufenthalt nicht zu bewilligen wäre.

Dieser Antrag erhielt die höchste Genehmigung.

15. Regelung von Kanzlei- und Titulaturfragen.

16. Organisation des kurfürstlichen Protektorats über das Fürstenhaus Isenburg.

17. Abschaffung des Illuminaten-Eides

Ablösung des 1790 eingeführten Illuminaten-Eides durch ein allgemeiner formuliertes Versprechen neu Anzustellender, keiner geheimen Gesellschaft anzugehören oder beizutreten.

17. Wurde ein Rescripts-Entwurf wegen Abstellung des unterm 15. November 1790 eingeführten Illuminaten Eides zur höchsten Bestättigung vorgeleget.

Statt dieses eingeführten Illuminaten Eides solle künftig jeder verpflichtet werdende Diener unter einem zu leistenden Eide das Verspechen ablegen, in keine geheime Gesellschafft {6v}, welchen Nahmen und Verbindung sie auch führe, zu tretten, wobey aber keine ausdrücklich benennet werden solle.

18. Formierung der Schützen zu einem eigenen Corps mit drei Bataillons verschoben bis zur allgemeinen Neuordnung der militärischen Angelegenheiten.

19. Die Abhaltung des »Sommertheaters« sei künftig nur noch während der Jakobi-Dult in München genehmigt.

20. Untersuchungsverfahren gegen die Räte Lippert und Schneider

Hertling berichtet über den Stand des Untersuchungsverfahrens gegen Caspar v. Lippert und Franz Xaver Freiherr von Schneider42.

20. Erstattete der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Freiherr von Hertling wegen der gegen den Geheimen Rathen von Lippert, den Geheimen Rathen von Schneider und sonstige Personnen vorgenohmenen Untersuchung mündlichen Vortrag und äüserte sich, daß sich hiebey nichts Wesentliches gezeiget und das Ganze keine fernere Nachsuchung verdiene. Dann legte derselbe eine Vorstellung des Regierungs Rathen Musinam in Burghaußen vor, worin er bittet, eine Rechtfertigung wegen den von dem Geheimen Rathen von Lippert ihme übertragenen Commissionen in Druck legen zu dörffen.

{7r} Beyde Gegenstände sollen beruhen.

Anmerkungen

42
Vgl. Stauber, Finanznot, S. 118f.
42
Der Kabinettssekretär Lippert, ein fanatischer Gegenaufklärer und Exponent des persönlichen Willkürregimes Karl Theodors, und Schneider, Direktor der Zensurbehörde, waren beim Regierungswechsel 1799 sofort entlassen worden (Weis, Montgelas, Bd.1, S. 435; Schaich, Staat, S. 461).