BayHStA Staatsrat 4 6 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph, Herzog Wilhelm; Montgelas, Hertling.

[MA] 1. Kurfürstliche Genehmigung der Anträge und Entschließungen des Staatsrats vom 16. Februar 1802 nach Vorlage durch Montgelas.

Die von Kurfürst Karl Theodor angeordnete Administration des fürstlich Isenburgischen Vermögens soll gegen den Antrag von Carl August Prinz von Isenburg weiterbestehen. Verfügungen zur Verwaltung des Vermögens.

2. In einem schriftlichen Vortrage wurden die Gründe angeführet, welche dem Gesuche des Herrn Prinzen Carl August73 von Isenbourg um Aufhebung {2v} der nach dem Willen des verlebten Herrn Churfürsten Carl Theodor, bis izt bestandenen fürstlich Isenburgischen Vermögens Administration, entgegen stehen und unter Vorlegung derselben und jener, so das rheinpfälzische General Landes Commissariat in seinem erstatteten Bericht hiegegen aufgestellet, angetragen, den Herrn Prinzen Carl von Isenburg mit seinem Ansuchen abschläglich verbescheiden, zugleich aber dem churfürstlichen Gesandten in Wien, Frhr. von Gravenreuth den Befehl ertheilen zu laßen, genaue Erkundigungen einzuziehen, ob und durch welche Beweggründe die veniam aetatis für den Prinzen Carl August und die Curatel für denselben über seinen jüngeren Bruder erwürket, und ob bei derselben Nachsuchung sowohl die Schanckungs Urkunde, als die nachherige Rescripte des verlebten Herrn Churfürsten vorgeleget worden seyen.

In bezug des bey Untersuchung dieses Gegenstandes zur Sprache gekommenen Capitals von 118.716 fl., so bey der Wiener Bank für den jüngeren Prinzen von Isenbourg Ernst angeleget, und wovon die Obligationen nach Äüßerung des Gesandtschaffts Canzlisten in Wien Friedmann auf Befehl des verlebten Herrn Churfürsten dem Hofmeister des jungen Prinzen Rath Heidel übersendet worden, wurde der Antrag gemacht, durch die angeordnete fürstlich Isenburgische Curatel Commission von dem Rathen Heidel eine bestimte Äüßerung ernstlich geßinnen zu laßen, in weßen Hände die befragliche Obligationen sich dermahl befinden, wornach das rheinpfälzische Landes Commissariat auf derselben Extradirung ernstlich zu bestehen und über den Erfolg seiner Zeit berichtliche Anzeige zu erstatten habe. Dem Frhr. von Gravenreuth in Wienn aber aufzugeben, den Canzlisten Friedmann anzuweißen, daß er über die Zinßen dieses Capitals ohne Vorwißen der fürstlich Isenbourgischen Vermögens Administration ferner nichts verfüge, sondern sich nur nach den ihme von daher zugehenden Aufträgen achten solle.

Sämtliche diese Anträge wurden genehmiget.

Das von Wilhelm Freiherr von Zweibrücken74 eingereichte Gesuch, u.a. seine Pensionsansprüche zu regulieren, wird zurückgestellt, bis über verschiedene einschlägige rechtliche Fragen Klarheit gewonnen worden ist. Vorläufig kann nur ein Vorschuß auf Reisekosten gewährt werden.

3. Nach Anführung der, von dem Herrn Herzog Christian dem IV. von Zweybrücken im Jahre 1765 für die gräffliche Famille von Forbach errichteten Schankungs Urkunde, und darin bestimten Pensionen für {3r} die Frau Gräffin und ihre sämtliche Kinder, dann der von des verlebten Herrn Herzogs Carl von Zweybrücken Gnaden und Seiner izt regierenden Churfürstlichen Durchleucht als Pfalzgraff wegen der gräfflich Forbachischen Famille übernohmenen Verbindlichkeiten, wurde das Gesuch des churfürstlichen General Majors Frhr. Wilhelm von Zweybrücken, um Regulirung seiner Pension von 14.400 Thaler, um Bezahlung der Ruckstände in billigen Fristen oder eine schriftliche Versicherung mit Festsezung der Epochen, wann diese Zahlung eintretten würde, und um einen verhältnüßmäßigen Vorschuß zu Antrettung der Reiße nach Franckreich vorgeleget und geäüßeret, daß bei den verschiedenen rechtlichen Titeln, auf welchen nach Laage der Acten diese Pensions Forderungen beruhen, und bei den Verhältnüßen mit Franckreich, rücksichtlich der drei ersteren Gesuche keine Entschließung gefaßet werden könne, bis der Geheime Rat Radius über die Ruckstände der Pensionen und Intereße von Capitalien, die auf der Graffschafft Rappolstein haften, das churfürstliche Cabinet, wegen den Zahlungen, so von der Cabinets Caße an die gräflich Forbachische Famille geleistet worden, und die Special Commission in zweybrückischen Angelegenheiten über die Ruckstände der liquiden forbachischen Pensionen vernohmen seyn werden (weswegen die geeignete Befehle ertheilet worden) und die Entschädigungs Angelegenheiten des teutschen Reiches gänzlich vollendet sind.

