BayHStA Staatsrat 171

11 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Baumüller.

Anwesend:

König Max Joseph.

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.

Geheime Räte: Graf v. Preysing; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Johann Nepomuk v. Krenner; Freiherr v. Stengel; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach.

Beitrag des Freiherrn von Schönstätt zu Gemeindelasten

Vortrag Arco: Gegenstand des Streits ist die Forderung der Gemeinde Freihöls, Karl Theodor Freiherr von Schönstätt solle sich für den ihm gehörenden Pröllenhof an den Gemeindelasten beteiligen. Ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Amberg wurde von der Landesdirektion bestätigt. Am Ende des Instanzenweges ist die Sache vor den Geheimen Rat gekommen. Dieser urteilt, daß sich Schönstätt für sein Gut Pröllenhof an den Einquartierungs- und Vorspannlasten beteiligen muß; im Gegenzug hat er an den Gemeindenutzungen der Gemeinde Freihöls zu partizipieren.

{1v} 1. Der königliche geheime Rath Carl Graf von Arco erstattete Vortrag über den zum geheimen Rath gekommenen Rekurs des Freiherrn von Schoenstett auf Wolfering1303 wegen angesonnenen Konkurrenzen von seinem zur Gemeinde Freihöls gehörigen Pröllenhofe.

Schon im Jahre 1804 habe sich die Dorfgemeinde Freihöls beschwert, daß derselbe die darauf treffende Scharwerks- und Vorspanns-Fuhren, Lieferungen p. zu leisten sich weigere. Damals habe er seine Verbindlichkeit hiezu nicht in Abrede gestellt, nur dabei verlangt, daß ihm das Landgericht den treffenden Betrag förmlich jederzeit notifizire, und daß ihm, wenn er Gemeindelasten trage, auch der verhältnißmäsige Bezug aller Gemeindenuzungen gebühre.

Erst im Jahre 1806 bei der vom Freiherrn von Schoenstett verweigerten Einquartierung und Vorspann vom Pröllenhofe seie diese Sache wieder in {2r} Anregung und bei dem Landgerichte Amberg in Untersuchung gekommen. Das von demselben ausgesprochene Urtheil vom 8en Merz 1807 seie dahin ausgefallen: der Freiherr von Schoenstett habe bei Vorspann und Einquartierung mit seinem Hofe zu Freihöls zu konkurriren, und die von der Gemeinde bisher geleisteten Konkurrenzen zu ersezen, auch die Prozeßkosten allein zu tragen.

Gegen dieses Urtheil habe Freiherr von Schoenstett sich an das Hofgericht in Amberg gewendet. Dieses habe jedoch hierin die Kompetenz der Landesdirekzion als begründet erachtet, und die eingekommene Beschwerde Schrift dahin abgegeben, von da jedoch mit der Aeußerung wieder zurük erhalten: daß das Hofgericht hiebei, als in einer Konkurrenz-Sache, die nicht individuelle und periodische Militär Praestazionen, sondern permanente Staats- und Gemeinde-Lasten betreffe, allerdings kompetent sei.

Die Landesdirekzion habe aber später, nachdem die {2v} Akten durch die Verhandlungen des Hofgerichts zum Spruche reif waren, ihre Kompetenz begründet gefunden, und unterm 19 August 1808 als zweite Instanz das Urtheil 1mae bestätigt.

Freiherr von Schoenstett habe hierauf bei der obersten Justiz-Stelle zu München appellirt, welche aber unterm 13en Jänner 1809 die Sache als dahin nicht geeignet, von sich gewiesen habe. Am 28 Jänner habe Freiherr von Schoenstett von diesem Dekret Kenntniß erhalten, und am 17 März sei derselbe mit seinem Rekurs bei dem geheimen Ministerium der Justiz eingekommen, von wo aber diese Sache der Verfügung des geheimen Ministeriums des Innern mit der Aeußerung überlaßen worden, daß der Beschwerdeführer jenseits simpliciter würde abgewiesen werden müßen.

