BayHStA Staatsrat 256

15 Blätter. Unterschriften des Königs, des Kronprinzen und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Kronprinz Ludwig.

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.

Beiträge zu den Gemeindeumlagen

Asbeck beginnt einen Vortrag, der ihn an drei Sitzungstagen beschäftigen wird. Es geht um die Umlagen zur Deckung des kommunalen Finanzbedarfs. Auslöser der Arbeiten an einer einschlägigen Verordnung war der Befehl des Königs vom 11. November 1811 an den Geheimen Rat, den Gegenstand in den Sektionen des Inneren und der Finanzen vorzubereiten und abschließend im Plenum zu beraten. In Erfüllung des Auftrags beginnt Asbeck, den Entwurf zu verlesen. Diskussionen entstehen insbesondere bei folgenden Gegenständen: Volksschule, Straßenbeleuchtung, Land- und Tierärzte sowie Straßenbau. Dabei wird auch die Grundsatzfrage berührt, was Staatsaufgabe ist und was der Gestaltung durch den Bürger (das Gemeindemitglied) zu überlassen ist.

{1r} Seine Königliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelche bei Verhinderung Seiner Majestät des Königs in der auf heute angeordneten geheimen Raths {1v} Versammlung den Vorsiz führten, riefen den geheimen Rath Freiherrn von Asbek auf, den bearbeiteten Vortrag wegen den Umlagen für die Bedürfniße der Gemeinden zu erstatten1234.

Diesem höchsten Auftrage genügend äußerten geheimer Rath Freiherr von Asbek, daß Seine Majestät der König mittels allerhöchsten Reskripts vom 16ten November vorigen Jahres den geheimen Rath aufgefordert, diesen wichtigen Gegenstand der Konkurrenzen zu den Bedürfnißen der Gemeinden in baldige reife Erwägung zu nehmen, und das Resultat derselben Ihrer allerhöchsten Entscheidung zu unterstellen. So seie dieser Gegenstand in mehreren gemeinschaftlichen Sizungen der Sekzionen des Innern und der Finanzen geprüft worden, und seie nunmehr so vorbereitet, daß er dem geheimen Rathe zu Faßung seines allerunterthänigsten Antrages an Seine Majestät den König vorgelegt werden könne.

In der Voraussezung, daß alle Mitglieder des geheimen Rathes den lytographirten und vertheilten zweiten Vortrag *Beilage I* [Marginalie] des Referenten der Polizei-Section bereits durchlesen1235, glaubten Sie mit Ablesung des Entwurfes der Verordnung selbsten, dem Sie als Referent des geheimen Rathes da, wo Sie etwas zu erinnern gefunden, Ihre Bemerkungen mit Gründen beigesezt, angefangen, und jedem Artikel die Ansichten der vereinigten Sekzionen aus dem Protokoll beigefügt werden könnten [!].

{2r} Über diesen Gang des Vortrages erwarteten Sie die höchste Aeußerung.

Da Seine königliche Hoheit der Kronprinz und der geheime Rath diesem Vorschlage beistimmten, so lasen geheimer Rath Freiherr von Asbek aus Ihrem lytographirten Vortrage *Beilage II* [Marginalie] Ihre Bemerkungen über den 1ten Titel des Entwurfes Allgemeine Bestimmungen über die Gemeinde Umlagen und folgende Artikel ab.

Artikel 11236.

Die von den vereinigten Sekzionen wegen diesem Artikel gemachte Erinnerungen wurden abgelesen, und in Folge der von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen hierüber verfügten Umfrage zwar

angenommen, allein auf eine weitere Bemerkung des geheimen Rath von Zentner, daß wenn der in Antrag gebrachte neue Artikel wegen den Dominicalisten1237 die Beistimmung des geheimen Rathes erhalte, die Faßung des Artikel nicht so bleiben könne, weil die Dominicalisten nicht darunter begriffen, worauf Sie den geheimen Rath vorläufig aufmerksam machen wollten, wurde beschloßen, diesen Artikel noch ausgesezt zu laßen, bis über die Annahme oder Nichtannahme des neuen Artikel wegen den Dominicalisten von dem geheimen Rathe entschieden sein werde.

Artikel 2.

Die von den Sekzionen vorgeschlagene Aenderungen wurden in Folge verfügter Umfrage

von dem geheimen Rathe angenommen und deßwegen in dem ersten Saze statt nur Lasten gesezet {2v} „nur Leistungen“, nach oder auf gemeinschaftliche Vortheile wurde beigesezt „oder Lasten“ und das Wort oder vor auf gemeinschaftliche Vortheile ausgelaßen.

Im zweiten Saze wurde statt solche Lasten gesezet „solche Bürden“ und statt nicht aufgebürdet „nicht aufgeladen“.

Artikel 3, 4, 5 und 6.

Gegen diese vier Artikel hätten die vereinigte Sekzionen nichts erinnert.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg bemerkten gegen die Artikel 4 und 5, daß Sie die besondere Sammlungen für die Gemeinde Bedürfniße in dem vorliegenden Edicte ganz auslaßen würden, indeme dadurch zu großen Mißbräuchen die Thüre geöfnet werde, und da derlei Sammlungen unter dem Vorwande der dringenden Hülfe fast immer ausarteten, und eine neue Last auf die Gemeinde wälzten, so würden Sie dieselbe nie gestatten.

Wegen dem Artikel 5 erbaten Sie sich Aufklärung, was unter den Ehehafts-Reichnißen eigentlich verstanden werde, denn seien dieselbe den Gemeinden nachtheilig, so könnten dieselbe eben so wie die besondere Sammlungen den Gemeinden neue Lasten auflegen.

