BayHStA Staatsrat 5 6 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MA] {2r} 1. Kurfürstliche Genehmigung der Anträge und Entschließungen der Staatsratssitzungen vom 14., 21. und 28. September, 5. und 19. Oktober sowie vom 9. November 1803 nach Vorlage durch Montgelas »mit einigen auf den Protocollen bemerkten Änderungen und Zusäzen«810.

Anstellung von Akzessisten im schwäbischen Hofgericht in Memmingen. Bei den Akzessisten auf Justizstellen sollen die allgemeinen Grundsätze über den Eintritt in den Staatsdienst angewendet werden.

2. In einem schriftlichen Gutachten wurde über die, den Raths Access bey dem Schwäbischen Hofgerichte in Memmingen nachsuchende Individuen dahin sich geäüßeret, daß die beyde Bittsteller Georg Silberhorn und Joseph Steinbauer als Accessisten bey dem Schwäbischen Hofgericht in Memmingen angestellet, und wegen den Accessisten bey den Justiz Stellen im allgemeinen sich mit dem Geheimen Ministerial Justiz und Polizey Departement benohmen werden solle, um den Zustand der Justiz Accessisten nach denjenigen Grundsäzen zu modificiren, welche die Reorgannisation der administrativen Landesstellen über den Eintritt in den Staatsdienst festsezen.

Nach Antrag genehmiget.

Organisation des Magistrats und der Untergerichtsstellen in Bamberg.

3. Über die Vorschläge der bambergischen Landes Direction zu Organnisirung des dortigen Magistrats und der übrigen bestehenden Untergerichts Stellen, wurde von dem churfürstlichen Geheimen Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas ein schriftliches Gutachten vorgeleget, worin die Beschränckungen auseinander gesezet, unter welchen das für Bamberg vorgeschlagene Stadtgericht, der Verwaltungs Rath, und eine gesönderte Polizey Direction statt des bis izt bestandenen Magistrats und übrigen Untergerichtsstellen, mit Ausnahm des sogenanten Rabiner Amtes, welches in so lange noch zu erhalten wäre, bis die Verhältnüße mit der Ritterschafft beendet seyn werden, angenohmen und mit dem in Antrag gebrachten Personale besezet werden könte.

Die Anträge des auswärtigen Ministerial Départements wegen der Stadt Bamberg wurden genehmiget.

Der Kurfürst erlaubt dem Johanniterorden, die Responsionsgelder in den »Gemein Schaz des Ordens« einzulegen. Er sieht dabei von seinem Recht ab, die Geldüberweisung verbieten zu können.

{3r} 4. Auf das Ansinnen des Johanniter Ordens Gesandten Graffen von Arco, die Responsionen811 in die Großmeisterliche Schazkammer einwerffen zu laßen, äüßerte der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas, wie er die wegen diesen Responsionen eintrettende Verhältnüße habe untersuchen laßen, wodurch sich gezeiget, daß der durch den 6. Articel des Vertrages vom Jahre 1799812 festgesezte Zeitpunkt zu Einwerfung der Responsionen in den Gemein Schaz des Ordens noch nicht gekommen, und das Ansinnen des Johanniter Ordens Gesandten aus den vorgefundenen Ansichten mit rechtlichem Grunde verweigeret werden könne, wenn nicht aus anderen Rücksichten gegen den Großmeister813 eine Abweichung von streng rechtlicher Auslegung vorgezogen werden wolle.

Seine Churfürstliche Durchleucht haben beschloßen, daß dem Johanniter Ordens Gesandten auf seine übergebene Noten erwiederet werde, wie höchstdieselbe nach dem 6. Article des Vertrags vom Jahre 1799 zwar vollkommen befugt seyen, die Einwerffung der Responsionen in den Gemeinschaz des Ordens gegenwärtig noch und bis der Residenz Ort des Ordens unwiederruflich bestimt seyn werde, zu verweigeren, höchstsie aber aus Achtung gegen den Herrn Großmeister, und um dessen bethätigte freundschafftliche Geßinungen zu erwiederen, gestatten wollten, daß die Responsionen in den gemeinen Schaz des Ordens schon dermahl eingeworffen werden.

Der Dieb Peter Weger wird von der Todesstrafe begnadigt und zu einer außerordentlichen Strafe verurteilt. Marcus Weger, ebenfalls wegen Diebstahls verurteilt, wird nicht begnadigt, sondern hingerichtet.

[MJ] 5. Durch schriftlichen Vortrag wurde das {3v} von dem hiesigen Hofgericht gegen die, wegen mehreren begangenen Viehdiebstählen inquirirte Peter und Marcus Weger von Thierhaupten, wovon der erste 5, der zweite aber 8 Diebstähle verübte, gefällte Urtheil, daß sie beyde mit dem Strange hingerichtet werden sollen814, der höchsten Bestättigung Seiner Churfürstlichen Durchleucht mit dem Bemerken untergeben, wie das Hofgericht per unanimia der Meynung seye, daß die Milderungs Gründe zur Begnadigung des Peter Weger aller Aufmerksamkeit würdig seyen, und daß Inquisit zur Gnade empfohlen werden könne; auf welchen Falle auch das Hofgericht eine außerordentliche Straffe eventualiter erkant habe; wegen dem Marcus Weger hätten fünf Stimmen gegen drey die Milderungs Gründe nicht für hinreichend gefunden, die erkante ordentliche Straffe in eine außerordentliche zu verwandlen.

