BayHStA Staatsrat 382 10 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 15. Januar 1802.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas teilt die Entschließungen des Kurfürsten auf die Anträge des Staatsrats vom 8. Januar 1802 mit.

Auflösung der Salzhandelsgesellschaft

Vortrag Schenk: Die Salzhandelsgesellschaft stimmt ihrer im Staatsrat vom 30. Dezember 1801 beschlossenen Auflösung unter der Bedingung zu, daß ihre Forderungen fristgerecht erfüllt werden. Entsprechend beschließt der Staatsrat, Vorbereitungen für die Rückzahlung der von der Gesellschaft vorgestreckten Gelder zu treffen. Zur Befriedigung dieser (und weiterer) Forderungen soll zusätzlich zu der Summe von 2 Millionen Gulden ein weiterer Kredit in Höhe von einer Million Gulden bei dem Hofagenten Seeligmann aufgenommen werden. Das Geld soll ausschließlich zur Bezahlung rückständiger Schulden verwendet werden.

2. Herr geheimer Finanz-Referendär von Schenk legte die Erklärung vor, welche die Salzhandlungsgesellschaft7 auf den ihr durch den Direktor Flurl8 rücksichtlich {2v} ihrer Foderungen eröfneten Konferenzschluß vom 30. vorigen Monats9 abgegeben, und wodurch sie sich nach Ausführung des Rechtes, daß die liquide Foderungen mit den illiquiden nie vermischt werden können, bereit geäusert, sich in das vorgeschlagene Liquidationsgeschäft einlassen zu wollen, wenn durch ein weiteres Reskript der Salzhandlungsgesellschaft die vorläufige Zusicherung gemacht werde, daß im Falle dieses Liquidationsgeschäft, durch was immer für Ursachen oder Veranlassungen, länger als 14 Täge dauern sollte, ohne Weiteres zu Bezahlung der als liquid anerkannten Summen geschritten werden solle.

Herr von Schenk äuserte, wie er diese Foderung der Salzhandlungsgesellschaft nach Lage der Umständen und nach den bestehenden Rechten vollkommen billig finde, und aus den hiebei eintrettenden Gründen antragen müsse, die erfoderte Erklärung der Salzhandlungsgesellschaft vorbehaltlich aller diesseitigen Rechte und Ansprüche abgeben, und das Liquidationsgeschäft darnach anfangen, zugleich aber auch die nöthige Einleitungen trefen zu lassen, um die von der Salzhandlungsgesellschaft vorgeschoßene Gelder nebst Zinsen, theils baar, theils in gültigen Anweisungen ruckzahlen zu können.

Nach gehaltener Umfrage {3r} wurde dieser Antrag des Herrn geheimen Finanz-Referendärs von Schenk in dem Staatsrathe angenommen.

Als Folge dieses Beschlußes zeigte Herr geheimer Finanz-Referendär v. Schenk die Nothwendigkeit sich mit dem Mittel zu beschäftigen, sowol diese Schuld an die Salzhandlungsgesellschaft, als die übrige, wozu das Anlehen von 3 Millionen bestimmt und consentirt worden, ohnaufhaltlich zu berichtigen, da die zwei cum obligo aufgenommene Millionen dieses Anlehens schon ganz aufgezehret seyen, und die dritte Million, die sine obligo gegen geringere Procente als beiden ersteren übernommen worden, nur nach und nach einfließen würde.

Nach einem Auftrage des Ministerial Finanzdepartements habe er v. Schenk mit dem Hofagenten Seeligmann wegen Übernahm dieser dritten Millionen cum Obligo, damit auch sie wie die beiden übrigen in kurzen und bestimmten Terminen abgegeben und darauf gerechnet werden könne, sich benommen, und nach einem Schreiben des Seeligmanns habe derselbe sich hiezu ganz bereit erklärt, wenn ihme die nämliche Provision und Interesse, gleich den beiden anderen zugestanden würden; es komme also darauf an, ob der Staatsrath aus den vorgetragenen {3v} Gründen, die Aufnahme der dritten Million cum Obligo genehmigen, und das Ministerial Finanzdepartement beauftragen wolle, die weitern Unterhandlungen mit dem Hofagenten Seeligmann anzufangen, welche nach erfolgtem Schluße in einem ausführlichen Vortrage dem Staatsrathe vorgelegt werden würden.

Über diese Anfrage wurde in dem Staatsrathe Umfrage gehalten und darnach beschloßen: die Aufnahme dieser dritten Million cum Obligo zu genehmigen und das Ministerial Finanzdepartement zu beauftragen, die darnach erfoderliche Unterhandlungen mit dem Hofagenten Seeligmann anzufangen und den Erfolg hievon dem Staatsrathe vorzulegen.