Die Leistung eines hinreichenden Vorschußes für die Reiße des Frhr. Wilhelm von Zweybrücken auf Abrechnung an seinen Pensions Ruckständen wäre alles, was unter den gegenwärtigen Umständen für denselben geschehen könte.

Seine churfürstliche Durchleucht genehmigen die angetragene Vernehmung der angezeigten Stellen wegen den Pensionen der gräfflich Forbachischen Famille, und die Leistung eines Vorschußes an den Frhr. Wilhelm von Zweybrücken auf Abrechnung seiner Pension.

4. Reskript an das rheinpfälzische Generallandeskommissariat, dem Gesuch »des Delanck in Mannheim um Extension seiner Cafféeschenckgerechtigkeit auf seine Kinder« nicht zu entsprechen. Ihm wird aber gestattet, »seine Cafféeschenck und Billiard Gerechtigkeit, doch blos in persönlicher Eigenschafft zu verkaufen, wornach solche allso mit dem Abgange des Käüfers erlösche«.

Die Stadtschreiberei zu Eppingen soll vorerst nur provisorisch besetzt und der vormalige Auditor Möller anderweitig versorgt werden.

5. Wegen Besezung der Stadtschreiberey zu Eppingen wurde in einem schriftlichen Gutachten der Antrag gemacht, die Vergebung dieser Stelle bis zur künftigen Organnisation der Rheinpfalz ausgesezet zu laßen und inzwischen die Verwaltung derselben dem August Staader, der solche mit vielem Fleiße und zur allgemeinen Zufriedenheit versehen, ferner zu übertragen. Dem geweßenen Auditor Möller, deßen Armuth und traurige Laage, worin er mit Frau und Kinder sich befindet, einige Rücksicht verdiene, zu erlauben, bey dem Oberamte Bretten und in dem anstoßenden Ober Amte Moßbach, wo nur ein Procurator und 3 Advocaten bestehen sollen, in der Eigenschaft eines Advocaten und Procurators seinen Unterhalt zu suchen.

Nach Antrag genehmiget.

Angesichts des drohenden Verkaufs der sog. Neuburgischen Fürstentümer und Güter im Herzogtum Litauen soll der Fürst von Radziwill auf die bestehenden Rechte des Kurfürsten hingewiesen werden. Unter Umständen soll versucht werden, die Unterstützung des preußischen bzw. des russischen Hofes zu gewinnen.

6. Auf die geschehene Anzeige, daß der Herr Fürst von Radziwill im Begriffe stehe, die im Jahre 1744 durch Kauf an sich gebrachte Besizungen im Großherzogthume Lithauen, die unter dem Nahmen Neuburgische Fürstenthümer und Güther bekant seyen, und worauf in Folge des geschloßenen Kaufsvertrags Seiner Churfürstlichen Durchleucht von ihrer Frau Mutter75 her, der Ruckfall oder das Erbrecht bey Abgang des ganzen Radziwilischen Haußes vorbehalten seye, zu veräüßeren, wurde angetragen, den churfürstlichen Gesandten in Berlin Chevalier de Bray durch ein umständliches motivirtes Rescript und Beyfügung des mit der Famille von Radziwil im Jahre 1744 geschloßenen Kaufs Vertrages, dann des mit der Krone Preußen im Jahr 1742 getroffenen Vergleiches, von den rechtlichen Ansprüchen Seiner Churfürstlichen Durchleucht und dero Nachkommen auf diese Güther, sowie von allen hier eintrettenden Verhältnüßen in Kentnüß zu sezen, und ihme aufzutragen, {4r} sich mit dem Herrn Fürsten von Radziwil über diese Güther Veräüßerung und die Seiner Churfürstlichen Durchleucht und dero Nachkommen dadurch zugehende Nachtheile, so wie die dagegen habende rechtliche Einsprüche zu benehmen, und falls er nicht gänzlich befriedigende Äüßerungen erhalten sollte, die Unterstüzung des königlich preusischen Hofes zu Verhinderung dieses Verkaufes und Salvirung der churfürstlichen Rechte aufzurufen und den Erfolg einzuberichten. Ein ähnlicher Auftrag wäre provisorisch an den churfürstlichen Gesandten in Petersburg Frhr. von Posch wegen Unterstüzung des kaiserlich-rusischen Hofes zu entwerffen, und an denselben zu erlaßen, wenn man von seiner Ankunft in Petersburg unterrichtet seyn wird.

Diese Anträge wurden genehmigt.

