BayHStA Staatsrat 381, Nr. 10 23 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst.: 19. Juni 1801.
Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.
1. Montgelas legt dem Staatsrat die kurfürstliche Bestätigung des Staatsrats-Protokolls vom 10. Juni 1801 in der Staatskonferenz vom 12. Juni 1801 sowie die dort getroffenen Abänderungen und zusätzlichen Verfügungen zur Kenntnisnahme vor.
2. Organisation des »Bureau topographique«
Schenk referiert die Ergebnisse der im MF durchgeführten Prüfung der bisherigen Vorschläge zur Organisation des künftigen Topographischen Büros und behandelt u.a. die Fortführung der Vermessungsarbeiten Adrian von Riedels, die Integration der Arbeit der französischen Ingenieure und Fragen der Besoldung Bonnes.
{2v} 2. Der Churfürstliche Geheime Referendär Herr von Schenk erstattete den nach dem Schluße des Staatsrathes vom 10. dieses [Monats] wegen dem Bureau topographique gefaßten Vortrag, der bei dem Ministerial Finanzdepartement geprüfet und einstimmig angenommen worden, und führte an, wie bei dem erwehnten Departement diese Prüfung vorzüglich auf die Directions- und Regie-Gegenstände dieses Geschäftes beschränket und sich in die Ausführungsart desselben, nur in soferne eingelassen worden, als es die administrativen Zwecke, welche durch die Arbeiten des Topographischen Bureau gleichfalls erreichet werden sollen, nothwendig gemacht.
Derselbe legte hierauf die Erinnerungen und Bemerkungen vor, so rücksichtlich der Direction, des Regie- und Rechnungswesens, dann der Ausführungsart bei dem Ministerial Finanzdepartement gemacht worden, in wie weit solche von den Vorschlägen der Direction des Bureau Topographique abweichen, und mit welchen Änderungen dieselbe zur höchsten Genehmigung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht vorgeleget werden könnten.
Besagter Geheimer Referendär Herr von Schenk legte vor, daß der Oberste von Riedl sich vorbehalten wolle, die nach einigen in seinen Händen habenden Befehlen und mit erhaltenen Vorschüßen schon angefangenen separirten Landesmessungen fortzusetzen, und äuserte, daß dieser Vorbehalt, ehe er entschieden werden könne, eine nähere Erläuterung von dem Obersten von Riedl erfodere, indem dieser sich nie auf Landesmessungen, welche bei den neu errichtet werdenden Bureaus topographique und des Catasters ganz {3r} überflüßig und ungeeignet seyen, sondern nur auf geometrische Aufnahme einzelner Districte zum Behuf eines Dicasterial Vertrages sich erstrecken könne.
Referent zeigte ferner, wie der Bataillons Chef Bonne rücksichtlich seiner Verhältniße mit der Direction des Bureau topographique, worüber er in einem überreichten Schreiben sich beklaget, beruhiget worden, und welche Einrichtungen zu trefen seyn mögten, damit die französische Ingenieurs, den Bataillons Chef Bonne mitbegrifen, über die auf der Herstellung der baierischen Charte von ihnen verwendet werdende Nebenausgaben förmliche und spezifierliche Rechnungen fassen und zur Ruckzahlung vorlegen.
Herr Geheimer Referendär von Schenk fügte bei, daß der Bataillons Chef mündlich den Wunsch geäusert habe, von der Gnade Seiner Churfürstlichen Durchlaucht für sich und die übrige französische Ingenieurs täglich 10 Pferd-Rationen, und für sich insbesondere zu Führung einer anständigen Tafel einen monatlichen Beitrag von einigen 100 fl. nebst freier Wohnung zu erhalten. Er wisse zwar, daß er nach dem Arreté des Général en Chef hierauf keinen Anspruch machen könne, allein die dermaligen hohen Preise aller Verpflegungsmitteln entschuldigten seine Bitte, deren Gewährung ohnehin blos von der Gnade Seiner Churfürstlichen Durchlaucht abhänge.
Referent überließ der höchsten Entscheidung, in wie weit diesen vorgelegten Punkten die gnädigste Genehmigung ertheilt werden wolle.
