BayHStA Staatsrat 1, Nr. 24 10 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MF] 1. Neuorganisation der Militärakademie in München116.

2. Statt des beantragten Jahresgehalts wird für Oberst Adrian v. Riedl für die Zeit seiner Tätigkeit als Oberkriegs-Kommissar eine jährliche Gratifikation festgesetzt, für 1799 1.500 fl. 117

3. Regelung der Versorgung der Kurfürstin-Witwe Marie Leopoldine (unter Bezug auf die Bestimmungen des Vertrags vom 15. April 1799118) für die Zeit ihrer Abwesenheit aus München119. Das Ministerialdepartement des Auswärtigen soll Verhandlungen aufnehmen über den möglichen Wegfall von Naturalleistungen und von Kostgeldern für die Hofdamen.

4. Regelung für die Schuldforderungen von Claudius Martin Graf v. St. Martin120 an die Allodial-Erbmasse des Kurfürsten Karl Theodor.

5. Ernennung von zwei Land-Kommissaren bei der General-Landesdirektion: Marcus Joseph v. Göhl, Regierungsrat in Straubing, und, abweichend vom Vorschlag der General-Landesdirektion, Hofrat Franz Xaver Ritter.

6. Erhaltung des Armen-Instituts nach den Vorschlägen des Referendärs Utzschneider.

7. Instruktion an den Grafen von Wickenbourg wegen der Kapitalien des Kurfürsten bei der Wiener Bank und der bevorstehenden Umsetzung einiger dieser Papiere durch den nach Wien reisenden Hoflieferanten Strasburger.

8. Details der Neueinrichtung der Archive

[MA] Entscheidung offener Fragen hinsichtlich der konkreten Umsetzung der Neueinrichtung der drei neuen Archive: Räumliche Unterbringung in der Residenz, Räumung von Zimmern; Beginn der Neueinrichtung mit dem Archiv der Rheinpfalz; biographische Systematik des Hausarchivs.

8. Wurde das wegen Abtheilung der Archive und derselben neuer Einrichtung unterm 11. dieses Monats abgehaltene Commissions Protocoll vorgeleget und um Entscheidung folgender darin aufgestellter Anfragen gebetten: 1) ob zu dem Staats Archiv das daran stoßende Edelknaben Speißezimmer verwendet, und 2) ebenso zu dem Geheimen Landes Archiv die Wohnung des Garnisons Pfarrers eingerichtet, 3) ob mit dem rheinpfälzischen Archiv der Anfang gemacht, und 4) ob der Plan, das Hauß Archiv nach den Stammbäümen des durchleuchtigsten Churhaußes einzurichten und deswegen die Personalien einer jeden durchlauchtigsten Person gleichsam zu einer Biographie deßelben [sic] gesamlet und in archivalisch-materiellen Unterabtheilungen aufzustellen angenohmen werden dörffte.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen, daß wegen Aussuchung eines anderen Speiße Zimmers für die Edelknaben mit dem Burgpfleger Caré121 sich benohmen und wegen dem Quartier des Militär Pfarrers das Ministerial Finanz Departement durch ein Communicat aufgeforderet werde, demselben ein anderes ausfindig zu machen. Daß mit dem Archiv der Rheinpfalz die Einrichtung angefangen und solche [des Haus-Archivs] auf die vorgelegte Art vorgenohmen werde, ist gnädigst genehmiget.

9. Für die Einstellung eines Boten beim Geheimen Staatsarchiv soll statt des vorgesehenen Michael Bäumler einer der in den Ruhestand versetzten Hoflakaien in Vorschlag gebracht werden.

10. Die Beschäftigung des Kanzlisten Franz Bube beim Geheimen Staatsarchiv wird genehmigt.

11. Abweisung des Gesuchs von Philipp Ernst Graf v. Wieser um Aufnahme seines Sohns Carl Theodor in den Malteser-Ritter-Orden.

12. Die Schuldforderungen des Grafen von Reis an die Erbmasse des verstorbenen Kurfürsten Karl Theodor werden an die zuständige Allodial-Hofkommission verwiesen.

13. Gültigkeit der von Kurfürst Karl Theodor erteilten Lehensexpektanzen

Die Frage der Gültigkeit der unter Karl Theodor erteilten Lehensanwartschaften, zu deren Konfirmierung mehrere Gesuche vorlägen, könne endgültig nur im Zusammenhang mit der Frage des Antritts des Allodialerbes Karl Theodors durch Max Joseph geklärt werden. Die General-Landesdirektion in München, die Regierung in Mannheim und der Geheime Rat in Düsseldorf sollten ein Verzeichnis der unter Karl Theodor erteilten Expektanzen aufstellen.

13. Über die Gültigkeit der unter der vorigen Regierung theils mit, theils ohne Eventual Investitur ertheilten Lehens Anwartschafften wurde in einem ausführlichen {5r} Gutachten, nachdeme darin dieser Gegenstand nach staatsrechtlichen Grundsäzen bearbeitet und vorgeleget worden, der Antrag gestellet, diese Sache bis zu abgegebener Erklärung Seiner izt regierenden Churfürstlichen Durchleucht wegen Antrettung der Allodial Erbschafft ausgesezet zu laßen und inzwischen die General Landes Direction allhier, die Regierung Mannheim und den gülich- auch bergischen Geheimen Rathen anzuweißen, sämtliche unter der vorigen Regierung ertheilte Lehens Exspectanzen, ohne jedoch dieselbe von den Beanwarthschaffteten selbst einzuforderen, zur Einsicht einzusenden, bis wohin die Vorstellungen des Graffen von Leiningen und der Freyfrau von Freyberg unverbeschieden beruhen müsten.

