BayHStA Staatsrat 158
6 Blätter. Unterschriften des Königs, des Kronprinzen und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph; Kronprinz Ludwig.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Geheime Räte: Graf v. Preysing; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Freiherr v. Stengel; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; Schenk; Freiherr v. Asbeck; Feuerbach.
Hypothekenrecht
Vortrag Feuerbachs über die Kapitel 5 bis 8 der Hypothekenordnung. Es geht dabei um das Verfahren bei Eintragung der Hypotheken, um die Eintragung des Besitztitels in das Hypothekenbuch, um die Wirkungen der Hypothek gegen dritte Besitzer sowie um das Erlöschen der Hypotheken. Insbesondere Finanzminister Hompesch, aber auch einige Geheime Räte üben Kritik an einzelnen Artikeln. Der König verfügt Detailkorrekturen.
{1v} 1. Nachdem Seine Majestaet der Koenig in die Zimmer des geheimen Rathes eingetreten waren, und Allerhöchstdieselbe, Seine Königliche Hoheit der Kronprinz, die königliche Minister und die wirkliche geheime Räthe ihre Pläze eingenommen hatten, eröfnete der königliche wirkliche geheime Rath von Feuerbach die heutige Sizung durch Ablesung des 5ten Capitels „von dem Verfahren bei Eintragung der Hypotheken“ bei welchem in der lezten Sizung stehen geblieben wurde1033.
Geheimer Rath von Feuerbach bemerkte zuerst, daß die bis jezt vorgetragene Capitel von dem Titel zu Erwerbung der Hypotheken gehandelt, und die nun folgende die Formen bestimmten, nach welchen das erlangte Recht zu einer Hypothek gültig gemacht werden müßte. Derselbe führte die Grundsäze an, nach welchen die Gesezkommißion diese beurtheilt und entworfen habe {2r} und las von dem 5ten Capitel die Art. 2264 bis 2273 inclus. ab1034. Von dem geheimen Staats und Konferenz Minister Freiherrn von Hompesch wurde Seiner Majestaet dem Koenige gegen den Ausdruck im ersten Capitel 2264 Hypothekenbuch Führer wiederholt Erinnerungen gemacht1035, und gezeigt, daß dieser Name nach den in den früheren Sizungen geäußerten Bedenken nicht belaßen, sondern dafür gesetzt werden müsse [„]Geschieht bei demjenigen Gerichte etc.[“] indeme sonst die Person eines solch bestehenden eigenen Buchführers ausgesprochen und alle Nachtheile wegen der Verantwortlichkeit des Staates für die Handlungen eines solch aufgestellten neuen Dieners, und die neue bedeutende Ausgabe für die Staatskasse zugegeben sein würde.
Auf diese Bemerkung des Freiherrn von Hompesch und auf mehrere Erinnerungen verschiedener anderer Mitglieder des geheimen Rathes über die folgende Art. dieses Kapitels {2v} äußerte geheimer Rath von Feuerbach seine Ansichten und Gegengründe, und nachdem diese verschiedene Meinungen gegen einander angegeben, ausgeführt und diskutirt waren
geruheten Seine Majestaet der Koenig wegen den abgelesenen Art. 2264 bis 2273 des 5ten Kapitels folgende Bestimmungen zu geben.
In dem Art. 2264 solle die Benennung Hypothekenführer umgangen, und dafür in diesem, in allen vorhergehenden und folgenden gesezt werden, Hypothekenamt.
In dem Art. 2265 statt zwei Monate gesezt werden vierzehen Tage vor ausgebrochenem Konkurse etc.1036.
Der Nrus 2 des Art. 2267 solle auf folgende Art gefaßt werden: „2. der Name, Vorname Stand und Wohnsiz der Person auf deren Güther die Eintragung geschehen soll“1037.
Der Nrus 5 des nämlichen Art. solle abgeändert werden wie folgt: „5. Die genaue Angabe des Art und Lage der Güther auf welche die Eintragung verlangt wird.“ {3r} Der Beisaz zu diesem No lezteres ist jedoch nicht nöthig etc. solle ganz ausgelaßen werden1038.