Nach hierüber gehaltener Umfrage wurde
{3v} beschloßen, den von dem Ministerial Finanzdepartement zur Organisation des Bureau topographique gefaßten Anträgen beizutretten und solche Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zur höchsten Genehmigung vorzulegen, dabei auf einen monatlichen Beitrag von 300 fl. für die Tafel des tit. Bonne nebst freier Wohnung und Anweisung der täglichen 10 Pferd-Rationen für ihn und die übrige französische Ingenieurs unterthänigst anzutragen.
3. Requisition des Kirchensilbers
Branca bringt den aktuellen Wert des zur Ausmünzung abgelieferten Kirchensilbers zur Kenntnis und legt eine Übersicht weiterer Kirchen vor, die neu in die Requisitionsmaßnahmen einbezogen wurden.
3. Herr Geheime Referendär von Branca zeigte durch Vorlage zweier Berichte der Kriegsdeputation, wie hoch das ausgemünzte und zur allgemeinen Requisitionskasse abgelieferte Kirchensilber sich bis zum 2. dieses [Monats] belofen, auch welche Klöster und Walfahrten ausser der ehemalig französischen Demarkationslinie durch den abgeordneten Commissaire bereiset worden und welches Kirchensilber von diesen eingezogen und sogleich abgeliefert worden.
Referent trug an, diese Berichte beruhen zu lassen.
Beruhen.
4. Vortrag Schenk: Die geplante Verlegung von Militär in das Herzogtum Berg stoße auf eine Reihe organisatorischer Schwierigkeiten, außerdem könne das Land selbst nach Einschätzung des Geheimen Steuerrats in Düsseldorf dazu höchstens 15.000 fl. pro Monat beitragen. Der Staatsrat legt dem Kurfürsten den Antrag vor, wegen der »so verwickelten politischen Verhältnißen« vorerst noch keine Truppen »in die untern Provinzen« zu verlegen.
Kfstl. Entschließung dazu 19. Juni 1801: Die für Berg bestimmten Truppen seien bereits in Marsch gesetzt. Die monatliche Zahlung des Landes von 15.000 Gulden solle künftig nicht mehr an den Düsseldorfer Steuerrat, sondern an die Münchener Militärbehörde gehen.
5. Beschlüsse zur Aufnahme einer Anleihe von drei Millionen Gulden zur Deckung von Ausgaben der Hauptkasse
Krenner jun. berichtet über die von Schenk und ihm aufgrund eines Staatsratsbeschlusses362 mit Josuel Westheimer geführten Verhandlungen über die Konditionen einer Anleihe von drei bis vier Millionen Gulden zur Verwendung bei der Hauptkasse. Es geht u.a. um die Höhe der Provision, die Garantie der Summe durch das Abledigungswerk und die geplante rasche Rückzahlung (ab 1803 in 16 halbjährlichen Raten von 125.000 fl.). Die Referendäre des MF schlagen vor, von Westheimer nur 2 Millionen Gulden aufzunehmen und weitere zwei Millionen durch Aufkündigung von bei Aron Seligmann angelegten Geldern aus Bergen op Zoom und aus dem »Erlöß der zum Verkauf bestimmten Staats-Realitaeten« zu erzielen. Der Staatsrat beschließt eine Anleihe in Höhe von drei Millionen Gulden bei Westheimer, über deren Ausgestaltung Finanzminister Morawitzky sowie die Referendäre Krenner jun. und Schenk mit diesem nochmals verhandeln sollen. Ferner soll, wie von Schenk vorgeschlagen, auch von David Seligmann noch ein Angebot eingeholt werden.
{5r} 5. Churfürstlicher Geheimer Finanz-Referendär Herr von Krenner legte dem Staatsrathe die Bedingungen vor, unter welchen der Negoziant Westheimer nach einer in Folge des Staatsrathsschlußes vom 3. und Conferenzschlußes vom 5. Juny durch die Geheime Referendäre von Krenner und Schenk mit ihme gepflogenen Unterredung sich zu einen Anlehen von 3, und wenn es nothwendig auch zu 4 Millionen erbotten. Er sezte dann in einem abgelesenen schriftlichen Vortrag auseinander, wie der gegenwärtige schlechte Zustand der hiesigen Hauptkasse und der vorhandene Schuldenstand wehrend dem achtiährigen Kriege herbei geführt, durch welche Hilfsmittel diese Zeit hindurch dem beständig mehr angewachsenen Déficit begegnet worden, dann durch welche Fonds und wie die nach dem Conferenzschluße aufzunehmende 4 Millionen rückvergütet und getilget werden könnten.