Der Resignationsfall in der Pfarrei Einsbach soll nach dem Vorschlag des Fürstbischofs von Freising einvernehmlich abgewickelt werden.

7. Nach Darlegung der Verhältnüße, die bey der Resignation der Pfarrey Einsbach an den Hofkaplan Jos. Mezger in bezug auf die Natur und Beschaffenheit des zwischen Chur Baiern und dem Hochstifte Freysingen im Jahre 1718 abgeschloßenen Recesses76 eintretten, wurde angetragen, bey der gegenwärtigen politischen Laage Deutschlands von diesem Recesse keine Erwehnung noch zu machen, sondern rücksichtlich des vorliegenden Resignations Falles, mit Umgehung der Hauptfrage über den Werth, oder Unwerth des Recesses von 1718, von dem freundschafftlichen Anerbiethen des Herrn Bischofs von Freyßingen, zur gütlichen Beendigung des erwehnten Resignations Geschäfftes, um so mehr Gebrauch zu machen, als die Supplicanten die vorgeschriebene canonische Bedingungen theils schon erfüllet haben, theils bereit sind, allen rechtlichen Forderungen des bischöflichen Ordinariats vollkommenes Genüge zu leisten. Der churfürstliche Comitial-Gesandte in Regensburg Frhr. von Rechberg mögte sohin anzuweißen seyn, die weiters erforderliche Eröfnungen dem Herrn Fürstbischof77 zu machen, und ihme zu erklären, daß diese Resignation niemals zum Praejudiz des Ordinariats allegiret werden solle.

Nach Antrag genehmiget.

Die nach Gesetzeslage zu verhängende Strafe gegen drei Diebe wird gemildert. Der Hofrat soll eine außerordentliche Strafe bestimmen.

{4v} [MJ] 8. Daßelbe leget die Urtheile vor, welche der churfürstliche Hofrath über die auf Außage des Blasius Appel als Theilhaber an Pferd- und anderen Diebstählen eingezogene Johann Kögel sogenanten Kotthans von Scheuern, Victoria Peischerin von Grießbach, dann Andreas Rath nach geschloßener Untersuchung erkennet, und machte den Antrag, obschon diese drey Inquisiten nach Strenge der Gesezen das Leben verwürket haben, dieselbe aus mehreren eintrettenden Gründen zu begnadigen und dem churfürstlichen Hofrathe nach dermahliger Laage der Untersuchung die Erkennung einer außerordentlichen Straffe zu überlaßen.

Nach Antrag genehmiget.

Genehmigung der »Entschließungen« durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

73
Hier liegt wohl eine Verwechslung des 1802 bereits verstorbenen Prinzen Karl August (1777 – 1799) mit seinem damals noch lebenden Bruder Karl Theodor Prinz von Isenburg-Birstein (1778 – 1823) vor. Dieser war ein Sohn aus der Ehe der Gräfin Caroline Franziska von Parkstein (1762 – 1816, natürliche Tochter des Kurfürsten Karl Theodor) mit dem im pfalzbayerischen Militär dienenden Prinzen Friedrich Wilhelm von Isenburg-Birstein (1730 – 1804). Bei Karl Theodors jüngerem Bruder handelt es sich um Ernst Ludwig Prinz von Isenburg-Birstein (1786 – 1827). Vgl. Simon, Geschichte Bd. 2, S. 359 f.; Nebinger, Nachkommen, S. 354, S. 361; Schwennicke, Stammtafeln, N. F. Bd. 17, Tf. 63.
74
Wilhelm Freiherr von Zweibrücken Graf v. Forbach (1754 – 1807) war ein Sohn aus der morganatischen Ehe des Herzogs Christian IV. von Zweibrücken (1722 – 1775) mit Marianne Camasse Gräfin von Forbach (1734 – 1807). Ein Gesuch um Gewährung der ihm 1765, 1766 und 1777 zugesicherten Leibrente hatte die Staatskonferenz am 1. Mai 1799 vorläufig zurückgestellt (Protokolle Bd. 1 Nr. 7, S. 79, TOP 6). Vgl. Weis, Montgelas Bd. 2, S. 470 Anm. 45; Adalbert, Herzog. – Zum Fortgang: Nr. 29 (Staatskonferenz vom 3. April 1802), TOP 2.
75
Maria Franziska Dorothea (1724 – 1794), geb. Pfalzgräfin von Sulzbach.
76
Der Freisinger Rezeß vom 31. Mai 1718 (publiziert am 3. Dezember 1718) ist gedruckt in: MGS Bd. 2, Nr. VI.3, S. 1037 – 1041 (kurbayerische Ausfertigung) bzw. S. 1041 – 1045 (Freisinger Ausfertigung); vgl. Weitlauff, Zeitalter, S. 391.
77
Joseph Konrad Freiherr v. Schroffenberg war seit 1790 Fürstbischof von Freising und Regensburg.