In dem Art. 2270 solle der Nrus 2 auf die nämliche Art wie in dem Art. 2267 der Nummer 2 abgeändert und ein eigener Nummer 5 mit der Bestimmung wie der Nummer des Art. 2267 zugefügt werden.
Geheimer Rath von Feuerbach legte Seiner Majestaet dem Koenige mehrere Erläuterungen über das 6te Capitel Von der Eintragung des Besiz Titels in das Hypotheken Buch vor, und begleitete die Art. dieses Kapitels No 2274 bis 2281 inclus. die er ablas, mit den nöthigen Bemerkungen, die er hinzuzufügen für nöthig glaubte, um das aufgestellte Sistem der Hypothekar Geseze ganz zu erschöpfen und dessen Einwirkung in die Faßung dieser Artikel auseinander zu sezen.
Bei den über diese Kapitel eingetretenen Berathschlagungen äußerte der königliche geheime Staats und Konferenz Minister {3v} Freiherr von Hompesch, daß er mit dieser abgelesenen Faßung des Art. 22741039 und Art. 22781040 mit seinen Unterabtheilungen sich nie vereinigen könne, indem er rüksichtlich der lezteren Bestimmungen das Hypotheken Amt als eine stumme Person, die nichts von Amtswegen zu thun, nichts zu beurtheilen sondern nur dasjenige in das Hypothekenbuch unter den vorgeschriebenen Formen aufzunehmen habe, was ihr vorgelegt werde. Der Referent selbst habe diese Ansicht von dem Hypotheken Amte als richtig angenommen, und nun enthalte der Art. 2278 und seine Unterabtheilungen Vorschriften, die diesem Saze geradezu widersprechen und tief in die Privatverhältniße eines jeden Staatsbürgers eingreifen. Die Pupillen und Ehefrauen seien durch den Familien Rath, den Nebenvormünder, und andere Einrichtungen gedekt, und jede Handlung des Hypotheken Amtes ex officio scheine ihm bedenklich, weil sie den Kredit eines beträchtlichen Theiles der Unterthanen {4r} niederschlagen und die Hypotheken Anstalt rüksichtlich ihrer zuvielen Förmlichkeiten gehäßig machen müßte.
Bei dem Art. 2274 finde er die Stelle, worauf eine Hypothek bestellt werden kann, bedenklich, weil dieses einen Zwang mit sich vereinige, daß alle Gutseigenthümer, auch wenn sie keine Hypothek auf ihr Eigenthum aufnehmen wollten ihre Güther und Realitäten einschreiben laßen müßten woraus ein neues und drittes Cataster des Königreichs entstünde, welches er für unnöthig und überflüßig halte. Um den Ankunftstitel einer Realität zu beweisen, seie ein gerichtliches Zeugniß allein erforderlich, welches bei dem Gerichte zu erholen und mit dem Hypotheken Buch nicht zu vereinigen sein mögte.
Mehrere der königlichen geheimen Räthe theilten diese Ansicht des Freiherrn von Hompesch und stimmten auf die Weglaßung des Art. 2278 mit seinen Abtheilungen und auf eine nähere Erklärung des Art. 2274, damit nicht der {
Der königliche wirkliche geheime Rath von Feuerbach erwiederte auf diese Erinnerungen Folgendes: Die Hypotheken Ordnung werde bestimmen, welche Hypotheken eingetragen werden müßten, und gegenwärtig scheine ihm diese Frage noch nicht zur Discußion geeignet. Er glaube selbst, daß jeder Besizer um seiner eigenen Sicherheit wegen seinen Besitz eines Guthes oder Realität werde eintragen laßen, allein, da dieses mit kurzen Worten geschehe so könne er hierin keinen Nachtheil finden, jedoch wäre dieses, daß es nur mit kurzen Worten geschehen müße, in dem Art. 2275 näher zu bezeichnen.
