BayHStA Staatsrat 8
12 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Gerichtsverfassung
Montgelas trägt an, darin von Hompesch unterstützt, wegen des zu erwartenden Arbeitsanfalls in den Stadtgerichten 1. Klasse in München, Augsburg und Nürnberg zwölf bzw. jeweils zehn Beisitzer zu bestellen (die Organisationskommission hatte je acht vorgeschlagen). Der König folgt dem Antrag. Ferner wird die Amtsbezeichnung der Vorstände dieser Gerichte in „Stadtgerichts-Direktoren“ geändert und die Besoldung des Personals festgelegt.
{1r} 1. Die von Seiner Königlichen Majestät auf heute angeordnete geheime Staats Konferenz wurde von dem geheimen Staats und Konferenz Minister Freiherrn von Montgelas mit Vorlegung der Anstände eröfnet, welche die Organisazions Commißion in dem Protokolle vom 26ten d. M. gegen die allerhöchste Bestimmung vom 8ten dieses695, daß den Stadtgerichten in München, Nürnberg und Augsburg nur 8 Aßessoren unter Beziehung auf den Vortrag des Referenten {1v} erhoben und mit dem Gutachten an das königliche Ministerium gebracht worden, welche Besoldungen den Stadtgerichts Assessoren und dem untergeordneten Personale desselben angewiesen werden könnten.
Freiherr von Montgelas las den Antrag des Referenten und die Meinung der Commißion ab, und äusserte, daß er bei den vielen Geschäften, welche den Stadtgerichten in den drei Hauptstädten als 1te Instanz in Civil- und Kriminal-Sachen und nach dem neuen Gesezbuch zugetheilt würden, sich mit den Anträgen der Commißion vereinige.
Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch legte hierauf seine Ansichten über die Zahl der Stadtgerichts Assessoren vor, und bemerkte, daß obschon Ihme nach dem Beispiele anderer Staaten die Anträge zu Bildung der Stadtgerichte zu übersetzt dünke, er es dennoch der allerhöchsten Entscheidung Seiner Königlichen Majestät überlasse, ob die Stadtgerichte nach diesen Vorschlägen {2r} besezt werden sollen, nur glaube er, daß es leichter seie, die Assessoren, wenn ihre Zahl nicht hinreichen sollte zu vermehren als schon angestellte zu entfernen, das Stadtgericht München mit 2 Vorständen und 12 Assessoren, und jene in Augsburg und Nürnberg mit 2 Vorstanden und 10 Assessoren im Anfange besezt werden könnten.
Wegen den Vorschlägen der Commißion zu Besoldung der Stadtgerichts Aßessoren und des untergeordneten Personale finde er nichts zu erinnern, indem er sich überzeugt halte, daß diesen Individuen nicht weniger, als angetragen worden, gegeben werden könnte.
Durch die Aeusserungen der geheimen Staats und Konferenz Minister, die Gründe der Organisazions Commißion und des Referenten finden Seine Königliche Majestät sich bewogen, die wegen den Stadtgerichten in der geheimen Staats-Konferenz vom 8ten dieses genommene allerhöchste Entschliessung dahin abzuändern {2v} daß das Stadtgericht München mit zwei Vorständen und zwölf Assessoren, und jene in Nürnberg und Augsburg mit zwei Vorständen und zehen Assessoren besezt und den Vorständen der Stadtgerichte in diesen 3 Haupt Städten die Benennung Stadtgerichts-Directoren beigelegt werden solle; bei den übrigen Stadtgerichten solle es bei der ausgesprochenen Benennung der Vorstände – Stadtrichter verbleiben.
Die Anträge der Organisazions Commißion wegen den Besoldungen der Stadtgerichts Assessoren und des untergeordneten Personale wurden von seiner Königlichen Majestät genehmigt696.
Organische Edikte zum Verhältnis von Staat und Kirchen
Montgelas legt ein von Branca als Mitglied der Organisationskommission verfaßtes Organisches Edikt „über die kirchliche Verfassung des Königreichs“ vor. Nach Ansicht der Organisationskommission ist vorab zu prüfen, ob mit Blick auf die laufenden Verhandlungen mit der Kurie überhaupt umfassende staatskirchenrechtliche Regelungen entworfen werden sollten. Montgelas betont, daß keine Bestimmungen getroffen werden sollten, die die inneren Verhältnisse der Kirchen berühren. Im Anschluß trägt er Brancas Entwurf vor. Der König folgt dem Rat seines Ministers und verfügt, daß der Ediktentwurf vorerst zurückzustellen sei, weil er „zu tief in die innere[n] Verhältniße der Kirche eingreift“ (1.). Die Organisationskommission hat zu prüfen, ob das Religionsedikt von 1803 in der Praxis Gewissensfreiheit garantiert (2.). Um die Beziehungen des Staates zur katholischen Kirche rechtlich neu zu rahmen, soll ein Organisches Edikt entworfen werden, dessen Regelungsgehalt genau abgegrenzt wird (3.). In Ableitung des Summepiskopats des Königs über die protestantische Kirche ist ein Organisches Edikt vorzulegen, das die staatliche Kirchenverwaltung regelt (4.). Eine Verordnung über die Religionsverhältnisse der Juden ist von der Polizeisektion des Innenministeriums zu bearbeiten.
2. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas legte Seiner Königlichen Majestät das Protocoll der Organisazions Commißion vom 21ten dieses vor, in welchem dieselbe aus Veranlaß des von dem geheimen Referendär v. Branca vorgetragenen organischen Edicts über die kirchliche {3r} Verfassung des Königreichs697 an das königliche Ministerium die Vorfrage gebracht, ob Seine Königliche Majestät unter den gegenwärtigen Verhältnißen und bei den mit dem päbstlichen Hofe wiederholt angefangenen Unterhandlungen so tief, wie es von Herrn von Branca geschehen in diese Materie eingehen und durch dieses organische Edict ein neues Kirchenrecht proklamieren lassen wolle.
Freiherr von Montgelas schilderte ebenfalls seine Bedenken bei der Fassung dieses organischen Edictes über die kirchliche Verfassung, welches er nach seinen Abtheilungen durchgangen, und äusserte, daß es nie in der Absicht des Ministerii gelegen, ein Kirchenrecht, welches zu weitschichtig werden würde, und mit der äussersten Vorsicht behandelt sein müßte, gegenwärtig zu proklamiren, und dadurch die angefangene Unterhandlungen mit dem päbstlichen Hofe, die ohnehin mit vielen Hindernissen verbunden sein würden, wo nicht ganz zu zerschlagen doch sehr zu erschweren698.
