BayHStA Staatsrat 1, Nr. 6 8 beschriebene Seiten. Vermerke: auf dem Umschlagblatt oben Mitte »9. Mai 1799«; u.r. abgehakt mit Bleistift.
Anwesend: Kf. Max Joseph, Hzg. Wilhelm; Minister Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling. Protokoll: Kobell.
[MF] 1. Genehmigung von Fourage-Bezug für Obersthofmarschall Ludwig Freiherr v. Gohre.
2. Pfälzische Religionsdeklaration
[MGeistl] Erläuterung des Entwurfs für eine neue »Religions-Deklaration« für die Kurpfalz in der Staatskonferenz durch ihren Verfasser Zentner. Die Genehmigung wird vorerst nur vorbehaltlich der von Herzog Wilhelm verlangten Überprüfung auf die Vereinbarkeit mit den wittelsbachischen Hausverträgen und den Friedensverträgen von 1779 und 1648 erteilt44.
2. Der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Graff von Morawizky {2v} erstattete wegen der Religions Beschwehrden zwischen den Catholischen und Reformirten in Churpfalz mündlichen Vortrag und bat um höchste Erläübnüß, den Geheimen Referendär von Zentner in die Conferenz kommen laßen zu dörffen, damit er den gemeinschafftlich mit dem Departement der auswärtigen Geschäfften gefasten, auf vorher getroffene Vereinbahrung mit dem königlichen Preusischen Ministerio und den reformirten Deputirten sich gründenden Entwurf zu einer neuen Religions-Declaration für die Rheinpfalz verleßen und mit den nöthigen Erläüterungen begleiten könne. Auf erfolgte gnädigste Bewilligung hiezu verlaß benanter von Zentner diesen Entwurf und eine damit verbundene Declaration, welche beyde Stücke alsdann genau erwogen und geprüfet, dabey aber von Seiner Herzoglichen Durchleucht von Birkenfeld die Erinnerung gemacht wurde, daß, so sehr sie von dem Nuzen dieser neuen Normal-Verordnung überzeugt seyen und bereit wären, die Accessions Urkunde hiezu auszustellen, die Vorsicht dennoch erfordere, zuvor noch zu untersuchen, ob diese Verordnung denen pfalzbaierischen Hauß Verträgen nicht entgegen stehe, welche zu unterbrechen in keinem Falle räthlich seye. Wenn dahero Seine Churfürstliche Durchleucht gnädigst geruhen wollten, die Teschner und Westphälische Friedensacten näher einsehen zu laßen, so würde er inzwischen einen Entwurf der auszustellenden Urkunde entwerffen, und Seiner Churfürstlichen Durchleucht zur Bestättigung vorlegen, wo sohin der ganze Gegenstand in nähere Überlegung gezogen werden könte.
Mit Hinweglaßung des Lit. A. im zweyten Paragraphen wird diese Normal Verordnung und Declaration zwar genehmiget, doch sind vor deren Ausfertigung noch die Acten wegen dem Teschner und Westphälischen Frieden, dann die Hauß Verträge durch den churfürstlichen Minister der auswärtigen Geschäfften näher einzusehen, und {3r} der von Seiner Herzoglichen Durchleucht von Pfalz-Birkenfeld zugesicherte Entwurf einer Accessions Urkunde dieser Declaration abzuwarthen.
Nachdeme hierauf der Geheime Referendär von Zentner sich wegbegeben hatte, fuhr das Churfürstliche Geheime Ministerial Finanz-Departement in seinen Vorträgen fort.
[MF] 3. Der bisherige Hofkammerrat Kirschbaum hat die ihm zugewiesene Richterstelle in der Au anzunehmen; die von ihm erbetene Stelle als Landes-Direktionsrat könne ihm nicht verliehen werden.
4. Es wird zur Kenntnis genommen, daß der Fürst v. Brezenheim die geforderten Zessionsurkunden ausgestellt habe.
5. Erlaß der Reskripte wegen der bereits entschiedenen Fragen der Direktion der Hofmusik und der Freiplätze im Theater.
6. Genehmigung einer einmaligen Unterstützungszahlung für den Rhein-Zoll-Kontrolleur Heinrich Schweitzer, der sich wegen angeblich ausstehender Besoldung beklagt hatte.
7. Abweisung der Versorgungsforderungen des bergischen Oberstjägermeisters und Generalbuschinspektors Franz Freiherr v. Berghe gen. Trips zu Hemmersbach, zugunsten seines Sohnes und seiner Gemahlin.
[MA] 8. Bemühungen um die Genehmigung zur Einfuhr von Kupfer aus den österreichischen Erblanden wegen des Mangels an diesem Metall in Bayern.
9. Anforderung von Urkunden-Abschriften aus dem zweibrückischen Archiv von Archivar Bachmann, der sich noch in Ansbach befindet.
10. Vorbereitungen für die Übernahme des Staatsgefangenen Bettschardt aus österreichischem Gewahrsam in Braunau.
11. Gewährung eines Versorgungspostens für den Reitknecht Müller, der als Kurier beim Rastatter Kongress tätig gewesen war.
12. Die Entschädigungsforderungen des französischen Generals Laborde sollten zurückgewiesen werden.
13. Beratungen über Gestaltung der Uniformen der Angehörigen der Ministerien und Landeskollegien.
14. Neuorganisation der Justiz-Kollegien; Inkompatibilitätsvorschriften
[MJ] Vorentscheidungen im Hinblick auf die Neuorganisation der bayerischen Justizkollegien: Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in zwei Kollegien zugleich (außer beim Wechselgericht 2. Instanz); Unvereinbarkeit einer leitenden Funktion in einem Kollegium mit der Mitgliedschaft in der Landschaftsverordnung; Aufhebung der Trennung in Ritter- und Gelehrtenbank.
14. Auf den abgeleßenen Vortrag wegen Organisation der churfürstlichen Justiz Collegien in hierobigen Landen und voraus zu entscheidenden folgenden drey Fragen: 1. ob in Zukunft ein churfürstlicher Rath in zwey Collegien zugleich Dienste leisten, 2. ob ein Collegialvorstand zugleich als Verordneter in der Landschafft seyn könne, und 3. ob die Ritter- und Gelehrte Bänke noch ferner, so wie bisher, belaßen werden sollen, wurde der höchste Entschluß gefaßet,
daß hinfüro kein churfürstlicher Rath mehr in zwey Collegien zugleich, das Wechselgericht zweyter {5r} Instanz, welches einen Theil des Hofraths ausmachet, ausgenohmen, angestellet, auch in Zukunft bey sich ergebenden Fällen kein Landstand, der in der landschafftlichen Verordnung ist, zugleich eine churfürstliche Praesidenten, Vice Praesidenten oder Directorstelle begleiten solle. Die Ritter- und Gelehrte Bänke hören in den churfürstlichen Collegien ganz auf, und der Rang der Räthen wird ohne Unterschied nach dem Dienstalter bestimmet.
15. Begnadigung von Häftlingen der Zuchthäuser München und Burghausen.
16. Abweisung des Gesuchs von Christian August Graf v. Königsfeld, ihm die Würde eines Geheimen Rats zu verleihen.
17. Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung für die Frau Du Mousin aus gesundheitlichen Gründen.