Auf die gemachte Gegenbemerkung, daß derlei besondere Sammlungen in Fällen augenbliklichen Bedürfnißes für den Verunglükten sehr wohlthätig und zwekmäsig sein könnten, {3r} z. B. bei einem abgebrannten Handwerks-Manne oder Fabrikanten rüksichtlich der Mobiliarschaft, wofür er aus der Brand-Aßekuranz keine Entschädigung erhalte, die Beiträge hiebei immer freiwillig blieben, und derlei Sammlungen nur mit obrigkeitlicher Bewilligung und unter ihrer Aufsicht veranstaltet werden dürften, so wie auf die gegebene Erläuterung über die Ehehafts-Reichniße, und daß solche nur an Baader und Schmiede in den Gemeinden gegeben würden, und für die Gemeinds-Glieder wegen den wohlfeilen Preißen, wofür sie rasiret und ihre Pferde beschlagen würden, sehr vortheilhaft seien, nahmen Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg Ihre ad Artikel 5 gemachte Bemerkung zurük, und in Folge der von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen hierüber verfügten Umfrage

wurden die Art 3, 4, 5 und 6 nach dem Vorschlage des Referenten von dem königlichen geheimen Rathe angenommen.

Titel II. Von den einzelnen Gattungen und Arten der Umlagen.

Artikel 7. Dieser Artikel, dem die vereinigten Sekzionen nichts beizufügen gefunden

wurde von dem königlichen geheimen Rathe angenommen.

Artikel 8. Dieser Artikel und die denselben bildende Nummern unterlagen {3v} schon in den Sekzionen mehreren wichtigen Erinnerungen, die aus dem Protokoll abgelesen wurden, auch fanden geheimer Rath Freiherr von Asbek nothwendig zu bemerken, daß Sie die Nummern dieses Artikel anders als der Referent der Polizei-Sekzion, und wie Sie glaubten, sistematischer gesezet, wesentlicher aber noch als diese Abänderungen, schienen Ihnen die Abänderungen, die Sie in den Nummern 2, 3, 5 und 6 vorgeschlagen, und wozu Sie Ihre Gründe vorlegten.

Von der Wichtigkeit der in diesen Nummern des Artikel 8 gegebenen Bestimmungen geleitet, verfügten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz über jeden einzelnen Nummer die Umfrage, und riefen die Mitglieder auf, über jeden dieser Nummern Ihre Ansichten zu äußern.

Der Nummer 1

wurde ohne Erinnerung angenommen.

Dem Nummer 2, nach dem Vorschlage des geheimen Raths-Referenten nun Nummer 4, wurden die Erinnerungen der Sekzionen und die Ansicht des Referenten beigefügt.

Da geheimer Rath von Zentner die Faßung des Sekzions Protokolles nicht für erschöpfend erklärten, und Sie vorzüglich gegen die Auslaßung der Schullehrer, Seminarien und des Schulgeldes der Armen Kinder aus den Konkurrenzen gesprochen, soferne lezteres nicht aus dem Lokal-Armen-Fond bestritten werden könnten, so äußerten Dieselbe, die Angabe des Referenten, daß für die Schulen hinlänglich gesorgt, seie nicht ganz richtig, denn dieses {4r} könnte blos von den lateinischen Schulen gesezt werden, für die Volks-Schulen aber existirten fast nirgends Fonds, und wenn man dieses für die Nazional-Bildung so wichtige Institut nicht ganz zerstören wolle, so müßte hiefür auf dem Wege der Konkurrenz gesorgt werden, da die Staats-Kaße nicht mehr als die 300.000 fl. hiezu beitragen zu können sich wiederholt und bestimmt erklärt, obschon nach dem Reichs-Deputazions Abschluße das Vermögen der aufgehobenen Abteyen und Klöster ausdrüklich hiezu bestimmt worden1238.

Noch seie es nicht möglich gewesen, vollständige Etats über das zu erhalten, was als Fond der örtlichen Stiftungen in den verschiedenen Theilen des Reiches für die Schulen vorhanden, allein, so viel könne man aussprechen, daß für die Volks-Schulen, deren Zwek am gemeinnüzigsten seie, wenig oder gar nichts sich herauswerfen werde.

Bis jezt würden dieselben unterhalten theils aus freiwilligen Beiträgen theils aus dem Aversum des Staats-Aerars. Ob hierauf aus den Überschüßen des Kirchen Vermögens noch etwas verwendet werden könne oder nicht, seie man zu beurtheilen außer Stande, da hierüber noch alle Notizen mangelten.

Unverkennbar bleibe es aber, daß die Dotazion für die Schulen, welche unter ganz andern Verhältnißen, zu andern Zeiten, und bei einem nicht so bedeutenden Territorial-Umfange des Reiches festgesezt worden, gegenwärtig nach den erweiterten Bedürfnißen {4v} nicht mehr hinreiche, und daß auf irgend einer Seite etwas geschehen müße, um den nöthigen Fond für die Volks-Schulen auszumitteln, wenn dieser so wichtige Zweig nicht ganz in sein Nichts zurückfallen solle. Dieses seie um so dringender, als das Finanz Ministerium sich erkläret, die dafür gewidmeten Fonds in den neuen Gebiets-Theilen des Reichs, welche daßelbe dem Schulfond überlaßen, nur für dieses Jahr fortbezalen zu können, welche Verfügung, wenn sie ausgeführt werden sollte, den Schulfond in dem nächsten Jahre bei seinen vermehrten großen Ausgaben in die drükendste Verlegenheit bringen müßte, wenn nicht auf andere Art gesorgt würde.

Den weiteren von dem Referenten angeführten Saz: daß der Staat für die Schulen alles thun müße, könnten Sie ebenfalls nicht annehmen. Der Staat thue genug, wenn er die größere Anstalten für die Bildung der Nazion dotire und erhalte, allein so wie dem Staate so müße auch jedem Vater daran liegen, seinem Kinde die ihme nothwendige Bildung zu verschaffen, und so viel aus seinem eigenen Vermögen oder Verdienste darauf verwenden, als er nach seinen Verhältnißen im Stande, um sein Kind zu einem nüzlichen Glied des Staates zu machen. Diese vorzügliche Rüksicht und die Unmöglichkeit, daß der Staat, ohne auf seine Unterthanen größere Lasten zu legen, alles was die Schulanstalten im Allgemeinen erforderten, zu bestreiten, rechtfertige Ihrer inneren Überzeugung nach die Aufnahme dieser Kösten {5r} unter die Konkurrenz-Gegenstände der Gemeinden, ohne anzuführen, daß es etwas Populäres und Geeignetes an sich habe, wenn der Vater für die Bildung seines Kindes etwas Mäsiges beitrage.

