BayHStA Staatsrat 8
7 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Geheimer Rat v. Feuerbach.
Diskussion des Strafgesetzbuches
Feuerbach fragt zunächst an, ob von ihm angeregte Planungen zum Bau einer neuen Hinrichtungsmaschine weiterverfolgt werden sollen. Der König geht auf den Vorschlag nicht ein. Er berücksichtigt aber Feuerbachs Bitte, das Hinrichtungsverfahren im Strafgesetzbuch nicht genauer zu bezeichnen, sondern allgemein von Enthauptung zu sprechen. Sodann trägt Feuerbach über einzelne Bestimmungen des Entwurfs vor; behandelt werden u.a. Verbrechen gegen die Obrigkeit, den öffentlichen Rechtsfrieden, das Staatseigentum sowie Verbrechen der Staatsbeamten. Dazu ergehen zahlreiche redaktionelle Änderungen. Ferner kündigt Feuerbach die Ausarbeitung eines populären Auszugs aus dem Kriminalgesetzbuch an. Schließlich erhält er den Auftrag, ein Polizeistrafgesetzbuch auszuarbeiten.
{1r} [1.] Der königliche geheime Rath v. Feyerbach, der zu Beendigung des Vortrags über das neue Criminal-Gesezbuch mit allerhöchster Bewilligung der auf heute angeordneten geheimen Staats-Konferenz beiwohnte, eröfnete Seiner Majestät dem Könige und dem versammelten Ministerio, daß er über die in der lezten Staats-Konferenz904 angenommene Art der Enthauptung inzwischen nachgedacht und sich überzeugt habe, {1v} daß die Todes-Art mit dem Beile eben so unsicher und manchmal so marternd für den Delinquenten werden könnte, als jene mit dem Schwerd.
Er habe sich erlaubt, da es ihm nur darauf anzukommen scheine, daß die Enthauptungen nicht durch eine der Guillotine ähnliche Maschine und doch sicher und ohne marternde Qualen geschehe, mit einem bekannten Mechaniker hier sich zu benehmen, ob er nicht eine andere Art der Enthauptung kenne, oder eine andere zu erfinden übernehmen wolle. Dieser Mechaniker habe nach einiger Bedenkzeit sich erklärt, daß er eine solche mit der Guillotine ganz unähnliche Maschine zur sicheren Enthauptung angeben wolle, wenn er die allerhöchste Aufforderung hiezu erhielt, und sein Name geheim gehalten würde.
Von Feyerbach eröfnete Seiner Majestät dem Könige, und dem Ministerio den Namen dieses Mechanikers, und theilte die Idee mit, wie diese Maschine, wovon Zeichnung und Beschreibung folgen würde, konstruiret werden sollte.
Von der königlichen allerhöchsten Entschließung hänge es ab, ob in diese Idee eingegangen {2r} und von dem Mechaniker Zeichnung und Beschreibung dieser Enthauptungs Maschine erholet werden sollte.
Im Falle dieser Vorschlag von Seiner Königlichen Majestät nicht angenommen werden sollte, erbitte er sich von Allerhöchstdenenselben die Bewilligung, daß in dem neuen Gesezbuche die Art der Hinrichtung mit dem Beile nicht angeführt, sondern nur im Allgemeinen gesezt werden dürfte „enthauptet werden[“], weil vielleicht in einigen Jahren eine mehr sichere und weniger marternde Art der Enthauptung erfunden werden könnte.
Nachdem die königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Ihre Meinungen über diesen Vorschlag abgegeben
haben Seine Majestät der König beschloßen, daß es bei der in der geheimen Staats Konferenz vom 19ten dieses beschlossenen Art der Hinrichtung sein Verbleiben haben solle. Allerhöchstdieselben haben jedoch genehmigt, daß dieselbe in dem neuen Kriminal-Gesezbuche nicht ausgeführt, sondern nur im allgemeinen enthauptet gesezt werde.
Der königliche geheime Rath v. Feyerbach sezte seinen Vortrag über das neue Kriminal-Gesezbuch fort {2v} und legte Seiner Königlichen Majestät folgende Bestimmungen desselben zur allerhöchsten Genehmigung vor, und las mehrere §§ ab.