Seiner Churfürstlichen Durchlaucht solle aber durch Dero Staatsrath der gehorsamste Antrag gemacht werden, diese dritte Million zu nichts anderes, als zu Bezahlung der rückständigen Schulden, welches die eigentliche Bestimmung des Anlehens gewesen, und wozu sie nur consentirt worden, nämlich:

{4r} für die Salzhandlungsgesellschaft 460.000 fl.

für tit. Dittmer in Regensburg10 60.000 fl.

der gräflich Laroséeschen Vormundschaft 50.000 fl.

an das churfürstliche Cabinet rückständiges Aversum 80.000 fl.

rückständige Gehälter für das Jahr 1801 200.000 fl.

an die verwittibte Frau Churfürstin Leopoldina11 Durchlaucht 60.000 fl.

an erhaltenen Zinsen im Monat Februar für die 2 Millionen des Anlehens mit 60.000 fl.

------------ 970.000 fl.

verwenden zu lassen; Und damit dieser Zweck sicher erreichet, und diese Million nicht zu anderen Ausgaben verwendet werde, solche gar nicht in die Kasse fließen zu lassen, sondern diese Gelder in so weit es nach der Natur der Schulden thunlich, in den Handen des tit. Seeligmann zu belassen und hierauf die Anweisungen derselben zu trassiren12.

Krenner erläutert die verweigerte Beteiligung des bayerischen Provinzialkapitels des Johanniterordens an der 1799 vom Prälatenstand beschlossenen Zahlung von 500.000 fl. an den Staat. Es soll bei dem vom Kapitel des Malteserritterordens mit der Landschaft geschlossenen Vergleich bleiben.

3. In einem schriftlichen Vortrage setzte {4v} Herr geheimer Finanz-Referendär von Krenner die Verhältniße auseinander, welcher wegen der von dem baierischen Johanniter-Ordens-Provinzialkapitel zu den von dem baierischen Prälatenstande dem Staate im Jahre 1799 beigetragenen 500.000 fl. verweigerten Concurrenz eintretten, und machte nach gründlicher Ausführung dieses Gegenstandes, und da in dieser Sache nicht mehr res integra seye, den Antrag: es bei dem von dem Maltheser Ritterordens Kapitel 6 Tage vor dem eingekommenen Promemoria des Ministers des Maltheser-Ordens Herrn Grafen von Arco mit der Landschaft geschloßenen, und von letzterer bereits angenommenen Vergleich vom 13. August zu belassen.

Dieser Antrag wurde genehmigt.

Kurfürstliche Entschließung dazu (15. Januar 1802): Der Malteserorden wird von der Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Staat entbunden, da er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht existierte. Dem Prälatenstand wird nicht erlaubt, seine Zahlungsverpflichtung durch Einbezug der Leistungen des Malteserordens weiter zu reduzieren. Die fragliche Summe soll vom Prälatenstand allein getragen werden. Eine von dem Malteserordenskapitel geleistete Zahlung von 22.000 fl. soll zum »teutschen Schulfond« fließen.

Da der Malteser-Orden zur Zeit, wo der Prälatenstand zu Redimirung der ihm auferleget geweßenen Contribution die Abgaabe eines Aversional Quanti von 500.000 fl. mit dem Hofe pactiret, keine Existenz hatte, indeme solcher im Hornung 1799 aufgehoben und erst im July des nemlichen Jahrs durch eine neue Stiftung wieder errichtet worden, folglich die Prälaten nicht in dem Falle waren, für einen nicht existiret habenden Mitstand zu pactiren oder ihn einzurechnen und sich dadurch eine noch größere Erleichterung, als ihnen ohnehin schon durch den Nachlaß von 2½ Million zugefloßen, zu verschaffen; So verwerfe ich den Schluß des Staats Rathes No 3 und verordne, daß die in Frage stehende 44.716 fl. von dem Prälatenstande allein, als Ergänzung des zu bezahlen sich verbundenen Aversional Quanti von 500.000 fl. geleistet werden solle, und der Maltheser-Orden hieran nichts entrichten {6v} solle.

Doch will ich, daß die nach einer Erklärung des Maltheser-Ordens Gesandten Graffen von Arco von dem Maltheser Ordens Capitel als Zuschuß zu seinem schon geleisteten Beytrag fristenweiß anerbottene Summe von 22.000 fl. angenohmen, nicht aber zur Haupt Caße sondern zum teutschen Schulfond einfließen und von diesem zu Verbeßerung der teutschen Schulen verwendet werden solle.

