BayHStA Staatsrat 1, Nr. 2 13 Seiten.
Anwesend: Kfst. Max Joseph, Hzg. Wilhelm; Minister Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling. Protokoll: Kobell.
[MF] 1. Dem Fürsten Karl August von Bretzenheim werden, unter bestimmten Bedingungen und gegen Ausstellung eines Forderungsverzichts, kurfürstliche Kapitalbriefe in Höhe von 85.000 fl. überlassen6.
2. An die Regierung in Landshut ergeht zum wiederholten Male die Aufforderung, ihren Personalstand vorzulegen.
3. Der Kurfürst gibt sein Interesse an der Erhaltung des Mannheimer Nationaltheaters kund, doch sei es gegenwärtig völlig unmöglich, dazu einen Beitrag aus der Staatskasse zu leisten.
4. Die Fortzahlung einer Pension für Louis Marie Comte d’Aigreville7 wird für zwei Jahre bewilligt.
[MA] 5. Die österreichische Gesandtschaft stellt sich hinter eine aus Kufstein vorgebrachte Schuldforderung an die Nachlaßmasse des Anton Schmid, Freiherr von Haselbach. Dem Revisorium wird eine rasche Entscheidung dieses Falls aufgetragen.
6. Die österreichische Gesandtschaft verwendet sich weiterhin für eine Schuldforderung aus Ungarn an den Bäckermeister Matthias Sper in Neuburg.
7. Die Entscheidung über das Gesuch der österreichischen Gesandtschaft, Getreidelieferungen an die Schwazer Bergwerke zollfrei durch Bayern führen zu dürfen, wird unter bestimmten Vorbehalten an die Minister Hompesch und Montgelas delegiert.
8. Österreichische Beschwerden wegen »zwey hinweggenohmenen Recrouten« werden an den Hofkriegsrat überwiesen.
9. Die Zollfreiheit für die Durchfuhr österreichischen Getreides von Ungarn nach Tirol auf dem Wasserweg wird bestätigt.
10. Privilegierung einer »Münchner Zeitung«
Lorenz von Hübner wird das Privileg für die Herausgabe einer »Münchner Zeitung« ab dem Jahr 1800 erteilt.
10. Die Wittwe Drouin und der Professor Hübner von Salzburg bitten um gnädigste Bestättigung des mit einander abgeschloßenen Contracts wegen dem Privilegio der hiesigen Zeitung8.
Der zwischen beyden abgeschloßene Contract wird gnädigst bestättiget, und ist das Privilegium zum Verlag der hiesigen Zeitung, Mittwoch und Samstags Blatt, vom Jahre 1800 an durch das Ministerial Justiz-Departement auf den Professor Hübner ausfertigen zu laßen.
11. Der Kurfürst lehnt die Bitte des Bischofs von Freising ab, eine »Erste Bitte« auf das Kollegiatstift St. Andrä in Freising zugunsten des Sohns des bischöflichen Hofrats Philipp Jakob Mayr auszusprechen. Das Ministerialdepartement für Geistliche Angelegenheiten solle dafür einen verdienten bayerischen Untertanen vorschlagen.
12. Mit dem Hochstift Bamberg strittige landeshoheitliche Rechte
Bericht über den Streit um die landeshoheitlichen Rechte in Poppendorf (Krs. Bayreuth) mit dem Hochstift Bamberg und über den Stand des entsprechenden Verfahrens am Reichskammergericht.
12. Freiherr von Monjellaz erstattet wegen dem von seiten Bamberg mit gewaffneter Hand gewagten Einfall zu Poppendorff, dann der durch einen bambergischen Schörgen unternohmenen Herabreißung des alldort an einem eigenthümlich-oberpfälzischen Hauße angeheftet geweßenen {4v} C.en Besiz Ergreifungs Patent mündlichen Vortrag und äußert seine ohnzielsezliche Meynung dahin, der Regierung in Amberg, welche diesen Vorfalle einberichtet, die Weißung zu ertheilen, die gegen das reichs-cammergerichtliche Mandat vom 10. December vorigen Jahres9, ohnerachtet der erfolgten Parition noch plaz-greifender Exceptiones sub. et orept. [?] in gedrängter Kürze zusammen zu stellen und zur Approbation mit den Acten einzusenden, hiezu aber auch die 1604 übergebene Causales, dann eine Abschrift des Donationsbriefes von 1188 beyzufügen, um ermeßen zu können, ob es räthlich, diesen Proces fortzusezen oder sich auf einen Vergleich einzulassen. Rücksichtlich des abgerißenen Patents wäre vorhero noch aufzuklären, ob das Vorschreiben des Klosters Michlfeld, daß die churfürstliche landesfürstliche Obrigkeit an dem befragten Schultheißen Hauße erst noch neuerdings judicialiter anerkant worden, gegründet seye, worauf alsdann weitere Entschließung erfolgen würde.
Der vorgelegte, hiernach abgefaste Rescripts Aufsaz wurde gnädigst genehmiget.
