BayHStA Staatsrat 4 4 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph; Montgelas, Hertling.

[MA] 1. Kfstl. Genehmigung der Anträge und Entschließungen des Staatsrats vom 1., 9. und 15. Dezember 1802 »mit einigen, auf den Protocollen bemerkten Änderungen« nach Vorlage durch Montgelas.

Ausarbeitung eines Generalmandats zur Förderung des Schulbesuchs der Jugendlichen.

2. Im Nahmen des, wegen Ohnpäßlichkeit nicht zugegen geweßenen Geheimen Staats und Conferenz Ministers Graffen von Morawizky legte Herr Geheimer Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas ein Gutachten über die von dem General Schul-Directorio zu fleißiger Schulbesuchung der Jugend gemachte Anträge vor, und äüßerte, nachdeme er diese in 15 Punkten enthaltene Anträge mit einigen Bemerkungen des General-Schul-Directorii vorgeleßen hatte, daß dieselbe genehmiget, und hiernach mit Anwendung der vorgetragenen Bemerkungen ein General Mandat gefaßet werden könte410.

Dieser Antrag wurde genehmiget.

Staatsetat

Das Angebot eines gewissen Piaggino, eine Anleihe zu vermitteln, wird abgelehnt. Die in diesem Zusammenhang von Montgelas formulierten Grundsätze sollen fortan der Beurteilung weiterer Anleihegeschäfte zugrundegelegt werden.

3. Aus Veranlaß der, von einem sicheren Piaggino411 anerbettenen Dienste, in Frankfurth ein Anlehen von 5 Millionen verschaffen zu wollen: äüßerte der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas die Grundsäze, die bey Eröffnung eines neuen Anlehens beobachtet werden müsten und bemerkte, wie auf jeden Falle damit in so lange zuzuwarten seye, bis der Finanz Status für das künftige Jahr festgesezet, die Ausgaaben mit den Einnahmen ins Gleichgewicht gebracht und hierdurch die Sicherheit erlangt seyn wird, daß die aufgenohmenen Capitalien nicht gegen alle Regeln einer guten Staatswirthschaft blos zu Dekung des Mangels au fond zu den laufenden Ausgaaben dienen.

Frhr. von Montgelas überließ der höchsten Entscheidung, in wie weit von dem Anerbiethen des tit. Piaggino nach diesen Voraussezungen Gebrauch gemacht werden wolle?

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen, daß von dem Anerbiethen des tit. Piaggino kein Gebrauch gemacht, wohl aber die wegen einem weiteren Anlehen geäüßerte Grundsäze als Richtschnur aufbewahret werden solle, wenn ein solches Geschäfft zu behandlen und einzuleiten seyn sollte.

Der Staatsrat empfiehlt eine Intervention des Kurfürsten in das Verfahren der Regierung Amberg gegen Johann Hiltl und Georg Radl wegen Raubes. Die Regierung wird wegen Verfahrensfehlern gerügt.

[MJ] 4. In schriftlichem Vortrage wurde das Verfahren der Regierung Amberg gegen die pto roboriae, vielmehr pto rapinae412 bey der oberpfälzischen Hofmarch Fischbach zu Verhaft gebrachte, dann hierauf zur neuen Processirung dem churfürstlichen Landrichteramte Witterfeld übergebene Johann Hiltl vom Hammer Kaltenbrun und Georg Radl aus der Hofmarch Stein, auseinander gesezet und dabey angeführet, wie unrichtig die Regierung Amberg nach Laage der Acten, diese Sache beurtheilet und wie ordnungswidrig sie geurtheilet; aus welchen Gründen auch angetragen wurde, daß Seine Churfürstliche Durchleucht in diesem schon zweymahl verdorbenen Proceße keinen weiteren Schritt mehr machen sondern die Begnadigung von der Todesstrafe für den Hiltl gnädigst anordnen laßen mögten, wo dann der Regierung Amberg zu überlaßen wäre, statt der poenam ordinariam eine außerordentliche zu erkennen, dabey aber könte derselben das unförmliche und nichtige Verfahren in diesem Proceße zur künftigen Warnung zu erkennen {3v} gegeben werden.

Nach Antrag genehmiget.

Genehmigung der Entschließungen durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

410
VO betr. die »Besuchung der Schulen« vom 23. Dezember 1802, RegBl. 1802, Sp. 911 – 915.
411
Vielleicht der vormalige Titular-Hofkammerrat Joseph Maria Friedrich Piaggino, dem in der Staatskonferenz vom 21. Februar 1800 der Titel aberkannt worden war ( Protokolle Bd. 1 , Nr. 55, S. 238, TOP 18).
412
Rapina und roboria gehören zur Deliktsgruppe der vom Diebstahl durch Gewaltanwendung abgegrenzten »Rauberey« (vgl. [Kreittmayr], Anmerckungen CJBC, unpaginiertes Register s. v. ›Rapina‹ bzw. ›Robaria‹). Der bayerische Kriminalkodex von 1751 (CJBC I 2 § 19, S. 16) sah dafür vor: »Gewaltsame Abnehm- und Abnöthigung, oder auch bedrohliche Abschröckung fremden beweglichen Guts, um Gewinns oder Vortheils wegen auf offentlicher Straß oder anderwärts, wird mit dem Strang bestrafft […]«. Kreittmayr bemerkte zur »bedrohliche[n] Abschröckung«, das römische Recht habe noch einen eigenen, auf Drohung (concussio) gegenüber dem Opfer abhebenden Tatbestand gekannt, doch sei im bayerischen Recht der Unterschied zwischen »Concutienten« und »Roboranten« beseitigt ([Kreittmayr], Anmerckungen CJBC, S. 32 Buchstabe c). Nimmt man dazu die Definition der Roboranten als »bewaffnete Landstreicher, die raubten und plünderten und gegen die Einwohner alle Arten von Gewaltthätigkeiten ausübten« (Schmeller, Bayerisches Wörterbuch Bd. 2, S. 10 s. v.), so wäre roboria wohl – in Anlehnung an die Formulierung des § 249 StGB – zu umschreiben als »Raub unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben«.