BayHStA Staatsrat 381, Nr. 6 22 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst. (mit kurzem Nachtrag Kobells): 5. Juni 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, Utzschneider, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Verhandlungen mit der Ständevertretung über einen außerordentlichen Steuerbeitrag

Montgelas legt die ausführlichen Entschließungen des Kurfürsten zu den Anbringen des Staatsrats vom 16. Mai wegen der Etatsituation vor und läßt sie den Ministerial-Departements zur Kenntnis bringen. Verhandlungen mit der Ständevertretung wegen eines Extra-Ordinariums in Höhe einer halben Landsteuer und einer halben Standanlage sollten erst nach Beschlüssen über Einsparungen beim Hofstaat und Verhandlungen wegen der geplanten Anleihen aufgenommen werden, um Sparwillen des Kfst. zu demonstrieren.

{2r} 1. Der Churfürstliche Geheime Staats- und Konferenz-Minister Freiherr von Montgelas Excellenz laßen die auf das Staats-Protokoll vom 16. dieses [Monats] in der Staats-Conferenz vom 19. dieses [Monats] genommene churfürstliche Entschließung ab. Worauf von dem Staatsrathe beschlossen wurde,

1. den einschlagenden Ministerial Departements die darin enthaltene churfürstliche Befehle durch Extracte zur Befolgung mitzutheilen,

2. das an die Landschaft in {2v} Folge des höchsten Befehls zu erlassende Rescript erst dann zu erlassen, wenn durch das Benehmen mit den Hofämtern einige Erspahrung in der Hofhaltung bereits erzwecket und die Unterhandlungen wegen den Anlehen von 4 Millionen zum Abschluße vorbereitet worden, damit der Landschaft solches als Beweiß angeführt werden kann, wie ernstlich sich mit den Erspahrnißen bei der Hofhaltung beschäftiget, und welche Mittel von Seiten des Hofes eingeschlagen worden, um die Schulden der Hauptkasse und die Bedürfniße des laufenden Jahrs bis zum Jänner 1802, mit Einschluß des ordentlichen und ausserordentlichen Beitrages der Landschaft, zu decken. Der Aufsatz dieses Rescripts an die Landschaft solle unter der Leitung der Chefs des Ministerial Departements der auswärtigen Geschäften und der Finanzen gefertiget und darin auch das von dem Ministerial Finanz-Departement in seiner Punctation angesezte Extraordinarium mit einer 1/2 Steuer und 1 Standanlage nebst {3r} dem Ordinario postuliret werden.

2. Vortrag Krenner jun.: Dem Magistrat der Stadt Traunstein wird verboten, als Entschädigung für vorgeschossene Kriegskosten einen Aufschlag von einem Kreuzer pro Zentner ausgeführtem Salz einzuheben.

3. Vortrag Krenner jun.: Modalitäten der Zahlung von 32 fl. Entschädigung an den Seidenfabrikanten Altmutter aus München wegen Einquartierung kurfürstlicher Truppen.

4. Vortrag Krenner jun.: Gesuch des Lizenziaten Sedelmayer (als Anwalt der Gläubiger des Grafen Ziucci) um die Kompensation von Schäden, die bei der Einquartierung des »Bureau topographique« entstanden waren, wird an die Kriegsdeputation überwiesen.

5. Vortrag Krenner jun.: Bewilligung einer Gratifikation von 150 fl. für den Amtsschaffner Spraul, der sich den Einwohnern von Moosburg drei Monate lang als Dolmetscher [»interprète«] für Verhandlungen mit durchziehenden französischen Truppen zur Verfügung stellte.

6. Vortrag Krenner jun.: Bewilligung einer Gratifikation von 150 fl. für Johann Michael Mayr, Sekretär bei der Regierung zu Landshut.