Landgerichtsorganisation

Stichaner legt die nach dem Staatsratsschluß entworfene neue Einteilung »der churfürstlichen heroberen Staaten« in 77 Landgerichte nebst einer Karte vor. Wenn Ämter aus zwei Provinzen vereinigt werden, sollen die Rechnungen getrennt fortgeführt, das Amt aber von einer Person geführt werden.

4. Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner legte die nach dem in der geheimen Staats-Konferenz genehmigten Schlüße des Staatsraths13 entworfene neue Eintheilung der churfürstlichen heroberen Staaten in 77 Landgerichte und die darnach gefertigte Carte vor, und las die Weisung ab, welche in Folge der von Seiner Churfürstlichen Durchlaucht angenommenen Grundsätzen wegen Besetzung dieser Aemter an die {5r} General Landesdirektion erlassen werden soll.

Letztere wurde nach gehaltener Umfrage ohnbedingt, erstere aber mit dem Zusatze genehmiget, daß wo durch diese Einrichtung einige der bis itzt bestandenen Aemter von zweierlei Provinzen miteinander vereiniget werden, die Personal Amtsbestellung in einer Person zwar verfüget, die Rechnungen aber noch separirter fortgeführet werden sollen.

Kompetenzkonflikt zwischen Landesdirektion Neuburg und Generallandesdirektion

Ein Streit zwischen der neuburgischen Landesdirektion und der Generallandesdirektion wegen der »Kram-Handlungsgerechtigkeit des Carl Marchand aus Burglengenfeld« wird dahingehend gelöst, daß eine Entscheidung in solchen Fällen der Generallandesdirektion zusteht. Das von dieser Behörde dem Marchand verliehene Gewerberecht wird bestätigt.

5. Herr geheimer Rath von Zentner erstattete über einen Bericht der General Landesdirektion wegen der Kram-Handlungsgerechtigkeit des Carl Marchand zu Burglengenfeld, weswegen zwischen der neuburgischen Landesdirektion und der hiesigen General Landesdirektion einige Collisionnen entstanden, mündlichen Vortrag, worin er den ganzen Hergang des Gerechtigkeits-Ankaufes des Carl Marchand und die Gründe vorlegte, welche jede dieser beiden Stellen für sich angeführet, um zu behaupten, daß ihr die Verleihung derlei Handlungs-Patente in Burglengenfeld zustehe, wovon er {5v} Referent jene der General Landesdirektion für überwiegend ansehe, und deswegen antrage: der Landesdirektion in Neuburg zu bedeuten, daß sie sich in die Ertheilung derlei Kram-Handlungsgerechtigkeiten, welche so wie alle in das Maut- und Commerzwesen einschlagende Gegenstände, der General Landesdirektion nach ihrer Instruktion in den heroberen Staaten zustehe, ferner nicht einzumischen habe; auch solle dem Carl Marchand die von der General Landesdirektion schon erhaltene Kramers-Gerechtigkeit zu Burglengenfeld bestättiget werden.

Dieser Antrag wurde genehmiget.

Die bei dem Transport von Kirchenschätzen im Oktober 1800 von Bayreuth nach München entstandenen Kosten von 1.484 fl. sollen jeweils hälftig der kurfürstlichen Hauptkasse und der allgemeinen Requisitionskasse in Rechnung gestellt werden.

6. Herr geheimer Referendär v. Branca äuserte auf eine schriftliche Anfrage der churfürstlichen Hauptkasse: von welcher Kasse die Transportkösten der im Octobr. 1800 von Baireuth hieher gebrachten Kirchenschätze getragen werden sollen? daß der Antheil, welchen die Hauptkasse rücksichtlich des dahin eingefloßenen Altenöttinger Kirchenschatzes zu übernehmen habe, nicht mehr ganz genau bestimmt werden könne, indeß doch sicher anzunehmen wäre, daß solches die Hälfte der ganzen Masse betragen habe, aus welchem Grunde er auch antrage: diese Transportkösten von {6r} 1.484 fl. zur Hälfte bei der churfürstlichen Hauptkasse in Ausgabe stellen, die andere Hälfte aber der allgemeinen Requisitionskasse auf Abschlag des Cammerguts-Beitrages hinüber rechnen zu lassen.

Nach Antrag genehmigt.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung mit Änderung zu TOP 3.