Bei dem geheimen Ministerium des Innern seie dieser Gegenstand gehörig geprüft und darauf angetragen worden, daß weil Freiherr von Schoenstett die Fatalien zum Rekurse in den geheimen Rath auffallend {3r} versäumt habe, derselbe ohne weiteres ab und auf die in Rechtskraft übergegangene Urtheile der 1ten und 2ten Instanzen hinzuweisen sei. Auch in eventum und in Rüksicht auf die Haupt-Sache selbst wurde angetragen, den Rekurs als unstatthaft zu verwerfen, und das Urtheil 1mae und 2dae zu bestätigen.

So seie nun diese Sache als ein Gegenstand der contentiosen Administration zum geheimen Rathe gekommen1304.

Graf von Arco glaubte, daß vom Freiherrn von Schoenstett nicht mit voller Gewißheit gesagt werden könne, er habe das fatale Appellationis schon bei seinem an das oberste Appellazions-Gericht überreichten Rekurse wirklich versäumt, denn aus den Akten laße sich dieses nicht beweisen, unter gewißer Ansicht habe derselbe freilich das fatale Appellationis bei dem geheimen Rathe verseßen, woselbst er innerhalb 14 Tagen hätte einkommen müßen, wenn man nicht annehmen wolle, daß der wahrscheinlich intra fatalia bei dem Oberappellazions-Gericht eingereichte Rekurs den bei dem {3v} Justiz Ministerium nachhin übergebenen salvire.

Graf von Arco beleuchtete nun alle in den Akten vorkommende Gründe für und wider die Erkenntniße der beiden Instanzen, und war der Meinung, dahin zu erkennen: Freiherr von Schoenstett seie zwar allerdings schuldig, in seiner Qualität als Besizer des Pröllenhofes und im Verhältniße deßelben zu den Gesammt Besizungen der Gemeinde Freihöls den ihn treffenden Theil an den Einquartirungs- und Vorspanns Lasten zu tragen; diese Konkurrenzpflichtigkeit habe jedoch erst dann einzutreten, wo derselbe in den in Bezug auf den Pröllenhof verhältnißmäsigen Mitgenuß der Gemeindenuzungen gesezt sein würde.

Da nun Freiherr von Schoenstett in materialibus ein zum Theile obsiegliches Urtheil erhielte, so trage Referent auch auf die Restitution in integrum b[revi] m[anu] circa lapsum fatalium und auf die Kompensirung der Streitkosten an.

Da endlich die Landesdirekzion in Amberg schon in einem Befehle vom 15 April 1807 {4r} dem dortigen Landgerichte aufgegeben hatte, benehmlich mit dem Rentamte zu berichten, ob Freiherr von Schoenstett von dem angegebenen Zubaugute Pröllenhof alle hierauf haftende herrschaftliche und andere Gemeinde-Lasten alljährlich entrichtet habe, und ob hinsichtlich dieses Zubaugutes keine Jurisdiction oder Jagd-Streitigkeiten mit Freiherrn von Schoenstett obwalten; da bei dem Mangel eines Berichts hierüber nicht ausgemittelt ist, ob Freiherr von Schoenstett die von ihm behauptete Hofkammer Bewilligung, den Pröllenhof als Zubaugut zu genießen, wirklich besize, so mögte nach dem Antrage des Referenten der Sentenz noch beizufügen sein, daß das General Commißariat diesen Punkt ferner instruire, und das Geeignete darüber verfüge.

Seine Majestät der König forderten nunmehr die königliche geheime Staats- und Konferenz Minister, und die geheime Räthe auf, ihre Meinungen über den vorgetragenen Gegenstand abzugeben, wo die Mehrheit der Stimmen abweichend von dem Antrage des Referenten {4v} dahin gieng, daß gedachter Freiherr von Schoenstett schuldig und gehalte sei, den ihn treffenden Theil der Vorspanns- und Einquartirungs-Lasten und zwar a die litis contestatae1305 zu tragen, es habe jedoch von dem nemlichen Zeitpunkte an derselbe den in Bezug auf den Pröllenhof verhältnißmäsigen Mitgenuß der sämmtlichen Gemeindenuzungen der Gemeinde Freihöls zu erhalten.