Die Meynung des Referenten bey dem Ministerial Justiz Département, beyde Inquisiten zu begnadigen, und die Gründe, womit er dieselbe unterstüzet, wurden Seiner Churfürstlichen Durchleucht ebenfalls zugetragen.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen nach dem Hofgerichts Gutachten den Peter Weger von der Todesstraffe loßsprechen und ihn durch das Hofgericht mit einer auserordentlichen Straffe belegen laßen, rücksichtlich des Marcus Weger aber dem gefällten Hofgerichts Urtheil seinen Lauf laßen.

Der Kurfürst bestätigt das Todesurteil des Hofgerichts gegen Johann Kastl trotz anderslautender Anträge des Referenten bei dem Hofgericht und des Referenten des Ministerialjustizdepartements.

6. In schriftlichem Vortrage wurden die Verbrechen auseinander gesezet, deren sich Johann Kastl Söldners Sohn von Wetting schuldig gemacht und {4r} weswegen er bey dem hiesigen Hofgerichte processiret, sohin per Majora zum Tode durch den Strang verurtheilet worden, weil per Majora zwey qualificirte Diebstähle angenohmen worden, und dem Inquisiten uneingerechnet der Entwendung von 1793 der reviviscirende qualificirte Diebstahl von 1799, dann die zwey Diebstähle zu Gleissenbach, wovon der eine als großer und qualificirter Diebstahl815 zu betrachten seye, zu Last liegen.

Seiner Churfürstlichen Durchleucht wurde die höchste Bestimmung mit dem Bemerken überlaßen, daß sowohl der Referent bey dem Hofgericht als auch jener des Ministerial Justiz Départements aus mehreren eintrettenden mildernden Gründen auf Begnadigung des Inquisiten und eine außerordentliche Straffe antragen.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen an dem gefällten Hofgerichts Urtheil wegen dem Johann Kastl nichts abänderen.

Das Gesuch, dem Baptist Reithmayer die ausstehende Strafzeit zu erlassen, wird abgelehnt.

7. Auf das Gesuch des Officialen in Augsburg de Haiden, um seinem Vetter Baptist Reithmayer, der pto criminis laesae majestatis et falsorum816 zum 10jährigen Festungs Arrest auf dem Rothenberg verurtheilet worden, die noch übrige Straffzeit nachzulaßen, wogegen er sich erbiete, denselben unter seine Obsorge zu nehmen, und ihme Nahrung zu verschaffen, ohne daß er den baierischen Staaten lästig fallen solle, äüßerte das churfürstliche Geheime Ministerial Justiz Departement, wie die bis izt überstandene dreyjährige Straffzeit mit der Strafferkentnüß noch in keinem Verhältnüß stehe, und da das Hofgericht sehr beharrlich die Entlaßung wiederrathe, so dürfte auch das Gesuch abgewießen werden.

Nach Antrag genehmiget.

{4v} 8. Auf eigenen Antrag wird dem Hofgerichtsrat Max Freiherr von Gumpenberg die Entlassung »zu beßerer Besorgung seiner Oeconomie Güther« gewährt.

Genehmigung der Beschlüsse durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

810
Eine Abschrift der Zusätze und Abänderungen zu Nr. 124 (Staatsrat vom 21. September 1803), TOP 2 und Nr. 128 (Staatsrat vom 9. November 1803), TOP 2 liegt dem vorliegenden Protokoll Nr. 129 auf einem eingelegten Blatt bei.
811
Responsionen: Beim Johanniterorden »der Antheil, welchen jeder Prior einer Zunge an den Großmeister schicken mußte« (Krünitz, Oekonomische Encyklopädie [URL: http://www.kruenitz1.uni-trier.de/, Aufrufdatum: 24.7.2007] s. v. ›Responsgelder‹; vgl. Zedler, Universallexicon [Zedler online, URL: http://www.zedler-lexikon.de/suchen/suche.html?suchmodus=standard, Aufrufdatum: 24.7.2007] s. v. ›Respons-Gelder‹).
812
Die Verordnung betr. die »Johanniterordenszunge in Baiern, Neuburg, Sulzbach und der oberen Pfalz« vom 29. Juli 1799 bestimmte in Art. 6, daß das »Aufnahmgeld, die Responsionen, die Sterb- und Vakantjahre, dann die Annaten nicht eher an die gemeine Ordensschazkammer sollen bezahlet werden, als bis der künftige Residenzort des Ordens unwiderruflich bestimmt seyn wird: bis dahin sollen die davon herkommenden Summen in die Einnahmskasse des Priorats gelegt werden« (RegBl. 1802, Sp. 337).
813
Großmeister des Johanniterordens war seit Februar 1803 Giovanni Battista Tommasi (1731 – 1805).
814
Vgl. CJBC I 2 § 6, S. 13 (zit. oben in Anm. 62).
815
Vgl. CJBC I 2 § 3, S. 12 (zit. oben in Anm. 775).
816
Vgl. CJBC I 8 § 4, S. 38 (»Straff der beleidigten Majestät ohne Perduellion«).