BayHStA Staatsrat 381, Nr. 23 16 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst. (mit anderthalb Seiten Nachtrag Kobells): 18. September 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas legt die kurfürstlichen Resolutionen zu den Anträgen des Staatsrats vom 9. September 1801 vor.

2. Vortrag Krenner jun.: Entschädigung der Weinwirtin Stürzer aus München wegen Quartierkosten für französische Offiziere, darunter General Decaen mit Gefolge415.

3. Vortrag Krenner jun.: Bewilligung einer Gratifikationszahlung von 60 fl. an Karl Maria Fuchs, Tabellist bei der GLD, und an den Diurnisten Löhr.

4. Vortrag Zentner: Die im bayerischen Landgericht Wertingen-Hohenreichen (Krs. Dillingen) fällige Zahlung der Beiträge zur Kasse der Insassen der Markgrafschaft Burgau soll im Hinblick auf die »Indemnisations- und Säcularisationsgeschäfte« im Gefolge des Friedens von Lunéville bis auf weiteres ausgesetzt bleiben.

5. Neuorganisation des Militärwesens

Zentner berichtet, die Organisationsordnungen für die beiden neuen »Militärräthe«, die deren Direktoren Friedrich Hansen bzw. Johann Heinrich Kraus verfaßt hätten, enthielten noch mehrere strittige und unklare Punkte. Zentner wird beauftragt, diese zusammenzustellen und sie mit Hansen und Kraus nochmals zu besprechen. Zur endgültigen Verabschiedung des Textes sollen dann beide Direktoren zu einer Staatsrats-Sitzung geladen werden. Die Beschlüsse der Staatskonferenz416 zur Stellung des Kriegs-Justiz- und -Ökonomierats im Geschäftsgang der übrigen Behörden sollten nunmehr publiziert werden. Außerdem wird festgesetzt, daß bei der Bezeichnung kurfürstlicher Stellen und Ämter alle bisher üblichen Zusätze wie »Hochlöblich« etc. künftig zu entfallen hätten.

{3v} 5. Herr Geheimer Rath von Zentner legte die Entwürfe vor, welche von den beiden Direktoren der Justiz- und Ökonomie-Räthen von Hansen und Kraus wegen der {4r} Benehmungsart der Militär- mit den Civil Behören an das Ministerial Departement der Auswärtigen Geschäfte gegeben worden, und las diese so wie die für erwehnte beide Militärräthe verfaßte Instruktionen ab. Da sich aber bei Ablesung dieser Entwürfe mehrere Anstände zeigten, wodurch der Staatsrath nach seinen Pflichten sich aufgerufen fühlte, Seiner Churfürstlichen Durchlaucht die dagegen eintrettende Bedenken gehorsamst vorzulegen, so wurde beschlossen,

dem Geheimen Rath Herrn von Zentner aufzutragen, die sich ergebene Anstände zusammen zu stellen, sich vorläufig mit den beiden Direktoren hierüber zu benehmen und dann das Resultat hievon nebst den Bemerkungen des Staatsrathes näher vorzutragen, um Seine Churfürstliche Durchlaucht bitten zu können, daß Höchstsie erlauben, die erwehnte beide Direktoren zu einer Sitzung des Staatsrathes einzuladen, mit ihnen alle Erinnerungen, so gegen die Instruktionen und Entwürfe sich gezeiget, zu durchgehen und den Erfolg zur höchsten Prüfung und Entscheidung vorzulegen.

Zugleich beschloß der Staatsrath, den höchsten Konferenzschluß vom 5. dieses Monats wegen den Verhältnißen der Ministerial {4v} Departements zu den beiden Militär Räthen ausschreiben und jedem der 4 Ministerial Departements eine Abschrift hievon zustellen zu lassen. *Wobei auch der Staatsrath übereinkam, Seiner Churfürstlichen Durchlaucht den unterthänigsten Antrag zu machen, die bei den churfürstlichen Stellen und Ämtern gewöhnliche Voraussetzungen hochlöblich, löblich, höchst- und hochpreißlich abzuschafen und sie anzuweisen, bekannt zu machen, daß man sich an sie keiner anderen Voraussetzung als churfürstlich bedienen solle.*417

6. Neufassung des kurfürstlichen Titels

Zentner trägt vor, es sei notwendig, den Titel des Kurfürsten neu zu fassen: Einerseits seien im Frieden von Lunéville einige Gebiete abgetreten worden, andererseits führe man für diese Gebiete noch Stimmen auf dem Reichstag. Deswegen solle der Titel möglichst allgemein und ohne lange Besitzlisten gefaßt werden: »Max. Joseph Pfalzgraf bei Rhein, in Ober- und Niederbaiern Herzog etc. etc., des Heiligen Römischen Reichs Erztruchseßes [sic] und Churfürst«. In der Entschließung des Kurfürsten wird festgelegt, daß dieser neue Titel künftig nur noch für die »Fertigungen« der Staatskonferenz sowie des Staatsrats und die vom Kurfürsten unterschriebenen »Expeditionen« der Ministerialdepartements und der Obersten Justizstellen in Bayern, der Pfalz und Berg Verwendung finden solle. Der Staatsrat wird mit der Erarbeitung einer detaillierten Verordnung zur Titelführung und zur Selbst- und Fremdbezeichnung der kurfürstlichen Behörden beauftragt.