Mehrere Stimmen waren dafür, die angetragene Restituzion in integrum wegzulaßen, von welchem zulezt auch Referent abgieng, dann auch den Punkt wegen der Rechtmäsigkeit des Genußes des Pröllenhofes als Zubaugut zu umgehen.

Es wurde demnach beschloßen, die Sentenz also zu faßen:

Wir haben Uns pp. und erkennen zu Recht: „Es seie gedachter Freiherr von Schoenstett schuldig und gehalten, in seiner Eigenschaft eines Besizers des Pröllenhofes und im Verhältniße deßelben zu den Gesammt Besizungen der Gemeinde Freihöls {5r} in ihrer Flur den ihn treffenden Antheil an den Einquartierungs und Vorspanns-Lasten gedachter Gemeinde a die contestatae litis zu tragen; jedoch solle von dem nemlichen Zeitpunkte an Freiherr von Schoenstett auch seines Orts in den in Bezug auf den Pröllenhof verhältnißmäsigen Mitgenuß sämmtlicher Gemeinde-Nuzungen der Gemeinde Freihöls gesezt werden, compensatis expensis sämmtlicher Instanzen“.

Überprüfung fehlerhafter Kriegskostenregulierung im Landgericht Hilpoltstein

Vortrag Aretin: Gegenstand sind die von den Gemeinden des Landgerichts Hilpoltstein gegen den Landrichter Seidel vorgebrachten Beschwerden. Im Streit stehen die aus Sicht der Gemeinden übermäßigen Beiträge zu den Kriegslasten. Aretin schildert zunächst das Verfahren der Kriegskostenumlage im Landgericht. Auffällig sind die hohen Entschädigungssätze und die nicht korrekte Rechnungslegung. Sodann trägt er – auf der Grundlage der Untersuchungen einer Kommission – einen Reskriptsentwurf vor. Die Rechnung ist zu korrigieren, ebenso sind die Kriegslasten neu zu verteilen. Weitere Beschlüsse betreffen involvierte Personen; der Landrichter Seidel ist in den Ruhestand zu versetzen.

2. Auf den von Seiner Majestät erhaltenen Befehl erstattete nun der königliche geheime Rath Freiherr von Aretin über die von den Unterthanen und Gemeinden des Landgerichts Hilpoltstein angebrachte Beschwerden gegen den dortigen Landrichter Seidel wegen übermäßigen Kriegskosten Konkurrenzen umständlichen Vortrag.

Er entwikelte die Geschichte dieser Beschwerde gegen die im Jahre 1805 und 1806 repartirte Kriegskosten, welche im Februar 1808 bei der höchsten Stelle angebracht, und damals {5v} durch Bericht des General Kommißariats zu Neuburg dann der hiesigen unmittelbaren Spezial Kriegs Kommißion genau geprüft und näher aufgeklärt worden war.

Um den Grund der Beschwerden würdigen zu können, schikte derselbe die Normen voraus, nach welchen das Marsch- und Einquartirungs-Wesen im Landgerichte Hilpoltstein behandelt wurde, wo nämlich die Natural Kriegs Lieferungen, Vorspanne, Einquartirungen p. durch das Untermarsch-Kommißariat respec. in der Stadt Hilpoltstein und in den Märkten Heydek und Allersberg durch die Bürgermeister, und in den 6 Stazions-Ortschaften durch die Schultheißen als Mittelorgane des Untermarsch-Kommißariats nach dem theils wirklich bestehenden theils imaginären Hoffuße repartirt wurden. Die Lasten der einzelnen Distrikte wurden sodann von diesen Vorständen dem Untermarschkommißariate vorgelegt. Dieses hatte {6r} die Peraequazion unter sämmtliche Distrikte vorzunehmen, worauf, wenn sie im Verhältniße des Hoffußes gleich gestellt waren, die Subperaequazion unter die Individuen durch Berechnung leicht ausgemittelt, und einem jeden bestimmt werden konnte, was er noch zu empfangen oder zu leisten habe. Zur vollkommenen Ausgleichung waren übrigens alle Kriegspraestazionen zu Geld angeschlagen und diese Geldaufschläge gründeten sich auf Verträge der Distrikts Vorstände mit den Dorfs-Führern unter den Auspizien des Landgerichts.