Das organische Edict sollte {3v} über die innere Verhältniße der Kirche keine Bestimmungen aussprechen, sondern nur die Organisazion der verschiedenen Kirchen und der Stufen-Ordnung der Hierargien, in so weit sie der weltlichen Macht untergeordnet sein können, enthalten.
Wenn Seine Königliche Majestät diese richtige Ansichten der Organisazions Commißion über diese bei ihr vorgetragene Arbeit theilten, so könnte derselben das organische Edict rükgefertigt und ihr die Grundlinien genau angegeben werden, nach welchen dieser Gegenstand bearbeitet und ausgeführt werden solle.
Freiherr von Montgelas sezte diese Grundsäze auseinander und untergab der königlichen allerhöchsten Entscheidung die weitere Bestimmungen.
Da es nicht in den Absichten Seiner Königlichen Majestät liegt, gegenwärtig, wo die Unterhandlungen mit dem päbstlichen Hofe begonnen, über die innere Verhältnisse der Kirchen Bestimmungen zu geben, und ein neues Kirchen Recht für das Königreich {4r} proklamiren zu lassen, so haben Allerhöchstdieselbe auf die von der Organisazions Commißion durch das Protocoll vom 21ten dieses an das Ministerium gebrachte Vorfrage, und auf die von dem Ministerium hierüber vorgetragene Meinungen allergnädigst beschlossen:
1) Solle das bei der Organisazions Commißion vorgetragene organische Edict, welches zu tief in die innere Verhältniße der Kirche eingreift, zur Zeit beruhen, und benüzt werden, wenn die Section in Schul- und Kirchen-Sachen den Entwurf eines für die öffentliche Lehre auf der Universität bestimmten Kirchenrechtes gemeinschaftlich bearbeiten und zur allerhöchsten Genehmigung vorlegen wird, wozu diesen beiden Sectionen von dem Ministerium des Innern bei eintretendem Zeitpuncte der Auftrag ertheilt werden solle.
2) Solle die Organisazions Commißion das von Seiner Königlichen Majestät erlassene Religions Edict699 sich vorlegen lassen, und in Überlegung ziehen, ob dasselbe in der practischen Anwendung {4v} der von Seiner Königlichen Majestät beabsichteten vollkommenen Gewißensfreiheit hinlänglich und ganz entspreche, oder ob zu Erreichung dieses Zwekes noch einige Zusäze zu machen wären, auf den lezten Fall solle die Commißion diese Zusäze in Vorschlag bringen.
3) Solle wegen der katholischen Hierargie und wegen den äußeren Verhältnißen derselben gegen den Staat ein organisches Edict entworfen werden, welches mit Umgehung der inneren Einrichtungen nur die Grenze der weltlichen Macht außer der Kirche festsezt700, und nebst den Bestimmungen, die aus dem Vorhergehenden fliessen, auch folgende in sich faßt:
a) Daß kein Breve oder auswärtige Verordnung ohne landesherrliche Genehmigung publizirt werden darf701.
b) Daß den Geistlichen alle Arten von Gerichtsbarkeit entzogen und sie gehalten sein sollen, in Civil- und Criminal-Fällen vor den königlichen Gerichten sich zu stellen, und da Recht zu nehmen702.
c) Daß sie verbunden sind {5r} die gegenwärtige und künftige Staats- und Gemeinde-Lasten gleich jedem andern Unterthan zu tragen.
d) Daß das jus asili der Kirchen gänzlich aufhöre.
e) Daß in den Staaten Seiner Königlichen Majestät keine Communitaet mit ewigen Gelübden bestehen kann.
f) Daß seine königliche Majestät sich nach Beschaffenheit der Umstände die Pfarr Organisazionen vorbehalten worüber jedoch in eintretenden Fällen das einschlägige Ordinariat vernommen werden solle.
g) Daß Seine königliche Majestät sich den Antheil an der Aufsicht über die Seminarien und sonstige geistliche Bildungs Anstalten vorbehalten, die Allerhöchst Ihnen als Landesherr zustehen.
h) Daß die den 1ten Oktober 1807703 und 1ten Februar 1808704 angeordnete Verwaltung des gesammten Kirchen Vermögens nach den getroffenen Bestimmungen in Kraft bleiben und ferner ausgeübt werden.
4) Eben so und mit Anwendung der dem Landesherrn {5v} aus dem obersten Episcopat bei den Protestanten zustehenden Rechte, solle auch wegen der protestantischen Hierargie ein organisches Edict gefaßt und vorgelegt werden, nachdem von der Commißion die Fragen in Berathung genommen sein werden.
a) Welche besondere Instruction ist dem hier angeordneten General-Konsistorium705 in Beziehung auf seinen Geschäftskreis zu ertheilen?
b) Sollen Mittelstellen, und welche bei den General Kreis Kommißariaten errichtet, und wie derselben Verhältniße zu dem General Konsistorium bestimmt, oder welch andere Eintheilung bei der protestantischen Kirche getroffen werden?
Die Organisazions Commißion hat nach diesen allerhöchsten Vorschriften die erforderliche Arbeiten zu fertigen und sie zu beschleunigen706. Wegen der Juden wird eine eigene Verordnung durch die Policey Section bearbeitet werden, weßwegen die Commißion diesen Gegenstand zu umgehen hat707.
Österreichische Handelskonsuln
Montgelas trägt über das Gesuch der österreichischen Gesandtschaft vor, in Ulm, Augsburg und Nürnberg Handelskonsuln zu bestellen. Da andere Zwecke als die Förderung der Handelsbeziehungen zu unterstellen sind, lehnt Montgelas die Annahme des Gesuchs ab. Hompesch schließt sich an, weil er keinen Nutzen für den Handel sieht. Der König folgt den Meinungen seiner Minister.
