BayHStA Staatsrat 381, Nr. 30 22 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst.: 6./9. November 1801451.
Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.
1. Morawitzky legt die kurfürstliche Bestätigung der Entscheidungen des Staatsrats vom 28. Oktober vor.
2. Vortrag Krenner jun.: Die Forderungen des Weinwirts Albert sen. wegen Ersatz von Quartierkosten452 seien durch Verfügungen der Kriegsdeputation erledigt.
3. Vortrag Krenner jun.: Zum wiederholten Mal wird die Forderung mehrerer Schneider aus München abgewiesen, für die Lieferung von Umhängen (»capots«) an die französischen Truppen entschädigt zu werden.
4. Vortrag Krenner jun.: Das Gesuch des Apothekers Großschopf um Gewährung einer Gratifikation453 wird, trotz positiven Gutachtens der Kriegsdeputation, endgültig abgewiesen.
5. Vortrag Krenner jun.: Übernahme von 300 fl. Schadenersatz durch Hofzahlamt und Landschaftskasse für die Beschädigung von Möbeln bei Einquartierungen im früheren Haus des Grafen Ziucci.
6. Vortrag Branca: Gewährung von Gratifikationen an Anton Joseph Thaller und Joseph Arnold, Bedienstete des kfstl. Münzamts in München, wegen der »wehrend dem Vermünzungsgeschäfte des Kirchensilbers geleistete[n] außerordentliche[n] Dienste«.
7. Vortrag Schenk: Anmietung einer möblierten Wohnung in München durch den Chef der französischen Ingenieure, Bataillonskommandant Bonne.
8. Vortrag Schenk: Festlegung von Grundsätzen wegen Gewährung und Auszahlung von Pensionen im Herzogtum Berg angesichts der Einnahmeausfälle wegen Abtretung des Jülicher Landesteils. Bis zu einem endgültigen Reglement empfehlen die außerordentlichen Kommissare in Düsseldorf, Pensionszahlungen nur Personen zu bewilligen, die ihren Wohnsitz im Länderkomplex Pfalzbayerns hätten, wobei »Verdienst und Bedürfnis immer zusammen kommen« müßten.
In seiner Entschließung dazu vom 6./9. November 1801 entscheidet der Kurfürst über Bewilligung bzw. Ablehnung der vorgelegten Anträge auf Gewährung von Pensionszahlungen in Berg.
9. Gewerbefreiheit im Herzogtum Berg
Schenk empfiehlt die Aufhebung der Zunft der Schneider zu Elberfeld. Ein Geselle, der das Handwerk dort künftig ausüben wolle, solle seine Kenntnisse vom Magistrat prüfen lassen und das Bürgerrecht erwerben. Durch weitere Maßnahmen, die der Geheime Rat in Düsseldorf vorzuschlagen habe, solle der »Gewerbs- und Industrie-Zwang« im Herzogtum Berg abgebaut werden.
{6v} 9. Nach Anführung der von dem bergischen Geheimen Rathe in seinem erstatteten Bericht zu Aufhebung der Schneiderzunft in Elberfeld auseinandergesetzten Gründen und Ablesung der hierin enthaltenen merkwürdigsten Stellen legte Herr Geheimer Finanz-Referendär von Schenk zwei Reskripts-Entwürfe vor. Durch den ersten wurde zu endlicher Erreichung einer gänzlichen Abstellung der bei erwehnter Zunft eingerißenen Mißbräuche und Hebung aller entstandenen wechselseitigen Klagen {7r} und Beschwerden befohlen, die den Schneidern zu Elberfeld mit dem erneuerten Gnadenbrief vom 16. Hornung 1781 gestattete Zunft in allen Punkten aufzuheben, dieselbe den übrigen in Elberfeld bestehenden Handwerkern durchaus gleichzuhalten und ihr dagegen die bisher verreichte jährliche Abgabe von fünf Goldgulden für die Zukunft nachzulassen, dabei aber verordnet, daß den zur Aufnahm als Meister sich künftig darstellenden Gesellen, Eingebornen oder Fremden, aufgegeben werde, zuvor wegen hinlänglicher Geschicklichkeit, ihrer Herkunft, Aufführung und Vermögen sich bei dem Magistrat zu legitimiren und das Bürgerrecht zu gewinnen. Wo aber die wegen den Kranken und Sterbenden bestehende Auflags-Bruderschaft der Schneider bei ihrer Fortdauer belassen und die nun nach Aufhebung der Zunft nöthig werdende nähere Einrichtung dießfalls getrofen werden solle.