In dem 3 ten Kapitel die Verbrechen wider die obrigkeitliche Ordnung
A. Von dem Ungehorsam und der Widersezung gegen Obrigkeiten überhaupt905.
I. Von der einfachen Widersezung § 379-382.
II. Von Aufstand oder Tumult und dessen verschiedenen Graden § 383-387.
III. Von verschiedenen besondern Handlungen wodurch man Urheber des Aufstandes wird, oder welche als Versuch zum Aufstande betrachtet werden § 388-393.
B. Von Ungehorsam und Widersezlichkeit gegen die Polizei und richterliche Gewalt insbesondere § 394-399906.
I. Von rechtswidriger Versagung der Oeffnung der Wohnungen.
II. Von verhinderter Gefangennehmung.
III. Von Befreiung der Gefangenen.
Viertes Capitel. Von Verbrechen wider den öffentlichen Rechtsfrieden im Staate907.
I. Von der Selbsthülfe überhaupt.
II. Von Verlezung der persönlichen Sicherheit durch Selbsthülfe § 401.
III. Von Störung des häußlichen Friedens durch gewaltsames {3r} Eindringen in fremde liegende Gründe § 402-403.
IV. Von Störung des Landfriedens § 404-406.
V. Von Störung des Religionsfriedens § 407-408.
Von Feyerbach führte die Gründe an, aus welchen die Gesezkommißion auf Weglaßung des § 409-414 wegen dem Duel oder Zweikampf gestimmt habe.
Fünftes Capitel. Von Verbrechen wider öffentliche Treue und Glauben oder Staats-Betrügereien908.
a) Von Fälschung von Urkunden unter dem Scheine des öffentlichen Glaubens § 415.
b) Von Fälschung von Waaren p. unter dem Scheine des öffentlichen Glaubens § 416.
c) Von Betrug rüksichtlich der Zeichen öffentlicher Beglaubigung § 417.
d) Von Verlezung öffentlicher Treue und Glauben durch Staatsdiener § 418.
e) Von Münzverfälschungen und ihren verschiedenen Graden § 420-427. Hiebei erinnerte der v. Feyerbach, daß er sich rüksichtlich dieser Bestimmungen über die Münz-Verfälschungen mit dem hiesigen Münz Waradein Leprieur benommen, und dieser alle Anordnungen für zwekmäsig und entsprechend angenommen habe.
{3v} f) Von Verfälschung der Kredit Papiere § 428-429.
Sechstes Capitel. Von Verbrechen wider das Staats und andere öffentliche Eigenthum § 430-439909.
Siebentes Capitel. Von den besondern öffentlichen Verbrechen der Staatsbeamten § 440-484910.
Herr geheimer Rath v. Feyerbach bemerkte, daß die Gesezkommißion auf Weglassung folgender §§ dieses Kapitels gestimmt habe: Den § 441, § 443, § 447, § 459, § 461, der in die Prozeß-Ordnung aufzunehmen wäre, § 481, § 482, § 484.
Auch führte derselbe verschiedene Abänderungen an, welche die Gesezkommißion in diesem Capitel zu treffen für gut befunden, zugleich erinnerte er, daß in den früheren Kapiteln noch einige Stellen enthalten, die zur Kenntniß der übrigen Ministerien vorgelesen und zu ihrer Beistimmung vorgetragen werden müßten. Er las deßwegen folgende §§ ab
§ 267 wegen Verlezung der zum Landbau gehörigen Sachen911.
§ 268 wegen Verderbung von Lebensmitteln um öffentlichen {4r} Mangel zu bewirken912.
§ 269 wegen Verbreitung von Viehseuchen913.
§ 303 vom sträflichen Banquerout insbesondere914.
§ 303-304 von betrüglichem Schuldenmachen915.
§ 305 vom muthwilligen Schuldenmachen916.
§ 306 von fahrläßigem Schuldenmachen917.
§ 307, 308-309, 310 von betrügerischen Banquerouteurs und ihren verschiedenen Graden918.
§ 347-356 von unbefugter Anmaßung des Eigenthums der Geistes Werken919. 1) durch unerlaubte Bekanntmachung fremder Geistes Werke 347-348. 2) durch Nachdruck 349-356.
