BayHStA Staatsrat 4 5 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph, Herzog Wilhelm; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MA] 1. Kurfürstliche Genehmigung der Anträge und Entschließungen des Staatsrats vom 17. März 1802 – »mit Umgehung des Antrages No 5« – nach Vorlage durch Montgelas.

Die von den Medizinern Franz Anton May und Daniel Wilhelm Nebel in Heidelberg für das »Canzley Physicat« und für das Physikat »bey dem Hospital« bezogenen Gehälter werden eingezogen.

2. In einem schriftlichen Vortrage wurden die Verhältnüße vorgeleget welche bey den Gehälter eintretten, so die Professoren May135 und Nebel136 für das Canzley Physicat und für jenes bey dem Hospital, die Sapienz, in Heydelberg, aus geistlichen Administrations-Mitteln bisher bezogen, und aus den von der Special Commission in Geistlichen Angelegenheiten in der Rheinpfalz angeführten Gründen, der Antrag gemacht, der von dem Professor May angegebenen Gegengründen ohngeachtet, diese beyde Gehälter einzuziehen, und solches denen Professoren May und Nebel mit dem Anhange eröffnen zu laßen, daß sie als Physici in Heydelberg für ihre in einzelnen Fällen leistende Dienste die herkomliche Bezahlung zu erwarten hätten und Seine Churfürstliche Durchleucht nicht ungeneigt seyen, bey Organnisation der Universitaet Heydelberg auf den Entgang dieser Gehälter Rücksicht nehmen zu laßen.

Nach Antrag genehmiget.

Der Regierungsrat und Direktor der staatswirtschaftlichen Hohen Schule zu Heidelberg Ludwig Wallrad Medicus erhält bis zur Organisation der Universität Heidelberg 340 fl. aus der Staatskasse. Der Pensionsrückstand von 1.500 fl. wird von der rheinpfälzischen Kabinettskasse nicht übernommen. Der Fortbezug einer Pension von 400 fl. wird hingegen bestätigt.

3. Über den Ruckstand von 1.500 fl., welchen nach Angaben des Directors der staatswirthschaftlichen hohen Schule in Heydelberg Regierungs Rat Medicus137, er an die rheinpfälzische Cabinets [Casse] noch zu forderen, über den Fortbezug der Pension von jährlichen 400 fl., so er aus erwehntem Cabinet genoßen, und wovon dieser Rückstand herrühret, dann über jene 340 fl., so tit. Medicus aus der Staats Casse beziehet und die das rheinpfälzische General-Land Commissariat zum Einzuge geeignet glaubet, wurde in einem schriftlichen Gutachten sich dahin geäüßeret, daß, da Seine Churfürstliche Durchleucht gnädigst geruhet, dem tit. Medicus die vorhin genoßene Pension von 400 fl. für die Zukunft bey dero rheinpfälzischen Cabinets Casse wieder ausweißen zu laßen, es von der höchsten Bestimmung abhange, ob höchst Sie auch die Tilgung dieses Ruckstandes auf erwehnte Cabinets Casse übernehmen und in angemeßenen Fristen abzahlen laßen wollten; wegen den 340 fl. aus der Staats Casse, wurde angetragen, solche dem tit. Medicus als einem würklichen Staatsdiener zu belaßen.

{3r} Seine Churfürstliche Durchleucht genehmigen, daß dem tit. Medicus jene 340 fl., so er aus der Staats Casse beziehet, bis zu Organnisation der Universitaet Heydelberg belaßen werden, gedenken aber keineswegs und um so weniger, den von demselben angegebenen Pensions Ruckstand auf dero ohnehin sehr belästigte rheinpfälzische Cabinets Casse zu übernehmen, als derley vordere Anweißungen blos willkührliche Gnaden waren – und höchst Sie ohnehin schon aus Gnade dem tit. Medicus den Fortbezug dieser Pension bewilliget haben.

4. Kurfürstliche Genehmigung des Reskripts an die reformierte Geistliche Administration [in Heidelberg]. Diese wird angewiesen, »die von dem Medicinal Rathen [Christian] Renner in Mannheim mehr als Gratiale, als eine ordentliche Besoldung zeither genoßene 200 fl., wofür er keine Dienste geleistet, als ungeeignet, einzuziehen«.

Dem kurfürstlichen Kabinett sollen die Ergebnisse vorgelegt werden, die der Hofoberrichter in der Untersuchungssache des Emmerich Freiherr von Wambold erzielt hat, um das Weitere beschließen zu können. Vorläufig soll das Oberamt Umstadt wegen falscher Angaben zur Verantwortung gezogen werden.