7. Vortrag Krenner jun.: Ablehnung einer Gratifikation für die Kanzlisten von Löhr und Fuchs.

8. Vortrag Krenner jun.: Bewilligung von Gratifikationszahlungen in Höhe von insgesamt 840 fl. für das Kanzleipersonal der Regierung zu Burghausen mit der Maßgabe, daß die Begünstigten bei der Abrechnung der Kriegskosten vor Ort weiterhin und ohne weitere Entschädigung tätig sein sollten.

9. Vortrag Krenner jun.: Bewilligung einer Gratifikation von sechs Louisdor für Joseph Hunold, Sekretär beim Hofrat, für seine Arbeit bei der Vorspann-Kommission in München.

10. Vortrag Schenk: Bringt einen Bericht der Kriegsdeputation zur Kenntnis, daß die noch in München lagernden Magazinvorräte an das Militärproviant- und an das Hoffuttermeister-Amt übergeben werden sollten.

11. Vortrag Schenk: Die von der Kriegsdeputation schon mehrfach nachgesuchte Umquartierung des französischen »Bureau topographique« könne wegen der mit dessen Chef Bonne getroffenen Vereinbarungen über die Fortsetzung der Arbeit des »Bureau« bis auf weiteres nicht stattfinden.

12. Vortrag Branca: Bringt einen Bericht der Kriegsdeputation über den Stand der Ausprägung eingeschmolzenen Kirchensilbers zugunsten der Requisitionskasse zur Kenntnis.

13. Vortrag Stichaner: Abweisung des bereits mehrfach vorgebrachten Antrags von Peter Lautes und Konsorten um Entlassung aus der Haft.

14. Vortrag Stichaner: Übernahme der Mobilien des französischen Lazaretts in Baumburg durch die bayerische Armee.

15. Vortrag Stichaner: Rückkauf vormals bayerischer Waffen, die die Franzosen erbeutet und an den Hofschätzer Xaver Haslinger verkauft hatten.

16. Vortrag Stichaner: Erstattung von 150 Louisdor, die dem Landrichter Müller von Wald von einem französischen Regiments-Kommandeur abgepreßt und entgegen der Zusage des Generals Grenier nicht rückerstattet worden waren, aus der allgemeinen Requisitionskasse.

17. Vortrag Stichaner: Übertragung der Stelle des verstorbenen Franz von Fenneberg als Sekretär beim Hofrat an den quieszierten Hofrats-Sekretär Johann Joseph Piendl. Die vom Direktorium des Hofrats beantragte Aufstockung der Sekretärsstellen über die zur Zeit bestehenden sieben hinaus wird abgelehnt.

18. Vortrag Stichaner: Besetzung der Landrichterstelle in Wemding mit Ferdinand Freiherr von Andrian und Modalitäten seiner Besoldung.

Kfstl. Entschließung dazu 5. Juni 1801: Der Beschluß solle vorläufig ausgesetzt bleiben; Andrian solle das Amt Wemding weiterhin provisorisch versehen.

19. Publikation der landesherrlichen Mandate

Vortrag Stichaner über die Form der Publikation/Bekanntmachung der landesherrlichen Generalmandate, die seit 1779 generell in Form der Kanzelabkündigung in den Kirchen erfolgte.Trotz der Proteste des Regensburger Ordinariats solle bis auf weiteres keine neue Grundsatzregelung für die Publikation der Generalmandate erfolgen.