Freiherr von Aretin machte nunmehr das Vergütungs-Regulativ selbst bekannt, wobei allgemein die unverhältnißmäsige Preiße bemerkt wurden. Er rügte seine Mängel und Ungerechtigkeiten, die es ferner darin habe, daß der Lastenträger außer dem Ersaze des Schadens auch noch Gewinn ziehen könne, daß daher die Repartirenden sich aus dieser Ursache selbst mit {6v} Lasten belegen würden, und daß auf diese Art der abgelegene Unterthan, der von Natural-Lasten befreit bleibe, am übelsten daran sei, da er mit Geld-Konkurrenzen erdrükt werde.

Freiherr von Aretin schritt nun zu den im Landgerichte Hilpoltstein geführten Kriegs Rechnungen. Keine derselben war gehörig gestellt. Sie waren 11 an der Zahl, und betrugen in 13 Monaten die ungeheuere Summe von 619.167 fl. 15 x, nach welcher auf den Hof 1192 fl. 32 und auf den Kopf mehr als 51 fl. treffen.

Nebstdem ergab sich noch aus diesen Rechnungen, daß das Untermarsch Kommißariat sich noch über 12.074 fl. 7 Pfennig auszuweisen habe, und endlich der Landrichter Seidel von Hilpoltstein sich selbst für eigene Lasten im Ganzen einen Ersaz von 13.999 fl. 49 x zu Gute schreibt.

Bei diesen Verhältnißen wurde es nöthig gefunden, der untermarschkommißariatischen Geschäftsführung näher {7r} auf den Grund zu sehen, und eine förmliche Liquidation der Kriegs Rechnungen vorzunehmen. Es wurde deßhalb unterm 3ten August v. J. der unmittelbaren Special Kriegs Kommißion aufgetragen, eine Untersuchungs Commißion nach Hilpoltstein abzuschiken und die geeignete Instrukzion hiezu ertheilt. Freiherr von Weinbach wurde zu dieser Commißion bestimmt, da aber bald darauf die Auflösung der Landesdirekzion und die neue Kreis- und Finanz-Organisazion eintrat, und dieser Commißaire zu der Finanz Direkzion als Rath übergieng; so bestimmten Seine Königliche Majestät den Kronfiskal und Kreisrath Welsch.

Freiherr von Aretin las nun die Instrukzionen, welche dem Untersuchungs Commißaire gegeben wurden, ab, und erinnerte, daß Welsch vom 28 November an bis zum 12ten Juni dieß äußerst mühsame, und verwikelte Untersuchungs Geschäft beendiget, und seinen Haupt Kommissions {7v} Bericht unter leztbemerktem Datum eingesendet habe.

Das Resultat der Untersuchung sowohl als die darauf Seiner Majestät in Antrag zu bringenden Beschlüße werde Freiherr von Aretin durch Ablesung eines Reskripts-Entwurfs darlegen, wozu er sich die Erlaubniß Seiner Majestät erbat.

Allerhöchstdieselben gestatteten die Ablesung. Der Entwurf umfaßte folgende Punkte, und zwar in Betreff der ersten Hauptpunkte die Konstatirung des nach erfolgter Redukzion zur Umlage und Peraequation geeigneten Totalbetrages des Kriegslasten im Landgerichte Hilpoltstein.

1.) Die Moderazion der vom Landgerichte regulirten, oder von den Unterthanen selbst durch besondere Vergleiche angenommenen überspannten Vergütungs-Preise für Einquartirungen, Verpflegung und Fuhrenstellung, und die hier noch von Kommißions wegen verfügte Minderung der übertriebenen Konten der Individuen. 2.) Die Moderazion der {8r} Quartierskosten-Rechnung des Landrichters Seidel von 13.999 fl. 49 ¼ x auf 1.105 fl. 8 x. 3.) Die Absonderung der in die Konkurrenz Rechnung nicht gehörigen und vom Landrichter Seidel ganz ungeeignet in selbe aufgenommenen Ausgaben, als auf Kordonisten, Frohnen p. 4.) Die Abrechnung mit dem Landrichter und seinen Paßiv-Rezeß. 5.) Den Paßiv-Rezeß der Stad Hilpoltstein per 695 fl. 21 x. 6.) Den Beitrag des Landgerichts Hilpoltstein zur Kriegs-Comité-Kaße der Provinz Neuburg von 16.838 fl. 16 x. 7.) Die Vertheilung der französischen Unterstüzungs-Gelder. 8.) Die Genehmigung und Anweisung zur Peraequation des Totalbetrages der Hilpoltsteiner Kriegskosten zu 558.808 fl. 24 x 3 Pfennig.

