BayHStA Staatsrat 382 21 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 31. Juli 1802.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

Weisung an die Landesdirektion Neuburg, den Landtagsabschied zu befolgen. Die statt der üblichen Beschwerden von den neuburgischen Ständen vorgebrachten »Desideria« werden mit Korrekturen akzeptiert.

{2r} 1. Herr geheimer Finanz-Referendär v. Steiner eröfnete dem Staatsrathe, daß die Resultate der neuburgischen Landtags-Verhandlungen durch den im Drucke erschienenen und ausgetheilten Landtags-Abschied258 schon bekannt seyen, und nur noch eine mit diesem in Verbindung stehende Beilage, die Instruktion für die angeordnete Steuer-Rektifikationskommission, welche aus besonderen Ursachen nicht in Druck gekommen, vorzulegen und {2v} dem Staatsrathe bekannt zu machen wäre.

Herr von Steiner las diese Instruktion ab, wiederholte mit verschiedenen hierauf Bezug habenden Bemerkungen in kurzem die Resultate, so sich aus dem Inhalte des Abschiedes ergäben, und trug an: nun die neuburgische Landesdirektion zur pünktlichsten Befolgung dieses Landtags-Abschiedes, wodurch jener für die Regierung so vortheilhafte vom Jahre 1796 vollkommen aufrecht erhalten werde, nach seinem ganzen Inhalte anzuweisen, und den einschlagenden Ministerial Departements die sie betrefende Auszüge zu den erfoderlichen Verfügungen zu zustellen.

Derselbe fuhr fort unter Belobung des Benehmens der neuburgischen Stände, die Desideria derselben, welche diese statt der sonst immer übergebenen Beschwerden gestellet, vorzutragen, nämlich: a. die Minderung des erhöheten Stempfels, b. die Besetzung der Dicasterial und grösseren Beamtenstellen, vorzüglich mit begüterten Adelichen, c. den Wunsch, den Brandassekuranz-Beitritt allgemein zu verordnen, d. die Beförderung des Expeditors Knoll zum landschaftlichen Sekretär, {3r} e. die Übertragung des Schulwesens, und der Secular-Stiftungen an die Landesdirektion, welches den Ständen vorzüglich am Herzen läge, und wodurch das Letztere sogar in der Natur der Sache selbst liege, f. die bessere Einrichtungen der Gefängniße, und die Errichtung der Arbeits-Institute, g. die Befreiung derjenigen Personen von dem Chauséegeld, welche zur Hand- und Monat Scharwerk bei den Strassen ohnehin concurriren, h. die Empfehlung der Glieder der Kriegskommission, welche sich bei der Anwesenheit des Feindes ausgezeichnet haben, zu einer billigen Gratifikation, i. die einstimmige Empfehlung des Grafen von Verri zum Land-Marschkommissär infolge des Herkommens, und der Landesverfassung in Sachen des Marschwesens in dem Herzogthum Neuburg.

Herr von Steiner machte hierauf folgende Anträge, welche den Ständen zu eröfnen wären: Ad a.) Würde die nachgesuchte Moderation des Stempfels bis zur Steuer-Rectifikation beruhen, wo sie vielleicht ganz cessiren könne, ad b.) können und werden Seine {3v} Churfürstliche Durchlaucht nach der Regentenpflicht in Besetzung der öffentlichen Ämter natürlich nur lediglich auf Fähigkeit und Eigenschaften Rücksicht nehmen. Ad c.) Werde die Gewährung wegen dem allgemeinen Assekuranz-Beitritts-Gebot noch zur Zeit, und bis zum Eintritt der Majorität verschoben bleiben müssen. Ad d.) Werde auf den empfohlenen Knoll, da bereits ein Landschafts-Sekretär vorhanden seye, allenfalls durch Verbesserung der zu geringen Expeditors-Besoldung nach vorläufigem näheren Gutachten Rücksicht zu nehmen seyn. Ad e.) Werde ebenfalls seiner Zeit Bedacht genommen werden, vor der Hand aber sollen alle Sekular-Stiftungen ohne Weiters der Landesdirektion übertragen seyn. Ad f.) Die bessere Einrichtung der Gefängniße werde eines der ersten seyn, welche Seine Churfürstliche Durchlaucht in Überlegung nehmen und zur Ausführung bringen lassen werden. Ad g.) Dieser Gegenstand werde vorerst in nähere Untersuchung und Prüfung genommen werden. Ad h.) Die Glieder der neuburgischen {4r} Kriegskommission werden mit billigen Gratifikationen bedacht werden. Ad i.) Die Wiederbesetzung dieser Stelle, welche die Stände als eine Landesstelle, und als ein Palladium gegen den Druck der Landesbewohner ansehen, werde in dem vorgeschlagenen Subjecte um so mehr zu bewilligen seyn, als Graf von Verri vorhin schon bei dem Militär gedient habe, die Marschbegleitung sich nur auf das Herzogthum Neuburg beschränke, und das Marschkommissariat ohne Anstand unter der ordentlichen militärischen Marschdirektion stehen soll, und dieser Gegenstand zu den angelegensten Wunsch des Landtags-Ausschußes gemacht worden.

