BayHStA Staatsrat 2, Nr. 23 10 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph, Hzg. Wilhelm; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[1.] Beschlüsse zur neuen Verwaltungsordnung der Rheinpfalz

Genehmigung des Protokolls des Staatsrats vom 9. Mai 1800 betr. die neue Verwaltungsordnung für die Rheinpfalz.

[1.] Der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Freiherr von Montgellas legte das nach dem Schluße des Staatsrathes wegen Organisation der Rheinpfalz gefaste Protocoll Seiner Churfürstlichen Durchleucht gehorsamst vor,

Höchstwelche die provisorische Errichtung eines General Landes Commissariats nach dem Vorschlage, so wie die übrige Anträge wegen Übergebung der Criminal Justiz an churpfälzisches Hofgericht und Aufstellung des Land Commissariats Personalis mit folgenden Abänderungen gnädigst genehmiget, {2v} daß der pfalz-zweybrückische Geheime Rath Dépréville bey der 1. Deputation des Landes Commissariats, und zwar bey der Polizey Section in Censur Geschäfften und bey der Landes Hoheits Section in franzößischen Verhältnüßen angestellet, statt des vorgeschlagenen Regierungs Rathen Bachmann der tit. Leersé der ältere, der ebenfalls in Antrag gebracht worden, in der 1. Députation, und der Regierungs Vice Kanzler Freiherr von Lamezan nebst dem Freiherrn von Stengel zum Vice Praesidenten ernennet werden solle. Seine Churfürstliche Durchleucht haben ferner gnädigst beschloßen, daß als Grundsaz aufgestellet werde, in dem Landshoheits Senat des provisorischen Lands Commissariats und der seiner Zeit errichtet werdenden Landes Direction kein ritterschaftliches Mitglied anzunehmen, welch höchster Entschluß bey dem auswärtigen Ministerial-Departement in dem Principienbuch vorzumerken ist.

[MF] 2. Genehmigung der Anstellung des Akzessisten Karl von Prott in Düsseldorf.

3. Schwierige Finanzlage in den Herzogtümern Jülich und Berg. Die Rückzahlung der Schulden bei der Witwe Gaddum wegen Lieferungen und Darlehen für die kurfürstlichen Truppen sei vor einem Zusammentreten der Ständeverordnung nicht möglich. Eine Unterstützung der »nothleidenden Staatsdiener« durch die Beleihung von Wertpapieren wird abgelehnt, da der Kurfürst die Kapitalien des Haus-Fideikommisses nicht weiter angegriffen sehen wolle.

[MA] 4. Die Verpachtung der Naturalientransporte zu den Magazinen der österreichischen Truppen in Bayern solle ab Juni 1800 nicht mehr allgemein, sondern für die einzelnen Fourage-Stationen gesondert erfolgen.

5. Konskription und Planungen für ein Kantonssystem

Im Zuge der Einführung der Konskription solle ein Kantonssystem nach Vorbild der preußischen Markgrafschaften Ansbach-Bayreuth eingerichtet werden. Vom Ober-Kriegskollegium werden Vorschläge erwartet, wie »der Militärgeist bey dem Baiern wieder angefeueret werden könne«, etwa durch Auszeichnungen oder eine bessere Versorgung von Invaliden und Hinterbliebenen315.

