BayHStA Staatsrat 4 4 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph, Herzog Wilhelm; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MA] 1. Genehmigung der Anträge und Entschließungen des Staatsrats vom 12. Mai 1802 durch den Kurfürsten nach Vorlage durch Montgelas. Verweis auf die besondere Entschließung bezüglich des Herzogtums Berg.

Die bei einer Kollekte für das abgebrannte linksrheinische Dorf Argenthal gesammelten Gelder sollen »den überrheinischen Behörden« ohne Abzüge übergeben werden.

{2v} 2. In einem schriftlichen Vortrage wurden die Anstände aufgestellet, so der Reclamation des Sous Préfet vom französischen Arrondissement Simmern van Recum um Ausfolglaßung der für das abgebrante Dorf Argenthal eingegangenen Collecten entgegen stehen und angetragen, der Gemeinde Argenthal nur dasjenige abzugeben, was aus dem ehemahligen Oberamte Lautern hiezu eingegangen, und die Summe von 286 fl. 36 kr. so dieselbe bereits erhalten, übersteige, in so ferne nicht aus vorzüglicher Rücksicht, dann zu Vermeidung aller Collisionen für die dieseitige Unterthanen die nicht beträchtliche Summe der noch vorräthigen Gelder mit 375 fl. 21 kr. verabfolget werden wolle.

Aus besonderer Rücksicht für die französische Républic, dann zu Erhaltung guter Nachbarschafft mit den überrheinischen Behörden wollen Seine Churfürstliche Durchleucht gestatten, daß die noch vorhandene Gelder mit 375 fl. 21 kr. für die Gemeinde Argenthal verabfolget werden.

3. Genehmigung des Reskript-Entwurfes »an das rheinpfälzische General Landcommissariat wegen dem Verkauf des Zaißenhaußers Bad, wodurch daßelbe dem vormahligen Administrations Kasten Meister Helmsauer mit allen Gebäuden und Zubehörungen an Gründen und Einrichtung als ein eigenthümliches Zinßguth gegen Entrichtung eines verhältnüßmäßigen jährlichen Fruchtzinßes und der jedesmahligen vollen Landes Schazung, um die Summe von 9.300 fl. überlassen wird«.

Das von Franz Anton May in Heidelberg errichtete Lehrinstitut »einer Sitten und Gesundheits Lehre für die weibliche Jugend« wird mit 100 fl. aus der Kabinettskasse unterstützt. Es ergeht die Anweisung an das rheinpfälzische Generallandkommissariat, näheren Bericht über das Institut zu erstatten.

4. Über die von dem Professor May in Heydelberg204 an die regierende Frau Churfürstin Durchleucht wegen seinem Lehr Institute einer Sitten und Gesundheits Lehre für die weibliche {3r} Jugend205 eingeschickte Vorstellung wurde geäüßeret, daß von diesem bestehenden Institute und deßen Einrichtung hier nichts bekant seye, und deswegen diese Vorstellung dem rheinpfälzischen General Land Commissariat zu übersenden seye, um über den bisherigen Bestand dieses Instituts, deßen künftige Verbeßerung und Unterstüzung nach Vernehmung der unmittelbahren Special Commission in catholisch-geistlichen Angelegenheiten, des réformirten Kirchen Raths und des lutherischen Consistorii gutachtlichen Bericht zu erstatten; worauf auch angetragen, dabey aber der höchsten Entscheidung überlaßen wurde, ob aus der Cabinets Caße die gebettene Unterstützung mit ein hundert Gulden für das laufende Jahr bewilliget werden wolle.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen für das laufende Jahr die Unterstüzung von 100 fl. bewilligen, und werden deswegen das geeignete an dero Cabinets Caße erlaßen, genehmigen auch den vorgeschlagenen Auftrag an dero Land-Commissariat in Mannheim wegen diesem Lehr Institute.

[MJ] 5. Die Geheimen Registratoren des Ministerialjustizdepartements Lampl und v. Reisenegger erhalten wie 1801 eine Gratifikation von jeweils 150 fl. »für ihre besonders fleißig geleistete[n] Arbeiten«.

Dem Schuhmacher Joseph Heimerl wird die Niederlassung vor dem Karlstor trotz der Proteste der Zunft gestattet. Ohne kurfürstliche Genehmigung soll künftig keine neue Gewerbebefugnis erteilt werden.

6. Wegen den Beschwehrden des hiesigen Schumachers Handwerk über die Niederlaßung des Schumacher in Thalkirchen Joseph Heimerl {3v} vor dem Carls-Thor wurde Vortrag erstattet und nach Anführung der hiebey eintrettenden Verhältnüße angetragen, in dem gegenwärtigen Falle noch es bey der Verfügung der General Landes Direction zu belaßen und solche zu handhaben, derselben aber aufzutragen, ohne churfürstlich-höchste Genehmigung künftig keine neue Gerechtigkeit zu ertheilen.

Nach Antrag genehmiget.

Bestätigung des Todesurteils gegen den Mörder Martin Forster.

7. Durch einen schriftlichen Vortrag wurden Seiner Churfürstlichen Durchleucht die Verbrechen vorgeleget, deren sich Martin Forster lediger Bauern Sohn von Winckelsaßreit durch Ermordung seiner Geliebten Eva Huberin schuldig gemacht, und der höchsten Entscheidung überlaßen, ob das von churfürstlicher Regierung Landshut nach geschloßener Criminal Untersuchung gegen ihn erkante peinliche Urtheil: daß der Inquisit durch das Schwerd vom Leben zum Tode hingerichtet, dann deßen Körper auf das Rad geleget, abends abgenohmen und begraben werden solle, bestättiget, oder mit Umgehung der Auflegung des Körpers auf das Rad auf die Enthauptung beschräncket werden wolle?

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen es bey dem von der Regierung Landshut gefällten peinlichen Urtheil ohne Abänderung belaßen.

Genehmigung der »Entschließungen« durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

204
Franz Anton May (1742 – 1814) wirkte von 1773 bis 1807 als Medizinprofessor mit den Schwerpunkten Physiologie, Pathologie und Hebammenkunst an der Universität Heidelberg, von 1789 bis 1794 zudem als Leibarzt der Kurfürstin Elisabeth Augusta. Drüll, Gelehrtenlexikon 1803 – 1932, S. 170; Biographie: Seidler, Lebensplan.
205
Bei diesem Institut handelt es sich um die von Franz Anton May 1801 in Nachfolge seiner Krankenpflegeschule gegründete Einrichtung, in der er »der schon reiferen weiblichen Jugend« die allgemeine »Gesundheits-Lehre« nahebringen wollte. Rückblickend begründete May die Gründung des Instituts mit der Absicht, »daß dieses feiner fühlende, für Mitleid, folglich für Krankendienst empfänglichere Geschlecht, in jedem künftigen Berufs-Verhältniß, als Hausmutter oder Dienstmagd, die Lehren der vernünftigen Krankenpflege anwenden, ausüben, und auf die Nachkommenschaft fortpflanzen möge«. May, Rückblick, S. 13; vgl. Fischer, Beiträge, S. 86 – 88.