Herr von Steiner machte noch Erwehnung, daß der Landesdirektionsrath Geisweiler sich ebenfalls um diese Marschkommissärsstelle gemeldet, dem aber mehrere Gründe entgegen stehen, die Erinnerung, daß einige noch weitere Bemerkungen der Landstände, wegen der Wittwenkasse, und wegen Einweisung der Wittwen von Beamten, der Prälaten, und Ritterstands-Deputirten in den Genuß der Wittwenkasse, theils zu bewilligen, theils an die neuburgische Landesdirektion zum Gutachten auszuschließen wären; die von {4v} dem Landtags-Ausschuß empfohlene Vorstellung des Priors von Obermedlingen aber auf sich beruhen könne.

Nach gehaltener Umfrage in dem Staatsrathe, wurden die Anträge des Herrn geheimen Referendärs v. Steiner mit folgenden Zusätzen genehmiget: Ad b.) solle am Ende beigesetzt werden: wo aber Seine Churfürstliche Durchlaucht geneigt sind, bei gleichen Fähigkeiten und Kenntnißen auf die Begüterten vom Adel vorzügliche Rücksicht zu nehmen. Ad e.) Sollen nicht nur alle Secular-Stiftungen, sondern auch das ganze städtische und märktische Kirchenrechnungswesen in dem Herzogthum Neuburg wegen dem Verbande des ganzen Rechnungswesens, der dortigen Landesdirektion schon dermal übertragen werden. Ad i.) Solle zwar auf Verleihung der Land-Marschkommissärsstelle für den Grafen von Verri bei Seiner Churfürstlichen Durchlaucht angetragen, wegen dessen Wirkungskreise und Geschäfts-Instruktion aber eine {5r} nähere Entschließung gefaßet werden, um diese im Verbande mit den in Marschsachen für alle herobere Staaten angenommenen allgemeinen Grundsätzen in Verbindung setzen zu können.

2. Der Staatsrat folgt dem auf der Grundlage eines Gutachtens der Generallandesdirektion abgegebenen Antrag Krenners, den »Raths-Individuen« bei den Kriegskommissionen zu Neuburg und Burghausen Gratifikationen von jeweils 250 fl. zu bewilligen. Der Vizepräsident [Friedrich] Graf von Thürheim erhält eine Gratifikation von 500 fl.

Maßnahmen gegen übermäßigen Getreidehandel über Passau nach Österreich zum Nachteil des bayerischen Staates.

{5v} 3. Nach Anführung des Veranlaßes, wodurch man auf den starken Handel mit baierischen Getraide in Österreich, der leicht Mangel im Inlande erzeugen könne, aufmerksam gemacht worden, und der deswegen ergriefenen Maasregeln, gab Herr geheimer Finanz-Referendär v. Schenk an, daß nach Meinung der hierüber vernommenen General Landesdirektion und nach seiner eignen Überzeugung die Ursache dieses in Österreich ohne Nutzen für das churfürstliche Ärarium getrieben werdenden Getraidhandels, in den mit dem Hochstifte Passau abgeschlossenen Verträgen und den damit verbundenen Mißbräuchen und Unterschleifen läge, indem das meiste Getraid über Passau unter dem Schutze dieser Verträge nach Österreich geschwärzet werde.