13. Festsetzung des Gehalts und künftige Verwendung des Johann Nepomuk Freiherrn von Tautphoeus, bisher bevollmächtigter Gesandter beim fränkischen Kreis in Nürnberg, als Gesandter in Hannover.
14. Erneuerung der Vollmachten des bayerischen Agenten und Prokurators am Reichskammergericht in Wetzlar, Matthäus Joseph Schick.
15. Erneuerung der Vollmacht für Jakob Abel, Agent am Reichskammergericht, in der Streitsache mit der Reichsstadt Nürnberg.
16. Anweisung an die pfalzbayerischen Prokuratoren und Agenten am Reichskammergericht in Wetzlar, sich fallweise gegenseitig zu vertreten.
17. Neuordnung des Zensurwesens
[MGeistl] Aufhebung des Zensur-Kollegiums; Neueinrichtung und Besetzung einer »Bücher Censur Special-Commission« mit Lorenz von Westenrieder (Direktor), Matthias Flurl, Joseph Klein, Joseph Marius Babo, Karl Christian von Mann und P. Maximus Imhof.
17. Zu Emporbringung der Litteratur in Baiern wurde angetragen, das Censur Collegium aufzuheben und statt deßen eine Bücher Censur Special-Commission zu errichten, derselben eine General Instruction diesertwegen zu ertheilen, solche dem Geistlichen Ministerial-Departement unterzuordnen, welches von Zeit zu Zeit die nöthige Erläüterungen und Vorschriften rücksichtlich ihres Verfahrens dahin zu erlassen [hat]. Als Mitglieder hiezu wurden der Geistliche Rath Westenrieder zum Director, {5v} dann der Bergrath Flurl, der Geistliche Rath Klein, Geheimer Secretär Babo, Hofrath Mann und P. Maximus Imhof vorgeschlagen10.
Diese Anträge sind gnädigst genehmiget.
18. Neuorganisation und Umbesetzung des Geistlichen Rats
Umfassende Neuorganisation und Umbesetzung des Geistlichen Rats: Hofbischof Kajetan Freiherr von Reisach, Bischof Johann Kasimir von Haeffelin (der zum Oberbibliothekar der Münchner Hofbibliothek ernannt wird) und Direktor Franz Kumpf werden aus dem Gremium entfernt. Zum neuen Präsidenten wird Maximilian Joseph Graf von Seinsheim ernannt, zum Weltlichen Direktor Johann Ev. Kittreiber, zum Geistlichen Direktor Franz Ignaz von Streber.
18. Wegen Besezung des Geistlichen Raths-Directorii wurde auf Vortrag des Graffen Morawizky gnädigst beschloßen11,
den zeitherigen Geistlichen Raths Praesidenten Herrn von Reisach12 mit den als Bischoff beziehenden 2.000 fl., dann den Geistlichen Raths Vice Praesidenten Freiherrn von Haeffelein13 mit noch zur zeitigen Belaßung der beziehenden 1.100 fl., und den Geistlichen Raths Director Kumpf14 in die Ruhe zu versezen, dagegen den Graffen von Seinsheim15 zum Geistlichen Raths Praesidenten einsweilen mit jenen 800. fl., so der vorige Praesident noch über die 2.000 fl. bezogen, und jenen 400. fl., die der Director Kumpf genoßen, zu ernennen, und wieder wie ehehin einen Weltlichen und einen Geistlichen Director bey dem Geistlichen Rath anzuordnen, sohin als Weltlichen Director den bisherigen Hof Cammer Rathen und Fiscalen Kittreiber16 mit Belaßung deßen, was er zeithero bezogen, dann als Geistlichen [Direktor] den zeitherigen Vice Director Streber17 zu bestimmen. Den Bischoffen Freiherrn von Haeffelein ernennen Seine Churfürstliche Durchleucht zum Ober Bibliotecär allhier18.
19. Das Gesuch des Hofkaplans Johann Nepomuk Mozler um »Verbeßerung seiner Verhältnüße« wird an den Obersthofmeisterstab weitergereicht.
[MJ] 20. Es verbleibt bei der finanziellen Unterstützung für die Kurpfalz durch die Übergabe von Obligationen der österreichischen Landstände19.
21. Zukunft der Oberen Landesregierung
An der Oberen Landesregierung sollen bis zur »Bestimmung des Status« durch Finanz- und Justizminister keine Neubesetzungen vorgenommen werden.
21. Bericht des Oberen Landes Regierungs Directorii wegen Besezung der dort erledigten Raths-Stellen.
Beruhet, bis zwischen dem Finanz- und Justiz Minister das Erforderliche rücksichtlich der Bestimmung des Status verabredet und vereinbahret worden.
22. Neuregelung der Jurisdiktion über das Personal der Hofstäbe
Die Jurisdiktion über das Personal der Hofstäbe wird neu geregelt. Künftig solle dafür, anstelle der Stabskommissare, eine eigene Kommission des Hofrats zuständig sein.
