BayHStA Staatsrat 383 8 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 29. Januar 1803.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Arco, [MF:] Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

Der Landrichter zu Wiesensteig, Joseph Edler von Grauvogel, wird wegen verschiedener Verfehlungen von seinem Amt suspendiert. Das Amt wird provisorisch neu besetzt. Es ist zu prüfen, ob es nicht mit einem anderen schwäbischen Amt vereinigt werden sollte. Die Generallandesdirektion ist grundsätzlich berechtigt, fehlbare Beamte vom Dienst zu suspendieren.

{2r} 1. In einem, über die Suspension des Landrichters zu Wießensteig von Grauvogel von den Justiz-Geschäfften erstatteten schriftlichen Vortrage, zeigte Herr Geheimer Referendaire Graff von Arco, durch welche Rechnungs Unordnungen dieses Beamten die General-Landes Direction veranlaßet worden, einen Land Commisär nach Wießensteig zur Amtsuntersuchung abzuordnen, und welche Resultate nach vorausgegangener Suspension des Beamten von Führung der Cameral-Geschäffte, sich aus der näheren, obgleich noch nicht beendigten Untersuchung ergeben.

{2v} Herr Graff von Arco äußerte, wie die General Landes Direction in der Überzeugung, daß es gefährlich seye, einem solchen Manne länger die Justiz Pflege und das Wohl so vieler Menschen anzuvertrauen, um auf deßen Suspension von aller Geschäfftsführung und einer anderen provisorischen Amtsbestellung angetragen, wegen inzwischen eingetrettener Trennung des Landgerichts Wießensteig von dem bisherig – baierischen Provinzial Verbande aber die Anfrage gestellet habe?

»Ob die begonnene Untersuchung auf die angefangene Weiße durch sie fortgeführet oder dieser Gegenstand, so wie er liege an das Schwäbische General Commissariat zur weiteren Verhandlung ausgeantworthet werden solle.«

Nach Würdigung dieser Frage, nach Auseinandersezung der besonderen Verhältnüße, welche bey dieser Untersuchung rücksichtlich des vorigen Beamten in Wießensteig und des vormahligen Extraditions Commissär Gallinger, auf welche wahrscheinlich ein Theil der gegenwärtigen Amtsunrichtigkeiten zuruckfallen werde, eintretten, und nach Beanthworthung der aus den vorliegenden Acten sich herauswerffenden drey Fragen

a: ob der Landrichter von Grauvogel izt schon zu suspendiren seye? b: wem die Führung des Amtes {3r} provisorisch übertragen werden solle? und c: wie es mit der Vollendung der Untersuchung und Aburtheilung dieser Sache zu halten seye?

machte Herr Graff von Arco folgende Anträge, die er dem Staats Rathe zur Genehmigung vorlegte.

1.) wäre die gänzliche Suspension des von Grauvogel auch von Besorgung der Justiz-Pflege zu verhängen und die Vorschläge der Churfürstlichen General Landes Direction zu genehmigen. 2.) Zur provisorischen Amtsbestellung ein taugliches Individuum zu benennen und der General Landes Direction aufzutragen, diesem das Amt durch den in Wießensteig anweßenden Land Commissär Schieber mit Inbegrief der am 16. November v. J. dem Oberschreiber Lindner ausgeanthworteten Cameral Gegenstände extradiren zu laßen. 3.) Die Anfrage der erwehnten Stelle wegen Untersuchung und Aburtheilung des von Grauvogel dahin zu verbescheiden, daß die Untersuchung deßelben durch den Land Commissär Schieber fortgesezet, der Vortrag und die Aburtheilung dieser Sache bey der General Landes Direction vorgenohmen und das gefällte Urtheil nebst den Acten und Entscheidungs Gründen der Bestättigung wegen zu dem Geheimen Ministerial Departement der auswärtigen Geschäfften eingesendet werden solle; {3v} 4.) wäre dem Schwäbischen General Commissariat von all diesem Nachricht geben zu laßen.

Nach gehaltener Umfrage in dem Staats Rathe genehmigte derselbe diese Anträge des Referenten, womit sich auch das Ministerial Département der Auswärtigen Geschäffte vereiniget, und beschloß, dem Schwäbischen General Commissariat den Auftrag ertheilen zu laßen, das Amt Wießensteig mit Inbegrief der Cameral Gegenstände durch ein fähiges mit den Verhältnüßen des Amts Wießensteig bekantes Subject provisorisch zu besezen, welchem dieses Amt durch den dort anweßenden Land Commissär Schieber extradiret werden solle.

Das General Commissariat habe auch seiner Zeit seine Vorschläge abzugeben, ob und wie dieses nicht sehr bedeutende und wenig einträgliche Amt mit einem anderen schwäbischen Amte vereiniget werden könne.

Aus Veranlaaß eines in dieser Untersuchungs Sache von dem Churfürstlichen Hof Rathe erstatteten Berichts, wovon Herr Geheimer Justiz Referendair von Stichaner bey seiner Abstimmung Erwehnung machte, faste der Staats Rath den ferneren Beschluß, der General Landes Direction rescribiren zu laßen, wie sie nach ihrer Instruction und nach der über die Beamte ihr zugewießenen Jurisdiction allerdings befugt seye, gegen die wegen Amtsunrichtigkeiten oder sonstigen Dienst Gebrechen in die Untersuchung fallende Beamte die Suspension zu erkennen, ohne zuvor von den Justiz Stellen eine eigene Erkentnüß zu requiriren; von diesem Schluße des {4r} Staats Rathes solle dem Churfürstlichen Hofrath Nachricht ertheilet werden.