{6r} 3. Über das Ansinnen der k. k. oesterreichischen Gesandschaft in den baierischen Handelsstädten Ulm Augsburg und Nürnberg osterreichische Handels-Konsuln aufzunehmen, erstattete der geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas Vortrag, und äußerte, daß dieses im Anfange ihm schon aufgefallene Ansuchen, wovon ein merkantillischer Nuzen für Oesterreich nicht denkbar, gegenwärtig nach der erhaltenen Punctation der Instruction dieser Konsuln die Beschaffenheit annehme, daß er es für nöthig halte, Seiner Königlichen Majestät den Gegenstand vorzulegen, und die allerhöchste Entscheidung hierüber zu erholen.
Freiherr von Montgelas las diese von dem k. k. oesterreichischen Gesandten nicht offiziel sondern im Vertrauen mitgetheilte Punctation und den Entwurf einer an den Gesandten zu erlaßenden Beantwortung ab, wenn Seine Königliche Majestät die Frage allergnädigst entschieden, daß diese Handels Konsuln in den baierischen Staaten aufgenommen werden sollen.
{6v} Freiherr von Montgelas legte alle Bedenklichkeiten vor, die gegen die Aufnahme dieser Konsuln eintreten, und führte die Verhältniße an, unter welchen ein baierischer Handels-Konsul in Triest bestehe. Nach dem Völker-Rechte könne zwar die Aufstellung solcher Handels-Konsuln nicht wohl verweigert werden, allein da sie ohne Nuzen ja vielleicht gar zum Nachtheil des Handels sein würden, so scheine ein anderer Zweck diesem Ansuchen zu unterliegen. Die einzige Schwierigkeit bei der Versagung der Zustimmung würde sein, daß Oesterreich sich über den königlichen Hof neuerdings beklagen und ihme ein unfreundschaftliches Benehmen selbst in Ansuchen, die auf das Völker-Recht und den Friedenszustand sich gründen, zu Last legen würde.
Wenn Seine Königliche Majestät für die Nichtannahme dieser Konsuln sich bestimmen sollten, so würde auch die Eigenschaft des baierischen Handels Konsuls in Triest aufhören müßen.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister {7r} Freiherr von Hompesch bemerkte, daß wenn Seine Königliche Majestät diese oesterreichische Handels Konsuln aufnehmen wollten, er bei der Beantwortung der Punctation einige Erinnerungen vorzüglich wegen der k. k. Aerarial Producten zu machen habe. Seiner Ansicht nach halte er aber die Aufstellung solcher Konsuln in Beziehung auf den Handel sowohl als in andern Rüksichten für bedenklich, und zwei Ursachen würden eine Menge Kollisionen durch diese Konsuln herbei führen. 1) Die Verschiedenheit des oesterreichischen und baierischen Maut-Prinzips und 2) das oesterreichische Papiergeld, der vielen Inkonvenienzen im Handel nicht zu erwähnen, die durch diese Konsuln entstehen würden.
Seine Königliche Majestät haben allergnädigst entschieden, daß durch den Minister der auswärtigen Verhältnisse die Aufstellung solcher oesterreichschen Handels-Konsuln auf eine freundschaftliche Art entfernt und erwirkt werde, {7v} daß die oesterreichische Gesandschaft von diesem Ansuchen abstehe, indem Allerhöchstdieselbe entschloßen sind, dieselbe in ihren Staaten nicht anzunehmen.
Dem baierischen Konsul in Triest kann diese Eigenschaft nöthigen Falls entzogen werden, da er ohnehin von keinem Nuzen ist708.
Die Mitglieder des Geheimen Rates erhalten eine eigene Uniform.
4. Wegen Uniformirung des geheimen Rathes machte der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas den Antrag daß wenn Seine Königliche Majestät demselben die nach der Verordnung vom 18ten Juli 1807709 für die geheime Räthe bestimmte Hofuniforme geben wollten, die geheimen Räthe die der zweiten Klasse710, der General Secretairs die der dritten Klasse711 und die beiden geheimen Raths Diener, wozu die beiden vorhandene geheimen Konferenz Diener verwendet werden könnten, der 7ten Klasse 2ter Abtheilung712 erhalten müßten. Sollten aber Seine Königliche Majestät diese bestimmte Hofuniforme nicht auch zugleich als Staats Uniforme erklären wollen, so könnten Herr {8r} geheimer Rath [Johann Adam] Freiherr von Aretin beauftragt werden, eine diesen Klassen gleich kommende eigene Uniform für den geheimen Rath in Vorschlag zu bringen.
Seine Königliche Majestät wollen, daß nach dem zweiten Antrage für das geheime Raths Personale eine eigene Uniform vorgeschlagen werde713.
Finanzverwaltung
Hompesch legt dar, daß die Reform der Finanzverwaltung eine Kostenreduktion um etwa 100.000 fl. erbracht hat.
5. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch legte Seiner Königlichen Majestät eine Übersicht des Staats Aufwandes auf die Besoldungen für die Finanz-Verwaltung nach dem bisherigen Stande der Provinzen und nach der neuesten Organisazion der Kreise mit einer Beilage zur allerhöchsten Einsicht vor woraus sich das Resultat ergiebt, daß die vorige Finanz Verwaltung 514.676 fl. gekostet, und die gegenwärtige mit Einschluß der neu errichteten Steuer- und Domainen Section auf 414.150 fl. komme, daß folglich sich eine jährliche Ersparniß von 100.000 fl. durch die neue Einrichtung ergebe.
Der König bewilligt dem Maler Johann Martin Wagner eine Gratifikation von 3.000 fl. für sein Gemälde „Rat der Griechen vor Troja“; ferner ordnet er an, daß die Akademie der Künste einen Italienaufenthalt des Malers fördern soll.
6. Auf eine Note des Ministeriums {8v} des Innern wegen einer Gratification für das historische Gemälde, welches der Mahler Martin Wagner in Folge des allerhöchsten Reskripts vom 6ten Juni 1806 verfertiget und hier aufgestellt714, machte der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch Seiner Majestät den Antrag, demselben gegen Ablieferung dieses Gemähldes an die Central Gallerie die von der Akademie der Künste begutachtete Gratification von 3.500 fl. in vier vierteljährigen Terminen anweisen zu laßen.
Seine Königliche Majestät haben dem Mahler Martin Wagner eine Gratification für das abzuliefernde historische Gemählde von 3.000 fl. in vier vierteljährigen Terminen allergnädigst bewilligt, und wollen, daß derselbe bei der Akademie der Künste auf die Liste derjenigen gesetzt werde, die zu Vollendung ihrer Kunst zum Reisen nach Italien eine Unterstüzung erhalten.