5. Die Resultate der, von dem churfürstlichen Hofoberrichter über die gegen den Emmerich Frhr. von Wambold bey der pfalzbaierischen Armée ausgestreuten falschen Sage vorgenohmenen Untersuchung, wurden in einem Vortrage, so zum churfürstlichen Cabinet geeignet, Seiner Churfürstlichen Durchleucht vorgeleget, und dabey angeführet, daß dem rheinpfälzischen General-Landes Commissariat aufgetragen worden, das Oberamt Umstadt wegen einem in dieser Sache unrichtig ausgestellten Attestat zur Veranthworthung zu ziehen, und dann das Geeignete zu verfügen.

Seine Churfürstliche Durchleucht erwarten diesen Antrag bei dero Cabinet, um das Geeignete hierauf erlaßen zu können, genehmigen inzwischen die Weißung an das rheinpfälzische Land Commissariat wegen dem Oberamte Umstadt.

Auftrag an den Staatsrat, der Staatskonferenz einen Beschluß zum Entschädigungsantrag des ehemaligen Salzmaiers zu Reichenhall und Traunstein, späteren kurfürstlichen Kämmerers Wilhelm Konrad Freiherr von Pechmann vorzulegen.

{3v} 6. Nach Anführung der Geschichte, weswegen der ehemahlige Salzmaier zu Reichenhall und Trauenstein, dann churfürstlicher Cämmerer Frhr. von Pechmann138 unter der vorigen Regierung in Untersuchung gekommen und im Jahre [17]98 über die meiste gegen ihn angebrachte Beschwehrden ein Absolutions Rescript erhalten, machte der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas auf eine von erwehntem Pechmann neuerlich übergebene Vorstellung den Antrag: durch eine Note des auswärtigen Ministerial-Départements diese Vorstellung dem Ministerial Finanz Departement mit dem Bemerken zuschließen zu laßen, daß daßelbe nach vorherigem Benehmen mit dem Ministerial Justiz Département in dem Staats Rathe über die Fragen seinen Vortrag erstatten mögte, ob nach Laage der Acten dem Frhr. von Pechmann noch eine Entschädigung gebühre, und ob solche, die er vorschlage, nach den angenohmenen staatswirthschafftlichen Grundsäzen ihme bewilliget werden könne? Der hierauf gefaßet werdende Schluß des Staats Rathes wäre hierauf in der Staats Conferenz zur höchsten Genehmigung vorzutragen.

Nach Antrag genehmiget139.

7. Die Stiftsdame Marie Anna Gräfin v. Lamberg erhält die Erlaubnis, den preußischen Bergrat v. Schwerin zu heiraten. Sie erhält »wegen den hiebey eintrettenden besonderen wichtigen Ursachen« ausnahmsweise einen Dispens »von dem, in der neuen Urkunde wegen Organnisation des Damenstiftes zu St. Anna enthaltenen Verbothe gegen die Verehligungen außer Landes«140.

8. Genehmigung des Reskripts-Entwurfs an den Freiherrn von Weiter »wegen Verpflegung der k. k. Recrouten Transporte und den diesfalls abzuschließenden Contracten«. Ihm wird aufgetragen, »bey der Creißversamlung in Franckfurth zu eröffnen, {4r} wie Seine Churfürstliche Durchleucht bey den als Folgen des Krieges auf dero Landen noch haftenden Lasten, und den angebottenen geringen Preißen dieser Convention nicht länger als auf ein Jahr beytretten könten, so bereit höchstsie übrigens seyen, zu Erfüllung der Wünsche des kaiserlichen Hofes bey jeder Gelegenheit, wo dero landesfürstliche Pflichten es erlaubten, beyzuwürken«.

Genehmigung der »Entschließungen« durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

135
Vgl. Anm. 204.
136
Daniel Wilhelm Nebel (1735 – 1805), seit 1766 außerordentlicher, seit 1771 ordentlicher Professor für Medizin, Chemie und Pharmazie in Heidelberg. Drüll, Gelehrtenlexikon 1803 – 1932, S. 189 f.
137
Ludwig Wallrad Medicus (1771 – 1850), seit 1795 kurpfälzischer Bergrat und Professor an der staatswirtschaftlichen Hochschule zu Heidelberg, 1803 Professor für Kameralistik in Würzburg, 1806 in Landshut (Drüll, Gelehrtenlexikon 1652 – 1802, S. 101 f.; Boehm u.a., Biographisches Lexikon, S. 193 f. s. v. ›Medicus‹ [W. Piereth]).
138
Wilhelm Konrad Freiherr v. Pechmann, 1770 Kämmerer, 1770 – 1785 Salzmeier zu Reichenhall und Traunstein, 1786 Hofkammer- und Rentdeputationsrat zu Burghausen; vgl. Dienerbuch.
139
Zum Fortgang: Nr. 116 (Staatsrat vom 13. Juli 1803), TOP 5.
140
Die VO betr. das Damenstift zu St. Anna vom 18. Februar 1802 (RegBl. 1802, Sp. 129 – 133) schrieb in Art. VIII das Verbot für die Stiftsdamen fest, ohne »Spezialerlaubnis« »außer Unsern Erbstaaten [zu] heirathen oder [zu] ziehen« (Sp. 132).