Die Sektionen hätten durch diese Ansichten geleitet, die Lehrer und Schulgehülfen in die Konkurrenzen aufgenommen, allein noch seien zwei wichtige Rubriken umgangen worden, die Sie nur zum größten Nachtheile der Nazional-Bildung in den Konkurrenzen vermißen würden. Diese seien 1) die Schullehrer Seminarien, 2) das Schulgeld für die Armen-Kinder. Die Einrichtung einer hinreichenden Anzal von Seminarien zu Bildung der Volkslehrer spreche sich nach allen Verhältnißen nicht nur als sehr nüzlich, sondern auch selbst als nothwendig aus, und ihre unumgängliche Errichtung seie auch bereits von dem Ministerium des Innern anerkannt.

Folgendes Bedürfniß seie in dem darüber eingereichten Plane für diese Anstalt angesezt, welches, wenn die Staats-Kaße es nicht übernehme, dermal nicht anders als durch Konkurrenzen gedekt werden könnte, da man von den übrigen hiezu allenfalls verwendet werdenden Fonds noch keine vollständige Kenntniß habe. A) Die Zahl der Präparanden, die jährlich in die 5 Schullehrer Seminarien aufzunehmen wären, ist auf 100, und da sie zwei Jahre in dem Seminar zu bleiben haben, der Unterhalts Bedarf auf 200 derselben {5v} berechnet. B) Von diesen 200 Präparanden soll 1) die eine Hälfte ganz frei, 2) die andere Hälfte nur zur Hälfte des Kost-Geldes frei unterhalten werden. C) Das Kostgeld auf 1 Präparanden für 11 Monate ist zu 150 fl. berechnet. D) Darnach ergiebt sich nach einer gleichmäsigen Vertheilung auf 5 Seminarien folgende Kosten Exigenz:

Für 20 ganz frei Pläze 3.000 fl.

Für 20 halbfreie Pläze 1.500 fl.

4.500 fl.

E) Die Exigenz von 4.500 fl. wäre nur bei dem Isar-Kreise, welcher allein ein Schullehrer Seminar für sich erhalte, ganz auf die Konkurrenz des Kreises zu übernehmen, bei den übrigen Kreisen, deren je zwei zusammen 1 gemeinschaftliches Schullehrer Seminar erhalten, käme nur die Hälfte mit 2.250 fl. auf die Kreis Konkurrenz Kaße.

Rüksichtlich des Schulgeldes für die Armen Kinder entstehe die Frage, wer dieses zale, wenn kein Lokal-Armen-Fond in einer Gemeinde bestehe, und wenn solches nicht in die Konkurrenzen gelegt werde. Sie glaubten, daß kein Gegenstand so sehr wie dieser zur Konkurrenz sich eigne, da das Intereße der Gemeinden selbst erfordere, armen unglüklichen Kindern den ihnen nothwendigen Grad von Bildung zu geben {6r} daß sie sich mit der Zeit selbst ernähren könnten, und den Gemeinden nicht zu Last fielen.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz verfügten über den Nummer 2 respec. den Nummer 4 des Artikel 8 und die von dem geheimen Rathe von Zentner entwikelte Ansichten die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas bemerkten, daß über den Zustand des Stiftungs-Vermögens im Reiche bei mehreren Gelegenheiten viel gestritten, und manche Ansichten entwikelt worden, welche noch nicht hätten berichtiget werden können, da die Etats und eine vollständige Übersicht noch nicht hergestellt, und die General-Administrazion der Stiftungen so wie die neue Stiftungs Organisazion durch die seit mehreren Jahren aufeinander gefolgten Kriege, durch die dadurch veranlaßte Veränderungen im Territorial-Umfange des Reichs, hauptsächlich aber durch die Unbrauchbarkeit der Stiftungs Beamten und die ungeheuere Verwirrung in dem Stiftungs-Rechnungs-Wesen bis jezt hieran gehindert worden.

Die Hauptabsicht des Ministeriums des Innern, um diese Hinderniße, welche nach eingetretener Ruhe noch fortbestanden, zu entfernen, seie, den Rechnungsfuß bei den Stiftungs-Fuß bei den Stiftungs Administrazionen zu simplifiziren [!], und das ganze Geschäft auf die drei Hauptzweke, Wohlthätigkeit, Kultus und Unterricht {6v} zu reduziren. Die strengsten Befehle hiezu seien gegeben, und man müße nun erwarten, wann und in welcher Zeit diese Aufgabe gelöset werden könne.

Inzwischen seien die nöthigen Aufschlüße verlangt, um zu wißen, wie das ganze Geschäft stehe, und so viel könne man im Voraus annehmen, daß keine Ursache vorhanden, um den Muth hiebei sinken zu laßen, indeme die Fonds der Stiftungen zum größten Theile die angegebene drei Hauptzweke deken würden, nur werde immer der Theil des Unterrichtes der schwächste dotiret sein, da dieser ohngefähr den 6ten Theil des Ganzen betrage.

Über die weitere Frage: ob der Staat oder die Privaten schuldig seien, die Kösten des Unterrichtes zu tragen, seie ebenfalls schon viel gestritten worden, und so viel der erste Saz: daß der Staat hiefür sorgen müße, theoretisch Richtiges an sich habe, so müßten hiebei dennoch die Kräften des Staates und der Umfang der Bedürfniße für diesen Unterricht berüksichtiget werden, denn die praktische Bemerkung dürfe man bei allen diesen Anstalten, die sehr schön seien, wenn die Mittel dazu vorhanden, nicht aus den Augen verlieren, daß man darauf sehen müße, was der Staat leisten, was der Unterthan tragen könne? und daß, wenn auch der Staat noch so großmüthig in Dotirung dieser Anstalten sich zeige, dieses doch immer auf den Unterthanen zurükfallen {7r} und von ihm neue Auflagen erholet würden, so ferne nicht durch besondere Stiftungen hiefür gesorget. Sich nicht zu übereilen, und in Errichtung derlei Anstalten nach und nach fortzugehen, seie das Nothwendigste für eine Regierung. Wer alles auf einmal machen wolle, leiste gewöhnlich nichts.