Nachdem Referent dem Staatsrathe eröfnet, daß in der Zwischenzeit die Bergstrasserische Antwort eingelaufen und hievon nur eine geringe Summe, und selbst diese unsicher oder doch noch theuerer, als der erste Antrag gewesen, zu hofen seye, trug er seine über die vorliegende {5v} Gegenstände habende Meinungen vor, die auszugsweise hier folgen:
1) Solle bei Westheimer ein Haupt-Anlehen doch nur auf 2 Millionen negozirt werden, wovon eine cum obligo, die andere hingegen ohne obligo, zu Ersparung der schweren Provisionskösten, zu unterhandlen seyn.
2) Wären Seine Churfürstliche Durchlaucht zu bitten, zu was sich Höchstselbe auch bereits ganz geneigt erklärt haben, die dritte Million aus den Bergopzoomischen Kaufschillingsgeldern herzuleihen, mithin dem Hofagenten Seeligmann die bedungene 3monatliche Aufkündigung schleunigst zu machen.
3) Die vierte Million wäre aus dem Erlöß der zum Verkauf bestimmten Staats-Realitaeten, der zu beschleunigen und wovon in Jahr und Tag sicher eine Million vollzählig gemacht werden könnte, beizubringen.
4) Die bei Westheimer aufzunehmende zwei Millionen seyen vom Lande und respective von dem gemeinsamen Schulden-Abledigungswerke zu decken.
5) Zu schnellerer Heimbezahlung dieser aufzunehmenden 2 Millionen, wodurch die theuere Zinsenbezahlung abgekürzet würde, seye das Capital in 16 Fristen von jährlichen 125.000 fl., in halbiährigen Raten getheilet, ruckzuzahlen und damit schon anno 1803 anzufangen, welche Summe von 125.000 fl. sehr leicht an der zum Schuldenwerk jährlich zu entrichtenden Cameral-Concurrenz einbehalten respective um so viel weniger dahin bezahlet werden könnte, wenn gegen alles Verhofen kein Verein mit {6r} der Landschaft zu Stande käme. Wegen dieser früheren Ruckzahlung wolle Westheimer auch an der 1 Million cum obligo 1 Prozent der Provision nachlassen.
6) Zum Ersatz der aus dem Bergopzoomer Kaufschilling vorgestreckt werdenden 1 Million wäre theils dasjenige, was man an den verkauft werdenden Realitaeten mehr als eine Million erlöse, theils die Realisirung der Allodialmasse-Capitalien zu bestimmen.
7) Sollte die Allodial Masse successive mehr als eine Million abgeben können und der Realitaetenverkauf mehr als eine Million abwerfen, so solle der Überschuß des leztern, wenn das Bergopzoomer Anlehen durch die Allodial Capitalien gedeckt seyn wird, bis zu seiner zeitigen Herstellung der Surrogaten in einen Staatsschatz geleget werden, dessen Bildung, Zweck und Verwendung Referent ausführlich schilderte.
Derselbe machte hierauf den Vorschlag, um den Zustand der Sachen, und in wie weit man den Hausverträgen getreu geblieben, oder was man der Fideicommiss-Masse hafte, täglich vor Augen zu haben, ein Libell über alle unter der itzigen Regierung aus verkauften Fideicommiss Stücken erlößte Gelder und über alle seit dieser Zeit auf den Erkaufe anderer Stücke oder auf Meliorationen des Fideicommisses gemachte Ausgaben herzustellen und auf diese Art immer fortzufahren, dann daß statt des nach dem Anspacher Hausvertrag zu erholenden Gutachten der Cameral Landesstelle der erstattete Vortrag {6v} des Ministerial Finanzdepartements mit den von den übrigen Finanz-Referendären hierüber schriftlich zu äusernden Meinungen an die Stelle tretten, und nach erfolgter churfürstlicher höchster Genehmigung zum Archiv und an die durchlauchtigsten Herren Agnaten abschriftlich gegeben werden könnte.
