BayHStA Staatsrat 381, Nr. 3 18 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 9. Mai 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, Utzschneider, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Vortrag Hartmann: Untersuchung der Landesdirektion in Neuburg gegen den Hofkammerrat Karl von Strassern, Forstmeister zu Heideck, Hilpoltstein und Allersberg wegen mehrerer Verletzungen seiner Dienstpflicht. Der Referent schlägt, abweichend von der Landesdirektion, die auf Geldstrafe und Schadensersatz plädiert hatte, vor, von Strasser aus kurfürstlichen Diensten zu entlassen, ihm aber nach Leistung einer angemessenen, noch näher zu bestimmenden Schadensersatzsumme eine Pension von 400 fl. jährlich auszusetzen. Die Stelle als Forstmeister solle bis auf weiteres ein geeigneter Oberförster provisorisch versehen.

Kfstl. Entschließung dazu 9. Mai 1801: Provisorische Übertragung der Stelle an den Zweibrücker Oberforstmeister Johann Nepomuk Graf v. Frohberg.

2. Vortrag Krenner jun.: Ablehnung des Gesuchs der Untertanen der kfstl. Herrschaft Feldmoching (Stadt München), von der Kriegskosten-Anleihe auf den Besitz der Spitäler befreit zu werden. Lediglich eine Verlängerung der Zahlungsfrist wird in Aussicht gestellt.

3. Vortrag Krenner jun.: Erhebung der Anleihe auf die Spitäler in Miesbach ist nach dem Hoffuß (nicht, wie in größeren Städten, nach dem Bevölkerungsstand) unter Einbeziehung der Pfarrgüter durchzuführen.

4. Beginn von Entschädigungszahlungen für die Versorgung der österreichischen Armee

Krenner jun. berichtet über zunehmende Forderungen der Untertanen aus den Landgerichten, endlich für die Lieferungen und Transporte an die österreichische Armee bezahlt zu werden. Auf Vorschlag der Kriegs-Deputation soll der Staat nun mit den Entschädigungszahlungen beginnen; Krenner setzt dafür Begrenzungen fest.

{4r} 4. Churfürstliche Kriegsdeputation erstattet wegen den häufigen Vorstellungen der churfürstliche Gerichter und Unterthanen um jene Vergütungen in Geld, welche ihnen für die zur kaiserlichen Armée geleistete Lieferungen und Magazins-Transporte versichert, aber noch nicht bezahlet worden, unterthänigsten Bericht {4v} und machet den Vorschlag, ihr zu Beruhigung dieser sich meldenden Gerichter und Unterthanen zu erlauben, in ieder Woche die mäsige Summe von 3.000 fl. an ein churfürstlich verrechnetes Amt zu Tilgung dieser Foderungen anweisen zu dürfen. Geheimer Finanz-Referendär von Krenner, der diesen Gegenstand vortrug und gegen den Antrag nichts zu erinnern fand, wenn solcher blos auf die Gerichts-, Kastenamts- und auf die Rentkassen, dann die Summe von einigen 100 fl. bei einem Amte beschränket, auch nur bei den dringensten Posten der Anfang gemacht und die einschlägige Rentkasse von ieder Anweisung jedesmal avisiert würde, laß einen Rescripts-Aufsatz vor, welcher diese Beschränkungen und die Art der Anweisungen auseinander sezte.

Dieser Aufsatz wurde gut geheißen.

5. Vortrag Schenk: Eine Aufstellung der Kriegsdeputation zur Übernahme der Magazine und der entsprechenden Vorräte (v.a. Getreide) von den französischen Truppen wird zur Kenntnis genommen.

6. Vortrag Schenk: Weitergabe dieser übernommenen Magazingüter an das Militär-Proviantamt und das Hof-Futtermeisteramt wird angeordnet.

7. Vortrag Krenner sen.: Differenzen mit den Fürstentümern Oettingen-Wallerstein und Oettingen-Spielberg sowie dem Zisterzienserstift Kaisheim (Krs. Donau-Ries), die sich weigern, für ihre Untertanen zum in Pfalzbayern erhobenen Kriegskosten-Vorschuß beizutragen.