Sie vereinigten sich daher mit den Ansichten der vereinigten Sekzionen über diesen Nummer des Artikel 8, glaubten aber auch, daß die zwei vom geheimen Rathe von Zentner vorgeschlagene Rubriken ebenfalls aufzunehmen wären, da es dem Ermeßen und der Beurtheilung des Ministeriums des Innern immer überlaßen bleiben müße, von den durch die Konkurrenz erhoben werdenden Summen diejenige Auslagen vorzüglich bestreiten zu laßen, welche als die dringendsten beurtheilet würden.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg giengen in Ihrer Abstimmung von der Ansicht aus, daß Alles, was der Unterthan auf dem Wege der Konkurrenz zu diesen Zweken leisten müße, nur subsidiarisch seie, und nur dann hiefür erhoben und nach dem Ermeßen des Ministeriums des Innern verwendet werden dürfe, wenn nicht durch besondere Stiftungen die Kösten dieser Anstalten, deren Gemeinnüzigkeit anerkannt, bestritten werden könnten.

Da nun die nähere Übersicht der für den Unterricht bestehenden Stiftungen aus den angegebenen {7v} Gründen noch nicht vorgelegt werden könne, und folglich ein richtiger Anhalts Punkt fehle, um den Gegenstand dermal schon ganz zu erschöpfen, da der Staat für den Unterricht mehr zu leisten, nach den Aeußerungen des Finanz Ministeriums nicht im Stande, und Alles das was er mehr leisten würde, nach der sehr richtigen Bemerkung des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz wieder auf den Unterthanen umgelegt werden müßte, so vereinigten Sie sich um so mehr mit der Faßung dieses Nummer des Artikel 8, so die Sekzionen vorgeschlagen, und mit Aufnahme der zwei weiteren Ru­briken, so geheimer Rath von Zentner in Vorschlag gebracht, als für die Volks-Schulen und Lehrer gesorgt werden müße, und sich diese Ausgaben mehr als irgend eine andere zur Konkurrenz der Gemeinden eigneten, vorausgesezt, daß keine Partikular-Stiftungen hiezu vorhanden oder nicht hinreichten, und der Staat alles geleistet, was er leisten könne.

Zu wünschen wäre übrigens, daß die Kreis-Deputazionen bei Bestimmung dieser Konkurrenz Gegenständen vernommen werden könnten, wodurch vielleicht mehr für diesen wichtigen Theil der Nazional-Bildung erreicht würde, als nun neben den übrigen dringenden Ausgaben von dem erhoben werdenden 1/6 sich hierauf werde verwenden laßen.

Die geheimen Räthe verstanden sich in Ihren Abstimmungen {8r} ebenfalls zu Faßung dieses Nummer des Artikel 8 nach dem Vorschlage der Sekzionen, und zu Aufnahme der von dem geheimen Rath von Zentner angegebenen zwei weiteren Rubriken, vorausgesezt, daß der 6te Theil der jährlichen Hauß- Grund- und Gewerbe-Steuern zu Dekung dieser nebst den übrigen Ausgaben hinreiche, und nur immer subsidiarisch bleibe.

Übereinstimmend mit diesen Aeußerungen

wurde beschloßen, den Nummer 2 des Artikel 8, nach der Eintheilung des geheimen Raths-Referenten No 4 auf die von den Sekzionen vorgeschlagene Art zu faßen, und demselben nach Lehrer, Schulgehülfen beizusezen „und Präparanden in den Schullehrer Seminarien“ auch solle in diesem Artikel noch aufgenommen werden „das Schulgeld für Armen-Kinder, so ferne daßelbe nicht aus dem Lokal-Armen-Fonde bestritten werden kann“.

No 3 des Artikel 8, der bei dem geheimen Raths Referenten auch No 3 bleibe.

Geheimer Rath Freiherr von Asbek legten die Abänderungen vor, welche Sie gegen den Antrag des Polizei Referenten in diesem Nummer getroffen, und gaben die Gründe hiezu an.

Die Meinung der vereinigten Sekzionen hierüber wurde abgelesen, und geäußert, daß Sie mit den Abänderungen des Referenten verstanden.

Seine Königliche Hoheit der {8v} Kronprinz verfügten über diese geänderte Faßung des Nummer 3 die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas erklärten sich um so mehr mit der von den Sekzionen angenommenen Faßung des No 3 verstanden, als jene, so der Polizei Referent vorgeschlagen, sehr vieles Aufsehen machen, und sehr wenig praktischen Nuzen gewähren würde, und der Fall noch nicht eingetreten, wo eine Gemeinde, Pfarreien oder Curatien dotiret habe. In Beziehung auf die Erbauung neuer Kirchen und Pfarrhäußer bestehe eine Verordnung vom 4ten Oktober 1770, welche auf die ganze Monarchie ausgedehnt worden, und nach dieser seie es den Gemeinden überlaßen, in wie weit sie freiwillig dazu beitragen wollten1239.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten sich ohne alles Bedenken für Annahme der von den Sekzionen vorgeschlagenen Faßung des Nummer 3, da die bestehende Dotazionen für Pfarreien und Curatien hinreichen würden, und die Patronen und Dezimatoren, wenn auch irgend eine Veränderung rüksichtlich der Zehenden, oder sonsten eintreten sollte, hiefür haften müßten.

Alle geheimen Räthe vereinigten sich mit der von den Sekzionen angenommenen Faßung, und geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco legten den Wunsch vor, daß rüksichtlich {9r} der protestantischen ausgedienten Pfarrer und ihrer Hinterlaßenen etwas geschehen mögte, weil der protestantische Kultus nicht so reich wie der katholische dotiret seie, und ausgediente protestantische Pfarrer, welche schon in ihrer Aktivität meistens sehr ärmlich besoldet, so wie die Hinterlaßenen der Verstorbenen oft im größten Elende schmachten müßten, und aus der Staats-Kaße für den protestantischen Kultus nichts weiteres geschehen könnte.