Nach Antrag.

14. Aufstellung einer Landwehr in der Kurpfalz

Erarbeitung von Vorschlägen zur Aufstellung eines Landsturms in den kurfürstlichen Staaten.

14. Um den Landsturm bey annäherender Gefahr auf eine für das Vatterland entsprechende Art einzurichten, wurde in einem diesfalls gefasten Vortrage eine Scize hiezu vorgeleget und angetragen, nach den hierin nur oberflächlich auseinander gesezten Ideen, die nach Local-Umständen anwendbahr und nüzlich gemacht werden müsten, durch erfahrne, des Landes kundige Kriegs- und Civildiener einen Plan fertigen zu laßen und solchen für die Niederlande, die Rheinpfalz und die hierobige Staaten zur Ausführung zu bringen, sohin mit lezteren den Anfang machen zu laßen. Dem General Deroy und einer noch vorzuschlagenden Civil-Person ist durch Rescript der Auftrag zu ertheilen, nach den in diesem Vortrage aufgestellten Grundsäzen einen Plan zur Organisirung des Landsturms für die hierobig-bayerische und damit verbundene Landen zu entwerffen und vorzulegen.

15. Aufhebung der Paulanerklöster in München und Amberg

[MGeistl] Wiederholte Aufforderung an den Geistlichen Rat, den Vermögensstand der Paulaner in München und Amberg darzulegen und den Kostenaufwand für den Unterhalt der Geistlichen abzuschätzen122.

{5v} 15. Auf eine von dem churfürstlichen Geistlichen Rath wegen den Paulaner erstatteten Bericht wurde angetragen, demselben nochmahl aufzugeben, bestimt und ohnverzüglich anzuzeigen, worin das Vermögen der Paulaner allhier und in Amberg an beweglich- und unbeweglichen Güther bestehe, was davon zu nicht zu verändernden Stiftungen vorzubehalten, was zum Unterhalt der Geistlichen einsweilen davon zu verwenden und was endlich als reiner Fond zu neuen Zwecken zu bestimmen, auch wie dieses Vermögen indeßen mit den eingezogensten Unkösten administriret und was für Anstallten in dieser Hinsicht bis zu weiterer Bestimmung vorzukehren seyen.

Genehmiget.

[MJ] 16. Aufenthaltsgenehmigungen für zwei französische Emigranten.

17. Reformulierung der Stellungnahme zum Bericht des Hofrats in der Prozeßsache gegen Christian August Graf v. Königsfeld123.

18. Abweisung des Gesuchs von Edmund Graf v. Hatzfeld um die Belehnung mit der Unterherrschaft Kinzweiler im Herzogtum Jülich.

19. Die Vorhaltungen der Landschaft wegen der vom Kurfürsten dem Griesbacher Kramer Brandmayer erteilten Gerechtigkeit, mit Kurz- und Langwaren handeln zu dürfen, werden zurückgewiesen.

20. Festlegung der Zahl der Akzessisten beim Hofrat auf maximal vier Personen. Franz Xaver v. Klessing sei als Akzessist aufzunehmen, Maximilian Graf v. und zu Freyen-Seyboltsdorf nur nach der Vorlage eines weiteren Zeugnisses.

21. Detaillierte Festsetzungen zur Organisation der Kanzleien beim Hofrat und bei den Regierungen in Burghausen, Straubing und Landshut.

22. Entwürfe an das Ministerialdepartement der Finanzen wegen Zuweisung von Personal an die Polizeidirektion München, an das Hof-Oberrichter-Amt und wegen der Entschädigung der vormaligen Kommissare der Hofstäbe.

Anmerkungen

116
Zum Status der Akademie 1799 siehe HStK 1800, S. 125f.
117
Riedl (1746-1809, geadelt 1790), Direktor der Strassen- und Wasserbau-Direktion, fungierte seit 1796 als Obermarschkommissar (zuständig für die Koordinierung der Bewegungen auswärtiger Truppen in Bayern), seit 1799 Oberkriegskommissar (HStK 1800, S. 106). Zu seiner Bedeutung als Tiefbauexperte, Geometer und Kartograph vgl. zuletzt Schlögl, Staat, v.a. S. 171-175.
118
Vgl. Krauss-Meyl, Das »Enfant terrible«, S. 80f.
119
Marie Leopoldine, die aus der Linie Habsburg-Este stammte, war wegen einer Schwangerschaft (die Frage der Vaterschaft war und blieb ungeklärt) aus München entfernt worden und am 8. August 1799 nach Laibach/Ljubljana abgereist, wo sie bis Herbst 1801 blieb. Vgl. Krauss-Meyl, Das »Enfant terrible«, S. 82-88, zum Dissens unter den Ministern über die Höhe der in dieser Zeit fälligen Unterhaltszahlungen v.a. S. 87f. Montgelas setzte seine Auffassung, eine Kürzung der Zahlungen komme nicht in Frage, gegen Hompesch durch.
120
St. Martin, kurpfälzischer Hofkammerrat, war auch Generaladministrator der Lotterie in der Kurpfalz gewesen (Gigl, Zentralbehörden, S. 97).
121
Nicolaus Care, Hofobertapezierer und Burgpfleger der Residenz (HStK 1800, S. 30).
122
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 3. August 1799, TOP 10). Das Kloster der Paulaner in der Au bei München war im Juli 1799 dem Hofkriegsrat übergeben worden und wurde bis 1802 als Kaserne genutzt; vgl. Jahn, Säkularisationsmaßnahme.
123
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 10. September 1799, TOP 22).