8. Vortrag Stichaner: Das Untersuchungsverfahren der Kriegsdeputation gegen den Hofkammerrat Joseph Obich, Forstmeister zu Kösching (Krs. Eichstätt), wegen Dienstvergehens soll vor der General-Landesdirektion fortgesetzt werden.

9. Vortrag Stichaner: Das Gesuch des unter Mordverdacht stehenden und auf der Flucht befindlichen Müllers Georg Riedl um sicheres Geleit und Entlassung seiner Ehefrau aus dem Zuchthaus wird abgelehnt.

10. Vortrag Stichaner: Bezahlung von 429 fl. für einen nach Befehl des Kurfürsten für den französischen Ingenieur-Offizier Bonne angekauften Wagen.

11. Vortrag Krenner sen.: Differenzen mit dem Fürsten von Thurn und Taxis, der verbietet, von seinen Untertanen in Dischingen (Krs. Heidenheim/Brenz), Schretzheim (Krs. Dillingen) und Trugenhofen (Krs. Neuburg-Schrobenhausen) Beiträge zu den Kriegskosten einzuheben. An die Landesdirektion Neuburg und das Landrichteramt Höchstädt ergeht Anweisung, diese Beiträge trotzdem einzutreiben.

12. Erste Schritte zur Aufhebung des Karmelitenklosters in München

Branca berichtet über die Entschädigungsansprüche der Karmelitenmönche in München angesichts der Zerstörungen, die die im Kloster einquartierten französischen Truppen hinterlassen haben. Er schlägt vor, die Behandlung der Schadensersatzansprüche wie überhaupt der Rückkehr der Münchner Karmeliten in ihr Kloster vorerst zu suspendieren. Der Konvent solle versetzt und das Gebäude für die Lateinschule genutzt werden.

{7v} 12. Wegen Vergütung der in dem Carmeliter-Kloster alhier durch die dort einquartirt gewesenen französische Grenadiere zugefügten Beschädigungen machte Herr Geheime Referendär von Branca auf einen Bericht churfürstlicher Kriegsdeputation den Antrag, blos jene Schäden vergüten zu lassen, welche durch diese lezte französische Einquartierung verursacht worden sind, die übrigen Beschädigungen hingegen als Quartierslast anzusehen, zugleich auch churfürstliche Kriegsdeputation anzuweisen, sowol den Ersatz der befragten Schäden als auch die Rückkehr der Carmeliter in ihr Kloster bis auf weitere Entschliessung zu suspendiren, weil gegenwärtig der Zeitpunkt eingetrofen zu seyn scheine, wo durch Versetzung dieser Carmeliter derselben Gebäude zum Gebrauch der Schulen verwendet und jene der Schulen der Academie zugeleget werden könnte.

Die Anweisung churfürstlicher Kriegsdeputation nach dem Antrage wurde genehmiget; wegen dem weiteren Vorschlag rücksichtlich der Verlegung der Carmeliter und Benutzung ihrer Gebäude aber solle dieser Gegenstand noch zuvor bei dem Geistlichen Ministerial Departement vorgearbeitet und dann in dem Staatsrathe reproponiret werden.

13. Ausweitung des Einzugs von Kirchensilber

Vortrag über die Ausdehnung des Gebiets, in dem entbehrliches Kirchensilber eingezogen werden solle, auf die Landstriche nördlich der Donau und die Oberpfalz, wobei mit möglichst großer Rücksichtnahme zu verfahren sei. Der Ständevertretung solle informell erläutert, die so requirierten Mittel seien für die Erstattung der Zahlungen aus staatlichen und landschaftlichen Kassen für französische Kontributionen bestimmt.