Sie fühlten die Schwierigkeit, die protestantischen Pfarrer allein in dem Konkurrenz-Edicte zu nennen. Allein, daß etwas für diese Klaße von Menschen geschehen möge, wünschten Sie sehr, da es hart seie, ihnen durch das Gesez jede Außicht hiezu zu benehmen, ohne ihnen auf der anderen Seite etwas zu geben.

Die dieser Bemerkung entgegen gesezte Erinnerung, daß es etwas Gehäßiges auf die protestantische Religion werfen würde, die protestantische Pfarrer allein in dem Konkurrenz-Edicte zu nennen, und auch die von den Protestanten ihren Pfarrern gegeben werdende freiwillige Beiträge nicht zu Gemeinden-Umlagen sich eigneten, und man in den protestantischen Kreisen den künftigen Kreis-Deputazionen überlaßen könne, für ihre Pfarrer und ihre Hinterlaßene auf irgend eine Art, allenfalls durch freiwillige Beiträge der Protestanten, zu sorgen, und selbst in protestantischen Ländern {9v} nicht mehr für dieselben geschehe, und die Pfarreien auch nicht dotiret, hatte die Folge

daß der Nummer 3 des Artikel 8 nach der von dem geheimen Raths Referenten und den vereinigten Sekzionen angegebenen Faßung von dem königlichen geheimen Rathe angenommen wurde.

Dem Nummer 4 des Artikel 8, der nach der Eintheilung des geheimen Raths Referenten No 2 werde, fügten Freiherr von Asbek Ihre Ansichten bei, nach welchen Sie diesen Nummer redigiret.

Die geheime Raths Sekzionen waren in Beziehung auf diesen Artikel durchgehends mit dem Referenten verstanden.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco fanden sich zu der Bemerkung aufgerufen, daß Ihren Ansichten nach die Straßenbeleuchtung in den Märkten ganz aus diesem Nummer wegbleiben und wegen der Beleuchtung in den Städten eine andere Faßung angenommen werden müßte, indeme sonst in den Städten die bisherige Laterne Steuer, welche in der Stadt München allein bei 80.000 fl. betrage1240, aufhören, und Jedermann sich der ferneren Bezalung derselben weigern und erklären würde, daß die Kösten dieser Beleuchtung schon in dem 6tel der Konkurrenz begriffen, auch könnte, was bisher nicht üblich, leicht daraus die Folge gezogen werden, daß in den Märkten Straßen-Beleuchtungen angeordnet würden.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz verfügten über die Faßung des Nummer 4 und die Bemerkung des Grafen Carl [Maria] von Arco die Abstimmung.

{10r} Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas äußerten, daß der zwar richtigen Bemerkung des Grafen Carl [Maria] von Arco wegen der Beleuchtung in den Märkten dadurch begegnet werde, daß die Etats von den Gemeinden über ihre aus den Konkurrenzen zu bestreitenden Ausgaben an das Ministerium des Innern jährlich zur Genehmigung eingesendet würden; es auch diesem Ministerium frei stehen müße, unter diesen Ausgaben diejenige auszuscheiden, welche dringend und nicht dringend, denn würde das Ministerium gehalten sein, die eingesendeten Etats obligatorisch anzunehmen, so würde das 6tel und vielleicht die Hälfte des ganzen Steuer Betrages nicht hinreichen.

Um aber jeder ungeeigneten Auslegung wegen der Beleuchtung in den Haupt-Städten vorzubeugen, würden Sie eine andere Faßung vorschlagen, wodurch die in den Städten schon bestehende Beleuchtungs Anstalten ausgenommen würden. Mit der übrigen Faßung dieses Nummer seien Sie verstanden.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg wurden von der Wichtigkeit der gemachten Bemerkung zu der Meinung hingeführt, die Beleuchtung in den Haupt-Städten als einen isolirten Gegenstand zu behandeln, und deßwegen die nächtliche Straßenbeleuchtung in den Städten und Märkten nicht in die Konkurrenz aufzunehmen, {10v} da diese Anstalt durch besondere Einrichtungen bestehe, und sich aus eigenen Beiträgen erhalten müße, so könnten Sie zur Konkurrenz, welche immer nur subsidiarisch bleibe, nicht gerechnet werden.

Einige Geheimen Räthe stimmten mit Seiner Excellenz dem Herrn Minister Grafen von Reigersberg. Die Mehrheit hingegen von der Nothwendigkeit, die Straßenbeleuchtung in die Konkurrenz aufzunehmen, und von der Wichtigkeit der von dem geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco gemachten Bemerkung überzeugt, welche auch auf die Armen-Pflege anzuwenden komme, indeme diese in der Stadt München das dieselbe treffende 1/6 der Steuern allein übersteige, vereinigte sich zu einem Beisaze, den geheimer Rath Freiherr von Aretin vorschlugen, nämlich die Faßung des No 4 respec. des Nr 2 beizubehalten, am Ende aber beizusezen „vorbehaltlich übrigens der rüksichtlich der Armen-Pflege und der Straßenbeleuchtung in den größeren Städten bestehenden besondern Anstalten“, da in größeren Städten eine Überschreitung des ausgesprochenen 1/6tel wegen dem größeren Verdienste der Bewohner eher ausführbar und eher zu rechtfertigen.

Nach diesen Abstimmungen wurde

von dem königlichen geheimen Rathe die von dem geheimen Raths-Referenten und den Sekzionen angegebene Faßung des Nummer 4 respec. Nummer 2 mit dem vom Freiherrn von Aretin vorgeschlagenen Beisaze am Ende deßelben angenommen.

{11r} Nummer 5 des Artikel 8 nach der Eintheilung des geheimen Raths Referenten ebenfalls Nummer 5.