Kunstkäufe in Italien
Hompesch berichtet über die Möglichkeit, in Italien Gemälde sowie antike Plastiken zu erwerben. Er empfiehlt, aufgrund der unzureichenden Finanzlage lediglich den Kauf der Plastiken in Erwägung zu ziehen. Der König folgt dem Rat und ordnet an, auf der Grundlage eines Gutachtens des Bildhauers Canova dem Herzog Braschi Onesti in Rom fünf antike Statuen abzukaufen.
7. Der königliche Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch erstattete wegen dem Gemählde-Einkauf in {9r} Italien715 schriftlichen Vortrag und führte darin die Nachrichten an, die nach einer Note des Ministeriums des Innern der mit dem Gemählde Einkauf in Italien beauftragte Gallerie Inspector Dillis716 wegen mehreren zu Florenz vorgefundenen vortrefflichen Gemählden717 und wegen einigen in Rom angetroffenen vorzüglichen plastischen Kunstwerken, die verkäuflich seien718, gegeben.
Freiherr von Hompesch bemerkte, welche Gemählde und welche plastische Kunstwerke, dann um welchen Preiß und unter welchen Bedingungen sie zu kaufen, und überließ der allerhöchsten Entscheidung, ob gegenwärtig etwas und ob die Gemählde oder die plastische Kunstwerke gekauft werden sollen. Beide zu kaufen, lasse der dermalige Zustand der Kassen nicht wohl zu, und wenn man sich auch nur auf die Erwerbung der plastischen Original Kunstwerke aus dem Alterthum beschränke, an welchen es den hiesigen Kunst Sammlungen vorzüglich fehle, so würde zu dem Creditbriefe den Dillis in Handen habe, noch ein {9v} Zuschuß von ohngefähr 50.000 fl. erforderlich sein, dieser vermindere sich zwar durch das Anerbieten von höherer Hand 20.000 fl. aus einem besondern den Staatskassen nicht zu Last fallenden Fond hiezu zu leisten. Der allerhöchsten Bestimmung Seiner Königlichen Majestät werde ehrerbietigst überlassen, ob zu Ankauf der genannten Statuen für die hiesige Kunst-Sammlungen der Kreditbrief des Inspector Dillis auf 30.000 Scudi romani erhöhet werden solle.
In diesem Falle würde 1) der königlichen Gesandschaft in Rom aufzutragen sein, sich mit dem Bildhauer Canova719 einem eben so vorzüglichen Kunstkenner als großen Künstler über die ächte Originalität jener Kunstwerke ihren klassischen Kunstwerth und den Preiß, welcher dafür zu zalen sein dürfte, zu berathen. 2) Finde Canova die Statuen ächt, und den Preiß von 30.000 Scudi nach ihrem Kunstwerth {10r} nicht zu hoch, so wäre alsdann der Kauf mit dem Herzoge von Braschi720 abzuschliessen, von jedem weiteren Einkauf an Gemählden oder sonstigen Kunstsachen aber Umgang zu nehmen. 3) Da der Transport der Statuen unter den gegenwärtigen Verhältnißen zu Lande nicht allein sehr hoch, sondern auch, wie Dillis bemerket, wegen der Aufmerksamkeit der Römer auf die Ausführung älterer Kunstwerke mit Schwierigkeit verbunden sein würde, so könnten dieselbe vor der Hand noch in Rom belassen, jedoch bei Abschluß des Verkaufes und der Tilgung der ersten Hälfte des Kaufschillings durch die königliche Gesandschaft in Rom alle gesezliche Vorsichts Maaßregeln genommen werden, welche zu Sicherstellung der diesseitigen Eigenthums Rechte auf jene Statuen und der künftigen jedesmaligen freien Disposition darüber erforderlich sind.
4) Endlich wäre dem Gallerie Inspector Dillis aufzutragen, sich gleich nach Beendigung {10v} des Kaufgeschäftes hieher zurükzubegeben.
Seine Königliche Majestät wollen allergnädigst, daß fünf Statuen von dem Herzoge von Braschi um 30.000 Scudi romani auf die von dem Finanz Minister angetragene Art für die hiesige Kunstsammlungen gekauft, und die in dem Vortrage bemerkte Vorsichtsmaaßregeln wegen dem Benehmen mit dem Bildhauer Canova, wegen Einstellung alles weitern Gemählde-Ankaufs in Italien wegen der Schwierigkeit des Transportes, der Sicherstellung des diesseitigen Eigenthums-Rechtes auf diese Statuen und der Abberufung des Inspector Dillis in Ausübung gebracht werden, dabei ist aber noch festzusezen, daß diese Statuen nach geschlossenem Kaufe gleich in die Wohnung des königlichen Gesandten721 gebracht, und wegen der Bezalung der Kaufs-Summe Termine eingegangen werden722.
Personal des Geheimes Rates
Ignaz Graf v. Arco, Maximilian Graf v. Preysing, Joseph Graf v. Toerring-Gutenzell sowie Johann Nepomuk v. Krenner werden in den Geheimen Rat berufen. Krenner wird zudem mit der Bearbeitung von Adelssachen und der Oberaufsicht über die Archive betraut.
8. Wegen dem [!] noch für das Dienstjahr 1808/9 zu besezenden Stellen in dem geheimen Rathe723 brachte der königliche {11r} geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas mehrere Individuen in Vorschlag, und überließ der Auswahl Seiner Königlichen Majestät, wen davon Allerhöchstdieselbe in den geheimen Rath berufen wollen, zugleich machte er den Antrag, den geheimen Rath und geheimen Referendär des auswärtigen Ministerial Departements [Johann Nepomuk] von Krenner für das künftige Dienstjahr ebenfalls zum wirklichen Dienste in den geheimen Rath zu berufen, und ihme die Adelsgegenstände bei dem auswärtigen Ministerial Departement und die obere Aufsicht über die Archive zu übertragen.