{8r} 13. Über die berichtliche Anfrage churfürstlicher Kriegsdeputation, ob sie die Einbringung und Verschmelzung des entbehrlichen Kirchensilbers auch auf das Land jenseits der Donau und die oberpfälzischen Herzogthümer ausdehnen solle, erstattete Herr Geheime Referendär von Branca Vortrag und stimmte, nach Anführung der dafür und dagegen sprechenden Gründe, auf die Ausdehnung dieser Operation in die ehemalige deutsche Demarkationslinie. Nach reifer Überlegung dieser Frage und gehaltener Umfrage

wurde durch Mehrheit der Ministerialstimmen beschlossen, die Einbringung und Verschmelzung des jenseits der französischen Demarkationslinie sich befindenden Kirchensilbers zu Steuerung der durch die Kriegsübel erzeugten Staatsnoth vornehmen, hiebei jedoch alle Mäßigung und Bescheidenheit, vorzüglich in Rücksicht der Monstranzen und anderen der offenen Verehrung ausgesezten Stücken, eintretten und den gelinderen Maasstab vom 11. November vorigen Jahrs beobachten zu lassen, auch wegen Vollzug dieser Maasregel der baierischen Landschaft in einer Conferenz solche vertraulich zu eröffnen, und ihr zu erklären, daß die {8v} Hauptabsicht dabei seye, die von den Staats- und landschaftlichen Kassen zu der ersten Kontribution341 geleisteten Vorschüße aus den dadurch einfliessenden Geldern verhältnismäsig wieder zu ersetzen.

14. Vortrag Utzschneider: Genehmigung der Ausschreibungen der oberpfälzischen Landesdirektion wegen Einbringung der staatlichen Abgaben für 1801.

15.-16. Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung

Dem Tuchmacher Georg Dorner wird erlaubt, in Lauterhofen sein Gewerbe auszuüben, nachdem er das Bürgerrecht erworben haben und in die zuständige Zunft eingetreten sein würde. Utzschneider schließt daran einen grundsätzlichen Beschluß an, die Ansiedlung von »Manufakturisten und Fabrikanten« verstärkt zu fördern.

{8v} 15. Aus Anlaß der von dem Georg Dorner, Tuchmachermeister zu Lauterhof [Lauterhofen, Krs. Neumarkt/Opf.] in der Obernpfalz, Landgerichts Pfaffenhofen, gegen den Lauterhofer Marktrath gestellten Beschwerde, daß er da als seinem Geburtsort an Ausübung seiner Tuchmachers-Profession gehindert werde, machte Herr Geheime Referendär von Utzschneider den Antrag, aus staatswirthschaftlichen Gründen den Grundsatz aufzustellen, diejenige Manufakturisten und Fabrikanten, welche inländische rohe Produkten verarbeiten, nach Möglichkeit in den churfürstlichen Staaten zu vermehren und in dessen Folge den {9r} Georg Dorner, Tuchmacher zu Lauterhofen, bei Ausübung seiner Profession zu schützen.

Dieser Grundsatz und dessen Anwendung auf den Georg Dorner wurde genehmiget, dabei iedoch bestimmt, daß derselbe angehalten werde, das Bürgerrecht in Lauterhof zu kaufen und sich einzünften zu lassen.

Der Eleonora Sommer wird die Genehmigung zum freien Verkauf der von ihr hergestellten Strickwaren erteilt. Utzschneider schließt daran einen weiteren Grundsatzbeschluß an, nämlich alle Verkäufer selbstgefertigter Produkte besonders zu unterstützen.

{9r} 16. Geheimer Referendär von Utzschneider legte die Bittschrift der Eleonora Sommerin um freien Verkauf ihrer von inländischer Schaafwolle gestrickten elastischen Kleidungsstücken vor und trug an, die General Landesdirektion anzuweisen, alle diejenige, welche eigene Fabrikaten, besonders wenn sie solche aus inländisch rohen Materialien erzeugen, zu Verkauf bringen wollen, gehörig zu unterstutzen und also auch der Eleonora Sommerin den Verkauf der von ihr verfertigt werdenden Kleidungsstücke in einer Boutique aus freier Hand zu gestatten.

Genehmiget, doch solle beobachtet werden, daß die Boutique an einem schicklichen Orte aufgestellet werde.