Die hiebei von dem Referenten getroffene wichtige Abänderungen veranlaßten die Ablesung der von demselben deßwegen abgegebenen Gründen und jener, welche der Referent der Polizei-Section in seinem Vortrage § 19 und folgende angeführt, so wie auch die Ansichten der vereinigten Sekzionen. Da durch diese Aenderungen das Institut der Land- und Thier Aerzte ganz ohne Fond bleiben und zusammenfallen würde, in so ferne nicht das Staats Aerar die Kösten hievon übernehme, so ließen Seine Königliche Hoheit der Kronprinz hierüber abstimmen.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas äußerten, daß die Kräften des Staates nicht erlauben würden, die Kosten dieses Institutes der Land- und Thier-Aerzte, so weit solche für die Schüler und angestellt werdende Aerzte nothwendig (die Schulanstalten selbsten würden bereits auf Staatskosten unterhalten) zu übernehmen, ohne neue Lasten auf den Unterthan zu legen; dieses Institut seie anfangs sehr weit in seinem Plane ausgedehnt gewesen, seie aber durch das Ministerium des Innern sehr beschränkt worden, und werde auf das eigentliche Bedürfniß zurükgeführt werden, wenn die Mittel solches zu erhalten gegeben würden.

{11v} Nach und nach könne der Staat hierin manches thun, um die Konkurrenzen davon zu befreien, allein auf einmal laße sich daßelbe so wenig wie andere derlei Anstalten aus Staatskräften herstellen. Wolle man deßwegen nicht das Ganze nicht wieder fallen laßen, so werde man die Kösten für die unbemittelte Söhne dieser Institute und die Landärzte selbsten auf die Konkurrenzen übernehmen müßen, wofür Sie auch um so mehr stimmten, als das Ministerium des Innern diese Kösten auf das Genaueste beschränken und den Grundsaz befolgen würde, durch Abnahme auf andere ausreichende Fonds die Konkurrenzen zu erleichtern, denn was man den Unterthanen abnehmen könne, seie eine Wolthat von großen Folgen für den ganzen Staatskörper.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten sich mit den Anträgen der Sekzionen rüksichtlich der Landärzte um so mehr verstanden, als Sie es nicht verantworten zu können glaubten, die Kösten eines Institutes auf die Konkurrenzen zu legen, welches dem Unterthanen so wenig Nuzen leiste, und von dem zu wünschen wäre, daß es je früher je beßer zu Grabe getragen würde, denn so wie die Landärzte gegenwärtig auf dem Lande erschienen, seien sie nichts als privilegirte Pfuscher, die weder in der Medizin noch in der Wundarznei-Kunde etwas leisten {12r} könnten. Bei den vereinigten Sekzionen, die mit der Kriminal-Gesezgebung beschäftiget, habe man großes Bedenken gefunden, diesen Halbärzten in Kriminal-Sachen öffentlichen Glauben beizulegen, und seit einigen Monaten schon seie eine an das Obermedizinal-Bureau gebrachte Note wegen den Verhältnißen und dem Wirkungs-Kreise dieser Landärzte unbeantwortet.

In Beziehung auf das Institut der Thierärzte stelle sich das Verhältniß anders, weil diese den Unterthanen wirklich Nuzen leisteten. In beschränkter Zahl würden Sie den Unterhalt der unbemittelten Schüler der Thier-Arznei-Kunde in die Konkurrenz aufnehmen, jedoch mögte das Ministerium des Innern aufzurufen sein, gegen jedes Übermaß zu wachen.

Geheimer Rath Graf von Preising theilten die Ansichten des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz. Die geheimen Räthe Grafen von Arco der ältere [d.i. Ignaz], von Törring und Freiherr von Weichs erklärten sich für die Anträge der Sekzionen, da auch die Thierärzte dem Lande wenig Nuzen schaften, und kein Vertrauen bei den Unterthanen erhielten.

Geheimer Rath von Zentner erlaubten sich die Bemerkung, daß, wenn diese Institute aus der Konkurrenz gelaßen, und die Unkösten dafür auch nicht von dem Finanz Ministerio {12v} übernommen, die nothwendige Folge hievon sein würde, daß diese Institute, auf welche bereits so viele Kösten verwendet worden, ganz zusammenfallen, und nichts anders dafür da stehen würde. Vorausgesezt also, daß das Finanz Ministerium nicht im Stande seie, die Kösten hiefür nach einem vielleicht zu ändernden Plane, welchen zu untersuchen hier nicht der Ort seie, zu übernehmen, bleibe nach Ihren Ansichten nichts anders übrig, als dieselbe aus den Konkurrenzen zu deken.

Geheimer Rath von Krenner wollten ebenfalls die Unkösten für den Unterhalt der unbemittelten Schüler dieser Institute aus den Konkurrenzen deken laßen, weil sonst auf der Stelle und unter dem Etats-Jahre, wo auf keine andere Art dieselbe gedekt werden könnten, über deren Werth oder Unwerth hier abzusprechen nicht der Orth seie, zusammenfallen würden, und keine andere Anstalt da seie. Sie würden aber in dem Edicte aussprechen, den Unterhalt für unbemittelte Wund- und Thier-Aerzte weil nicht vorauszusehen, ob die Einrichtung dieser Institute, so wie sie gegenwärtig seie, bleibe, Wundärzte aber in jedem Falle gebildet werden müßten.

Die geheimen Räthe Graf Carl [Maria] von Arco, Freiherr von Aretin, von Effner, von Feuerbach und Graf von Welsperg vereinigten sich mit den Ansichten der {13r} Sekzionen, da die Unkösten für den Unterhalt der bei diesen Instituten gebildet werdenden Schüler auf das Staats-Vermögen nicht übernommen werden könnten, noch sich zur Konkurrenz eigneten. Der Name, den von Krenner diesen Schülern geben wolle, würde mit der bestehenden Organisazion sich nicht vereinbaren laßen.

Geheimer Rath von Schenk theilten die Ansichten des geheimen Rath von Zentner, indeme durch Auslaßung dieser Köstendekung aus den Konkurrenzen diese Institute zusammenfallen würden, und es hier nicht der Ort seie, über den Werth und die Einrichtung derselben zu urtheilen.

Da die Mehrheit sich für die Faßung des Nummer 5 des Artikel 8 nach dem Vorschlage der vereinigten Sekzionen erklärte, so wurde von dem königlichen geheimen Rathe

beschloßen, folgende Redakzion des Nummer 5 anzunehmen: a) die Einrichtung und Unterhaltung der Begräbniß-Orte, b) der Unterhalt unbemittelter Hebammen-Schülerinnen, c) die Kosten der Lokal-Impfung.