6. Herr Geheimer Rath von Zentner eröfnete dem Staatsrathe, daß durch den mit der französischen Republik geschlossenen Frieden die Nothwendigkeit eingetretten seye, in der churfürstlichen Titulatur die geführten Titel der dadurch abgetrettenen Länder auszulassen. Da aber solches in Beziehung auf das deutsche Reich, wo wegen diesen abgetrettenen Ländern noch Stimmen auf dem Reichstage ausgeübet werden, und vor gänzlicher Berichtigung der Entschädigungssache nicht räthlich seye, so schlage er folgenden Ausweg vor, die Titulatur Seiner Churfürstlichen Durchlaucht für die Zukunft so zu setzen: Max. Joseph Pfalzgraf bei Rhein, in Ober- und Niederbaiern Herzog etc. etc.,. des Heiligen Römischen Reichs Erztruchseßes [sic] und Churfürst, alle übrige Titel aber auszulassen, wodurch beide Zwecke erreichet würden.

Diese Titulatur solle von dem Staatsrathe zur Sanctionirung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht gehorsamst vorgeleget werden.

Kurfürstliche Entschließung dazu 18. September 1801:

{9r} Bey Nr. 6 genehmige ich den Antrag des Staatsrathes wegen Abänderung der Titulatur und befehle, daß zur Vereinfachung der Geschäfftsführung und Hebung verschiedener Wiedersprüche meine Titulatur künftig nur bey den Fertigungen der Staats Conferenz, des Staatsrathes, denen Expeditionen der Ministerial Départements, welche ich unterzeichne, und den Obersten Justiz Stellen in Baiern, der Rheinpfalz und dem Herzogthume Berg geführet und beybehalten werden. Bey den übrigen Administrations- und Justiz Stellen sämtlicher Staaten, die bisher auch meine Titulatur gebrauchet, solle aber in ihren Befehlen und Ausfertigungen künftig nur die Benennung vorgesezet werden, die sie führen, z.B. von Seiten der General-Landes-Direction, des Churfürstlichen Hofraths etc. wird dem N.N. ohnverhalten etc. etc. Eben so solle bey den Eingaben zur höchsten Stelle und den Obersten Justiz Behörden die zeither in Übung geweßene lange Titulatur abgekürzet und nur gesezet werden An Seine Churfürstliche Durchleucht zu Pfalzbaiern, wo dann bey den ersteren die Ministerial Départements nach der schon gegebenen Verordnung benennet seyn müßen, wohin der Gegenstand geeignet ist.

Bey den Eingaben an die übrige Administrations und Justiz Landesstellen solle in rubro und in contextu die churfürstliche Titulatur ebenfalls nicht mehr gebraucht, sondern nur die Benennung der Stelle, wohin die Vorstellung oder Rechtsschrift gerichtet, gesezet werden, {9v} z.b. in rubro an die churfürstliche General Landes Direction, an den churfürstlichen Hofrath in München & in contextu einer churfürstlichen General Landes Direction, eines churfürstlichen Hofraths etc.

Ich erwarte von meinem Staatsrathe den Entwurf einer Verordnung, wodurch diese von mir festgesezte Grundsäze meinen Ministerial Départements, Landesstellen, Ämter und Unterthanen bekant gemacht werden und verordne, daß der Antrag des Staatsrathes Nr. 5 wegen Abschaffung der bey den Collegien und Ämter gewöhnlichen Voraussezungen hochlöblich, löblich, höchst- und hochpreißwürdig, den ich genehmige, mit dieser zu entwerffenden Verordnung verbunden werden solle.

7. Vortrag Zentner: Grundsätze für die Behandlung von Schatzungssachen in der Pfalz durch das General-Landeskommissariat bzw. das Hofgericht.

Kurfürstliche Entschließung dazu 18. September 1801: Bei Kompetenzstreitigkeiten zwischen der staatsrechtlichen (1.) und der staatswirtschaftlichen (2.) Deputation des Mannheimer General-Landeskommissariats sei der Fall künftig dem Ministerium vorzulegen.

8. Vortrag Zentner: Der Antrag des Leibapothekers zu München, Joseph von Brentano, zum Medizinalrat ernannt zu werden, wird zum wiederholten Male abgewiesen.

