BayHStA Staatsrat 383 8 Seiten.
Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 18. März 1803.
Anwesend: Morawitzky, Hertling; [MA:] Zentner, Arco, [MF:] Krenner, Steiner, Schenk, Schwerin, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.
Der Streit wegen des Verkaufs der Hofmark Neudeck in der Au zwischen der Generallandesdirektion einerseits, dem Administrationsrat der Kirchen und milden Stiftungen andererseits wird dahingehend entschieden, daß die Hofmarksgerechtigkeit eingezogen, der Güterkomplex aber dem Administrationsrat zum Verkauf zugunsten des Schulfonds überlassen wird.
{2r} 1. Herr geheimer Referendaire Graff von Arco unterrichtete durch mündlichen Vortrag den Staats Rath von den Bewegungen, welche die General-Landesdirection in einem erstatteten Bericht gegen die Veräüßerung der durch den Administrations-Rath in öffentlichen Zeitungen zur Versteigerung feil gebottenen Hofmarch Neudegg in der Au gemacht486, und wodurch das auswärtige Ministerial Département, an welches die General {2v} Landes-Direction sich rücksichtlich der, nach Aufhebung der Paulaner eintretten müßenden Vindication der Hofmarchs Gerechtigkeit und einiger Pertinentien der Hofmarch Neudegg gewendet, veranlaßet worden, die ausgeschriebene Versteigerung sistiren, und den Gegenstand näher untersuchen zu laßen.
Herr Graff von Arco entwickelte nun in gedrängter Kürze die wahre Verhältnüße dieser Hofmarch Neudegg, und äüßerte, wie das auswärtige Ministerial Département in seiner Sizung beschloßen habe, die gegen die Versteigerung der Hofmarchs Gerechtigkeit zu Neudegg sprechende Gründe dem geistlichen Ministerial Département in einer Note unter Anfügung des Landes Directions Berichtes und der Acten mitzutheilen, und demselben zu überlaßen, ob nicht durch eintrettende Modificationen das beyderseitige Interesse des Fiscii und des Schulfonds vereiniget werden könten.
Auf diese Äüßerung des Herrn Graffen von Arco bemerkte der in dieser Sache bey dem Geistlichen Ministerial Département aufgestellte Referent Herr von Branca, wodurch der Administrations Rath sein Verfahren bey Ausschreibung der zu versteigenden Hofmarch Neudegg rechtfertigen könne, und welche Gründe ihme zur Seite stünden, erklärte aber, daß das Geistliche Ministerial-Departement sich willig verstehen würde, die Hofmarchsgerechtigkeit und die damit verbundene Jurisdiction zu opfern, wenn dem {3r} Schulfond der ganze Complexus der Hofmarch Neudegg zur Disposition überlaßen und der Termin zur Versteigerung deßelben, der auf den 1. März ausgeschrieben worden, nicht weiter hinausverschoben würde, indeme sonst der Schulfond großen Schaden zu leiden, in Gefahr stünde. Das Geistliche Ministerial Département erwarte jedoch von der Entscheidung des Staats Rathes, wie die entstandene Differenz zwischen der General Landes Direction und dem Administrations Rathe ohne processualische Weitläüfigkeit gehoben werden wolle.
Der Staats Rath vereinigte sich nach gehaltener Umfrage dahin, daß nach Einziehung der Hofmarchs-Gerechtigkeit und Jurisdiction der Complexus der Hofmarch Neudegg dem Administrations Rathe resp. teutschen Schulfond zum Verkauf überlaßen und von demselben die geeignete Reservation wegen Unterhaltung des Breuhaußes eingeleitet, auch zu Gewinnung derzeit, um die auf den 1. März schon ausgeschriebene öffentliche Versteigerung nicht aufzuhalten, die Entschließung den Vorständen der Landes Direction und des Administrations Rathes eröffnet werden solle487.
Der Staatsrat genehmigt den Verkauf des Rittersitzes Steppach an Johann Michael Gäsler, Verwalter der Malteserkommende in Landshut.
2. Über den nachgesucht werdenden lehenherrlichen Consens zu Veräüßerung des von den Baron Feurischen Erbsinteressenten dermahl beseßen werdenden ritterlehenbahren Sizes Steppach an den Maltheser Commende Verwalther Gäsler in Landshut, und den hiebey nach Meynung der General Landes Direction zur Sprache kommenden Recurs an {3v} an [!] die Relicten des verstorbenen Lehen Probsten Frhr. von Kreitmayer wegen Ersaz des abgehenden Betrages von dem surrogirten Steppach rücksichtlich des Biebelspacher Lehenwerthes erstattete Herr Geheimer Referendaire Graff von Arco Vortrag, und äußerte, wie nach seiner Meinung die Ertheilung des Veräußerung Consenses keinem Anstande unterliegen könne, weil durch den neuen Besizer dem Lehenhofe der Vortheil einer minder weit aussehenden Heimfälligkeit zugehe, wohl aber der Punkt der Klagestellung gegen die Baron Kreitmayerische Relicten auf sich beruhen könne, ohne auf dem rechtlichen Weege verfolget zu werden.
Das Ministerial Département der auswärtigen Geschäffte habe sich zwar wegen seiner ersten Meynung in Hinsicht auf den zu ertheilenden Veräüßerungs Consens mit ihme vereiniget, rücksichtlich des zweyten Puncktes aber den Schluß gefaßet, die Klage nicht so geradehin auf sich beruhen zu laßen, sondern von der General Landes Direction zuvor ein Rechts bemeßenes Gutachten zu erforderen, ob vor dem Richter ein obsiegliches Urtheil in dieser Sache zu erwarten seye.