Nummer 6 des Artikel 8, der auch nach der Eintheilung des geheimen Raths Referenten No 6 bleibe.

Freiherr von Asbek legten Ihre Ansichte vor, nach welchen Sie glaubten, daß die Unterhaltung der Haupt- Kommerzial- und Kommunikazions Straßen, so weit hiefür die Konkurrenz der Gemeinden durch das Mandat vom 8ten Februar 1809 vorbehalten ist1241, und {13v} und [!] noch besonders durch genaue Vorschriften wird bestimmt werden, nicht in die Konkurrenzen aufzunehmen seie.

Zu Rechtfertigung dieses von dem Ministerial-Finanz Departement vorgeschlagenen Vorbehaltes wegen den Haupt- Kommerzial- und Kommunikazions-Straßen entwikelten geheimer Rath von Schenk in einer kurzen Darstellung des Straßenbauwesens die Nothwendigkeit dieses Vorbehaltes, und äußerten, daß das Finanz-Ministerium sich gegenwärtig wirklich mit einer Revision der erwähnten Verordnung vom 8ten Februar 1809 beschäftige, um mehrere darin unbestimmt gelaßene Vorschriften zu ersezen, und das ganze Konkurrenzwesen für den Straßenbau in ein festes Sistem zu bringen, welches jeder Willkühr von Seite der Straßenbau Direction Schranken seze. In kurzer Zeit würde diese Revision des Herrn Finanz-Ministers Excellenz vorgelegt werden.

Nach geschehener Ausführung, welche Einrichtung in Frankreich rüksichtlich der Straßenherstellung und Unterhaltung bestehe, wie dießelbe in Klaßen eingetheilt, und nach welchen Prinzipien hiebei verfahren werde, und nach Vorlage der Ansichten der vereinigten Sekzionen hierüber, verfügten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz die Umfrage über die Faßung des Nummer 6 des Artikel 8.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister {14r} Herr Graf von Montgelas äußerten, daß, so schön die Säze, die Referent vorgelegt, auch klängen, die Ausführung derselben dennoch praktisch großen Bedenken und Nachtheilen unterliege, und manche in diesem Fache gut gefundene Staats-Anstalt, die politischen und Kommerzial-Nuzen habe, ganz unterbleiben, oder durch neue Auflagen auf den Unterthanen gedekt werden müßte, denn so z. B. seie es unmöglich, die so zwekmäsige und in vieler Beziehung nüzliche Straße bei Lindau ohne Konkurrenz zu vollenden. Sie müßten daher um so mehr auf den von dem Finanz-Ministerio vorgeschlagenen Beisaz stimmen, als diese theoretisch schönen Säze praktisch gar nicht ausführbar, und die Landes-Frohnden nach allgemeinen Säzen schon bei Errichtung zwekmäsiger Land-Straßen geleistet werden müßten.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg giengen von gleichen Ansichten aus, und stimmten um so mehr für diesen Beisaz, als es den Gemeinden, welche zu Herstellung und Unterhaltung solcher Straßen konkurriren, für ihre Wirthe und Gewerbs-Leuthe bedeutenden Nuzen bringe, und selbst nach den kaiserlich französischen Dekreten die Konkurrenz bei Errichtung und Unterhaltung dieser Straßen {14v} nicht ausgeschloßen sei.

Mehrere der königlichen geheimen Räthe, welche den Sekzions-Sizungen über diesen Gegenstand beigewohnt, erklärten, daß die Absicht der Sekzionen nicht gewesen, durch Auslaßung der Haupt- Kommerzial- und Kommunikazions-Straßen die gesezlich bestehenden Landes Frohnden bei Errichtung neuer Straßen, auszuschließen, daß sie es aber bedenklich gefunden, den von dem Ministerial-Finanz-Departement vorgeschlagenen Beisaz aufzunehmen, weil bei der Willkühr der Straßen Direkzion, und bei der praktisch sich zeigenden Verwendung der für den Straßenbau ausgeworfenen Gelder zu andern Zweken, das durch Konkurrenz erhoben werdende 1/6tel der Steuern nicht hinreichen würde, um diese Ausgaben zu deken.

Da aber die Ansichten der Sekzionen in dem Protokolle nicht richtig ausgedrükt, und hier nur von Lokal-Konkurrenzen der Gemeinden nicht aber von Frohnden des Landes zum Straßenbaue die Rede seie, auch nach der Bemerkung des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz es Mißdeutungen veranlaßen könnte, wenn man von der Obliegenheit der Unterthanen zu Leistung der allgemeinen Landes-Frohnden für Errichtung und Unterhaltung neuer Straßen nichts sage, so machten geheimer Rath Freiherr von Aretin den Vorschlag, dem Nummer 6 Folgendes beizufügen: „In wie ferne zu den Haupt- und Kommerzial-Straßen eine Konkurrenz der Unterthanen statt finden solle, ist zum Theil schon durch die {15r} Verordnung vom 8ten Februar 18091242 bestimmt, zum Theil wird solches durch die nachfolgende genauere Vorschriften bestimmt werden“.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco, welche sich mit diesem vorgeschlagenen Beisaze vereinigten, da derselbe den noch bestehenden und künftigen Gesezen angemeßen, schilderten den schlechten Zustand der Straßen im Reiche, der von den General-Kommißariaten in allen Berichten lebhaft vorgelegt worden, und wovon Sie sich im Salzburgschen selbsten überzeuget, indeme so wenig auf die Unterhaltung der dortigen Straßen verwendet werde, daß sie nun wieder ganz neu hergestellt werden müßten, und glaubten dadurch zu zeigen, wie dringend nothwendig es seie, nichts in dem Konkurrenz Edicte von der Unterhaltung dieser Straßen zu sagen, als sonst das ganze 6tel absorbiret, und vielleicht nicht einmal hinreichen würde, denn so koste z. B. die neue Straße bei Lindau auf eine Streke von nicht 5 Stunden bereits über 100.000 fl.

