BayHStA Staatsrat 1, Nr. 33 9 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

1. Steuerpostulat 1799 und 1800

[MF] Abschluß der Verhandlungen über das Steuerpostulat 1799 mit der Landschaftsverordnung; Ankündigung der für den 1.1.1800 neu auszuschreibenden Steuern; Vorlage der Reichs- und Landes-Defensionsrechnungen.

1. Wurden die von der Landschaffts Verordnung unterm 11. und 15. dieses Monats wegen {2v} dem diesjährigen Postulat und damit verbundenen Gegenständen erstattete zwey Berichte abgeleßen und dann das darauf zu erlaßende Rescript in einem Entwurfe vorgeleget, worin alle von erwähnter Verordnung aufgestellte Punckten beanthworthet, das ganze Geschäfft mit derselben für das laufende Jahr als geschloßen erkläret und eröffnet wird, daß die Bedürfnüße des künftigen Jahrs die Ausschreibung dreyer Anticipations Steuern und einer Stand-Anlaage mit dem 1. Jänner erforderten, wo inzwischen vor Einberufung der Landschaffts-Verordnung die Reichs und Landes-Defensions Rechnungen zur Vorlaage an dieselbe ganz ins Reine gebracht werden würden.

Dieser Rescripts-Entwurf erhielt die höchste Genehmigung.

2. Vorbereitung der Abrechnung der Landes-Defensionskosten durch das Kriegszahlamt unter Zuziehung des Geheimen Referendärs Utzschneider.

3. Administrative Vorbereitung der Trennung von Staats- und Hausgütern

Das Ministerialdepartement der Finanzen soll die Vorarbeiten aufnehmen für die Trennung von Staats- und Kammergut. Als verantwortliche Bearbeiter werden die Referendäre Franz v. Krenner und Utzschneider eingesetzt183.

3. Zu Trennung des Cammer-Guths von den eigentlichen Staats-Gefällen und zu Fertigung der diesfalls nothwendigen Vorarbeiten wurde angetragen, die Geheime Referendärs von Krenner und Utzschneider zu beauftragen, diese Absonderung unter Leitung des Ministerial-Finanz Departements zu bewerckstelligen und das Erforderliche bey den geeigneten Stellen diesfalls zu veranlaßen.

Hierauf erfolgte die höchste Zustimmung.

4. Gutachten über die Möglichkeit, zur Deckung des Finanzdefizits des Staates geistliche Güter im Wert von 3 Millionen Gulden zu verkaufen

Zur Deckung des Staatsdefizits solle kein Papiergeld eingeführt werden, sondern »von äüserster Staatsgewalt wegen« geistliche Güter im Wert von 3 Mio. fl. in Bayern, Neuburg, Sulzbach und der Oberpfalz verkauft werden. Das Ministerialdepartement für Geistliche Angelegenheiten soll zwei Kommissare benennen, die zusammen mit den Finanzreferendären Franz v. Krenner und Steiner die notwendigen Vorarbeiten »mit aller Verschwiegenheit« in Angriff nehmen sollten184.

4. Weil bey dem verworffenen Papier-Gelde zu Rettung des Staates die Nothwendigkeit eintritt, andere Mittel zu Deckung des Casse Deficits {3r} zu ergreifen, so wurde angetragen, von äüserster Staatsgewalt wegen um 3 Millionen geistlicher Güther in Baiern, Neuburg, Sulzbach und der Oberen Pfalz zu veräüßeren. In einem vorgelegten Rescripts Entwurf wurde dem Geistlichen Ministerial Departement diese höchste Entschließung eröffnet und demselben aufgegeben, zwey Commissarien zu ernennen, welche gemeinschafftlich mit den Geheimen Finanz Referendärs von Krenner und Steiner die Ausführung hievon mit aller Verschwiegenheit vorbereiten und zur Execution reif machen.

Seine Churfürstliche Durchleucht genehmigen, daß dieses Mittel zu Deckung des Staats-Deficits ergrieffen und das Rescript an das Geistliche Ministerial Departement in der angetragenen Art erlaßen werde.

5. Prüfung von Einsparungen beim Kammergut und bei der Hofhaltung

Die Finanzreferendäre Utzschneider und Hartmann werden beauftragt, Einsparungsmöglichkeiten beim Kammergut und bei der Hofhaltung zu prüfen.

5. In einem zur gnädigsten Genehmigung weiter vorgelegten Rescripts-Aufsaz wird den Geheimen Referendärs Herrn von Hartmann und Utzschneider der Auftrag ertheilet, die Ausgaaben, die auf dem Cammer Guthe liegen, zu prüfen und wegen den in der hiesigen Landes Verfaßung liegenden gegründeten Ersparungen beym Cammer Guth mit den Chefs der Hofstäben das Erforderliche zu verabreden und die Résultaten ihrer Arbeiten durch das Geheime Finanz Departement Seiner Churfürstlichen Durchleucht zur gnädigsten Entschließung vorzulegen.

Dieser Vorschlag wurde genehmiget.

6. Vorbereitungen für ein gerechteres Steuersystem

Die Finanzreferendäre Franz v. Krenner und Utzschneider werden beauftragt, eine gerechtere Verteilung der Steuerlasten in Bayern, Neuburg, Sulzbach und der Oberpfalz vorzubereiten.