Seine Königliche Majestät haben für das Dienstjahr 1808/9 den geheimen Rath und ehemaligen Landschafts Verordneten [Ignaz] Grafen von Arco, den geheimen Rath Max Grafen von Preysing, den geheimen Rath Joseph Grafen von Törring und den geheimen Rath und geheimen Referendär von Krenner lezteren mit einer Gratification von 2.000 fl. zum würklichen Dienst in den geheimen Rath {11v} berufen, und wollen, daß dem von Krenner die Bearbeitung der Adels-Gegenstände bei dem auswärtigen Ministerial Departement und die obere Aufsicht über die Archive übertragen werde724.
Sitzungssaal des Geheimen Rates
Dem Geheimen Rat werden die sog. Trierischen Zimmer in der Residenz als Sitzungssaal zugewiesen.
9. Wegen dem Lokale für den geheimen Rath bemerkte der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas, daß er sich mit dem Oekonomie Rath Lunglmaier benommen, und dieser sich geäußert, daß ausser den päbstlichen Zimmern725, die aber zu diesem Zweke geändert und anständig hergerichtet werden müßten, kein Lokale in der Residenz vorhanden, und so lange bis diese hergestellt, die Sizungen des geheimen Rathes in den trierischen Zimmern726 gehalten werden könnten.
Seine Königliche Majestät befehlen, daß die päbstlichen Zimmer in der Residenz nach dem Bedürfnisse des geheimen Rathes hergestellt und eingerichtet, und daß, bis dieses geschehen, die Sizungen des geheimen Raths in den Trierischen {12r} Zimmern gehalten werden sollen.
Dem Oekonomie Rath Lunglmaier solle die Vollziehung dieses Befehls übertragen und von Ihme die Anstalt getroffen werden, daß in die Trierische Zimmer einsweil die nöthige Einrichtung von Tischen und Stühlen gebracht werde.
Genehmigung der Entschließungen durch den König.
Anmerkungen
Dazu erging die VO betr. die „Anordnung der neuen Stadtgerichte im Königreiche“ vom 3. Dezember 1808, RegBl. 1808, Sp. 2803-2810.
Die Weisung an die Organisationskommission, ein Edikt über die „kirchliche Konstituzion des Königreichs“ zu erarbeiten, war in der Sitzung des Staatskonferenz vom 16. Juli 1808 ergangen (oben Nr. 8, TOP 2). Brancas Ediktsentwurf, der in der Sitzung der Organisationskommission vom 21. September 1808 vorgetragen wurde, scheint nicht zu den Akten genommen worden zu sein, „da er Branka zu späterer Verwendung zurückgegeben wurde […], die beabsichtigte Verwendung dann jedoch nicht mehr fand“ (Henke, Anfänge, S. 186 Anm. 4).
Zu den langwierigen, schon vor der Säkularisation einsetzenden Konkordatsverhandlungen zwischen der bayerischen Regierung und der römischen Kirche bis Ende 1808 vgl. Hausberger, Staat, 25-130; Müller, Neuordnung, S. 114-118; Weis, Montgelas Bd. 2, S. 229-242.
Das sog. Religionsedikt von 1803 („Edict die Religionsfreyheit in den churfürstlichen Herzogthümern Franken und Schwaben betreffend“ vom 10. Januar 1803, RegBl. 1803, Sp. 25-28; auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 98, S. 507-509; Pfeiffer, Umwandlung, S. 106-109, weitere Drucknachweise ebd., S. 93 Anm. 52) erging, als durch die territorialen Entschädigungen der depossedierten Landesherrn im Kontext des Lunéviller Friedens bzw. des Reichsdeputationshauptschlusses neben katholischen auch lutherische und reformierte Gebiete – und Untertanen – an Bayern gekommen waren. Um diese Gebiete politisch in den bayerischen Staatsverband zu integrieren, war die Gleichberechtigung der Konfessionen eine wichtige Voraussetzung. Das Religionsedikt führte insoweit „die volle konfessionelle Parität [… ein], das heißt die bürgerliche Gleichstellung der Katholiken, Reformierten und Lutheraner bei gleichzeitiger Konfessionsneutralität des Staates gegenüber seinen Bürgern und Staatsdienern“ (Müller, Neuordnung, S. 105). Der Landesherr erteilte den Angehörigen der drei christlichen Bekenntnisse, „welche in genannten Unseren Erbstaaten schon wirklich wohnen, oder sich allda niederlassen wollen, den vollen Genuß bürgerlicher Rechte“ (Edikt vom 10. Januar 1803, Art. 2, RegBl. 1803, Sp. 26). Staatsämter waren ohne Ansehen der Konfession zu vergeben (ebd., Art. 3). Insbesondere sollte keinem Untertanen, „von welcher Konfession er sey, […] je etwas zugemuthet werden dürfen, welches seiner Religions- oder Gewissens-Freyheit entgegen wäre (Sp. 26f., Art. 2). Sollten die Gläubigen der genannten Bekenntnisse „eine hinreichende Anzahl zur Bildung einer eigenen Gemeinde ausmachen, und die dazu erfoderlichen Mittel besizen“, so durfte ihnen die Genehmigung nicht versagt werden (Sp. 27, Art. 6). Dabei wurden die staatlichen Aufsichtsrechte über die Kirchen keineswegs suspendiert: Max Joseph versprach zwar, sich „in die innere konstitutionelle Gesezgebung des Kirchenwesens, in eigentliche Lehr- und Glaubenssachen nie ein[zu]mischen, über die Ausübung derjenigen Rechte aber, besonders der obersten Aufsicht, welche der höchsten Staatsgewalt sowohl nach dem allgemeinen, als positiven teutschen Staatsrechte darüber zusteht, soll sorgfältig gewacht werden“ (ebd., Art. 7). Dies ergab sich schon daraus, daß Max Joseph, obgleich selbst katholischer Konfession, sich „als Inhaber des landesherrlichen Summepiskopats der evangelischen Landeskirchen des Staatsgebiets“ betrachtete (Huber/Huber, Staat und Kirche, S. 628). Vgl. zum Religionsedikt Pfeiffer, Umwandlung, S. 93-95; Henke, Anfänge, S. 33-35; Müller, Neuordnung, S. 105f.