Referent führte hierauf an, daß bei dem Ministerial Finanzdepartement auf diesen Vortrage man sich vereinbaret, statt 3 nur 2 Millionen bei dem Negozianten Westheimer aufzunehmen, auch von diesen nur eine cum obligo und die andere sine obligo zu unterhandlen. Man habe mit dem Negozianten Westheimer nochmal Rücksprache genommen und bei der früheren Rückzahlung auf einen Nachlaß an der Provision gedrungen, woraus sich folgendes Resultat ergeben:
1) Westheimer wolle bei der cum obligo stellenden Million 1 Procent an der Provision nachlassen, mithin nur 5 1/2 Procent Provision begehren. Hingegen bei der sine obligo stellenden Million, wo er ohnehin nur 3 1/2 Procent Provision gefodert habe, könne er nicht mehr weiters herunter.
2) Weil aber nicht 3 Millionen, sondern nur zwei Millionen, und auch diese nur halb cum obligo und halb sine obligo gestellt werden sollen, so könne er an diesen mit geringeren Provisonsbezuge nicht mehr jene 45.000 fl. für etwa illiquide Lieferungsposten aufopfern, welche er auf jenen Fall aufzuopfern anerboten hat, wenn er von ganzen 3 Millionen ganze 6 1/2 Procent Provision bezogen hätte. Er will aber doch noch {7r} 25.000 fl. an den 5 1/2 Procent et 3 1/2 Procent der 2 Millionen nachlassen, wenn ihm an illiquiden Posten 25.000 fl. ohne weiteren Rechtsstritt passiren. Im Grunde will er also 25.000 fl. an illiquiden Posten nicht ausstreitten, sondern zurück lassen, in Rücksicht der von 2 Millionen nach 5 1/2 Procent et 3 1/2 Procent erhaltenden Provision.
3) Doch müsse noch, was jüngsthin nicht genau bestimmt worden ist, bestimmt werden, daß nach der allgemeinen Übung der cum obligo-Anlehen die Interessen vom Tage des Abschlußes und respective des Obligations Dati, bei dem sine obligo-Anlehen aber allezeit um 1 Monat früher, als die einzelnen Gelderlagen geschehen, zu laufen anfangen sollen.
Herr Geheimer Referendär von Schenk erinnerte hiebei, daß der Sohn des Hofagenten Seeligmann bei ihme gewesen und erklärt, wie er auch bereit seye, dem Staate mit einem Anlehen zu dienen. Man möge ihme die Bedingniße schriftlich mittheilen, unter welchen andere es übernehmen wollten, damit er seine Erklärung ebenfalls abgeben könne.
Herr von Schenk äuserte, daß, obschon Seeligmann nicht übergangen, sondern vielmehr mehrmal befraget worden, ob er ein Anlehen übernehmen wolle, hiezu aber niemal sich geneigt erklärt, man ihme dennoch die Bedingniße nicht verweigern dürfe, da der Wohlfeilste bei solchen Geschäften, wenn er Sicherheit leisten könne, immer der Beßte seye, auch Concurrenz hiebei nie ohne Nutzen bleibe.
Über diesen von dem Herrn von Krenner gemachten Vortrag und die Erinnerung {7v} des Herrn von Schenk wurde Umfrage gehalten und darauf beschloßen,
das zu eröfnende Anlehen auf 3 Millionen zu bestimmen, wovon 2 Millionen mit Obligo und 1 ohne Obligo seyn sollen. Des Churfürstlichen Geheimen Staats- und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Morawitzky Excellenz hätten dahero mit Zuziehung der beiden Geheimen Finanz-Referendäre von Krenner und Schenk über die Bedingungen, unter welchen solches übernommen werden wolle, den Negozianten Westheimer nochmal zu vernehmen, auch den jungen Seeligmann zu sich rufen zu lassen, ihme die gemachten Bedingniße zu eröfnen und seine schriftliche Erklärung zu fordern, auf welche Art er das Anlehen von 3 Millionen übernehmen wolle, den Erfolg hievon aber in der nächsten Staats-Conferenz vorzulegen.