Der Art. 2278 mit seinen Abtheilungen seie eine Folge des schon vorgetragenen und genehmigten Art. 22401041, auf den Herrn von Feuerbach zurükkam und den er wiederholt ablas und seie von der größten Nothwendigkeit, um das {5r} Eigenthum der Pupillen und Ehefrauen zu sichern. Wenn die allerhöchste Entscheidung für Weglassung dieses Art. ausfalle, so falle ein Haupttheil des ganzen Sistems, nach welchem der baierische Civil Codex bearbeitet, indem die Ehefrau durchgängig als minderjährig behandelt, und keinen anderen Schuz für ihr Vermögen gegen ihren Ehemann habe, als den ihr der Staat durch diese Geseze gebe. Daß das Vermögen der Pupillen von dem Staate gesichert werden müßte, bedürfe wohl keiner weiteren Ausführung.
Geheimer Rath von Feuerbach äußerte sich nochmal über den Zwek der Hypotheken Ordnung, und führte mehrere Gründe an, aus welchen die Beibehaltung der Art. 2240 und 2278 nothwendig wird.
Die Discußionen über diese verschiedene Ansichten wurden fortgesezt, und der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas äußerte seine Meinung hierüber, und sezte die Nothwendigkeit auseinander, {5v} daß wenn diese Art. ausgelassen werden sollten, es auch unausweichlich sei, die Capitel der früheren Titel, worin die Minderjährigkeit der Ehefrauen ausgesprochen, nochmal zu durchgehen und abzuändern, indeme eins in das andere eingreife, und es bedenklich sein würde, eines ohne das andere zu belaßen.
Seine Majestaet der Koenig haben nach Erwägung der über das vorgetragene 6te Capitel geäußerten Meinungen Ihrer Minister und geheimen Räthe Folgendes zu verordnen geruhet:
In dem Art. 2274 solle am Ende gesezt werden: „und seinen Namen nebst der Angabe des Erwerbtitels auf das Gut eintragen zu lassen“.
Der Nummer 4 des Art. 2278 solle wie in den früheren Kapitel gefaßt werden nämlich: „No 4 die genaue Angabe der Art und Lage des Guthes oder der Güther, deren Besiz verändert ist“.
Geheimer Rath von Feuerbach sezte hierauf seinen Vortrag fort, und las das 7te Capitel Von den Wirkungen der Hypotheken gegen {6r} dritte Besizer, das 8te Capitel Von Erlöschung der Hypotheken und die solche bildende Art. 2282 bis 2300 inclus. vor und fügte diesem Vortrage seine Bemerkungen und Gründe bei.
Über diese abgelesene Artikel wurden von den königlichen Minister und geheimen Räthe mehrere Erinnerungen gemacht, und vorzüglich gezeigt, daß der Art. 22971042 eine andere Faßung erhalten müße, weil ein Hypotheken Schein auch einem Besizer entwendet werden könnte und es unbillig sein würde, hieraus eine stillschweigende Entsagung ziehen zu wollen.
Seine Majestaet der Koenig haben über diese vorgetragene Art. folgenden Beschluß gefaßt:
Der Schluß des Art. 2297 solle auf folgende Art geändert werden: „auf dessen Guth die Hypothek haftet, begründet die Vermuthung einer stillschweigenden Entsagung“.
Seine Königliche Majestaet haben befohlen, {6v} daß die heutige Sizung mit dem achten Capitel beendiget, und in der nächsten Sizung mit den folgenden Capitel fortgefahren werden solle1043.
Genehmigung der Entschließungen durch den König.
Anmerkungen
Entwurfsfassung EABG, Art. 2267 (S. 688): „Diese Urkunde muß mit zwei gleichlautenden Beischreiben begleitet seyn, wovon das eine auf die Haupturkunde selbst geschrieben seyn darf, und welche enthalten müßen: […] 2. die genaue Bezeichnung der Person, auf deren Güter die Eintragung geschehen soll […]“.