Herr von Schenk stellte in seinem schriftlichen Gutachten eine Untersuchung dieser bestehenden Verträge an und zeigte, worin ihre Nachtheile für das churfürstliche Ärarium enthalten und wie schwer es seye, hiegegen wirkende Maasregeln zu ergreifen, welches schon mehrmal, aber immer vergebens, versuchet worden, und das Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten veranlaßt hätten, in einem Reskripte der General Landesdirektion {6r} aufzutragen, durch fernere Unterhandlungen mit dem Hochstifte Passau und durch Korrespondenz mit der dortigen Regierung zu versuchen, diese Mißbräuche zu heben.

Der hierauf von der General Landesdirektion erstattete Bericht, der zu gegenwärtigem Vortrag den Anlaß gäbe, enthalte verschiedene Vorschläge hiezu, die aber alle als unausführbar zu betrachten seyen, weil der passauische Hofrath mitwirken müßte. Nur ein indirectes Mittel könne den activ Handel nach Österreich mit Getraide den diesseitigen Unterthanen wieder verschaffen und zugleich den passauischen Defraudationen ein Ende machen, ein Mittel, dessen Wirkung das Hochstift Passau nicht verhindern könne, und um dessen Annahm man sich nicht einmal an dasselbe zu wenden nöthig habe. Dieses Mittel, auf dessen Annahme er, Referent, und das ganze Ministerial Finanzdepartement auch antrage, bestehe darin: an den passauischen Grenzen den Essitozoll für die diesseitige Unterthanen auf 20 kr vom Schaffl Getraid herabzusetzen, im Übrigen aber alles bei den bestehenden Verträgen zu belassen, da die gegenwärtigen Verhältniße eine vollkommene Aufhebung derselben, vorzüglich auch wegen dem aus dem Passauischen {6v} gezogen werdenden Viehe, dann der schwarzen und Ton-Erde für die Porcellainfabrik, nicht räthlich machten, auch nach einer angestellten Berechnung dadurch der baierische Unterthan in dem Verkauf des Getraides nach Österreich den Passauischen gleichgestellt werde, und nach der Erfahrung keine andere Verfügung nütze. Da aber bei Berchtesgaden und Werdenfels nach gemachten Bemerkungen den Unterschleifen schon besser vorgebeugt seye, so könnte von Ausdehnung dieser Maasregel gegen die dortige Territorien vor der Hand noch Umgang genommen werden.

Nach gehaltener Umfrage wurde dieser Antrag des Ministerial Finanzdepartements mit dem Beisatze genehmigt, daß der General Landesdirektion zugleich aufgegeben werden soll, die Abstellung der im Jahre 1792 eingeführten und unnützen Certificaten einzuleiten.

4. Genehmigung eines von Stichaner vorgelegten »Reskripts-Entwurf[s]«. Danach soll dem von den französischen Militärgerichten »zur Zuchthausstrafe verurtheilten Sebastian Auer die übrige Strafzeit nachgelassen« werden. Der Generallandesdirektion wird aufgetragen, den zur gleichen Zeit wie Auer verurteilten, nunmehr aus dem Zuchthaus entflohenen Joseph Naderer zu ergreifen und an den »Strafort« zurückzubringen.

Regelungen in bezug auf den Verwalter und den Arzt der Irrenanstalt zu Giesing: Besoldung, Auswahl des Arztes usw.

5. Über die Irrenanstalt zu Giesing und deren Vollendung nach hergestelltem Baue erstattete Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner nach eingekommenen Gutachten der General Landesdirektion schriftlichen Vortrag und äuserte I, wegen der Verwaltersstelle bei dem Irrenhause, daß, da der Vorstellungen der General Landesdirektion und des Ministerial Justizdepartements ohngeachtet, Seine Churfürstliche Durchlaucht den nach zwei Cabinets-Ordres schon gefaßten Entschluße, diese Stelle dem gewesenen Lazareths-Inspektor Auer verleihen zu wollen, nun nicht mehr zurück nehmen werde, der von der General Landesdirektion gemachte Antrag, die administrative Regie hiebei zu beseitigen, und die Verpflegung der Wahnsinnigen {7v} dem Pfleger auf Akkorde zu übertragen genehmiget, dann die Besoldung des neuen Pflegers neben der Wohnung im Irrenhause auf 800 fl. in Gelde und ohne Naturalbezug vestgesetzet werden möchte, und wenn der alte Pfleger weichen müsse, dessen Pension mit Einschluß der beziehenden 50 fl, die er bei dem Hofzahlamte besonders beziehe, nicht unter 800 fl. zu bestimmen, anbei auch die Medizinalräthe anzuweisen wären, die Classifikation und Speiße-Ordnung ohne längeren Verzug zu beendigen und der General Landesdirektion zur weiteren Verfüg- und Bestimmung vorzulegen.