Anmerkungen

7
Der privaten Salzhandelsgesellschaft waren im Januar 1800 die Salzhandelsrechte im In- und Ausland für fünf Jahre übertragen worden. Der Staat erhoffte sich dadurch eine erhebliche Steigerung seines Gewinns aus dem Salzgeschäft. Das Ende der Handelsgesellschaft zeichnete sich spätestens seit Juni 1801 ab, als Kurfürst Max Joseph auf Empfehlung der Referendäre den in- und ausländischen Salzhandel trennte. Der »inländische Salzhandel« sollte demnach in staatlicher Regie verbleiben und nicht verpachtet werden, während der Handel mit Reichenhaller und Halleiner Salz bei der Gesellschaft verblieben wäre. Dieses Modell akzeptierte die Salzhandelsgesellschaft nicht; vielmehr lehnte sie einen neuen Vertrag ab, mit dem der Gesellschaft ab 1. Januar 1802 die Abwicklung des gesamten Salzhandels mit dem Ausland übertragen worden wäre. Konsequenz war die Auflösung der Gesellschaft im Dezember 1801 (siehe Anm. 9). Vgl. zum Ganzen folgende Protokolleinträge: Protokolle Bd. 1 Nr. 46, S. 203 f. (Staatskonferenz vom 31. Dezember 1799), TOP [1]; Nr. 47, S. 205 f. (Staatskonferenz vom 3. Januar 1800), TOP 1; Nr. 48, S. 208 f. (Staatskonferenz vom 9. Januar 1800), TOP 1; Nr. 49, S. 211 f. (Staatskonferenz vom 17. Januar 1800), TOP 1; Nr. 50, S. 214 f. (Staatskonferenz vom 24. Januar 1800), TOP 2; Nr. 93, S. 360 (Staatsrat vom 23. Juni 1801), TOP 2; Nr. 132, S. 463 f. (Staatsrat vom 11. November 1801), TOP 1. Ferner v. Rauch, Handelsgeschichte, S. 296 – 298; Schremmer, Wirtschaft, S. 314; ders., Vorwort und Einleitung, S. XIIIf.; Jahn, Salzgeschäfte, S. 106 f. Zur technischen, ökonomischen und organisatorischen Situation des bayerischen Salzwesens um 1800 vgl. die Edition von Texten v.a. Flurls in: Handelsstrategie und betriebswirtschaftliche Kalkulation im ausgehenden 18. Jahrhundert.
8
Mathias Flurl (1756 – 1823), 1787 Bergrat und Kommissär der Porzellanmanufaktur Nymphenburg, 1792 Hofkammer- und Salinenrat, 1797 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1799 Direktor der 4. Deputation in »Salz- Münz- und Bergsachen« bei der Generallandesdirektion, 1807 Direktor der General-Salinen-Administration, 1820 Vorstand der General-Bergwerks- und Salinenadministration und Münzkommission. Er trat daneben auch als Geologe, Mineraloge und Pädagoge hervor (Krenn/Lehrberger, »Glück auf dann liebes Baiern!«, S. 8 – 10; Lehrberger/Prammer (Hgg.), Flurl, S. 30; Schremmer, Vorwort und Einleitung, S. XIX–XXI; HStK 1802, S. 77, S. 97).
9
Vgl. Protokolle Bd. 1 Nr. 145, S. 505 (Staatsrat vom 30. Dezember 1801), TOP 15 (Regest). Es ging dabei um die Rückzahlung der von der Salzhandelsgesellschaft »wiederholt gefoderten liquiden Gelder«. Finanzreferendär Schenk empfahl die baldige Bezahlung dieser Gelder, »weil dadurch der Zweck der Regierung, die Auflösung der Gesellschaft, gesichert würde«. Der Staatsrat folgte dem Antrag und beschloß, »der Salzhandlungsgesellschaft eröfnen zu lassen, daß, da sie den ihr vorgelegten neueren Salzhandlungs Contract nicht angenommen, und sich folglich aufgelöset habe, man von Seiten der Regierung nun ohne Verzug mit ihr liquidiren wolle« (BayHStA Staatsrat 380, Nr. 40, Zitate fol. 9v u. fol. 10r).
10
Georg Friedrich Dittmer (1727 – 1811), Kaufmann und Bankier, vielfältig in Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten Kurbayerns involviert; vgl. v. Rauch, Handelsgeschichte; Schönfeld, Studien, bes. S. 71 – 78, S. 82 – 87; Protokolle Bd. 1 , S. 520 (Registerverweise).
11
Maria Leopoldine (1776 – 1848), Witwe des Kurfürsten Karl Theodor.
12
Zum Fortgang: Nr. 17 (Staatsrat vom 23. Februar 1802), TOP 4.
13
Vgl. Nr. 1 (Staatskonferenz vom 4. Januar 1802), TOP 1.