Durch den zweiten wurde dem bergischen Geheimen Rath aufgegeben, den unterm 11. July dieses Jahres über jene besondere Privilegien des Herzogthums Berg, die dem gemeinen Beßten durch einen mit sich führenden Gewerbs- und Industrie-Zwang schädlich werden, und über die schicklichste Beschränkung oder gänzliche Aufhebung derselben erforderten ausführlichen Bericht zu {7v} beschleunigen.
Diese beide Reskripts-Entwürfe wurden genehmigt.
10. Vortrag Stichaner: Begnadigung der im Falkenturm wegen Diebstahls inhaftierten Juliana Drexler aus Verfahrensgründen.
11. Vortrag Stichaner: Diskussion des geplanten Abbruchs von vier Häusern »auf dem Platze« [Marienplatz] in München454. Stichaner kritisiert den Präsidenten der Generallandesdirektion, Freiherrn von Weichs, der den Abbruch einfach damit begründen wollte, daß »jeder Staatsbürger die Pflicht hat, zum Vergnügen seines Regenten beizutragen«, und beantragt den Verzicht auf den Abriß, denn weder könne dieser einseitig erzwungen noch eine Entschädigung der Besitzer durch eine zusätzliche Umlage auf Getreide oder die Lotterie gesichert werden.
Kurfürstliche Entschließung dazu 6./9. November 1801: Es solle mit den Eigentümern nochmals über Verkauf und Entschädigung verhandelt werden.
12. Landschaftliche Angelegenheiten: Abschluß der Postulatsverhandlungen 1801, Vorbereitungen für die Einberufung eines Landtags, Vorbereitung des Steuerkatasters
Krenner jun. berichtet über den Abschluß der Verhandlungen mit der Landschaft wegen des Postulats für 1801. Bewilligt wurden 2 1/4 Stand- und 5 Landsteuern, außerdem ein Sonderbeitrag der Stände von 75.000 fl. Somit stehe der Staatskasse eine »extraordinaire Aushilfe« von 170.000 fl. zur Verfügung. Noch nicht geklärt seien dagegen die Konditionen der Übernahme von 2 Mio. Gulden auf das gemeinsame Schuldenwerk. Auch der Entwurf des Steuermandats für 1801 wird genehmigt. Der Kurfürst solle gegenüber der Verordnung seine Absicht wiederholen, angesichts der Wiederherstellung des Friedenszustandes jetzt Vorbereitungen für die Einberufung eines allgemeinen Landtags zu treffen. Krenner erinnert daran, daß die der Landschaft wiederholt angekündigte »Rectification« der Erhebung von Steuern, Standanlagen und Aufschlägen in Angriff zu nehmen sei. Das Finanzministerium solle eine eigene Kommission mit den entsprechenden Vorarbeiten betrauen; darüber hinaus solle die Landschaft ihre Verfahrensgrundsätze bei der Besteuerung eingehend darlegen.
