BayHStA Staatsrat 381, Nr. 17 19 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst. (mit knapp einer Seite Nachtrag Kobells): 10. August 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Vortrag Krenner jun.: Weiterleitung einer Kabinettsordre des Kurfürsten, in der der Weinwirtin Bauhof eine Entschädigung für die Pflege eines französischen Verwundeten zugesagt wird, an die Kriegs-Deputation.

2. Vortrag Krenner jun.: Dem Pfleger zu Mindelheim, Wilhelm Freiherrn von Hertling, sollen die von ihm ausgelegten 1.500 fl. Verpflegungskosten für die französische Generalität nicht aus der Requisitionskasse, sondern aus den Amtsgefällen der Herrschaft Mindelheim erstattet werden.

3. Vortrag Krenner jun.: Dem Propst des Kollegiatstifts Altötting, Joseph Graf von Königsfeld, werden 1.347 fl. Verpflegungskosten, die er für die französischen Generäle Ney und Coland ausgelegt hatte, aus der Requisitionskasse erstattet.

4. Vortrag Krenner jun.: Die Kriegskommission zu Neuburg wird ermächtigt, für die Pferde, die aus den Ämtern Monheim, Hilpoltstein, Heideck und Allersberg gestellt worden waren, eine Entschädigung von insgesamt 2.045 fl. an die Eigentümer zu bezahlen. Die Hauptkasse habe diese Zahlung mit dem Beitrag aus den kurfürstlichen Kammergütern zur Requisitionskasse zu verrechnen.

5. Vortrag Krenner jun.: Übergabe einer Tabaksdose an den französischen Chefchirurgen Percy als Dank für seinen Einsatz im Lazarett München390.

6. Vortrag Schenk: Fortsetzung der Untersuchungen wegen der Schäden, die bei der Einquartierung des topographischen Büros des französischen Heeres im Haus des Freiherrn von Mayer entstanden waren.

7. Vortrag Schenk: Dem Landgeometer Maximilian von Rickauer wird die Erlaubnis erteilt, eine Karte des Schlachtfelds von Hohenlinden herauszubringen.

8. Vortrag Schenk: Die Kosten für die Übernahme von Verpflegungsgütern aus französischen Vorräten (durch die Proviantämter München und Ingolstadt sowie das Hoffuttermeisteramt) seien inzwischen abgerechnet und beliefen sich auf insgesamt 43.853 fl. Die Landschaft solle an der Aufbringung dieser Summe beteiligt werden.

9. Vortrag Stichaner: Nach Einschätzung des Gesandten in Paris, Cetto, könne nun damit begonnen werden, sukzessive (und beginnend mit den »minder Gravirten«) die von französischen Militärgerichten verurteilten, noch inhaftierten bayerischen Untertanen gegen Stellung einer Kaution zu entlassen. Die ersten drei Entlassungsverfügungen werden entsprechend genehmigt.

10. Vortrag Stichaner: Angesichts übler Erfahrungen mit Übergriffen nach Hause ziehender Rekonvaleszenten und entlassener Kriegsgefangener aus der österreichischen Armee sollten solche Züge künftig von kurfürstlichem Militär eskortiert werden.

11. Vortrag Stichaner: Dem Rittmeister Michl sollen aus seinem Einsatz als Unter-Marschkommissar keine Nachteile bezüglich seines Rangs und Avancements entstehen391.

12. Vortrag Stichaner: Nach Übernahme der Proviantvorräte im Bereich der Festung Ingolstadt durch Bayern sollen den bisherigen, in französischen Diensten stehenden Verpflegungsbeauftragten keine Kosten mehr erstattet werden.

13. Vortrag Stichaner: Die GLD solle Vorschläge unterbreiten für eine künftige Nutzung der Schanzplätze von Burghausen. Der bereits ausgeschriebene Verkauf dieser Gründe solle vorerst gestoppt werden.

14. Vortrag Branca: Vorlage eines genauen Inventars einzuschmelzenden Kirchensilbers aus protestantischen Kirchen im Landgericht Sulzbach. Der Ertrag solle, wie üblich, der Requisitionskasse zukommen.

15. Vortrag Branca: Dem Franziskanerinnen-Kloster Gnadenthal in Ingolstadt wird nochmals aufgetragen, Ersatz für die nicht mögliche Abgabe von Kirchensilber zu schaffen. Für die jetzt in Aussicht stehende »Versilberung« von Wertpapieren wird eine neue Frist eingeräumt.

16. Vortrag Branca: GLD und Polizei-Direktion München sollen nach Antrag des Geistlichen Rates aus dem Ausland stammende und nach München geflüchtete Ordensleute aus der Stadt weisen, »weil das Land durch ausländische Mönche und Nonnen beschweren zu lassen nicht anzurathen sey«.