Kfstl. Entschließung dazu 19. Juni 1801:
{12v} Ich genehmige nach dem Schluße des Staatsrathes die Eröffnung eines Anlehens von drey Millionen, zwey mit und eine ohne obligo, nach den von dem Ministerial Finanz Département zu deßen Ruckzahlung und Übertragung auf das Schuldenwerck gemachten Vorschlägen. Die in der lezten Punctation mit dem Negotianten Westheimer vom 17. dieses Monats gesezte Ruckzahlungstermine, dann Interesse und Provission sollen zur Basis bey Abschließung des Anlehens angenohmen werden, und ist hierauf mit dem Westheimer ohnverzüglich abzuschließen, in so ferne von dem jungen Seeligmann, ohne Einmischung des Berg-{13r}Opzommer Capitals, nicht vortheilhaftere Bedingnüße, weswegen er nochmahl zu vernehmen, zu erhalten sind. Bey Erhohlung des agnatischen Consenses solle die Art der Ruckzahlung und die Abtragung der Interesse genau auseinander gesezet, dabey auch erläuteret werden, ob durch diese mit dem Jahre 1803 anfangende Capitals Ruckzahlung und Interessetilgung nicht die Erfüllung der schon mit agnatischem Consens eingegangenen früheren Zahlungsverbindungen gehemmet werde. Die Vorschriften des Anspacher Haußvertrages wegen den Anlehen sollen genau beobachtet und befolget, dabey jedoch für den gegenwärtigen Falle das Gutachten des Finanz Départements statt des vorgeschriebenen Gutachtens der Cameral Landesstelle hinterleget werden. Bey Abschließung mit dem Negotianten Westheimer solle die Sönderung der liquiden von den illiquiden Posten seiner Forderung in zwey Monathen anbefohlen werden; wegen deßen Anerbiethen zum Nachlaß eines Theils der Provision für die illiquiden Posten seiner Forderung erwarte ich nähere Vorlaage nach Vernehmung der Commission. Das Anerbiethen eines sicheren Franck, ein Anlehen negotiiren zu wollen, solle beruhen und ihme eröffnet werden, wie hievon kein Gebrauch gemachet werden könne.
6. Vortrag Krenner jun.: Berichtet über die ihm aufgetragene Prüfung der in Neuburg ausgearbeiteten Grundsätze für die Umlage der Kriegskosten-Abgabe in der Stadt Neuburg363 und die Umarbeitung zu einem katasterartigen Besitzverzeichnis. Durch Fortschreibung der letzten Steuerveranlagung von 1728 wird ein Kapitalwert für Häuser und Grundstücke, Gewerberechte und Pensionszahlungen ermittelt; die der Stadt Neuburg auferlegten Zahlungen für die Kriegskosten-Abgabe in Höhe von 30.000 fl. entsprächen etwa 1,5 % dieses Kapitalwerts. Demnach seien in Neuburg von den Häusern und Grundstücken etwa 14.000 fl., vom Gewerbe 11.000 fl. und von regelmäßigen Zahlungen 4.000 fl. aufzubringen. Bezüglich der Veranlagung von Gewerbetreibenden und Pensionsempfängern nimmt der Staatsrat diese Vorschläge nicht an, sondern beauftragt die Neuburger Kriegs-Kommission mit der Ausarbeitung einer stufenweisen Einteilung nach finanzieller Leistungsfähigkeit.
7. Vortrag Stichaner: Weiterleitung von kurfürstlichen Kabinettsordres wegen der Untersuchung gegen Hofrat Lindhammer, der militärische Effekten veruntreut haben soll, an die Kriegsdeputation.
8. Verfahren mit von den französischen Militärbehörden verurteilten Personen
Stichaners aufgrund einer Bittschrift der Franziska Hieringer für ihren in München inhaftierten Ehemann an den Staatsrat gerichtete Anfrage, ob die von den französischen Militärbehörden verurteilten Personen in absehbarer Zeit mit Hafterleichterung oder sonstigen mildernden Umständen rechnen könnten, wird vorerst zurückgestellt.
{9r} 8. Derselbe Geheime Referendär Herr von Stichaner machte auf eine von der Francisca Hieringerin, Försterin in Siegenburg, deren Mann im hiesigen Zuchthause sich befindet, übergebene Vorstellung die Anfrage, ob wegen den von den französischen Militärbehörden zur Gefängnisstraffe verurtheilten Individuen noch keine mildernde Entschliessung genommen werden wolle?
Solle noch beruhen.