17. Vermessung der oberen Kurlande und Einrichtung eines Topographischen Büros

Utzschneider legt einen Plan zur Einrichtung eines bayerischen Kataster-Büros und zur Vermessung der oberen Kurlande vor. Schenk schlägt dagegen vor, die Vermessungsarbeiten von entsprechend geschulten und angeleiteten Artillerie-Soldaten erledigen zu lassen. Schenk berichtet außerdem über die von den französischen Militärs in Kooperation mit Vertretern des Kurstaats erstellte Karte des bayerischen Kreises und regt an, dieser Gruppe die Weiterarbeit am Vermessungsprojekt zu übertragen.

17. In Folge des von dem Geheimen Referendär von Utzschneider in dem lezten Staatsrathe {9v} wegen Errichtung eines Bureau des Catasters und Meßung des Herzogthums Neuburg gemachten Antrages342 entwickelte derselbe heute in einem fernern Vortrag seine Ideen, wie dieses Bureau einzurichten wäre und wie solches für die Ausmessung der herobern Churlande am zweckmäsigsten und mit den wenigsten Kösten aufgestellet werden könnte. Da aber sowol durch den Geheimen Referendär von Steiner wegen der geringen Anzahl der dabei beschäftigt werden sollenden Geometers einige Erinnerungen und der Vorschlag gemacht wurde, zur Ausmessung einige 100 Mann aus dem Artillerie-Regiment, nach vorheriger Belehrung und Eintheilungen in Sectionen, unter der Aufsicht geschickter Geometers mit einer verhältnißmäßigen Zulage zu gebrauchen, auch durch den Geheimen Referendär von Schenk die Resultate des mit dem französischen Bataillons Chef und den churfürstlichen Commissarien, dann einigen Sachkündigen wegen Herstellung einer geographischen Karte des baierischen Kreises gehaltenen Zusammentrittes vorgeleget wurden, woraus sich zeiget, daß hier nicht blos von einer militarischen Karte, sondern auch von einer in Rücksicht der beabsichteten Landes-Vermessung passende Karte die Rede ist, und es folglich nur auf die Entscheidung der Frage ankomme, ob bei dem gegenwärtigen Finanz-Zustande zwei solche Bureaux etablirt werden könnten, und ob eines das andere in seinen {10r} Arbeiten hemme oder aber nicht beide in Eines zu Erreichung der gemeinschaftlichen Zwecke zu vereinigen seye,

so beschloß der Staatsrath, daß dieser Gegenstand bei dem Ministerial Finanzdepartement näher geprüfet und debattiret, dann in der nächsten Sitzung des Staatsrathes reproponiret werden solle.

18. Vortrag Utzschneider: Der Kurfürst wird um Benennung eines Verbindungsmannes beim Ober-Kriegskollegium ersucht, der zur Besprechung der Pläne für die Aufstellung eines 20.000 Mann-Heers, das Max Joseph angeordnet hatte343, zugezogen werden kann.

Kfstl. Entschließung dazu 9. Mai 1801: Benannt wird der Ökonomie-Direktor des Oberkriegs-Kollegiums, Heinrich Kraus. Der monatliche Finanzbedarf für diese Truppen wird auf 150.000 fl. pro Monat geschätzt.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

341
Diese »erste« von den Franzosen verlangte Kontribution, die Moreau bereits nach dem Waffenstillstand von Parsdorf (15. Juli 1800) festgesetzt hatte, belief sich auf 6 Mio. Francs (ca. 2,78 Mio. fl.), deren Aufbringung sich die kurfürstliche Hauptkasse und die Landstände im Verhältnis etwa von 1:2 teilten. Den Rest von 1,24 Mio. fl. »wollte man bei der Münchener Bürgerschaft, auf dem Lande, durch Ausprägung von Kirchensilber und Aufrechnung bereits geleisteter Zahlungen sowie Beiträge der anderen Kreisstände des Bayerischen Reichskreises beschaffen« (Ullmann, Staatsschulden, Tl. 1, S. 91).
342
Protokoll des Staatsrats vom 29. April 1801, TOP 19).
343
Protokoll des Staatsrats vom 29. April 1801, TOP 1).