BayHStA Staatsrat 380, Nr. 7 4 Seiten. Datum der Genehmigung durch den Kfst.: 18. Juli 1799.
Anwesend: Hzg. Wilhelm; Minister Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling; Referendäre Krenner jun., Steiner, Hartmann, Schenck, Utzschneider, Gravenreuth, Krenner sen., Zentner, Branca, Löwenthal, Fuchsius, Stichaner.
[ohne Nr.] Rechtsansprüche des Magistrats der Stadt München
Gutachten Stichaner: Zum Anspruch des Magistrats von München auf Privilegium de non appellando in verschiedenen Rechtsmaterien, wofür sich auch die Landschaft verwendet, empfiehlt er eine Belassung des bestehenden Zustandes, ohne irgendeine Handhabe zur Ausdehnung zuzugestehen. Einige Änderungsvorschläge betonen verbal die landesfürstlichen Prärogativrechte.
Die von dem Magistrat der allhiesigen Residenz-Stadt 1) in Handwerks und Gerechtigkeits Sachen, 2) in Ewig-Geldsachen, 3) in Bau und Kundschafftssachen, {2v} 4) in Strittigkeiten zwischen Eltern und Kinder, 5) in Sachen de successione conjugum nach den von verschiedenen Herzogen in Baiern erhaltenen und von Kaiserlicher Majestät bestättigten Privilegien behauptet werdende Freyheit de non appellando ware der Gegenstand, so in dem heute versammelten Staats Rathe vorgenohmen und beurtheilet werden sollte.
Als dieses demselben eröffnet ware, rief der Churfürstliche Geheime Staats und Conferenz auch Finanz Minister Freiherr von Hompesch den Geheimen Justiz-Referendaire von Stichaner, der diesen Gegenstand bearbeitet, auf, sein diesfalls gefertigtes Gutachten vorzutragen. Dieser zeigte hierauf den Ursprung der in Frage stehenden Privilegien und wie wenig in einigen derselben die Befugnüß de non appellando eingeraumet und gegründet, verlaß die Privilegien selbst und das unter der vorigen Regierung den 27. August 1791 deswegen erfolgte Erläüterungs Rescript, legte die über diesen Gegenstand erhohlte Meynungen der einschlagenden Landesstellen vor und stellte seinen Antrag dahin, daß er für das räthlichste, auch rechtlichste halte, dem Magistrat allhier oben angeführte Privilegia, so wie er sie erhalten, ganz zu belaßen, demselben aber keine Ausdehnung über ihren wahren Sinn und keine auf das den höchsten Reichs-Gerichten substituirte Revisorium zu gestatten, und dieses der Landschaffts Verordnung mittels Rescripts zur Antwort auf ihre in dieser Sache übergebene Vorstellung mit dem Anhange zu eröffnen, Seine Churfürstliche Durchleucht seyen von den Geßinnungen der Landschaffts Verordnung im voraus überzeugt, daß dieselbe bey reiferer Erwegung der Sachen die landesherrliche Maaßreglen nicht mißdeuten, sondern vielmehr selbst zu Beruhigung ihres Mitstandes alles beytragen werde, diese höchste Entschließung der General Landes Direction zur Bekantmachung an den Magistrat und dem Churfürstlichen Revisorio zur Nachachtung mit Anschluß einer eingelaufenen Appellations-Schrift des Waaren Beschauer {3r} Schwab mitzutheilen. Hierauf wurden die eventualiter in Gemäßheit dieses Antrages gefaste Fertigungen an das Revisorium und die Landschafft verleßen, und nachdeme hierüber die Meynungen der Geheimen Referendärs und die Stimmen der Ministerial-Glieder hierüber erhohlet waren, wurden diese Entwürfe überhaupt zwar gutgeheißen, dabey jedoch aus mehreren Gründen folgende Abänderungen machen zu laßen gutgefunden:
In dem [Entwurf] an das Revisorium wäre der Satz von den Worten an: wollen Wir unßerem Bestreben etc. bis erhalten wißen wollen etc. auszulaßen und dafür zu setzen »wollen Wir den Magistrat bey den producirten Appellations Freyheiten bis zur allgemeinen Revision der Geseze in der Maaß, wie sie demselben vermög der Urkunden verliehen worden und mit der dermahligen Justiz-Verfaßung, dann den gegenwärtigen Zeit-Umständen vereinbahrlich sind, belaßen etc.«
Ferner in dem Absaze: wir halten es aber auch wären die Worte und in Ewig Geld-Sachen wegzulaßen und dafür am Ende nach entziehen zu laßen beyzurucken: »Was die von dem Magistrat producirte Privilegia wegen der Appellationsfreyheit in Ewig-Geldsachen anbelanget, so wollen Wir provisorie es dabey belaßen, daß über die hierinfalls erlaßene Verbescheidungen des Magistrats nach bisheriger Observanz nicht weiter appelliret werden solle. Wir behalten uns aber bevor, nach Einsicht der Ewig-Geld Ordnung und bey künftiger Revision der Geseze noch darüber das weitere zu verfügen.«
In jenem Aufsatze an die Landschafft statt des Ausdrucks die Freyheiten einzelner Stände zu sezen: »die Stände bey ihren Freyheiten, insoferne solche Unßeren landesfürstlichen Pflichten nicht entgegen sind, zu belaßen«.
Diese so eingerichtete Aufsäze wurden nochmahl vorgeleget und {3v} erhielten nun die allgemeine Zustimmung, worauf beschloßen wurde,
nunmehr die höchste Genehmig- und Bestättigung Seiner Churfürstlichen Durchleucht hierüber zu erhohlen.