5. Wegen Einführung der Conscription wurde ein Rescripts Enwurf vorgeleget, wodurch die Anfragen des Oberkriegs-Collegii über diesen Gegenstand beanthworthet und demselben befohlen wird, in den herobern Landen gleich den benachbarten Staaten eine Cantons-Eintheilung dergestallten festzusezen, damit ein jedes Regiment einen ständigen Bezirk zur Ergänzung und Verstärkung erhalte, und deswegen die in den Fürstenthümer Anspach und Bayreuth eingeführte Cantons Einrichtung zum Grunde geleget und auf die Local-Verhältnüße und die Verfaßung der heroberen Staaten anpaßend gemachet werde, die in den hiesigen Landen sich noch befindende 11 Bataillons ohngesäümt zu 1.000 Mann zu completiren und deswegen ein Vorschlag zur Aushebung zu fertigen und einzuschicken, die Artillerie aus den privilegirten Städten und Märkten zu bestellen, die Arbeiten der übrigen Departements zu beförderen und über die Einrichtungen der heßischen Landregimenter nähere Erkundigung einzuziehen. Wobey auch von dem Kriegs-Collegio ein Vorschlag erforderet wird, wie der brave und mit Auszeichnung {4r} gediente Soldat jeden Grades auf eine Ehren volle und nuzbare Art belohnet und der Invalide so wie die bleibende Wittwe des Fallenden anständig versorget und dadurch der Militärgeist bey dem Baiern wieder angefeueret werden könne? Durch weitere Rescript Entwürfe wurde der churfürstliche Gesandte in Berlin und der churfürstliche Geschäfftsträger in Dreßden beauftraget, die königlich preusische und chursächsische Cantons-Einrichtungen und vorzüglich das neueste Reglement über die schleunige Mobilmachung der königlich preusischen Armée zu verschaffen und einzuschicken.

Nach den Anträgen genehmiget.

6. Belobigung für Ignaz Freiherrn v. Reibeld und seine Mitarbeiter für die Organisation der Aushebung der Miliztruppen in der Pfalz. Vergabe von Auszeichnungen für heldenhafte Einzeltaten. Es werden Recherchen angeordnet, »woher die vielen physischen Gebrechen der rheinpfälzischen Bewohner kommen mögen«.

7. Ablehnung der Auslieferung des Feldbäckers Franz Seitz an Österreich.

8. Untersuchungen der General-Landesdirektion angeordnet zum Antrag des Grafen Anton Clemens v. Törring-Seefeld, als Ersatz für den aufgehobenen Bierzwang auf Gerstenbier in Seefeld Braunbier brauen zu dürfen.

9. Salzburger Beschwerden gegen die Regelungen der Mautordnung von 1799

Auf Beschwerden des Erzstifts Salzburg hin wegen der neuen bayerischen Mautordnung vom 7. Dezember 1799 werden die früheren Befreiungen für Güter, die zur Versorgung der Salzburger Hofkammer bestimmt sind, wieder eingeräumt, wobei aber die Getreidelieferungen mengenmäßig beschränkt sind.

9. Wegen der Beschwehrde der fürstlich salzburgischen Hofcammer über die neu eingeführte Zoll- und Mauth Ordnung und der nachgesuchten Zollfreyheit des fürstlich salzburgischen Cammerguths erstattet die General-Landes Direction unterthänigsten Bericht und traget an, die vorige mit Salzburg bestandene, auf Verträgen beruhende Verhältnüße wegen der Zollfreyheit, mit Beschränckung der auf Gerste, Korne und Waizen ertheilt werdenden Freypäße, wieder eintretten zu laßen, da Salzburg das Reciprocum beobachten muß.

Das Gutachten der General Landes Direction wurde genehmiget.

10. Am Beispiel des zum Hochstift Regensburg gehörigen Schlosses Eberspoint demonstriert die bayerische Regierung ihren Anspruch, den Inhabern einer Hofmarksgerechtigkeit die Bezeichnung ihres Gebiets als »Herrschaft« (und die Führung des entsprechenden Beamtentitels »Pfleger«) nur nach formeller Prüfung und Genehmigung zu gestatten.

11. Auftrag an das Finanzdepartement, die Verhandlungen über die Modalitäten der Aufnahme der von der Neuburger Ständeverordnung vermittelten Anleihe über eine Million Gulden beim Landgrafen von Hessen-Kassel fortzusetzen.