Vortrag Schenks über die administrative Bewältigung der Unruhen bei den Salinen. Auslöser war die eigenmächtige Kündigung der Holzlieferverträge durch den traunsteinischen Salinen-Waldmeister Franz Xaver Heldenberg, dessen Dienstsuspension bestätigt wird.

2. Herr Geheimer Finanz Referendaire von Schenk entwickelte in mündlichem Vortrage den geschichtlichen Hergang der bey den Salinen wegen dem trauensteinischen Holzlieferungs Contract entstandenen Unruhen, schilderte das zweydeutige Benehmen, welches der trauensteinische Salinen Waldmeister Heldenberg vorzüglich durch eigenmächtige Suspension des befragten Holzlieferungs Contractes hiebey gepflogen, laß die hierauf Bezug habende Actenstücke ab, und legte sowohl die, von der General Landes Direction nach ihrem Berichte deswegen getroffene Verfügungen und Anordnungen, als auch die Rechtfertigungs Gründe, so der Waldmeister Heldenberger wegen seinem Verfahren in einer zur höchsten Stelle unmittelbahr übergebenen Vorstellung angeführet, zur Beurtheilung des Staats Rathes vor.

Herr von Schenk stellte sohin im Nahmen des Ministerial Finanz Departements den Antrag: nicht allein die von der General-Landes Direction in dieser Sache getroffene Verfügungen, sondern auch die von ihr verordnete provisorische Dienst Suspension gedachten Heldenberger, doch mit dem Zusaze zu bestättigen, daß, wenn demselben, wie er in der obenberührten Vorstellung angiebt, durch den Commissär Landes Directions Rathen von Thoma zu seiner Rechtfertigung {4v} nothwendige Papiere abgenohmen worden seyn sollten, diese ihme bey etwa nicht darüber obwaltenden legalen Anständen, zu Führung seiner ferneren Verantwortung urschriftlich zuruckgegeben werden; zugleich wären zu Abführung der, den trauensteinischen Holzlifferanten contractmäßig noch zu zahlenden Ruckständen die schleunigste Verfügungen zu treffen, damit unter der von ihr hierüber schon verfügten Einleitung die Holz Arbeiter zu Bezahlung ihrer Ausstände ungesäümt gelangen; übrigens seye der an die Unterthanen des Landgerichts Trauenstein erlaßene Verruf zu genehmigen, der Commissär von Thoma und das Landgericht zu Anwendung aller zweckmäßigen Mittel zu beauftragen und im Falle die, in dem Verrufe enthaltene ganz geeignete Vorstellungen und Gründe diese Ruhe nicht bewirken, den Commissär zum Gebrauche militärischer Zwangsmittel, doch mit der nöthigen Vorsicht und nach vorherigem reifen Ermeßen ihrer Nothwendigkeit, anzuweißen, auf welchen Falle er die Assistenz des dort zunächst befindlichen Militärs sogleich nachzusuchen habe.

Der General Landesdirection wäre noch die baldige Vorlage der commissionellen Verhandlungen besagten von Thoma, und der ausführlichen Resultate der in verfloßenem Sommer nach Trauenstein abgeordneten Wald Untersuchungs Commission aufzutragen.

Diese Anträge wurden von dem Staats-{5r}Rathe genehmiget, doch solle wegen Unterstüzung der Civil Behörden durch das Militare der geeignete Antrag an Seine Churfürstliche Durchleucht gemachet werden.

Die Waldungen des Klosters St. Zeno sollen – ohne einen einschlägigen Vergleich von 1802 heranzuziehen – von der Generallandesdirektion für den Betrieb der kurfürstlichen Salinen beansprucht werden.

3. Herr Geheimer Finanz Referendaire von Schenk äüßerte, wie die zeither zwischen dem Geistlichen und Ministerial Finanz Département wegen den Waldungen des Klosters St. Zeno, welche den churfürstlichen Salinnen einen großen Nuzen gewähren würden, ohne endliches Resultat gepflogene Correspondenz, und die mit den ständischen Klöster überhaupt eingetrettene Verhältnüße, das leztere Département veranlaßet, unter Anführung des wegen diesen Waldungen im vorigen Jahre mit dem Kloster St. Zeno abgeschloßenen noch unratificirten Vergleichs und Bemerkung der nun eintrettenden Zeit, um in den Waldungen zweckmäßige Verfügungen zu treffen, bey dem Staats Rathe die Anfrage zu stellen: ob, und welche Fürschritte nach der gegenwärtigen Laage der Umständen mit diesen Waldungen getroffen werden könten.

Der Staats Rath genehmigte nach gehaltener Umfrage, daß mit Umgehung des mit dem Kloster St. Zeno geschloßenen Vergleiches, die befragte Waldungen schon dermahl von der General Landes Direction in Administration genohmen, und nach der von dem Kloster bereits in vorigem Jahre abgegebenen Erklä{5v}rung für die Salinnen benuzet werden.

4. Stichaner fährt fort476, »in der Pompardischen Sache den 3. Theil, nemlich die General Peglionische Negotiation dem Staats Rathe vorzutragen«. Wegen »vorgeruckter Mittagszeit« kann der Beratungspunkt nicht abgeschlossen werden. Deswegen wird der »Staats Rath aufgehoben und beschloßen: vorstehende Anträge und Entschliesungen der höchsten Bestättigung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu untergeben«.

Genehmigung der Anträge und Entschließungen durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

476
Vgl. Nr. 82 (Staatsrat vom 5. Januar 1803), TOP 6.