Herr geheimer Justiz-Referendär v. Stichaner führte an, daß wegen dem II. Gegenstande der Anstellung eines Medici des Irrenhauses, sich mehrere Anstände ergäben und die General Landesdirektion mit dem geheimen Rat Besnard in einigen Widersprüchen stehe, und daß neben den Vorschlägen der Ersteren, und dem Dafürhalten des Letzteren, noch einige geschickte Supplicanten um diese Stelle sich gemeldet, welches Alles diesen Gegenstand noch mehr verwickle.

Um daher einen schicklichen Ausweg zu finden, schlage er Referent vor: eine gemeinschaftliche Prüfung zu Besetzung dieser Stelle mit einem Gehalte von 500 fl. (worunter iedoch andere aus {8r} öffentlichen Fonds schon beziehende Emolumenten der Competenten zu begreifen wären) zu eröfnen, und solche demjenigen zu versichern, der bei dem zu veranstaltenden Concurse die meisten Kenntnisse neben seiner sittlichen Aufführung an den Tag legen würde.

Herr von Stichaner erinnerte, daß das Ministerial Justizdepartement mit sämtlichen diesen Anträgen einverstanden seye, und der geheime Rat Besnard bei diesem Veranlaße eine Beschwerde-Vorstellung gegen die General Landesdirektion übergeben habe, dessen Inhalt aber in die innere Einrichtung der General Landesdirektion eingreife, und um die vorgeschriebene Grenzen der Ministerial-Instruktion nicht zu überschreiten, dem geheimen Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten überlassen werden müsse.

Der Staatsrath genehmigte nach gehaltener Umfrage diese Anträge mit folgenden Zusätzen: 1.) daß der Akkord für die Verpflegung der Wahnsinnigen nicht dem Verwalter, sondern einem Dritten ganz Unbetheiligten überlassen werden soll, 2.) daß die Besoldung des Irrenhaus-Verwalters nicht eher fließen soll, bis das Irrenhaus {8v} ganz eingerichtet, und er seine Dienste anfange; 3.) daß der Concurs um die Stelle des Medici unter Vorsitz eines Kommissärs der General Landesdirektion vor sich gehen, und hiebei vorzüglich Physologie und Antropologie zum Grunde gelegt werden soll259.

Die Überweisung des der Armenversorgung gewidmeten Kapitals der Münchener Jesuitenstiftung an die Armenkommission soll erst nach der Organisation des Armeninstituts getätigt werden.

6. Nach Auseinandersetzung der Beschaffenheit, die bei den Armen-Kapitalien der hiesigen Jesuitenstiftung zu 20.000 fl. obwalten, und wornach dieselbe von dem Sekretär Grosch260 gegen eine jährliche Remuneration von 36 fl. verwaltet, und die Interesse davon von dem General Landesdirektions-Präsidenten zur Unterstützung der Armen, vorzüglich aber armer Kanzlei-Verwanden und Hofbefreiten-Individuen verwendet würden, führte Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner an, welches Gutachten die General Landesdirektion und dessen Praesidium in einem verschloßenen Voto, über das Gesuch der Armen-Instituts-Kommission um Extradition dieser Kapitalien zum allgemeinen Armenfond abgegeben habe und äuserte: daß bei den vorliegenden Umständen es {9r} wohl keinem Anstande unterworfen seyn dürfte, diese Kapitalien, so wie es auch in Landshut geschehen, der Armen-Kommission zu extradiren, wo übrigens die Bemerkungen über die Verhältnisse des Armen-Instituts und dessen Organisation auf einen eignen, hierüber erstattet werdenden Vortrag ausgesetzt bleiben, die Remuneration für den Rechnungsführer Grosch aber in keinem Betracht, wenn er dieses Geschäft nicht mehr zu besorgen habe, auf Kösten des Armenfonds fortgesetzt werden könnte.

In dem Staatsrathe wurde auf diesen Antrag beschloßen: den Gegenstand noch ausgesetzt zu lassen, bis über die Verhältnisse des Armen-Instituts und dessen Organisation der Vortrag erstattet, und eine Entschließung gefaßt seyn wird.

