BayHStA Staatsrat 1, Nr. 32 9 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MF] 1. Abweisung des Gesuchs der Gräfin von Hautefort173 um Bezug von Brennholz und Bewilligung einer Audienz beim Kurfürsten.

2. Diskussion von Maßnahmen zur Aufbringung der zum 1.1.1800 fälligen Zinszahlungen für eine Anleihe der Rheinpfalz. Gedacht wird vor allem an Verkauf bzw. Verpfändung von Teilen des Hausschatzes.

3. Vorbereitung einer Exportsperre für Versorgungsgüter

Vorbereitung einer Exportsperre für Versorgungsgüter wie Hafer und Heu.

3. Auf den vorgelegten Rescripts Entwurf, wodurch verordnet wird, in den gegenwärtigen, den baierischen Landen sich näherenden Kriegszeiten {3r} und bey dem Rückzug des kayserlich rusischen Kriegsheeres gegen die bayerische Gränzen eine allgemeine Landessperre zu verfügen, wurde beschloßen, daß

durch unter der Hand bey den Mauth- und Gränz Ämter zu treffende Veranstalltungen die Ausfuhr des Haabers und Heues einsweilen gehemmet und gespert, von Sperrung der übrigen Erzeugnüßen aber zur Zeit Umgang genohmen werden solle.

4. Ankauf von sechs wertvollen Tabatièren bei einem Wiener Juwelier.

5. Abschluß der Verhandlungen mit der Landschafts-Verordnung über das Postulat, die Aufbesserung der Apanage von Herzog Wilhelm und die Übernahme eines Teils der Staatsschulden auf das gemeinsame Schuldenwerk.

6. Anordnungsbefugnis der Ministerialdepartements

Präzisierung des Geschäftsgangs zwischen Ober- und Mittelbehörden auf eine Anfrage der General-Landesdirektion hin: Nur auf Reskripte der Ministerialdepartements, nicht auf persönliche Weisungen des Kurfürsten hin, sollten die Mittel- und Unterbehörden tätig werden.

6. Auf die berichtliche Anfrage der General-Landes Direction, ob sie künftig auf die an die untere Stellen kommende mündliche Ausrichtungen von churfürstlichen gnädigsten Befehlen die Abgaabe der geßonnen werdenden Gegenstände verfügen dörffe, da nach einer im Nahmen des Obersthofmarschalls Freiherr von Gohr174 bey dem Triftamt gemacht wordenen mündlichen Ausrichtung, wie Seine Churfürstliche Durchleucht befohlen hätten, gegen Bezahlung, welche Höchstsie selbst leisten laßen würden, dem General Lieutenant Freiherr von Zweybrücken175 15 Klaffter Buchen Lend- und 6 Klaffter Feichten Forstholz abzuliefferen, solche bereits abgegeben worden, wurde verordnet,

mit Umgehung des vorliegenden Falles der General-Landes Direction aufzugeben, auf keine Anweißungen Rücksicht zu nehmen, die ihr nicht durch die churfürstliche Ministerial-Departements in der vorgeschriebenen Weiße durch höchste Rescripten zukommen.

7. Genehmigung von Holzbezug für Oberststallmeister Carlo Ludwig Freiherr v. Kesling.

8. Organisation der Landesverwaltung in den Herzogtümern Jülich und Berg

Organisation und Besetzung der Verwaltungs- und Justizbehörden in Jülich-Berg; Umbenennung der Oberbehörde (bisher Geheimer Rat) in Landes-Direktion.

8. In einem abgeleßenen Gutachten wurden die Vorschläge zu künftiger Organisation der Landes- und Justizstellen in den gülich- und bergischen Herzogthümer, des dabey anzustellenden, dann in den Quiscenten Stand zu versezenden Raths- und Canzley Personalis, derselben Besoldungen und Pensionen und eines in den daruntigen Landen wegen der Geschäfftsbehandlung, wegen Ausbildung und Auswahl der in Zukunft auf die Directorial-Stellen anzuordnenden Subjecten, wegen den Advocaten, Procuratoren, Canzley {4r} und Amts Notarien und Magistraten der Städte einzuführenden Sistems zur höchsten Beurtheilung vorgeleget und

mit folgenden Abänderungen genehmiget, daß die Oberste Landesstelle in Gülich und Berg den Nahmen Landes-Direction und nicht Geheimer Rath führen176, dann der Freiherr von Grein177 mit Beybehaltung seiner Caracters und Belobung seiner lange Jahre geleisteten Diensten in den Quiescenten Stand versezet werden solle.