12. Ansprüche des Kurfürsten auf seine Besitzungen in den Niederlanden gegen die Batavische Republik

Anweisungen an den für die niederländischen Besitzungen verantwortlichen Generalkommissar Martin Joseph von George, über Protestationen und Unterhandlungen die Ansprüche des Kurhauses auf seine niederländischen Besitzungen (Ravenstein, Erkelenz, Bergen op Zoom, St. Michael Gestel, Wynnendale und Breskens) zu sichern gegen den Zugriff durch die Batavische Republik.

12. Rücksichtlich der dermahligen Verhältnüße des Marquisats Bergopzoom, der Herrschafft Ravenstein und der übrigen im holländischen Gebiete gelegenen churfürstlichen Herrschaften wurde ein ausführliches Gutachten vorgeleget und angetragen, den im Haage sich befindenden Geheimen Rathe von George anzuweißen, gegen die wegen Bergopzoom geschloßene Convention zu protestiren und auf Wiedereinsezung Seiner Churfürstlichen Durchleucht in jene Herrschafft, welche die Batavische Republic als rechtmäßig gegen die französische selbst vertheidiget, zu bestehen, auf den Falle aber, daß dieses ohne Erfolg bliebe, die Hälfte der Revenuen provisorisch bis zum Frieden der Batavischen Républic zu überlaßen, nur um wieder den Besiz zu erlangen, anbey auch zu erklären, daß man sich wechselseitig vorbehalte, bey dem allgemeinen Frieden über diese Herrschafften nach Convenienz der beiden Partheyen näher zu unterhandlen. Wegen den übrigen Herrschafften habe tit. von George eine Protestation in der Maaß einzulegen, wie auch schon von Preußen rücksichtlich Ravensteins geschehen ist, und könten Seine Churfürstliche Durchleucht geschehen laßen, daß von den aus Bergopzoom noch bezogen werdenden Gelder die Rückstände des Graffen von Vierregg getilget, hievon jedoch jederzeit die unterthänigste Anzeige gemacht werde.

Nach Antrag.

13. Neuerliche Abweisung von Rückzahlungsforderungen des Münchner Bankiers Andreas dall’Armi wegen einer Vorschußzahlung an den Bildhauer Cerrachi316.

14. Abschluß eines Vergleichs mit Elisabeth Carnoli, Kammerdienerin der 1794 verstorbenen Kurfürstin Elisabeth Maria, wegen Zahlung einer Pension317.

15. Bestellung von Matthias Gaill zum Nachfolger des verstorbenen Nonos Weichselbaumer als Geheimer Kanzlist bei der Allodial-Hofkommission.

[MGeistl] 16. Besetzung der Stelle des reformierten Pfarrers in Rohrbach.

17. Verleihung eines freigewordenen Benefiziums in Hausen an den Priester Joseph Anton Hinck.

8. Erlaubnis zur endgültigen Abschreibung von 1795 bei einem Einbruch in Wertingen gestohlenen Kirchengeldern.

19. Auf Antrag des Repetitors Ferdinand Maier wird den Dozenten des Pagenkorps gestattet, Uniform zu tragen.

[MJ] 20. Abweisung der Ansprüche des Grafen Maximilian von Lerchenfeld-Köfering auf ein heimgefallenes Lehen des Stifts Fulda.

21. Bewilligung einer an bestimmte Auflagen gebundenen Entschädigungszahlung an den Auditor Möller wegen dessen Schuldforderungen.

Anmerkungen

315
An den hier angesprochenen Reformen zur Neuregelung der Soldatenaushebung und zur Verbesserung des Ansehens der Armee wurde dann erst seit 1803 in einer eigenen Kommission unter Montgelas’ Vorsitz gearbeitet; das Kantonsreglement mit der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht datiert vom 7. Januar 1805; vgl. Schimke, Regierungsakten, S. 703-705.
316
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 20. Dezember 1799, TOP 17).
317
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 17. Januar 1800, TOP 12).