Kompetenzkonflikte staatlicher Stellen

Der Hofrat ist in der Streitsache zwischen Johann Gruber und der Gemeinde Puch nicht zuständig, da es sich um eine Frage der Agrarverfassung (»Kulturs-Streitigkeit«) handelt. Die Entscheidungskompetenz liegt daher bei der Generallandesdirektion.

7. Wegen Einmischung des churfürstlichen Hofraths in die Kulturs-Streitigkeit des Johann Gruber Seelmaier-Bauern zu Puch am Erlbach gegen die Gemeinde Puch, welcher Gegenstand durch die General Landesdirektion mittels Berichts zur höchsten Stelle gebracht worden, erstattete Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner schriftlichen Vortrag, worin er die General Mandate, {9v} so die Anbauung der Brachfelder begünstigten261, und die ganze Geschichte der vorliegenden Streitsache anführte, die Inkompetenz des Churfürstlichen Hofraths in dieser Sache ofenbar darlegte, und den Antrag machte (womit auch das Ministerial Justizdepartement einverstanden) a. den Spruch des Hofraths als ganz inkompetent zu erklären und aufzuheben, b. dem Hofrathe seine Einmischung zu ahnden, c. die ganze Streitsache an die General Landesdirektion zu remittiren, und d. den Advokaten den Absprung an den Hofrath mit der Warnung zu verweisen, daß man ihm im künftig ähnlichen Falle angemessen bestrafen würde.

Dieser Antrag wurde in dem Staatsrathe genehmigt.

Im Streit zwischen dem Söldner der Gemeinde Herrsching und der Bauernschaft über die Verteilung des Gemeindeholzes entscheidet die Generallandesdirektion, nicht der Hofrat.

8. Einen weiteren Fall der Einmischung des Churfürstlichen Hofraths in Kultur-Streitsachen legte Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner dem Staatsrathe durch Erzehlung der Streitigkeit vor, die zwischen dem Söldner und Kleingütler der Gemeinde Herrsching des Herrschafts-Gerichts Seefeld und der dortigen Bauern{10r}schaft über das Verhältnis bei Vertheilung ihres Gemeinde-Holzes entstanden, und zeigte, wie dieser Prozeß bei der General Landesdirektion geführt und entschieden worden, wie er durch neue Fürschritte der Söldner nachher an Churfürstlichen Hofrath, und dann wieder an die General Landesdirektion gekommen, und daß er von derselben mit Bericht zur höchsten Stelle gebracht worden.

Herr von Stichaner erinnerte, daß der gegenwärtige Fall, ohne allen Widerspruch, eine reine Kulturssache sey, der durch die bestehende Mandate klar entschieden werde, und es um so eher zur General Landesdirektion gehöre, als dieselbe in der nämlichen Sache wirklich schon einmal in Appellatorio gesprochen habe, und dermal die Söldner blos allein den Prozeß mit einem Restitutions-Gesuche erneuert haben. Er trage daher an: a. daß die Verhandlungen des Churfürstlichen Hofraths aufgehoben, b. demselben sein Verfahren geahndet, und c. dem Advokaten aber, welcher sich solchen Absprung erlaubt habe, sein Benehmen verwiesen, d. im übrigen aber die seit 1796 auf solche Art herum gezogene Holzabtheilung262 ohne Weiters {10v} in Vollzug gesetzt werden soll, und bemerke, daß das Ministerial Justizdepartement hiemit einverstanden sey.

Der Antrag wurde von dem Staatsrathe genehmigt.

In der Streitsache zwischen dem Grafen von Preysing und Eigentümern von Wiesen unweit der Herrschaft Moos ist vorläufig der Hofrat kompetent, da der Fall als »blose Justizsache« anzusehen ist.