[MA] 9. Bericht der Allodial-Hofkommission wegen der zur Schuldenmasse des verstorbenen Kurfürsten Karl Theodor gezogenen Forderungen des Claudius Martin Grafen v. St. Martin178 und des Bankiers Andreas Dall’Armi179. Sicherung und Haftung übernimmt der Kurfürst selbst.

10. Veränderung der Lehensqualität des Kothofs im Herzogtum Neuburg wird als mit dem Ansbacher Hausvertrag vereinbar befunden.

11. Auf Empfehlung der Allodial-Hofkommission hin werden mit jenen Personen, die im Vermächtnis der verstorbenen Kurfürstin Elisabeth Maria (1721-1794), der ersten Gemahlin Karl Theodors, mit Legaten bedacht wurden180, Verhandlungstermine anberaumt, um Rechtsgrund und Höhe der jeweiligen Ansprüche zu klären.

12. Beschlagnahme des Nachlasses des verstorbenen Oberstküchenmeisters Franz Georg Freiherrn v. Sturmfeder181 zur Sicherung anhängiger Schuldforderungen.

13. Aufstellung einer Landwehr in Bayern

Die angelaufenen Vorbereitungen für die Aufstellung eines Landsturms in den obigen Landen werden beschränkt auf die Anlage eines Konskriptions-Verzeichnisses, die auf Erstellung »eine[r] allgemeine[n] Volcksbeschreibung« ausgeweitet werden solle.

{5v} 14. [recte: 13.] Nach den von dem General Major Deroy und dem Directorial Rathen von Sicherer182 zu Organisation eines Landsturmes in den hierobigen Landen entworffenen Skizzen, worüber auch ein Vortrag gefast und vorgeleget worden, ist zu Ausführung dieses Planes, obschon diese beyde Commissarien in den Entwürffen hiezu und Berechnungen von einander abweichen, vor allem erforderlich, durch eine General-Verordnung die Beschreibung sämtlich- ledig- streitbarer Mannschaft nach entworffenen Formularen und Classen in den hierobigen Landen zu veranlaßen, zu besorgen, daß die zu Mobilmachung dieses Landsturmes erforderliche Armatur, Canonen, Munition und sonstige Requisiten beygeschaffet werde, wo sodann, um den Landsturm selbst militärisch zu organisiren, derselbe in 12 Cantons, und jeder Canton in 3 Hauptmannschafften, wovon jeder ein Bataillon zu stellen, eingetheilt und zu deßen Unterhalt, wie es unter den vorigen Regenten Baierns schon mehrmahl geschehen, eine Landes Defensions-Steuer ausgeschrieben werden könte. Über die innere Organisation dieses militärischen Landsturms und die dabey anzustellende Officiers wurden mehrere Vorschläge abgegeben und ein Entwurf zu der General-Verordnung wegen Beschreibung der ledigen Mannschafft abgeleßen, worauf die höchste Entschließung dahin erfolgte,

daß dermahl nur mit der Conscription sich beschäfftiget, und solche nach der entworffenen General-Verordnung, doch mit folgenden Änderungen ins Werk gesezet werden solle: 1) solle solche nicht allein auf die Beschreibung der ledigen Mannschafft, sondern auf eine allgemeine Volcksbeschreibung der herobern Staaten eingerichtet, und 2) in deßen Folge auf die Hauptstadt, dann {6r} andere Städte und Märckte erstrecket, ferner 3) darin die Rubriquen des Maaßes und der Leibes-Beschaffenheit ausgelaßen werden.

Anmerkungen

173
Die Comtesse d’Hautefort hielt sich seit 1798 in München auf (Wühr, Emigranten, Nr. 2250, S. 412).
174
Obersthofmarschall Ludwig Joseph Freiherr v. Gohren (HStK 1800, S. 51).
175
Christian Freiherr von Zweibrücken (HStK 1800, S. 86).
176
Der HStK 1800, S. 306, verzeichnet noch den »Geheime[n] Rath«.
177
Johann Heinrich Freiherr v. Grein, Gesandter beim niederrheinisch-westfälischen Reichskreis (HStK 1800, S. 69, 306).
178
Vgl. Gigl, Zentralbehörden, S. 97.
179
Vgl. NDB 3, S. 491.
180
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 14. Oktober 1799, TOP 8).
181
Vgl. Gigl, Zentralbehörden, S. 85.
182
Erasmus Deroy, Generalmajor und Inspektor der Infanterie (HStK 1800, S. 87); Johann Nepomuk v. Sicherer, Rat der 2. Deputation der General-Landesdirektion (ebd., S. 92).