Entwurfsfassung EABG, Art. 2267 (S. 688): „[…] 5. die genaue Bezeichnung der Güter, auf welche die Eintragung verlangt wird. Letzteres ist jedoch nicht nöthig bei gerichtlichen und bei gesetzlichen allgemeinen Hypotheken, welche nicht vertragsmäßig auf bestimmte Immobilien eingeschränkt sind. Der Hypothekenbuchführer ist durch den Rechtstitel allein verpflichtet, die Eintragung auf alle in seinem Bezirk liegende Güter des Schuldners von Amtswegen zu besorgen.“
Entwurfsfassung EABG, Art. 2274 (S. 689): „Verbindlichkeit zur Eintragung des Besitztitels überhaupt. Jeder, welcher das Eigenthum an einer unbeweglichen Sache, oder anderes Realrecht, worauf eine Hypothek bestellt werden kann, erworben hat, ist bei Vermeidung der nachher bestimmten Nachtheile schuldig, seinen Titel dem Hypothekenbuchführer vorzulegen, und seinen Namen nebst dem Erwerbtitel auf das Gut eintragen zu lassen.“
Entwurfsfassung EABG, Art. 2278 (S. 690): „Form der Eintragung. Mit der Urkunde, worauf die Eintragung nachgesucht wird, müßen dem Hypothekenbuchführer zwei gleichlautende Beischreiben übergeben werden, welche enthalten müßen: 1. Namen, Vornamen, Stand und Wohnsitz des neuen Erwerbers; 2. die Bemerkung, ob und wessen Vormund, und ob und an wen er verheurathet ist oder nicht, und wenn er verheurathet ist, ob er Güter seiner Frau verwaltet, oder ob dieselbe sonst an ihn als Ehegatten einen schon begründeteten oder eventuelen Anspruch hat oder nicht? 3. Namen, Vornamen, Stand und Wohnsitz des vorigen Besitzers; 4. die genaue Bezeichnung des Gutes oder der Güter, deren Besitz verändert ist; 5. das Datum und die Beschaffenheit des Titels, worauf die neue Erwerbung gegründet ist.
Entwurfsfassung EABG, Art. 2240 (S. 683): „Die Eintragung der Hypothek der Minderjährigen, Interdicirten und Ehefrauen ist von Amtswegen zu bewirken verbunden der Vorstand des Familienraths, in welchem der Vormund ernannt, oder bestättiget worden, der Richter, welcher den Ehekontract aufgenommen, mittelst welcher die Frau ihrem Manne Güter zugebracht hat. Was die von dem Vormunde oder Ehemanne später erworbenen Güter betrifft, so ist der Hypothekenbuchführer, bei welchem die Ueberschreibung des Besitztitels nachgeprüft wird, von Amtswegen verpflichtet, den Pflegbefohlenen und die Ehefrau mit ihrer Hypothek auf die neu erworbenen Güter einzutragen.“
EABG, Art. 2298 (S. 693f.): „Von der gerichtlichen Versteigerung des Gutes. Der unfreiwillige gerichtliche Verkauf des unbeweglichen Gutes, nach ausgebrochenem allgemeinen Konkurse über das Vermögen des Schuldners, tilgt alle auf dem Grundstücke liegenden Hypotheken. Ist außer einem allgemeinen Konkurse auf Andringen einzelner Hypothekgläubiger das Gut versteigert worden, und zwar auf Andringen oder unter Mitwirkung des vorgehenden Hypothekgläubigers, so geht das Grundstück frei von allen Hypotheken auf den neuen Erwerber über. Die nachgehenden hypothekarischen Gläubiger haben bloß ein Recht auf den Ueberschuß des Erlöses, welcher nach Befriedigung der vorgehenden übrig geblieben ist. Ist aber die Veräußerung bloß auf Andringen eines nachgehenden Gläubigers, ohne gehörige Vorladung aller eingetragenen vorgehenden Gläubiger, oder wider deren Willen geschehen, so bleibt die Hypothek der zuletzt gedachten Gläubiger in Kraft, und geht auf den neuen Erwerber über.“