BayHStA Staatsrat 3, Nr. 19 4 Seiten. Unterschrift des Kurfürsten; Protokoll: Kobell.

Anwesend: Kurfürst Maximilian Joseph, Hzg. Wilhelm; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MA] 1. Montgelas legt das Protokoll der Staatsrats-Sitzung vom 30. September vor, das der Kurfürst mit einigen Abänderungen und Zusätzen genehmigt. Das Departement der äußeren Geschäfte wird mit Erhebungen zum Kreis der Stimmberechtigten für die Wahl einer neuen Landschaftsverordnung beauftragt.

2. Abweisung des Gesuchs des in Mannheim zu einer zweijährigen Zuchthausstrafe verurteilten Franz Rau um Entlassung nach vier Monaten Haftzeit.

3. Vollzug von Ehrenstrafen unter Verweis auf den Grundsatz der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz

Montgelas setzt sich, entgegen einer Empfehlung des Justizreferendärs Stengel, nachdrücklich und unter Hinweis auf die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz dafür ein, daß die gegen den Fälscher und Betrüger Erckenbrecht verhängte Prangerstrafe vollzogen werde. Erckenbrechts Schwiegervater Johann Jakob Dyckerhoff, früherer Rat bei der pfälzischen Hofkammer, hatte sich unter Hinweis auf die Schädigung des Rufs seiner Familie dafür verwandt, dem Täter nach seiner Verhaftung die Schande des Prangerstehens zu ersparen.

{2v} 3. Der Churfürstliche Geheime Staats- und Conferenz-Minister Freiherr von Montgelas legte einen Antrag des Geheimen Justiz Referendairs Freiherr von Stengel vor, worin er auf eine Vorstellung des Hof Cammerrathen Dyckerhoff das Gutachten abgiebt, die Publication des gegen den Dyckerhofischen Schwiegersohn Erckenbrecht erlaßenen Urtheils nach der Entschließung vom 8. August dieses Jahres vor sich gehen zu laßen, in Rücksicht der öffentlichen Ausstellung am Pranger (wenn Erckenbrecht verhaftet werden sollte) die würckliche Vollziehung aus Gnaden und in Ansehung der Bitten seiner verdienten Anverwandten mildest nachzulaßen, worauf derselbe auf den Falle der Verhaftung ohne weiters in das Zuchthaus zu verbringen seyn würde.

Freiherr von Montgelas äüßerte, daß er mit diesem Antrage um so {3r} weniger verstanden seyn könte, als die Schande für Kinder und Verwandte weder in philosophischer noch rechtlicher Rücksicht einen Grund abgeben könne, von einem rechtlichen Urtheil abzugehen. Nicht in rechtlicher, denn die Geseze müsten für jedermann gleich seyn, nicht in philosophischer, denn selbst diese Furcht halte manchen in Zaum und verhindere das Übel. Bey gegenwärtigem Falle würde diese Milde ohnehin nichts fruchten, indeme es jedermann gleich seyn könne, ob ein öfentlicher ausgeschriebener Verfälscher und Betrüger auf dem Pranger stehe oder nicht? Weswegen er es ganz bey dem Rescripte vom 8. August dieses Jahres belaßen wollte.

Dieser Antrag des Churfürstlichen Geheimen Staats und Conferenz Ministers Freiherr von Montgelas wurde genehmiget.

[MF] 4. Auf Vorschlag Morawitzkys wird der Höchstbetrag für den im Staatsrat beschlossenen432 Zuschuß zur Hausmiete der Staatsdiener auf 5 % der Besoldung festgesetzt. Verbleibende Restbeträge der zur Verfügung stehenden Gesamtsumme sollten unter den Subalternbeamten verteilt werden.

Anmerkungen

432
Vgl. Protokoll des Staatsrats vom 23. September 1801, TOP 5).