9. Vortrag Branca: Angesichts des Falles der Umwandlung eines Schulhauses in ein Pulvermagazin beschließt der Staatsrat, daß den Militärbehörden Änderungen der Nutzungsrechte an Gebäuden künftig nur mehr nach Absprache mit dem zuständigen Ministerialdepartement erlaubt sein sollten.
10. Vortrag Branca: Weiterleitung einer Vorstellung des Magistrats der Stadt Weiden wegen der Einziehung des Kirchensilbers an die Kriegsdeputation.
11. Vortrag Krenner jun.: Bezahlung der überfälligen Forderungen des Wirts Hörndl für geliefertes Schlachtvieh in Höhe von 4.868 fl.
12. Vortrag Hartmann: Aufhebung der von der GLD getroffenen Entscheidung wegen der strittigen Verteilung der Gemeindegründe im Markt Plattling. Es solle nochmals ein gütlicher Ausgleich versucht werden, wobei das stets von Überschwemmungen bedrohte Mündungsgebiet der Isar aus den zu verteilenden Gründen herauszunehmen sei.
13. Unterschiedliche Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen von Staats- bzw. Hofbediensteten
Krenner jun. entwickelt anläßlich eines Berichts über das Ansuchen der Maria Anna Gräfin von Vieregg um eine Witwenpension den Grundsatz, daß die Versorgungsansprüche von Witwen und Waisen unterschiedlich zu behandeln seien nach der Funktionsstellung des verstorbenen Mannes. Im Fall von Staatsbediensteten bestehe in jedem Fall ein grundsätzlicher Anspruch; im Fall von Hofbediensteten sei zu unterscheiden, ob es sich um eine »aus dem ersten Adel blos zum Glanze des Hofes gezogen(e)« Person handle, die in der Regel über die Familie bestens versorgt sei, oder um »gemeine Dienerschaft«, deren Bitten Anspruch wenigstens auf »Gnade und Mitleid« des Kurfürsten hätten. Der Staatsrat stimmt, wie von Krenner beantragt, der Ablehnung des Gesuchs der Gräfin von Vieregg zu, lehnt aber die rechtliche Umsetzung der Unterscheidung zwischen Hof- und Staatsbediensteten in Pensionsfragen noch ab, da die Einkünfte des Kammerguts und des Staates noch nicht vollständig getrennt seien.
{11r} 13. In Bezug auf einen von dem Finanz-Ministerio wegen dem Pensionsgesuche der verwittibten Gräfin von Vieregg, gebornen Gräfin von Lerchenfeld Köffering, an Seine Churfürstliche Durchlaucht erstatteten Bericht, der bis itzt ohne Entscheidung geblieben, erstattete der Churfürstliche Geheime Finanz-Referendär Herr von Krenner schriftlichen Vortrag und sezte darin die in erwehntem Bericht schon angeführte Grundsätze nochmal auseinander, wornach bei Hof- und Staatsdiener im Ansehung der Pensions-Ansprüche ein grosser Unterschied zu machen seye. Leztere könne man ohne grosse Gefahr des Staatsdienstes der Sorge und dem Kummer, ihre Wittwen nach dem Tode in Noth und Elend hinterlassen zu müssen, nicht preißgeben. Die Hofdienerschaft aber bestehe größtentheils aus 2 Classen: Entweder sie seyen aus dem ersten Adel blos zum Glanze des Hofes gezogen oder gemeine Dienerschaft, deren Wittwen und Kinder zwar auf Gnade und Mitleid, nicht aber auf jene Rücksichten wie bei den Staatsdienern Anspruch machen können.
Zu diesem allgemeinen Grundsatze müsse man noch für den vorliegenden besonderen Falle hinzufügen, daß die verwittibte Gräfin von Vieregg, welche als Wittwe eines blos zum Glanze des Hofes bestellt gewesenen adelichen Hofdieners zu betrachten, anbei noch die Tochter eines {11v} der ersten und vermöglichsten Adelspersonen und die Mutter eines Kindes seye, welches der Erbe eines der reichsten Cavalliers zu werden die nahe Aussicht habe.
Aus diesen Gründen und bei den üblen Kasse-Umständen habe das Ministerial Finanzdepartement auf eine Pension für die Wittwe Gräfin von Vieregg nicht antragen können, so sehr auch dasselbe ihr eine Unterstützung wenigstens in so lange gönne, bis ihr Kind zur Erbschaft seines Vaters gelange, und deswegen die Entscheidung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht überlassen.