Da die königlichen Herrn Minister Grafen von Montgelas und von Reigersberg Excellenzien und alle übrigen geheimen Räthe sich mit dem vom Freiherrn von Aretin vorgeschlagenen Beisaze zu dem Nummer 6 vereinigten,

so wurde von dem königlichen geheimen Rathe die von den Sekzionen vorgeschlagene Faßung des Nummer 6 des Artikel 8 und der Beisaz nach dem Antrage des Freiherrn von Aretin angenommen.

Geheimer Rath Freiherr von Asbek trugen nun die Artikel 9, 10, 11, 12, 13 und 14 vor, und begleiteten einige derselben mit den nöthig gefundenen Bemerkungen.

Die Ansichten der vereinigten Sekzionen über diese Artikel wurden abgelesen, und da von den {15v} Mitgliedern des königlichen geheimen Rathes keine weitere Erinnerungen dagegen gemacht wurden

so bestimmte sich der königliche geheime Rath für die Faßung der Artikel 9, 10, 11, 12, 13 und 14 so wie sie die vereinigten Sekzionen vorgeschlagen.

Wegen vorgerükter Mittagszeit geruheten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz die Sizung für heute aufzuheben, und die Fortsezung des Vortrages des 3ten Titels auf nächsten Donnerstag zu verschieben, auch wurde von dem königlichen geheimen Rathe sich vereinbart, die heute gefaßten Beschlüße

Seiner Majestät dem Könige als allerunterthänigste Anträge des geheimen Rathes ehrfurchtvollest vorzulegen1243.

Der König setzt seine Entscheidungen zu den Anträgen des Geheimen Rates bis zum Abschluß der Diskussionen über den „Gegenstand der Concurrenzen“ aus (28. Januar 1812).

Anmerkungen

1234

Vgl. Protokoll Nr. 50 (Geheimer Rat vom 2. Januar 1812), TOP 3. Zum Kontext: Weiss, Integration, S. 130-136.

1235

Asbeck, „Vortrag. Die Umlagen für die Bedürfnisse der Gemeinde betr.“, lithographierter Text, 51 S., BayHStA Staatsrat 256.

1236

Ebd., S. 5f.: „Die Gemeinde Umlagen begreifen alle diejenige Abgaben und Leistungen in sich, welche mit oder neben den allgemeinen Staats Auflagen, auf die Gemeinden und auf die einzelnen Glieder derselben aufgeschlagen werden, in der Absicht, die besonderen Bedürfnisse der Gemeinden zu deken“.

1237

Dominikalisten waren Personen, die in einer Gemeinde lediglich ihren Wohnsitz hatten, so Weiss, Integration, S. 132.

1238

Der Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 bestimmte in § 35 insoweit: „Alle Güter der fundirten Stifter, Abteien und Klöster, katholischer sowol, als A. C. verwandten, mittelbarer sowol, als unmittelbarer […] werden der freien und vollen Disposition der respektiven Landesherrn, sowol zum Behuf des Aufwandes für Gottesdienst, Unterrichts- und andere gemeinnützige Anstalten, als zur Erleichterung ihrer Finanzen überlassen […]“ (Protokoll RDH Bd. 2, S. 904f. = Huber [Hg.], Dokumente Bd. 1, Nr. 1, S. 1-28, hier S. 15).

1239

Das Mandat vom 4. Oktober 1770 „in puncto concurrentiae zu den [!] Kirchen- und Pfarrhöfbau“ (KGS, Nr. VI.3, S. 493-499 = Döllinger, Sammlung Bd. 11 Tl. 3, S. 1389-1396) regelte die Kirchenbaulast bei Neubauten und Reparaturen vornehmlich hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Kirchenzehnten und Laienzehnten. Demnach sollte sich „die Concurrenz der Kirchenzehenten […] zur Concurrenz der Layenzehenten verhalten, wie fünf zu drey […]“ (KGS, S. 495, „Erste Regel“). Vgl. Meurer, Kirchenvermögensrecht, S. 387-389. Gemäß dem auf dem Konzil von Trient (1546-1563) grundsätzlich geregelten Baulastrecht der katholischen Kirche oblag die Baulast der Kirchenfabrik als Trägerin des Kirchenvermögens. Subsidiär waren die Nutznießer des Kirchenvermögens heranzuziehen, insbesondere Zehntberechtigte (nur die Inhaber kirchlicher, nicht die laikaler Zehnten), Pfründebesitzer und Kirchenpatrone. Zweitsubsidiär waren die Pfarrangehörigen baulastpflichtig. Insoweit waren die von Montgelas in seinem Votum genannten Gemeinden von Baulasten freigestellt. Näheres zum tridentinischen Baulastrecht bei Lindner, Baulasten, S. 38-41. – Im Übrigen ist das Mandat vom 4. Oktober 1770 in kunstgeschichtlicher Hinsicht bedeutsam, weil es anordnet, „daß mit Beybehaltung einer reinen und regelmäßigen Architectur alle überflüßige Stuckador- und andere öfters ungereimte und lächerliche Zierrathen abgeschnitten, an denen Altären, Kanzeln und Bildnissen eine der Verehrung des Heiligthums angemessene edle Simplicität angebracht werde“ (KGS, S. 498, „Vierte Regel“, Pkt. 5). Die kunsthistorische Forschung stellt diese Norm in den Kontext des Endes des Rokoko in Bayern. Vgl. Büttner, Ende; der kirchenpolitische Kontext bei Hess, Generalmandat.

1240

Vgl. die VO vom 8. April 1805, RegBl. 1805, Sp. 489, mit der die Hausbesitzer in München verpflichtet wurden, eine nach dem Immobilienwert berechnete Steuer zur „Unterhaltung der Stadtbeleuchtung“ zu entrichten.

1241

VO betr. die „Anlage, Wiederherstellung und Unterhaltung der Chausseen und Vizinal-Wege“ vom 8. Februar 1809, RegBl. 1809, Sp. 289-296.

1242

RegBl. 1809, Sp. 289-296.

1243

Zum Fortgang: Protokoll Nr. 55 (Geheimer Rat vom 30. Januar 1812), TOP 1.