Der Staatsrath genehmigte die Ertheilung des Consenses zu Veräüßerung des ritterlehenbaren Sizes Steppach, und den Schluß des auswärtigen Ministerial-Départements wegen Erhohlung eines rechtsbemeßenen Gutachtens {4r} in bezug auf die anzustellende Klage.
Den Weinhändlern wird erlaubt, nach Abführung der vorgeschriebenen Abgaben den Wein en gros zu verkaufen.
3. Herr geheimer Justiz-Referendaire von Stichaner legte dem Staats Rathe die Verhältnüß des allhiesigen Weinstadels und des von demselben gegen die Weinhändler ausgeübet werdenden Zwanges, welche auf Veranlaß einer Beschwehrde des Weinhändler Leibl von Mannheim durch die General Landesdirection untersuchet worden, mit der Äüßerung vor, daß das Geheime Ministerial Justiz Departement sich mit folgendem von der General-Landes Direction gestellten Antrage vereiniget habe: Sämtliche Weinhändler sollen angehalten werden, den in das Land gebrachten Wein in dem Weinstadl abzustoßen, und ihn dort solange liegen zu laßen, bis samtlich davon zu bezahlende Abgaaben berichtiget sind, daß ihnen aber dann gestattet werden solle, wenn sie sich über diese Berichtigung gehörig legitimiret haben werden, den Wein in Privatkeller abzuführen und von dort im Großen, wie es ihnen gestattet, zu verkaufen, wobey ihnen aber bey hinlänglicher ohne Nachsicht einzubringender Straffe, die sich auch bey wiederhohlten Fällen auf Einziehung ihres Handels erstrecken könte, jede Art von Verschleiß im kleinen verbotten werden müste.
Dieser Antrag wurde von dem Staats Rathe genehmiget.
Dem kurfürstlichen Zeughausdrechsler Andreas Zettel wird erlaubt, auf eigene Rechnung. jedoch ohne Gesellen zu arbeiten und seine Erzeugnisse »öffentlich« zu verkaufen.
{4v} 4. Auf das Gesuch des churfürstlichen Zeughauß Drechsler Andreas Zettel, um ihme wegen Mangel an hinlänglicher Beschäfftigung in dem churfürstlichen Zeughauß die Haltung von Geßellen und den öffentlichen Verkauf seiner Arbeit zu gestatten, worüber die General-Landes Direction in ihrem Gutachten vernohmen worden, äüßerte Herr Geheimer Justiz-Referendaire von Stichaner nach Anhörung der vorliegenden Umstände, wie das Geheime Ministerial-Justiz Departement der Meynung seye, daß, um diesem Manne, der nun anßäsig und verheurathet seye, zu seinem Fortkommen zu verhelfen erlaubet werden könte, auf seine eigene Hand, aber ohne Haltung von Geßellen, zu arbeiten und seine Arbeit öffentlich zu verkaufen.
Dieser Antrag wurde von dem Staats Rathe genehmiget.
Erlaubnis für den Kistlermeister Johann Proradan, in der Au bei München sein Gewerbe, jedoch ohne Gesellen, auszuüben.
5. Nach Wiederholung aller Verhältnüße, welche bey dem durch die General-Landes Direction als Kistlermeister allhier aufgestellten Johann Proradan, deßen Aufstellung aber nach mehreren höchsten Entschließungen ruckgenohmen worden, eintretten, legte Herr Geheimer Justiz Referendaire von Stichaner eine von demselben übergebene neuere Bittschrift vor, worin er die Aufstellung als Kistlermeister in der Au nachsuchet, und machte den {5r} Staats Rath auf eine dieser Vorstellung beyliegende protocoll-mäßige Äüßerung der hiesigen Kistlermeister aufmerksam, stellte sohin den Antrag, auch diesem Proradan die Erlaubnüß zu ertheilen, auf seine eigene Hand, ohne Haltung von Geßellen zu arbeiten.
Nach Antrag genehmiget.
Der Staatsrat urteilt, daß die neuen Landesherren der abgetretenen rheinpfälzischen Lande nicht berechtigt sind, diejenigen Landeskinder zu reklamieren, die in Erfüllung ihrer Dienstpflicht beim Militär dienen.
6. Herr Graf von Arco eröffnete dem Staats Rathe, wie das auswärtige Ministerial-Departement durch eine Cabinets Ordre aufgeforderet worden, gegen Seine Churfürstliche Durchleucht sich über die Frage zu äüßeren: »ob einer der neuen Landesherrn der abgetrettenen rheinpfälzischen Landen berechtiget seye, diejenige Landes Kinder zu reclamiren, die als Capitulanten zum Milizen Zuge genohmen worden und dermahl, ohne ihre Capitulations Zeit vollendet zu haben, noch im Soldatenstande sich befinden[«].
Nach reifer Berathung, und Würdigung dieser Frage, welche auch hiemit der Beurtheilung des gesamten Staats Rathes untergeben werde, glaube das Ministerial Département der auswärtigen Geschäfften an Seine Churfürstliche Durchleucht den Antrag stellen zu müßen, daß rücksichtlich der Land Capitulanten oder Milizen, wobey man von der Militär Pflichtigkeit ausgehen, und die Verbindlichkeiten, welche aus {5v} derselben entspringen zur Grundlage genohmen werden müße, sich nicht werde entnohmen werden können, den diesfalls von den neuen Landesherrn geschehenden Reclamationen statt zu thun, den freywillig angeworbenen aber eine gleiche Rechts Wohlthat nicht zustehe.
Der Staats Rath vereinigte sich mit dem auswärtigen Ministerial Département dahin, daß dieser Antrag Seiner Churfürstlichen Durchleucht vorgeleget werde.
Vorlage der Entschließungen und Anträge beim Kurfürsten und Genehmigung.