9. Vortrag Zentner: Entgegen den Voten der pfälzischen Zivil- und Justizbehörden und des Referendärs im Justizministerium, Johann Nikolaus Freiherr von Stengel, plädiert Zentner dafür, die Geistliche Güter-Verwaltung in Heidelberg künftig von allen Prozeßkosten und Gerichtssporteln zu befreien. An Gründen führt er an, in einem wohlgeordneten Staatswesen müsse die Justiz kostenfrei zugänglich sein, die linksrheinischen Abtretungen hätten beträchtliche Einnahmeminderungen zur Folge gehabt, schließlich sei »das Kirchen-Vermögen als ein wahres Staats-Vermögen anzusehen«. Der Staatsrat verschiebt einen Beschluß dazu aber bis zu einer endgültigen Regelung der Ämterverfassung für die Pfalz.

10. Vortrag Zentner: Einhebung von Schatzungszahlungen in den linksrheinischen Teilen der Gemeinde Hamm (Krs. Alzey-Worms).

11. Der Kurfürst stellt sich gegen das Recht freien Warenhandels für Handwerker

Stichaner berichtet, aufgrund eines Streit von zwei Geschmeidemachern in Stadtamhof (Stadt Regensburg) ergebe sich die grundsätzliche Frage, ob ein Handwerksmeister mit Waren handeln dürfe, die er nicht selbst verfertigt habe. Stichaner bejaht im Hinblick auf den »Grundsatz[e] eines vollkommenen freien Handels«, wie er in der Zoll- und Mautordnung [vom 7. Dezember 1799] festgelegt worden sei. Dem widerspricht der Referendär des Finanzministeriums Hubert Steiner entschieden wegen eines zu erwartenden Rückgangs der gewerblichen Produktion. Die Mehrheit des Staatsrats schließt sich Stichaner an, doch der Kurfürst folgt dem Votum Steiners und hebt den Staatsratsbeschluß auf. Der Handel ist den Handwerkern also auch künftig nur für Waren aus eigener Produktion erlaubt.

{7v} 11. Über die Beschwerde des Geschmeidewaaren Händlers Zech zu Stadtamhof gegen den Geschmeidenmacher Kapps wegen Handel mit Geschmeidwaaren, die er nicht verfertiget, erstattete Herr Geheimer Justiz-Referendär von Stichaner Vortrag, las die Noten ab, welche die beiden Ministerial Departements in Finanz- und Justizsachen über diesen Gegenstand gewechselt, und machte den aus Übereinstimmung erwehnter beiden Departements fließenden Antrag, bei dem durch die erlassene provisorische Zoll- und Maut-Ordnung {8r} schon statuirten Grundsatze eines vollkommenen freien Handels über die Berechtigung des Geschmeidmachers Kapps mit Geschmeidwaaren, welche er nicht selbst verfertiget, zu handeln, keinen Streit entstehen zu lassen, sondern diesem so wie jedem anderen Handwerker den Handel mit Waaren seiner Profession, welche er auch nicht selbst verfertiget, ungehindert zu gestatten.

Bei der über diesen Antrag gehaltenen Umfrage erinnerte Herr Geheimer Referendär von Steiner, daß er in der Finanzsession, wo dieser Gegenstand vorgekommen, wegen Krankheit nicht anwesend gewesen, daß er aber weder mit der Meinung des Finanzdepartements noch dem darauf sich gründenden vorliegenden Antrag verstanden seye, weil durch diese Handelsfreiheit alle Gewerbs-Industrie gehemmet und ieder Meister eher gereitzet werde, sich auf den Handel der Fabricaten seines Gewerbes als auf Selbst-Verfertigung zu legen und sein Capital auf ersteres zu verwenden. Er glaube nicht, daß die angeführte Stelle der Zoll- und Maut-Ordnung diese Auslegung erhalten könne, und stimme auf Verwerfung der angetragenen Handelsfreiheit.

Der Erinnerung des Herrn von Steiner ohngeachtet wurde {8v} der Antrag des Referenten von dem Staatsrathe angenommen und genehmigt.

Kurfürstliche Entschließung dazu 18. September 1801:

{9v} Bey Nr. 11 genehmige ich den Antrag des Staatsrathes nicht, sondern verordne, daß den Handwerker nur erlaubet werden solle, mit jenen Waaren zu handlen, die sie selbst verfertiget, wornach auch die Beschwerde gegen den Geschmeidmacher Kapps in Stadt am Hof zu verbescheiden ist, ohne jedoch solches als Grundsaz auszuschreiben.

12. Vortrag Zentner: Die Pension für den bisherigen Präsidenten der Geistlichen Güter-Verwaltung in der Pfalz, Franz Joseph Freiherrn von Leoprechting, wird auf 3.281 fl. 5 kr. festgesetzt418

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

415
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 9. September 1801, TOP 9).
416
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 5. September 1801, TOP 3) sowie des Staatsrats vom 12. August 1801, TOP 6).
417
Der letzte Satz ist im Protokoll direkt im Anschluß an die Resolution von Kobells eigener Hand nachgetragen.
418
. In einem Nachtrag zu diesem Punkt im Protokoll der folgenden Staatskonferenz vom 18. September, TOP 1), wird die Pensionssumme auf 4.000 fl. heraufgesetzt.