17.Vortrag Branca: Prüfung der Quartierlasten französischer Truppen, die Professor Joseph Socher in seiner Eigenschaft als Pfarrer von Kelheim auferlegt worden seien. Socher habe die angesetzten 95 fl. Kosten für Weinkonsum vorerst zu übernehmen und sei danach entsprechend zu entschädigen.

18. Vortrag Krenner sen.: Der Sohn des kurfürstlichen Pflegers auf Schloß Trausnitz zu Landshut, Martin von Thiereck, solle für sechs Monate als Diurnist angestellt werden, um nach einer Instruktion des Landesarchivars Samet die dortige »alte Cameral Registratur« zu sichten und zu ordnen. Über eine feste Anstellung auf der Stelle seines Vaters könne erst später entschieden werden.

Kfstl. Entschließung dazu 10. August 1801: Verweis für Thiereck wegen des anmaßenden Tons seines der Entscheidung zugrunde liegenden Gesuchs.

19. Einsparungen bei den Staatsausgaben – Reaktivierung der Kommission zur Vorbereitung der Klosteraufhebung

Nach einem Vortrag Schenks über die augenblicklichen Schwierigkeiten des Finanziers Josuel Westheimer empfiehlt der Staatsrat, mit Westheimer nach den bereits geführten Verhandlungen einen Vergleich anzustreben und über eine neue Anleihe von 3 Mio. Gulden nur noch mit Aron Elias Seligmann zu verhandeln. Zuvor müsse dem Kurfürsten aber eine neue Übersicht über Einnahmen und Ausgaben des Staates vorgelegt und mit aller Deutlichkeit nochmals die Notwendigkeit genereller Einsparungen »bei den Civil- und Militär-Ausgaben« vor Augen geführt werden.

{7v} 19. Um dem Staatsrathe von den fernern Verhandlungen wegen dem Anlehens-Geschäfte in Kenntnis zu setzen, las Herr Geheimer Finanz-Referendär von Schenk jene Berichte ab, so die wegen der Streitsache des Lieferanten Westheimer aufgestellte Commission und der Anwalt des Fiskus Licentiat Pauer nach einem höchsten Cabinetsbefehle über einen zu treffenden Vergleich erstattet. Er legte die Tabelle der liquiden und illiquiden Posten vor, erläuterte ieden derselben aus den Acten, führte die Mainzer Lieferungs-Geschichte, so viel sie ihm aus den nicht vollständigen Acten bekannt geworden, an, las über den ganzen Verlauf, den das Anlehensgeschäft und die Untersuchung gegen den {8r} Lieferanten Westheimer genommen, ein ausführliches Gutachten ab, schlug verschiedene Auswege vor, um nach den schon so weit gekommenen Verhandlungen mit Westheimer über das Anlehen abbrechen zu können, ohne das Aerarium in einen dem Credit nachtheiligen Entschädigungs-Prozeß zu verwickeln. Er zeigte, wie wenig Wahrscheinlichkeit aber vorhanden, den Westheimer zu dem einen oder anderen dieser Auswege zu bestimmen, und wie bedenklich es auf der andern Seite seye, vor Beendigung der gegen ihn angefangenen Untersuchung sich mit ihm rücksichtlich des Anlehens weiter einzulassen, daher eher einzurathen seye, unter Eröffnung der sich darbietenden sowol schicklichen als gegründeten Motiven ganz abzubrechen, und ihm den Einschuß der negozierten Kapitalien für die bestimmten Zinsen und Provision in das Anlehen von 3 Millionen mit Seeligmann oder, wenn das betheiligte Handlungshaus sich dazu nicht verstehen wolte, eine billige Vergütung der dadurch erweißlich verursachten Kosten vorzubehalten, wegen ieder weitern Entschädigungsfoderung aber, die er machen würde, ihn zur Nachsuchung derselben im Rechtswege zu verweisen. Dem Seeligmann hingegen wäre sodann das ganze Geschäft unter den bereits bestimmten und über die Heimzahlung und Zinsen noch weiter zu verabredenden Bedingungen zu übertragen und mit ihm wegen des Einschusses der besagten negozierten Kapitalien oder der Übernahme der desfallsigen Kosten-Vergütung, damit das Aerarium nicht damit belastet werde, {8v} zugleich das Nöthige zu unterhandeln.