{10v} 12. Herr Geheimer Finanz-Referendär von Krenner las den von der Landschafts-Verordnung wegen dem dießjährigen Postulat erstatteten Bericht und den hierauf gefaßten Reskripts-Entwurf so wie den Schadloshaltungsbrief für das laufende Jahr ab, wodurch die Willigung der 2 1/4 Standanlagen und des besondern ständischen Beitrages von 75.000 fl., dann die 5 Landsteuern, woraus für die Staatskasse neben dem Ordinario eine extraordinaire Aushilfe von 170.000 fl. bestimmt, angenommen und die Entfernung der Anstände, welche der auf das gemeine Schuldenwerk zu legenden 2 Millionen Staatsschulden entgegen gesetzet worden, bis auf künftiges Jahr verschoben, rücksichtlich der Steuer-Standanlags- und Aufschlags-Rectification aber der Verordnung eröfnet wird, daß man die Plane hiezu sogleich entwerfen und dann diesen wichtigen Gegenstand in gemeinschaftlich reife Überlegung ziehen lassen würde.
Der eingesendete Entwurf des dießjährigen Steuer-Mandats, den Referent vorlegte, seye genehmiget und der Landesdirektion anbefohlen worden, die gedruckte Exemplarien abzufodern und auszufertigen. Auch seyen Seine Churfürstliche Durchlaucht allerdings gesinnet, nach dem landschaftlichen Antrage, so bald der allgemeine wie der Reichsfriede in seine {11r} volle, nicht mehr entfernte Wirkung werde getretten seyn, mit der Verordnung sogleich in die Vorbereitung des Landtages zu tretten, wo sodann die Verordnung unter Anschluß des gewöhnlichen Schadloßhaltungsbriefes von der gegenwärtigen Universal Versammlung in Gnaden entlassen wird.
Der vorgelegte Reskripts-Entwurf an die Landschafts-Verordnung wurde mit einigen, bei der Stelle [»]von der Übernahm der 2 Millionen Staatsschulden auf das Schuldenwerk getrofenen[«] dem Reskripts-Aufsatz beigefügten Änderungen, so wie das Steuer-Mandat, der Schadloshaltungsbrief und die Weisung an die General Landesdirektion genehmiget.
Herr Geheimer Finanz-Referendär von Krenner fügte diesem Vortrage bei, daß nun aber auch die Pflicht erheische, sich mit Herstellung der Plane zur Steuer-, Standanlags- und Aufschlags-Rectification ohne Verzug und ernstlich zu beschäftigen, um solche nach mehrmaliger Äußerung der Landschafts-Verordnung vorlegen und an diesem äußerst wichtigen Werke einmal anfangen zu können. Er habe ein hierüber erschienenes Werk, dessen Inhalt und Systeme er ausführlich {11v} vorlegte, genau durchlesen und finde mehrere darin enthaltene Sätze von einleuchtender Richtigkeit, andere hingegen weniger anwendbar.
Da aber diese Sache die genaueste Prüfung erfodere und es auch nothwendig seyn würde, die Art kennen zu lernen, wie zeithero von der Landschaft bei der Besteuerung verfahren worden, so trage er an, entweder der Landschaft durch ein Rescript aufzugeben, ihre dermalige Verfahrungsart bei Regulirung der Steuern mit allen dießfalls gewöhnlichen Fragpunkten, und wie sodann das Resultat dieser Fragen auf die wirkliche Besteuerung angewendet worden, ohnverzüglich vorzulegen, oder aber eine Kommission niederzusetzen, welche die zu diesem wichtigen Werke nöthige Materialien sammle, die zweckmäsigsten und anwendbarsten Grundsätze aufstelle und die erfoderliche Vorarbeiten liefere.
Nach hierüber gehaltener Umfrage vereinigte der Staatsrath die von dem Referenten gemachte Anträge und beschloß, den vorgeschlagenen Auftrag an die Landschafts-Verordnung zu erlassen, zugleich aber auch dem Ministerial Finanzdepartement aufzugeben, über die Organisation einer {12r} zu dem angetragenen Zwecke sogleich anzuordnenden Kommission so wie über die derselben wegen Rectification der Steuern, Standanlagen und Aufschlagsgefällen zu ertheilende Instruction sich in einem schriftlichen Gutachten in dem Staatsrathe zu äußern, damit solches Seiner Churfürstlichen Durchlaucht in der Staats-Konferenz zur definitiver [sic] Entscheidung vorgelegt werden könne.
Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.