In dieser Hinsicht hatte bereits die Verordnung betr. die „Verhältnisse [des Staates] zur geistlichen Gewalt“ vom 7. Mai 1804 programmatisch vorgearbeitet. Durch wiederholte Beschwerden der Ordinariate über Eingriffe staatlicher Stellen in die „geistliche Gewalt“ veranlaßt, versicherte der Kurfürst, „daß die geistliche Gewalt in ihrem eigentlichen Wirkungskreise nicht gehemmt werden, und daß Unsere weltliche Regierung in ganz geistlichen Gegenständen des Gewissens und der Religions-Lehre sich nicht einmischen solle“. Ziel aller auf Religion und Kirche bezogenen Reformen sei vielmehr gewesen, „den ehrwürdigen Stand der Priester, welchem die Seelsorge anvertraut ist, zu der Würde seines wichtigen Amtes wieder zu erheben, und einen reineren christlichen Religions-Kult zu befördern“. Keineswegs sei der Kurfürst bestrebt, seine „weltliche Gewalt über Gegenstände des bischöflichen Oberhirtenamtes, über innere Kirchenangelegenheiten weiter aus[zu]dehnen […], als um Mißbräuche, die dem Wohle des Staates nachtheilig werden könnten, abzuhalten“. Auch habe er nicht die Absicht, „den geistlichen Stand herabzuwürdigen, den Pfarrern ihre Einkünfte zu schmälern, oder ihre Pfarrgüter ihnen zu entziehen, und unsichere dafür zu surrogiren“. In präzisierender Deutlichkeit betonte der Kurfürst: „Dagegen werden wir aber auch nie dulden, daß die Geistlichkeit, und irgend eine Kirche einen Staat im Staate bilde, daß dieselbe in ihren weltlichen Handlungen, und mit ihren Besitzungen den Gesetzen und den gesezmäßigen Obrigkeiten sich entziehe; Wir werden die Rechte Unserer obersten Aufsicht immer strenge ausüben lassen, Wir werden Unsere landesfürstliche Mitwirkung in Gegenständen, welche zwar geistlich sind, aber die Religion nicht wesentlich betreffen, und zugleich irgend eine Beziehung auf den Staat und das weltliche Wohl der Einwohner desselben haben, nicht ausschließen lassen, so wie Wir die Seelsorger, als Volkserzieher in Religion und Sittlichkeit, nicht als bloße Kirchendiener, sondern zugleich als Staatsbeamte betrachten.“ Es folgen konkretisierende Bestimmungen (Drucke: RegBl. 1804, Sp. 509-514, zit. Sp. 509f.; Schimke, Regierungsakten, Nr. 102, S. 514-518).
In diesem Sinne schon die VO betr. die „gedruckten oder ungedruckten geistlichen Verordnungen der Ordinariate und Vikariate“ vom 24. Mai 1803 (RegBl. 1803, Sp. 346; dazu Protokolle Bd. 2, Nr. 106 [Staatsrat vom 11. Mai 1803] , S. 513, TOP 4 mit Anm. 658) und die in vorstehender Anmerkung zit. VO vom 7. Mai 1804 (Art. I, RegBl. 1804, Sp. 511).
In den Anfangsjahren der Regierung Max Josephs war die geistliche Gerichtsbarkeit noch nicht so rigoros eingeschränkt worden. Beispielsweise bestimmte die Verordnung vom 7. Mai 1804 (RegBl. 1804, Sp. 509-514), daß „in blossen Disziplinarsachen [der Geistlichen], welche einzig auf die geistliche Standes- und Amtsverhältnisse sich beziehen, dem Einfluße des Oberhirtenamtes des Bischofes kein Hinderniß entgegen gesezt, sondern solche sollen seiner Untersuchung und Judikatur überlassen bleiben, wenn nicht Unser landesfürstlicher Schutz gegen Mißbrauch der geistlichen Gewalt nachgesucht wird“. Für Kriminalfälle galt, daß die „Ordinariate allezeit von dem Erfolge der Untersuchung in Kenntniß gesezt werden sollten, um darnach auch von ihrer Seite gegen die Person des Verbrechers, in Beziehung auf seine geistlichen Verhältnisse, das Geeignete verfügen zu können“ (RegBl. 1804, Art. II, Sp. 512). Anders verhielt es sich 1807, als die Anwesenheit eines bischöflichen Kommissärs bei der Vernehmung eines Geistlichen durch ein Kriminalgericht untersagt wurde (VO betr. die „Vernehmung der Geistlichen in Kriminal-Fällen“ vom 4. April 1807, RegBl. 1807, Sp. 611f.). Vgl. Demel, Staatsabsolutismus, S. 320f.
OE betr. die „General-Administration des Stiftungs- und Kommunal-Vermögens im Königreiche Baiern“ vom 1. Oktober 1807, RegBl. 1808, Sp. 216-231; auch bei Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 282, S. 641-651.
VO betr. die „Beschwerden über die Organisation der Stiftungs-Administration“ vom 1. Februar 1808, RegBl. 1808, Sp. 471-473.
Zu den vorliegenden Beschlüssen hinsichtlich der evangelischen Kirche vgl. Henke, Anfänge, S. 188. Henke sieht „[a]n dieser Stelle […] eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Protestanten in Bayern […]. Die Wege der Handhabung der staatlichen Oberhoheit über katholische und evangelische Kirche trennten sich hier“, insbesondere weil „man nicht wie bei der katholilschen Kirche auf die geistlichen Eigenrechte Rücksicht nehmen zu müssen glaubte. Hier meinte man völlig freie Hand zu haben, da dem König als dem summus episcopus über die evangelische Kirche nicht nur die weltliche Oberaufsicht, sondern auch das Recht der geistlichen Leitung zukomme […]“. – Zum Fortgang: Nr. 19 (Staatskonferenz vom 27. Oktober 1808), TOP 4.
Ergebnis der legislativen Arbeiten war das „Edikt über die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche Baiern“ vom 10. Juni 1813, RegBl. 1813, Sp. 921-932; auch bei Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, S. 1245-1251; ferner Schimke, Regierungsakten, Nr. 113, S. 569-578.
VO betr. das „Hof-Uniforms-Regulativ“ vom 18. Juli 1807, RegBl. 1807, Sp. 1417-1426.