Bei diesen 8 Punkten wurde keine Erinnerung gefunden.

Der Entwurf behandelt nunmehr, als zweiten Hauptgegenstand, die Repartition und Peraequation der obigen Kriegs Lasten.

Hier wird die Konkurrenz {8v} Quote auf einen Hof mit 992 fl. 30 x festgesezt. Auch wäre es hinsichtlich der Konkurrenz Pflichtigen Unterthanen und Stazionen bei der wegen der Höfezahl des ehemaligen Pflegamtes Heydek bereits erlaßenen Verfügung zu belaßen, das Konkurrenz-Befreiungs-Gesuch der Bürgermeister zu Heydek aber abweislich zu bescheiden. Auch wären die Stiftungen und Dominikalisten so wie die aktiven und pensionirten Staatsdiener gehörig zum Beitrag anzuweisen.

Die nunmehr folgende Weisungen betreffen die erforderliche Final-Abrechnung mit den Konkurrenzen und ihre Modalität.

Was die dem Landrichter Seidel und einigen Bürgermeistern und Schultheißen in dieser Kriegskosten-Konkurrenz Sache angeschuldigte Vergehen betrifft, so wurde der Antrag gestellt, daß da die Beschwerde führende Unterthanen mehrere Anklagepunkte widerrufen haben, wie z. B. die Anklage wegen der für Abwendung {9r} der französischen Kantonirungs Quartiere verlangten 13.000 fl. auch der Landrichter Seidel sich zwar große Unordnung und Fahrläßigkeit jedoch keine dolose Handlungen habe zu Schulden kommen laßen, derselbe mit einer Spezial-Untersuchung nicht angegriffen werden könne, sondern nach dem Antrage des Kronfiskals simpliciter zu absolviren sei.

Da zwar bei der Enthebung einer Spezial-Untersuchung nach der Lage der Akten kein Anstand gefunden wurde, einige Mitglieder des geheimen Raths jedoch den Ausdruk: simpliciter absolviren, als zu Mißdeutungen Anlaß gebend, ansahen

so wurde beschloßen, den Beisaz sondern nach dem Antrage des Kronfiskals simpliciter zu absolviren sei wegzulaßen.

Gedachtem Landrichter wäre jedoch wegen den ihm zu Last liegenden Unordnungen und Nachläßigkeit in dieser Sache das gerechte allerhöchste Mißfallen zu erkennen zu geben ihm auch zu untersagen {9v} die beschwerdeführende Unterthanen injuriarum zu belangen. Ferner wurde der Antrag dahin gestellt, zu erklären, daß wegen seiner Wiedereinsezung oder sonstigen Anstellung die weitere allerhöchste Entschließung demnächst werde bekannt gemacht werden. Dagegen aber wurde von einigen geheimen Räthen bemerkt, daß die Dienstes Ordnung offenbar seine Quieszirung auszusprechen erfordere, wenn seine Suspension aufgehoben werde, da man ihn doch nicht auf dem bisherigen Posten belaßen werde.

Es wurde also zu sezen beschloßen: „Unser Wille ist übrigens daß zwar die Suspension des Landrichters Seidel wieder aufgehoben, inzwischen derselbe bis auf weiters quieszirt werden solle, bis Wir über seine Verwendung etwas zu beschließen für gut finden werden“.

Ferner wäre dem gravirten Bürgermeister Odorfer zu Allersberg weiter zu untersagen, die wegen dem Viertelmeister Foisi alldort und seinen Mitschuldigen {10r} ventilirte Untersuchungs Akten dem Appellazions-Gericht zu Neuburg zu Fällung des förmlichen Straferkenntnißes zu übersenden, und die Schultheißen und Ortsführer, welchen Kontoveränderungen und andere Gefährden zu Last liegen, ihrer Vergehen wegen nach höherem oder geringerem Grad ihrer Schuld und nach aufgedektem und beseitigtem Übermaas in Ansäzen mit kürzeren oder längeren polizeilichen Gefängniß Strafen geahndet werden.