Ein Vergleich mit Westheimer über seine Rechtssache würde den Knoten, der sich hier geknüpft findet, am leichtesten und wahrscheinlich sogar zum Vortheil des Aerarii lösen. Allein, da dem Geheimen Ministerial Finanzdepartement die Mainzer Lieferungs-Geschichte nicht genug bekannt ist und folglich dasselbe nicht zu bestimmen vermag, wieviel von dem an Westheimer geschehenen Zahlungen noch in Anspruch genommen werden könnte, so hat es sowol aus diesem Grunde als auch, um der hierin beschlossenen strengen Gerechtigkeitspflege nicht Einhalt zu thun, Bedenken getragen, einen förmlichen Antrag zum Vergleiche zu machen. Westheimers Verdienste um den Staat, wehrend Baiern im lezten Feldzuge von den Franzosen besezt gewesen, sind indessen unverkenntbar und dürfen nicht allein, sondern müssen von einer billigen und weisen Regierung gegen seine ehemaligen Handlungen, wenn auch diese für itzt einigen Zweifel unterworfen seyn dürften, auf die Waagschale gelegt werden. Dem Geheimen Staatsrathe würde demnach anheim gestellt, ob in dieser Rücksicht Seiner Churfürstlichen Durchlaucht ein Vergleich mit Westheimer wirklich noch vorgeschlagen werden solle. Er wird sich zu einer noch beträchtlich höheren Nachlaßsumme, als er schon angeboten hat, verstehen. Die Untersuchung der Mainzer Approvisionnirungs-Sache könnte gegen die dabei etwa schuldigen Militär- und Civilbehörden dennoch, und zwar alsdann {9r} ganz mit militärischen Ernste fortgesezt werden. Westheimer wäre durch den Verlust des Anlehensgeschäftes genug bestraft und bliebe wegen jedes Doli und jedes Unterschleifs, der gegen ihn erwiesen würde, ohnehin noch verantwortlich. Der Hauptzweck Seiner Churfürstlichen Durchlaucht würde also doch erreicht, und alle Mißdeutungen, welchen ieder einseitige Abbruch der einmal eingeleiteten und bis zu einem gewissen Grade vorgerückten Unterhandlungen auch bei erheblichen Bewegungsgründen im Publikum unterworfen ist, würden dadurch und ganz allein glücklich vermieden.

Nach hierüber gepflogener Berathung und gehaltener Umfrage wurde in dem

Staatsrathe beschlossen, zu Entfernung aller aus den schon so weit gediehenen Unterhandlungen mit dem Westheimer für das Aerarium entstehen könnenden Nachtheile und Hinderniße zu Berichtigung des so dringend als nothwendigen Anlehensgeschäftes bei Seiner Churfürstlichen Durchlaucht auf einen Vergleich mit dem Lieferanten Westheimer gegen eine von ihm auszustellende förmliche Renunciation auf alle welch immer zu machende Entschädigungen für das rückgängig gewordene Anlehens-Geschäft und mit Vorbehalt der mit militärischem Ernste vorzunehmenden {9v} Untersuchung gegen die bei der Mainzer Approvisionirungssache schuldigen Militär- und Civil-Behörden und der bleibenden Verantwortlichkeit des Westheimers wegen iedes gegen ihn erwiesen werdenden Doli und Unterschleiches bestimmt anzutragen, zugleich aber auch Höchstdenenselben eine gedrängte und specificirte Übersicht der Staats-Einnahmen und Ausgaben gehorsamst vorzulegen, um Höchstsie von der Nothwendigkeit eintretten müssender Ersparnißen bei den Civil- und Militär-Ausgaben lebhaft zu überzeugen, ohne welche der Staatsrath nie auf Eröfnung eines weiteren Anlehens und Vermehrung des Schuldenstandes angetragen haben würde.

Kurfürstliche Entschließung dazu 10. August 1801:

{10v} Bey Nr. 19 bleibet der Antrag des Staatsrathes wegen dem Anlehen noch ausgesezet, inzwischen aber verordne ich, daß die wegen den Geistlichen Güther in Baiern schon bestandene Commission, dem Geheimen Rathen von Zentner, dann den Geheimen Referendärs von Krenner dem jüngeren, von Steiner und von Branca ohnverweilt wieder zusammentrette und herstelle, in was das eigentliche kirchliche {11r} und Klostervermögen der heroberen Landen bestehe und wie hoch sich daßelbe belaufe, dann in reife Erwegung ziehe, welcher Nuzen hievon dem Staate in seiner bedrängten Laage gewähret, auf welche Art und wie dieser am sichersten, zweckmäßigsten und schnelsten mit dem von dem Staatsrathe unterm 16. May diesen Jahres angetragenen Vorbehalte verschaffet werden könnte. Das Resultat dieser Arbeiten hat die Commission in ein umständliches Referat zu bringen und solches dem Staatsrathe zur Prüfung vorzutragen, durch welchen es alsdann mir zu Faßung der weiteren Entschließungen in der Staatsconferenz vorzulegen ist392.