9. Über einen dritten Fall der Einmischung des churfürstlichen Hofraths in Kulturssachen, in specie die Einmädig- und Zweimädigmachung der Wiesen im oberen Moos und in der Toif ohnweit der Herrschaft Moos, erstattete Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner schriftlichen Vortrag, worin derselbe die Lage dieser zwei beträchtlichen, im Streite befangenen Strecken, worüber auch ein Plan gefertigt, schilderte, das dem Grafen von Preysing durch einen richterlichen Spruch von 1594, und durch das unwidersprochene Herkommen hierauf zustehende Recht der Weidenschaft zu ieder, sogar in der geschloßenen Zeit, weswegen schon in den Jahren 1577 und 1580 Streitigkeiten entstanden, entwickelte, und zeigte, welche Hindernisse dieses Recht den Eigenthümern in Kultur der dabei sich befindenden Wiesflecken entgegen stellte, und welche Änderungen in dem Zustande der Sachen von den im Jahre 1762 erlassenen {11r} Kulturs-Mandaten263 her sich ergäben, und welche Beschwerden die Unterthanen in den neueren Zeiten gegen die Weidenschaft des Grafen von Preysing in Moos, die er mit Schonung seiner eignen Gründe übermäsig benutzte, bei der Regierung Landshut angebracht haben.

Herr von Stichaner legte den Gang vor, den diese Streitsache bei der Regierung Landshut genommen, zeigte wie solche an den churfürstlichen Hofrath, die General Landesdirektion, und an die höchste Stelle gebracht worden, und worauf es gegenwärtig ankomme, nämlich zu entscheiden: von welchem Foro diese Sache zu verhandeln und zu verbescheiden seye?

Er Referent müsse nach seiner Ansicht der Sachen Lage, und nach den von ihm vorausgeschickten Gründen seinen Antrag dahin stellen: der General Landesdirektion mit Anschluß sämtlicher Acten zu rescribiren, daß sie diese Sache als kompetente Kulturstelle ferner behandeln und verbescheiden, und in Gemäsheit der Kulturs-Mandate, die Unterthanen weder in der Einmädigmachung, noch an der Zweimädigmachung ihrer Wiesen durch die Weidenschaft eines Dritten verhindern lassen soll. Im ersteren Falle habe die Weidenschaft bis Jacobi264, im andern Falle {11v} bis Michaelis265 ohne Ersatz zu weichen. Auch soll die Weidenschaft in den Hölzern nur so weit statt finden, als sie den darin gelegenen Wiesen zu verstandener geschlossener Zeit unschädlich, und der Forstkultur selbst nicht schade, welches nach den individuellen Umständen zu ermessen sey.

Allein das Ministerial Justizdepartement glaube, daß die Sache an die Kulturs-Instanz zu verweisen, derselben aber in materialibus nichts vorzuschreiben wäre.

Nach hierüber im Staatsrathe gehaltener Umfrage, wurde der vorgetragene Gegenstand, so wie er gegenwärtig liegt, durch die Mehrheit der Ministerialstimmen als eine blose Justizsache angesehen, und beschloßen, dem Hofrathe zu rescribiren: wie Seine Churfürstliche Durchlaucht zwar wünschten, daß die Eigenthümer der im Streit befangenen Strecken durch Zweimädigmachung der dabei sich befindenden Wiesen, die Kultur in jener Gegend ausbreiten und in eine grössere Aufnahm bringen möchten, gegenwärtig {12r} aber, wo dieser Fall noch nicht eintrette und die Frage von Zweimädigmachung der Wiesen nicht seye, habe der Churfürstliche Hofrath in Appellatorio salvo Revisorii zu erkennen, was Rechtens sey266.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung.

Anmerkungen

258
Druck des pfalzneuburgischen Landtagsabschieds vom 10. Juni 1802: RegBl. 1802, Sp. 471f., 487 – 490, 511 f.
259
Zum Fortgang vgl. Nr. 82 (Staatsrat vom 5. Januar 1803), TOP 2.
260
Es handelt sich wohl um den Kontrolleur bei dem Hofzahlamt Franz Xaver Grosch (HStK 1802, S. 92).
261
Vgl. etwa die entsprechenden Bestimmungen in den Mandaten zum »Landculturswesen« vom 24. März 1762, 3. Juni 1762 und 12. November 1762 (KGS Nr. V.18, S. 453 – 458; Nr. V.19, S. 458 – 461; Nr. V.20, S. 462 – 464).
262
Einschlägig war die VO betr. die »Vertheilung der Gemeindswaltungen« vom 19. Oktober 1795 (MGS Bd. 5, Nr. V.155, S. 331 f.).
263
Gemeint sind die Mandate im »Landculturswesen« vom 24. März, siehe Anm. 261.
264
25. Juli.
265
29. September.
266
Der Fall wird wieder aufgegriffen in Nr. 107 (Staatsrat vom 18. Mai 1803), TOP 1.