{7v} 19. In einem ausführlichen wegen Publication der General Mandaten gefertigten Gutachten zeigte der Churfürstliche Geheime Referendär v. Stichaner, wie schon seit 100 Jahren die Verordnungen der baierischen Landesfürsten theils von der Kanzel, theils nach geendigtem Gottesdienst ausserhalb der Kirche durch den Gerichtsdiener verkündet worden, und wie lezteres im Jahre 1779 bei Aufhebung der Gerichtsdiener dahin abgeändert worden, daß alle Mandate künftig in den Kirchen von der Kanzel publicirt werden sollten, und wie dieses auf Gegenvorstellungen des Ordinariats Regensburg im Jahre 1780 wieder gänzlich aufgehoben worden. Er führte an, welche Mühe die Churfürstliche Obere-Landesregierung mit Unterstützung des Geistlichen Raths angewendet, {8r} um diese Entschließung zu hindern, daß solches aber nicht eher als bis im Jahre 1793 erreichet worden, wo die höchste Genehmigung erfolgt seye, das Mandat wegen den heimlichen Niederkünften von den Kanzeln verkünden zu lassen. Das Ordinariat Regensburg habe zwar hiegegen wieder Einwendungen, doch mit minder glücklichen Erfolge gemacht, da Seine Churfürstliche Durchlaucht im Jahre 1794 verordneten, vest auf der Verkündung dieses und aller übrigen landesfürstlichen höchsten Mandate in den Kirchen von der Kanzel zu bestehen, wenn anders nicht, in Rückbetracht der Gegenstände, ein oder andere Verordnung der Anständigkeit wegen das Schweigen in der Kirche für räthlicher angesehen würde; wobei es auch blieb, bis im verflossenen Jahre die Verordnung wegen den Excessen der Gerichtsdiener anbefohlen wurde, wo das Ordinariat Regensburg die Remonstrationen vom Jahre 1780 wieder anbrachte und nun von dem Churfürstlichen Geistlichen Rath hierin unterstüzt worden.

Geheimer Referendär Herr von Stichaner legte vor, welche Meinung die General Landesdirektion, die von dem Geistlichen Ministerial Departement über den Geistlichen Raths Bericht vernommen worden, geäusert, dann in wie weit dasselbe Ministerial Departement nach seinem an das Ministerial Justiz-Departement mit sämmtlichen Acten gegebenen Communicat diesem Antrag der General Landesdirektion beigestimmet, und schloß nach näherer Beleuchtung der beiden Fragen:

a) ob man überhaupt über die Verkündung der Generalien eine neue Bestimmung trefen und {8v}

b) ob die Verkündung der Mandate in den Kirchen, wo man solches bisher nothwendig und nützlich fand, abgestellet werden solle?

mit dem Antrage, der General Landesdirektion auf ihren Bericht vom 9. Juny zu rescribiren: Wie Seine Churfürstliche Durchlaucht keine hinreichende Ursache finden, über die Verkündung der Mandate dermal eine neue Bestimmung zu trefen, und es habe auch dabei sein Verbleiben, daß alle Verordnungen, welche man dem Volke besonders einzuprägen wünscht und welche auf ihren Wohlstand besondern Einfluß haben, nebst der gewöhnlichen Affigirung, doch mit Rücksicht auf die schon in dem höchsten Rescript vom 7. Juni 1794 enthaltenen Bemerkung, in den Kirchen von den Kanzeln verkündet werden sollen, doch seye solches in jeder Verordnung, wo diese Art der Verkündung für nothwendig und nützlich angesehen werden würde, allezeit ausdrücklich anzubefehlen; wo übrigens das Mandat wider die verheimlichte Geburten nicht zur Verkündung von den Kanzeln geeignet, sondern in der gewöhnlichen Art verkündet werden solle.

Nach hierüber gehaltener Umfrage wurde

der Antrag des Referenten genehmiget.

20. Vortrag Stichaner: Ausdehnung der Handwerks-Gerechtigkeit des Uhrmachergesellen Joseph Fischer in München und Anweisung zur Aufnahme in den Bürgerstand.

21. Vortrag Stichaner: Begnadigung des vom Hofrat wegen Majestätsbeleidigung verurteilten Georg Nell aus Holzhausen aufgrund von Verfahrensfehlern.

22. Vergabe von Zehntbefreiungen für die Kultivierung bislang öde liegender Gründe

Vortrag Stichaner über die Gewährung von Zehntbefreiungen auf 25 Jahre für die Kultivierung bisher öde gelegener Gründe zum Aufschwung der »Landes-Cultur« (ohne Anhörung der Ständevertretung).