20. Entschädigungsmaßnahmen für die Stadt Burghausen nach der Aufhebung der dortigen Justizstelle

Stichaner erstattet Vortrag über die verschiedenen Möglichkeiten, die vom Kurfürsten verlangte Entschädigung der Stadt Burghausen nach der bereits debattierten Aufhebung der dortigen »Regierung« zu realisieren393. Der Staatsrat bleibt bei seinem Aufhebungsantrag und empfiehlt eine Verstärkung der Garnison in Burghausen oder die Verlegung eines Kreisamts und eines Landgerichts hierher. Im übrigen hält der Staatsrat, sich stützend auf Stellungnahmen des Präsidenten der GLD, Joseph Maria Freiherr von Weichs, und des Rats der 2. Deputation der GLD, Andreas Anton von Welz, die zu erwartenden Auswirkungen einer Aufhebung der Burghausener Regierung für gering.

{9v} 20. Geheimer Referendär Herr von Stichaner legte jenen Bericht vor, welchen die General Landesdirektion wegen Entschädigung der Stadt Burghausen, im Falle die dasige Regierung aufgehoben werden würde, erstattet, und überließ der Entscheidung des Staatsrathes, welche von den zur Entschädigung gemachten Vorschlägen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht vorgetragen werden wollten.

{10r} Die Vorschläge bestünden in Verstärkung der Garnison, in Verlegung eines Kreisamtes und eines Landgerichts nach Burghausen, in Anweisung sämmtlicher Pensionisten des Oberlandes, bei denen die Verhältnisse es zuließen, ihre Gnadengelder in Burghausen zu verzehren.

Referent erinnerte noch, daß die General Landesdirektion den Verlust, so der Stadt Burghausen durch Aufhebung der Regierung zugezogen würde, für nicht sehr bedeutend halte, indem es blos auf den Preis der Quartiere Einfluß haben könnte, da der Konsumtions-Entgang der Viktualien nicht die Stadt, sondern die umliegende Gegend träfe, auch immer einige der quiescirt werdenden Räthe in Burghausen bleiben würden, auch, daß der Präsident der General Landesdirektion, und der Direktionsrath Wels über diesen Gegenstand ihre Privat Abstimmungen dem Bericht beigeleget.

Mit Umgehung des Vorschlags wegen der Verweisung der Pensionisten des Oberlandes nach Burghausen, den der Staatsrath verwarf, wurde beschlossen, die übrigen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zur höchsten Entscheidung gehorsamst vorzulegen und wiederholt auf Aufhebung der Regierung Burghausen anzutragen.

Kurfürstliche Entschließung dazu 10. August 1801:

{11r} Bey Nr. 20 des Protokolls befehle ich, daß bey Errichtung der Creißämter eines nebst dem Landrichter Amte nach Burghaußen verleget und dann mit Aufhebung der dortigen Regierung fortgefahren werden solle.

21. Vortrag Hartmann: Weiterleitung einer Rechtfertigungsschrift des Kämmerers und Postmeisters von Plattling, Alois Käser, an das Justizministerium.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

390
Percy hatte sich nach der Schlacht von Hohenlinden am 3. Dezember 1800 zusammen mit dem Stabschirugen des Garnisonskommandos in München, Alois Hagemayr, im Herzogsspital und im Lazarett am Anger um die Verwundeten gekümmert; vgl. Bezzel, Geschichte, Bd. 5, S. 647.
391
Michl, Rittmeister im 1. Kürassierregiment Minucci, hatte im Feldzug von 1800 die heikle Aufgabe inne, zwischen den bayerischen Militär- und Zivilbehörden und dem Kommandanten der bunt zusammengewürfelten Reichstruppen in der Festung Ingolstadt, dem österreichischen Feldmarschalleutnant von Neu, zu vermitteln; vgl. Bezzel, Geschichte, Bd. 5, S. 598f.
392
Ein Original-»Extractus [dieses] Geheimen Staats-Conferenz-Schlußes« vom 10. August, mit dem die Wiedereinberufung der an der Vorbereitung der Klostersäkularisation arbeitenden Kommission den Geheimen Referendären mitgeteilt wurde, findet sich in BayHStA HR I Fasz. 486 Nr. 54 (Prov. »Ministerialdepartement des Auswärtigen«), pag. 325 (beglaubigt vom Geheimen Konferenz-Sekretär Kobell). Vgl. Stauber, Finanznot, S. 142.
393
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 15. Juli 1801, TOP 13) sowie die Entschließung des Kurfürsten dazu vom 17. Juli.