Referent fügte bei, daß das Ministerial Finanzdepartement noch gegenwärtig auf die nämliche Grundsätze halte, welche sie unterm 28. November vorigen Jahrs vorgeleget, und da die Kasse-Umstände noch die nämliche, im Gegentheile die Aussichten noch schlimmer sind und die äuserste Sparsamkeit erfodern, so unterstellt selbes sowol die Entscheidung des Special Falles als die Sanctionirung des Prinzips der Ermässigung des Staatsrathes und der noch manglenden Entscheidung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht.
Nach hierüber gehaltener Umfrage
wurde durch die Mehrheit des Ministerial Stimmen entschieden, daß der aufgestellte Grundsatz wegen Unterscheidung der Hof- und Staatsdiener bei Pensions Verleihungen dermal, wo die Kammerguts-Gefälle noch mit den Staats-{12r}Einkünften vermischet sind, noch nicht angenommen, wohl aber die verwittibte Gräfin von Vieregg aus den angeführten Gründen mit ihrem Pensions-Gesuche abgewiesen werden solle.
14. Verlust der Versorgungsansprüche von Angehörigen freiwillig ausgeschiedener Staatsdiener
Krenner jun. erstattet Bericht über das Pensionsgesuch der Gräfin von Berchem, Witwe des Karl Graf von Berchem, Vizedom der Regierung Burghausen und Rentamtskommissär364. Da Berchem bei der Neuorganisation der Burghauser Regierung, die nach dem neuen Grundsatz durchgeführt wurde, Direktorialstellen bei kfstl. Kollegien seien nicht mit der Funktion als landschaftlicher Verordneter vereinbar, auf seinen Vizedoms- oder Präsidentenposten verzichtet und es vorgezogen habe, seine Stellung als Landschafts-Verordneter des Rentamts Straubing weiterhin zu bekleiden365, könne die Gräfin keine Ansprüche auf die Witwenpension für einen Staatsdiener erheben. Der Staatsrat sanktioniert den hier vorgetragenen Grundsatz, daß die Angehörigen von »freiwillig ausgetrettene(n) Staatsdiener(n)« keinen Anspruch auf staatliche Pensionsleistungen hätten.
14. Über das Gesuch der Wittwe des ehemaligen Vicedoms in Burghausen Gräfin von Berchem, gebornen Gräfin von Tauffkirchen, um Anweisung einer Pension äuserte sich der Churfürstliche Geheime Finanz-Referendär Herr von Krenner, nachdeme er alle von ihr angeführte Gründe vorgeleget, in einem schriftlichen Vortrage dahin, daß das Ministerial Finanzdepartement der Regel nach die Wittwe eines Vicedoms oder Präsidentens als eines der ersten Staatsdieners keineswegs für pensionsunfähig halte, obschon solche dermal aus dem ersten Adel gezogen werden und der verstorbene Graf von Berchem einer der reichsten Cavallier ware. Allein da der Verstorbene den 25. May 1799 dem Stande eines Staatsdieners renunciret und jenen eines Landschaftlich[en] Verordneten vorgezogen hat, so seye er bei seinem Tode nicht als Vicedom, sondern nach seiner eignen Wahl als Landschaftlicher Verordneter anzusehen gewesen. Folglich falle seine Wittwe nicht mehr in die Cathegorie einer Vicedoms- oder Präsidentens-Wittwe, und deswegen glaube auch das Ministerial Finanzdepartement, daß sie nun auf die Pension einer Vicedoms Wittwe keinen Anspruch mehr machen könne. Weil {12v} aber derlei Fälle noch mehrere kommen könnten, wo die Wittwen der nach der Verordnung vom 25. May 1799 freiwillig ausgetrettene[n] Staatsdiener mit Ansprüchen auf Pensionen nach der vorigen Cathegorie ihrer Ehemänner aufträtten, so untergiebt dasselbe die Sanctionirung seines Grundsatzes dem Ermessen des Staatsrathes und hiernach der Churfürstlich-höchsten Entscheidung.
Der hierin aufgestellte Grundsatz und die Abweisung der verwittibten Gräfin von Berchem wurde von dem Staatsrathe genehmiget.
Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.