{10v} 22. Churfürstlicher Geheimer Referendär Herr von Stichaner als Referent bei dem Ministerial Justiz-Departement über den Gegenstand der Zehentfreiheit auf den neu cultivirten Gründen trug, nachdem er das hierüber erholte Gutachten der General Landesdirektion, und die Äußerung des Ministerial Finanzdepartements hierüber vorgelegt hatte, die Meinung des Ministerial Justiz-Departement vor, welche dahin gieng, daß zwischen Neubrüchen, welche erst cultivirt werden, und welche schon einmal cultivirt gewesen, zwischen Novalibus und {11r} Novatis ein Unterschied zu machen sey, sonach bei den erstern die dermalige Zehentfreiheit auf 25 Jahre ausgedehnt, bei den zweiten aber eine zehnjährige Zehentfreiheit gestattet werden solle. Ferner sey die Bestimmung zu trefen, daß der Zehent bei den novatis dem gewöhnlichen ordentlichen Zehentherrn, bei den novalibus aber der Landesherrschaft zustehen solle.

Das Geheime Ministerial Justiz-Departement finde, daß dieser Gegenstand übrigens zur vorläufigen Vernehmung der hiesigen Landschaft geeignet sey. Er, Referent, aber habe eine hievon abweichende Privat Meinung und glaube, daß zu Emporbringung der Landes-Cultur nach dem Antrag der General Landesdirektion die neu cultiviret werdende Gründe ohne Benehmen mit der Landschaft, weil solche auch bei der 10iährigen Befreiung vom Jahre 1779 nicht befraget worden, für ganz zehentfrei zu erklären, und diese Vergünstigung auch auf jene öde gewesene und schon cultvirte Gründe zu erstrecken wäre, worauf das ZehentRecht noch nicht radiziret ist.

Nach deswegen gehaltener Umfrage wurde durch Mehrheit der Ministerialstimmen beschloßen,

um der Landes-Cultur einen höheren Schwung, und den Unternehmern mehr Aufmunterung und Ersatz ihrer aufgewandten Kösten zu geben, für alle künftig neu cultivirt werdende öde Gründe eine 25iährige Zehentbefreiung, ohne die {11v} Landschaft zu vernehmen, zu bestimmen und vestzusetzen, daß die schon vor dieser Verordnung cultivirte öde Gründe unter dieser Zehentbefreiung und in so weit begrifen seyn sollen, als der Zehentherr nicht schon zum Besitze des Zehents gelanget ist und das Zehentrecht nicht wirklich schon ausübet. In solchem Falle sollen solche Gründe noch so lange zehentfrei bleiben, bis die obigen statuirten 25 Jahre mit Einrechnung der bisher verordnet gewesenen 10 Jahre werden verflossen seyn. Denn da diese Zehentbefreiung die Begünstigung der Cultur zum Endzweck hat, so ist selbe nicht auf blosse Umrisse oder Neugereute, wodurch blos Holz- und Miesgründe zu Felder gemacht werden, auszudehnen, sondern sie solle sich blos auf wahrhaft öde und neucultivirte Gründe beziehen.

23. Vortrag Schenk: Übertragung der Stelle als Steuereinnehmer im Amt Bornefeld/Hückeswagen (Hzgtm. Berg) von Johann Wilhelm Paar auf seinen Sohn Johann Daniel Paar351.

24. Vortrag Zentner: Die durch die Versetzung von Franz Schilcher an die Landesdirektion Neuburg freigewordene Ratsstelle bei der 5. Deputation der GLD solle auf Anraten des MF vorerst nicht wiederbesetzt werden, da die Deputation »mit Räthen hinlänglich besetzet« sei.

Kfstl. Entschließung dazu 5. Juni 1801: Der Beschluß wird bis zum »Hauptvortrage« über die Organisation der GLD ausgesetzt.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

351
Im HStK 1800, S. 332, findet sich der Name als »Baas«.