Die II. Klasse des „Hof-Uniforms-Regulativs“ umfaßte den Intendanten der königlichen Hofmusik, den Obersthofmeister der Königin, den Obersthofmeister der verwitweten Kurfürstin, den Oberstsilberkämmerer, die „wirkliche[n] geheime[n] Räthe, welche königliche Baierische Kamerherren [!] sind“, den Vizeoberststallmeister, den Vizeintendanten der königlichen Hofmusik, „die Oberhofmeister der durchlauchtigsten Herrschaften“ sowie „sämtliche zweite Hof-Chargen“ (ebd., Sp. 1419f.).
VO betr. die „Uniforme des geheimen Raths“ vom 29. Oktober 1808, RegBl. 1808, Sp. 2589-2591. Die Uniformierung der Mitglieder des Geheimen Rates stand im Zusammenhang einer 1799 einsetzenden, 1807/08 intensivierten „Uniformierungskampagne“, die einen „Großteil der Staatsbeamten der wichtigsten Zweige von Justiz und Verwaltung […] in ein Uniformierungssystem integriert[e]“ – „Aufbau und Hierarchisierung“ des Beamtenapparats ließen sich nunmehr an den Uniformen ablesen (Ramming, Gesellschaft, S. 70, zum Ganzen S. 52-76, 100-110).
Johann Martin Wagner (1777-1858) war kurz nach der Übernahme einer Professur für höhere Zeichenkunst in Würzburg 1804 nach Rom übersiedelt, um sich im Auftrag des Kurfürsten Max Joseph künstlerisch fortzubilden. Im Mai/Juni 1806 erreichte Wagner die Verlängerung seines Studien- und Arbeitsaufenthaltes. Zugleich stellte ihm das Reskript vom 6. Juni 1806 eine Gratifikation für ein Gemälde in Aussicht, das er für die königliche Galerie anfertigen sollte, allerdings unter dem Vorbehalt, daß dieses „den Beifall der Kenner“ erhalten würde. Ergebnis war das im Frühjahr 1807 fertiggestellte Monumentalgemälde (296 x 441 cm) „Rat der Griechen vor Troja“ (auch bekannt als: „Die griechischen Helden vor Troja“), das in Rom von Kunstkennern sehr gelobt und ab Mitte Juli in München ausgestellt wurde. Das Gutachten der Akademie der bildenden Künste vom 21. August hob unter anderem hervor, „dass das Gemälde des Martin Wagner der vaterländischen Kunst zur Ehre gereiche, und dieser Künstler auf der Bahn zum Großen und Schönen in der Kunst Aufmunterung jeder Art verdiene“. Damit ging die Empfehlung an den König einher, dem Künstler eine Gratifikation von mindestens 3.500 Gulden zu gewähren. Heute befindet sich das Gemälde, mit dem Wagner „in ikonographischer Hinsicht Neuland“ betrat (Morét, Wagner, S. 25), als Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg (Inv.-Nr. Z 744). Vgl. Meine-Schawe, Wagner; Kraus, Ludwig I., S. 88. Kunsthistorische Würdigungen: Ragaller, Rat der Griechen; ders., Wagner, S. 19-21; Hardtwig, Nach-Barock, S. 377-384; Geschichte der bildenden Kunst Bd. 6, S. 393 Nr. 245, S. 113 Farbtafel (Martin Dönike); Kummer, Versuch, S. 142-144, S. 143 Farbtafel. Abbildung im Bildindex der Kunst und Architektur: URL: http://www.bildindex.de/dokumente/html/obj00012317#|home [11.1.2012].
König Max I. Joseph wies am 6. Juli 1808 die Summe von 25.000 Gulden für den Kauf von Gemälden in Rom bzw. Italien aus, „wodurch der Wert Unserer Gemäldesammlungen mit einem sehr mäßigen Aufwand beträchtlich vermehrt werden könne“. Es sollten nur erstrangige Werke gekauft werden: „Um aber dem Geschäft eine zweckmäßige Leitung zu geben und zu verhüten, daß nicht statt der Originalien Kopien und statt klassischer Werke von vorzüglichen Meistern mittelmäßige Kunstprodukte eingekauft werden, haben Wir zugleich beschlossen, Unserem GallerieInspektor Dillis […] den Auftrag zur Mitbesorgung sowohl der Auswahl bei dem Einkaufe der Gemälde, als des Einkaufes selbst zu erteilen, und er hat sich zu diesem Ende ohne Aufschub nach Rom zu begeben, wo ihm dieses Gegenstandes wegen Unsere dortige Gesandtschaft das weitere eröffnen wird […]“ (Messerer, Dillis, S. 26; auch zit. in ders., Briefwechsel, Nr. 22, S. 38 Fußnote a).
Johann Georg (1808: von) Dillis (1759-1841), 1775 Abitur am Gymnasium München, 1782 Priesterweihe, danach Ausbildung an der „Zeichnungsakademie“ in München. 1786 Zeichenlehrer bei den kurfürstlichen Edelknaben, 1790 Ernennung zum Inspektor der Hofgartengalerie. 1794/95 und 1805/06 Studien- und Arbeitsreisen nach Italien. 1808/09 Italienreise zum Ankauf von Kunstwerken. 1808-1814 Professor für Landschaftsmalerei an der Akademie der bildenden Künste in München. 1822 „Central-Director der Gemälde- und übrigen Kunstsammlungen“. Zur Biographie vgl. RegBl. 1808, Sp. 1080; NDB Bd. 3, S. 720f. (M. Braun-Ronsdorf/U. Christoffel); Messerer, Dillis, S. 9f. (Zeittafel); ders., Briefwechsel, S. XII-XX; Kraus, Gymnasium, S. 483; weitere Nachweise bei Putz, Königtum, S. 40 Anm. 59.