Hier wurde erinnert, daß diese Schultheißen und Dorfs-Führer sich wirkliche Falsen schuldig gemacht, und folglich zur polizeilichen Strafe nicht geeignet seien.

Es wurde daher die Abänderung dahin genehm gehalten, daß sie durch die Gerichts Behörde behandelt werden. Auf den Ersaz des Übermaaßes ist hiebei geeignete Rüksicht zu nehmen.

Der Anwald der beschwerdeführenden Hillpoltsteiner Unterthanen Rauch wäre in jenem {10v} Landgerichte, wo er sich dermalen aufhalte, der genauen Surveillance zu untergeben für das Vergangene.

Hier soll gesezt werden „für das vergangene Benehmen in dieser Sache“.

Aber solle eine Special Inquisizion oder ein förmlicher Kriminal Prozeß nicht gegen ihn vorgenommen werden.

Die Kommißions Kösten wären zur Hälfte von dem in culpa lata versirenden Landrichter Seidel zu tragen, zur Hälfte aber den Bürgermeistern, Schultheißen und Dorfsführern, welche hiebei betheiligt seien, zu überbürden.

Diese Beschlüße wären nicht nur dem General Commißariat zu notifiziren, sondern es mögte auch dem Kronfiskal Welsch hievon, und wegen der weitern Besorgung der Final Abrechnung Kenntniß zu geben, dann dem Ministerium des Innern die ihm erforderliche Nachricht zu ertheilen sein. Auch da sich Spuren einer Unrichtigkeit im Sportel- und Depositen Wesen {11r} im Verlaufe der bemerkten Untersuchung ergeben haben, dem königlichen geheimen Finanz Ministerium Notification zu geben sei.

Der Entwurf sämmtlicher dieser Beschlüße erhielt mit den bereits bemerkten Abänderungen die allerhöchste Genehmigung.

Genehmigung durch den König (nicht datiert).

Anmerkungen

1303

Zur Hofmark Wolfring, seit 1756 im Besitz der Schönstätt: Müller-Luckner, Nabburg, S. 288f., 393. Karl Theodor Freiherr von Schönstätt wurde 1753 geboren (Lang, Adelsbuch, S. 232).

1304

Der Geheime Rat sprach letztinstanzlich Recht „in allen kontentiösen administrativen Gegenständen“ (OE betr. die „Bildung des geheimen Raths“ vom 4. Juni 1808, Tit. 2 Art. 6, RegBl. 1808, Sp. 1332). Administrativ-contentiöse Sachen waren Rechtssachen, „welche als streitige Angelegenheiten vor administrativen Stellen und Behörden in Bayern verhandelt“ wurden (Wendt, Handbuch, Bd. 3/1, S. 2).

1305

Mit der litis contestatio als formellem Prozeßakt wurde im römischen Recht der Wille zur Erklärung der Streitabsicht ausgedrückt; dies bewirkte die Rechtshängigkeit der Streitsache. Im gemeinen Recht trat „die Beantwortung des thatsächlichen Inhalts der Klage von Seiten des Beklagten“ in den Vordergrund. Vgl. Sintenis, Civilrecht Bd. 1, S. 318 (Zitat); Sellert, Art. ‚Litis contestatio’, in: HRG Bd. 3, Sp. 14-20; Schlinker, Litis contestatio. Kreittmayr definierte diese Prozeßrechtsfigur folgendermaßen: „Die Antwort auf die Klag sowohl in Summario, als Ordinario soll so beschaffen seyn, daß man deutlich, und gnugsam daraus erkennen mag, was der Beklagte dem Kläger in der Hauptsach einzuraumen, oder zu widersprechen gemeint seye, und dieses heist eigentlich die Kriegs-Befestigung, oder Litis contestatio […]“ (CJBJ, Kap. 6, § 1, S. 40).