6. Nach einem ferner vorgelegten Rescripts Aufsaz wurden die Geheime Referendärs von Krenner und Utzschneider beauftraget, zu Veranstalltung einer allgemeinen Steuer Rectification in Baiern, Neuburg, Sulzbach und der Oberen Pfalz unter Leitung des Finanz Ministerii mit den erforderlichen Einleitungen ohne mindesten Zeitverlust den Anfang zu machen.

Ebenfalls genehmiget.

[MA] 7. Korrespondenz mit Ignaz Freiherrn v. Reibeld wegen Kriegsangelegenheiten der Kurpfalz; Ablehnung der von Erzherzog Karl verlangten Aufstellung eines Landsturms in der Pfalz; Klärung von Übergriffen kurmainzischer Landsturm-Einheiten auf pfälzisches Gebiet mit dem Mainzer Hofkanzler Franz Josef Freiherr v. Albini.

8. Zurückweisung von Einsprüchen gegen die geplante Neuordnung des höheren Schulwesens

[MGeistl] Zurückweisung des Einspruchs der Ständevertretung und einzelner Städte gegen die geplante Neuordnung des höheren Schulwesens185.

8. Der von der allhiesigen Landschaffts Verordnung gegen die neue Einrichtung des lateinischen Schulweßens in Baiern erstattete Bericht wurde, sowie die darauf gefertigte Rescripts Aufsätze an dieselbe und die Geistliche Raths Schul Deputation, abgeleßen. Jener an die Landschafft enthält eine puncktweiße Wiederlegung der von ihr gegen diese landesherrliche Verfügung aufgestellter, ohngegründeter Einwendungen, leget den wahren Zweck vor, den Seine Churfürstliche Durchleucht bey Faßung dieser gnädigsten Entschließung bezielet und endiget sich mit der Erklärung, daß Höchstsie weder auf gegenwärtige noch auf künftig- ähnliche Beschwehrden einige Rücksicht nehmen laßen werden und auf die eingelegte Intercession für die Städte Burghaußen, Ingolstadt, Landshut und Landsberg nichts anderes verfügen könten, sondern auf Dero gefasten Entschließung ohnerschütterlich bestünden. Das Leztere befindet sich ebenfalls nebst Wiederlegung der auch von dem Praelaten Schul-Directorio hiegegen aufgestellten Beschwehrden in der Weißung an die Schul-Deputation ausgedrucket.

Seine Churfürstliche Durchleucht genehmigen diese beyde Aufsäze.

9. [MJ] Besetzung des Wechselgerichts 2. Instanz durch »Quiescenten«: die ehemaligen Hofkammerräte Dominicus Friedrich v. Linbrun und Franz Knebel sowie die ehemaligen Hofräte Johann Georg v. Zech und Johann Nepomuk v. Mayr.

10. Die Übernahme des Zehntgrafenamtes in Leimen186 durch Rückkehr des zeitweise erkrankten und beurlaubten Amtsinhabers Anton Dachert wird ausgesetzt bis zur endgültigen Behördenorganisation der Pfalz. In der Zwischenzeit solle der Amtsverwalter Pfister dort verbleiben.

11. Dem Gesuch von Generalmajor Maximilian Graf Topor v. Morawitzky, Vizestatthalter in Ingolstadt, um gleichzeitige Verleihung der Stelle als Vizepräsident des dortigen Ratskollegiums wird stattgegeben187.

12. Vorgezogene Zulassung des pfalz-zweibrückischen Hofrats Joachim Adam Freiherr v. Niedermayr zur Leistung seiner Dienste als Truchseß auf Fürsprache des Obersthofmarschalls Freiherr v. Gohren.

13. Die vom Stadtschreiber Nestler von Kreuznach unterbreiteten Vorschläge, wie nach einer eventuellen Rückgewinnung des linken Rheinufers zu verfahren sei, sollten auf sich beruhen.

14. Stellung und Erfüllung der Dienstpflichten der Hofgerichts-Advokaten sollten künftig vom Revisorium überwacht werden.

15. Das Gesuch des Kassiers der Rentkasse in Neuburg, Joseph Ludwig Schell, um den Hofratstitel wird abgewiesen.

16. Dem ehemaligen Agenten in Augsburg, Johann Baptist Staudinger, wird Akzess zum Hofrat eingeräumt, um sich für weitere Verwendungen zu qualifizieren188.

17. Gewährung einer Beurlaubung von zwei Monaten für Carl Graf v. Benzel, Rat beim pfälzischen Hofgericht.

18. Carl De la Motte, Rat der Regierung von Pfalz-Zweibrücken, wird der Zutritt zu den Sitzungen der Regierung in Mannheim bewilligt, ohne eine Anstellungsgarantie auszusprechen.

19. Auf Anfrage des Hofrats-Präsidenten Guido Alois Graf v. Taufkirchen wird eine Verfügung von 1782 aufgehoben, die Professen des Malteserordens verbot, in Kriminalfällen Recht zu sprechen.

Anmerkungen

183
Die Punkte 3) bis 6) umfassen erste Maßnahmen zur Umsetzung der Beschlüsse der wichtigen Staatskonferenz vom 4. November 1799.
184
Zur Stellung dieser wichtigen Entscheidung in der Vorbereitung der Aufhebung der Klöster 1802/03 vgl. Weis, Montgelas, Bd. 2, S. 162; Stauber, Finanznot, S. 133-135.
185
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 24. September 1799, TOP 1).
186
Leimen war Sitz der pfälzischen Zent Kirchheim; vgl. HStK 1800, S. 244.
187
Vgl. HStK 1800, S. 11, 136.
188
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 29. Oktober 1799, TOP 8).