22. Wegen der Jurisdiction über das Personale der verschiedenen Hofstääben verlaßen der Freiherr von Hertling einen schriftlichen Vortrag und äüßerten Ihre Meynung, daß es räthlicher, die Jurisdiction bey dem Hofrath noch ferner wie bishero zu belaßen, wegen Abstellung mehrerer Mängel dabey und beßerer Einrichtung {6v} der dabey bestandener Verfaßung die Obere Landes Regierung und den Hofrath in ihren Gutachten noch vorher zu vernehmen.
Statt der bisher bestandenen Staabs Commmissars solle in Zukunft bey churfürstlichen Hofrath eine Commission zu Aburtheilung der Staabssachen niedergesezet und dem Directorio deßelben aufgetragen werden, die hiezu zu bestellende Mitglieder in unthertänigsten Vorschlag zu bringen.
23. Status des Hofrats
Auf drei entsprechende Anstellungsgesuche hin wird entschieden, auch beim Hofrat vorerst keine Ernennung neuer Räte vorzunehmen bis zur »Berichtigung des Status« auch bei dieser Behörde.
23. Bericht des churfürstlichen Hofraths wegen dem Gesuche der dortigen Practicanten Graffen von Seinsheim20, Freiherrn von Pechmann21 und von Hofstetten22 um würkliche Anstellung als Räthe nach nun abgelegtem Examen.
Solle bis zu Berichtigung des Hofraths Status beruhen.
24. Bei der anstehenden Reorganisation des Hofrats solle Hofrat Johann Nepomuk von Effner wieder in seinen vorigen Rang eingewiesen werden.
25. Ernennung des Regierungskanzlers in Amberg, Wilhelm Joseph Freiherr von Weinbach, zum Wirklichen Geheimen Rat.
26. Rückstellung des Gesuchs von Leopold Maximilian von Baeumen, Rat an der Oberen Landesregierung, um Gehaltsaufbesserung bis zur »Berichtigung des Status«.
27. Das Gesuch von Maximilian Maria Graf von Seyboltstorff um eine Stelle bei einem Obergericht wird abgewiesen.
28. Ablehnung des Gesuchs von Karl August de La Motte, Regierungsrat in Pfalz-Zweibrücken, um Versetzung an die Regierung in Mannheim.
29. Erlaubnis zur Fertigung von Putzwaren für die Frau des Kaufmanns Moy.
30. Verweigerung einer Aufenthaltsgenehmigung für die Gebrüder de Sauvagney23.
31. Die öffentlichen Veranstaltungen im Redoutensaal in München seien künftig durch die Polizei-Oberdirektion zu überwachen.
32. Bestellung von Mustern für die Anfertigung der neuen kurfürstlichen Siegel.
33. Auf Vorschlag des von Mannheim als Referendär des Justiz-Ministerialdepartements nach München versetzten Nikolaus Freiherrn von Stengel wird die Aufsicht über das kurfürstliche Archiv in Mannheim an seinen Bruder, Hofgerichtsrat Joseph Freiherrn von Stengel, übertragen.
34. Bestimmung des Rangs von Joseph Graf von Tauffkirchen, Oberst-Silberkämmerer, als Geheimer Rat24.
35. Generelle Regelung wegen Aufnahme von Emigranten aus Frankreich
Für die um Aufenthaltsbewilligung nachsuchenden Emigranten aus Frankreich, weltlichen wie geistlichen Standes, wird folgende Generalregelung getroffen: Falls keine ausdrückliche Genehmigung durch den Kurfürsten vorliege, seien sie zu Beginn des Frühjahrs des Landes zu verweisen.
35. Wurden die Verzeichnüße wegen den welt- und geistlichen Emigrirten in der Stadt allhier und auf dem Lande vorgeleget und um gnädigste Entschließung gebetten.
Außer jenen, welche von Seiner Churfürstlichen Durchleucht gnädigst ausgenohmen worden, solle allen übrigen welt- und geistlichen Standes in der Stadt und auf dem Lande der Aufenthalt nicht ferner mehr bewilliget und dieselbe bey eintrettendem Frühjahre fortgewießen werden.
36. Das Anstellungsgesuch eines Grafen von Schönburg wird abgewiesen.
37. Öffentliche Musikdarbietungen und Schauspielvorführungen sollen auch auf dem Lande einer Genehmigungspflicht unterliegen.
38. Friedrich Poesl, Kanzler der Regierung in Landshut, wird Erlaubnis zur Reise nach München nicht erteilt.
39. Zum Gesuch von Philipp Graf von Arco um Verleihung jener Ratsstelle beim Revisorium, die wegen der Beförderung Maximilians von Branca zum Geheimen Referendär freigeworden sei, wird ein Gutachten angefordert.
40. Das Gesuch des Hofrats Franz Xaver von Hartmann um Anstellung bei der Oberen Landesregierung wird abgelehnt.