Dillis meldete in einem Brief aus Rom vom 20. August 1808 an Kronprinz Ludwig, er habe in Florenz über sechstausend Gemälde inspiziert. Dabei waren ihm insbesondere zwei Gemälde Raffaels (1483-1520) aufgefallen, die er als „würdig in die erste Sammlung der Welt aufgenommen zu werden“ erachtete (Messerer, Briefwechsel, Nr. 22, S. 36-41, zit. S. 37 [VI]; vgl. den Bericht des Direktors der Münchner Bildergalerie Johann Christian v. Mannlich [1741-1822] an König Max I. Joseph vom 4. September 1808, Messerer, Dillis, S. 26). Das eine Gemälde war Raffaels Bildnis des Bindo Altoviti (ca. 1515, jetzt in der National Gallery of Art, Washington, DC; URL: http://www.nga.gov/collection/gallery/gg20/gg20-12131-lit.html [31.7.2012]), das andere die Madonna Tempi (um 1507/08, jetzt in der Alten Pinakothek, München, Inventar-Nr. WAF 796; Farbtafeln: Syre, Erwerbungen, S. 31, Tf. 7; dies., Alte Pinakothek, S. 195). Zum Ganzen vgl. Syre, Erwerbungen, S. 44-47; dies, Alte Pinakothek, S. 19-23, 194; Reber, Erwerbung; Brown/Van Nimmen, Raphael, S. 52-61 (passim zur Sammlungs- und Rezeptionsgeschichte des Bindo Altoviti). Beide Kunstwerke spielen eine prominente Rolle im Briefwechsel zwischen Ludwig und Dillis; Nachweise bei Messerer, Dillis, S. 786 (Register).
Bei den „plastischen Kunstwerken“ handelte es sich um fünf Statuen aus dem Besitz des Herzogs Braschi Onesti: „1. Der Antinous Bachus in kolossalischer Größe, von allen Künstlern als ächt griechisches Kunstwerk von bestem Styl anerkannt. 2. Der Egyptische Priester oder der Indische Bachus, von außerordentlicher Schönnheit und Reinheit des Styls, gut erhalten. 3. Der kleine Bachus in Lebensgröße, nur unten an den Peinen entzwey, sonst gut erhalten. 4. Der Cincinatus, iezt von den Antiquaren für Jason erkläret, von solcher Schönnheit, daß er jenem im Musée Napoleon stehenden weit vorzuziehen ist. 5. Eine Venus mit einer Vase, ganz nakt, von vortrefflicher Schönnheit. Diese fünf Statuen sind klassisch und ganz geeignet zur Anlage eines Museums, von solcher Vollkommenheit, daß selbst das Museum zu Paris darauf eifersichtig seyn könnte“ (Dillis an Kronprinz Ludwig, Rom, 2. September 1808, Messerer, Briefwechsel, Nr. 24, S. 45-47, hier S. 45 [III]). Näheres bei Wünsche, Skulpturenerwerbungen, S. 28-30; zu Ludwigs Sammeltätigkeit s. Wünsche, Kronprinz Ludwig; eingehend Putz, Königtum. – Der Antinous Bacchus (Nr. 1) wurde nicht für München erworben und befindet sich heute in den Vatikanischen Museen; die übrigen Kunstwerke kamen in die Glyptothek in München (weitere Hinweise bei Messerer, Briefwechsel, S. 47 Anm. d).
Der Bildhauer Antonio Canova (1757-1822), seit 1779 vornehmlich in Rom wirkend, erfreute sich großer Wertschätzung in der internationalen Kunstszene (Arbeiten u.a. in Paris und Wien). Kronprinz Ludwig war von Canovas Werk tief beeindruckt, seitdem er im Dezember 1804 in Venedig zwei Skulpturen des Künstlers, eine Hebe und eine Psyche, kennengelernt hatte. 1805 kam es zur persönlichen Bekanntschaft. Canova erhielt vor allem seit 1807/08 vom Münchner Hof zahlreiche Aufträge. Dazu eingehend Geyer, Sinn, S. 31-34, 40-46, 59-68 u. passim. Zum Venedigaufenthalt als Erweckungserlebnis vgl. Glaser, Salzburg, S. 651-656; Putz, Königtum, S. 1, 24-27. Biographie Canovas: Dizionario Biografico degli Italiani Bd. 18, S. 197-219 (M[assimiliano] Pavan); Online-Version: URL: http://www.treccani.it/enciclopedia/antonio-canova_%28Dizionario-Biografico%29/ [1.8.2012].
Herzog Luigi Braschi Onesti (1745-1816), Neffe Papst Pius’ VI. (1717-1799, Papst seit 1775), gelangte in den 1780er und 1790er Jahren zu großem Reichtum, den er unter anderem in eine Antikensammlung investierte. Die Sammlung spielte über Jahre eine bedeutende Rolle in den Ankaufsplanungen der Kunstagenten in Rom. Vgl. Dizionario Biografico degli Italiani Bd. 14, S. 61-63 (D. Panzieri; Online-Version: URL: http://www.treccani.it/enciclopedia/luigi-braschi-onesti_%28Dizionario-Biografico%29/ [30.7.2012]); Wünsche, Skulpturenerwerbungen, bes. S. 37-41.
Als Gesandter beim Papst wirkte zwischen 1803 und 1809 Kasimir Freiherr von Haeffelin, dessen Aufgaben insbesondere auch in der Beobachtung des römischen Kunstmarktes lagen; dazu Schottenloher, Haeffelin, S. 387-398; Fendler, Häffelin, S. 84-90.
Kronprinz Ludwig kommentierte den Beschluß der Staatskonferenz gegenüber seinem Kunstagenten am 30. September 1808 folgendermaßen: „Endlich, endlich, Dillis, ist es bestimmt freilich mit Bedingungen, aber bestimmt ist es und vom Könige in der Konverenz, daß der Ankauf der 5 Statuen geschehe; Canova muß aber ein Zeugnis ausstellen ihrer Würdigkeit, eine der Bedingnisse. Zu diesem Ankauf remitieren Sie den von mir übergebenen Kreditbriefe dem Bischofe Häffelin, welcher, wenn nicht mit dieser Post, mit der folgenden gewiß, den förmlichen Auftrag erhielt“ (Messerer, Briefwechsel, Nr. 29 S. 52f., hier S. 52). – Zu den prägenden Wirkungen von Ludwigs Romaufenthalten siehe Freitag, Kronprinz, zu Ludwig als Kunstförderer eingehend Putz, Königtum.
Die Wohnräume der Kurfürstinnen in der Residenz wurden seit einem Besuch Papst Pius’ VI. im Jahr 1782 als Päpstliche Zimmer bezeichnet. Sie lagen im Westteil des Gebäudekomplexes entlang der Residenzstraße und um den Grottenhof herum. Zeitgenossen bezeichneten sie auch als die italienischen bzw. die kaiserlichen Zimmer (Graf, Residenz, S. 15; Brunner u.a., Residenz München, S. 119; Hübner, Beschreibung, S. 157.).