Seine Königliche Majestät haben nachdem Allerhöchst Sie die Meinungen Ihrer geheimen Staats- und Konferenz Minister über diese vorgetragene Kapitel des neuen Gesezbuches vernommen, folgende Abänderungen und Zusäze in den bezeichneten §§ allergnädigst beschloßen:
Nach dem § 387 solle ein eigener § über das standrechtliche Verfahren bei Aufruhr eingeschaltet werden920.
In dem § 391 solle die Stelle „unter betrüglichem Vorwand der Religions Wahrheit auffordert“ dahin abgeändert werden: unter betrüglichem Vorwand der Religion auffordert921.
{4v} Im § 393 solle die Strafe des Verweises ausgelassen und dafür gesezt werden „sollen ihres Amtes entsezt werden“922.
Die §§ 409-414 wegen dem Duel oder Zweikampfe sollen ausgelaßen werden.
In dem § 415 solle statt des königlichen Staats- und Kabinets-Siegels gesezt werden „des königlichen großen oder kleinen Staats Siegels“923.
Dann sollen in diesem § der Beisaz falscher öffentlicher Urkunden ausgelassen, und nur gesezt werden „falsche Urkunden“.
Im § 417 solle ebenfalls statt Staats- und Kabinetts Siegel gesezt werden „große oder kleine Staats-Siegel“924.
Im § 463 solle der Stelle wegen den Patrimonial-Gerichts Inhaber beigefügt werden „auf Lebenszeit“925.
Die §§ 481, 483 und 484 auf deren Weglaßung die Gesezkommißion gestimmt sollen nach der Faßung des von Feyerbach in das Gesezbuch aufgenommen bleiben.
Im § 305 solle die Stelle Ihr Stand nothwendig fordert ausgelassen werden926.
{5r} In dem § 349 sollen die Worte deutschsprechende, Rheinisch-Konföderirte umgangen, und die Faßung am Ende nach dem Vortrage des Referenten beibehalten und dieses nur beigefügt werden: „In so ferne was die lezte betrift, gegen Baiern das Reciprocum beobachtet wird“927.
Dem vorgetragenen Entwurf des neuen Kriminal Gesezbuches haben Seine Majestät der König mit diesen und den in der geheimen Staats-Konferenz vom 19ten dieses beschloßenen Aenderungen und Zusäzen die allerhöchste Genehmigung ertheilt.
Herr geheimer Rath von Feyerbach äußerte, daß er aus diesem Gesezbuche, das nur für die Richter und Geschäftsleuthe faßlich und verständlich sein könnte, einen Auszug unter dem Titel Kriminal Gesezbuch für das Volk bearbeitet, verfertigen würde, der das Volk über die Verbrechen und der darauf gesezten Strafen unterrichten würde, und so eingerichtet sei, daß es jedem gemeinen Mann faßlich werde. Er glaube auch, daß derselbe sehr wohl in den Schulen zum Unterricht zu gebrauchen sei928.
Auch erbitte er sich die allerhöchste Entscheidung, ob er den {5v} Polizei Straf Codex, der mit den übrigen Gesezbücher im Zusammenhang stehe, ebenfalls entwerfen solle, oder ob der Minister des Innern denselben durch die Polizei Section entwerfen lassen wolte.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas äußerte, daß er ganz der Meinung sei, daß der Polizei Codex, der nicht abgesöndert von den übrigen Gesez-Bücher bearbeitet werden könnte, von dem geheimen Rath von Feyerbach ebenfalls entworfen werden müßte.
Seine Königliche Majestät haben beschloßen, daß der geheime Rath von Feyerbach den Polizei Straf Codex ebenfalls bearbeiten und zur Prüfung und Genehmigung in dem königlichen geheimen Rathe vortragen solle929.
Herr geheimer Rath von Feyerbach entfernte sich hierauf aus der königlichen geheimen Staats Konferenz.
Polizeibehörden in den Städten
Montgelas legt eine Übersicht über die Kosten des Personals der städtischen Polizeistellen vor. Hompesch betont die Erfordernis von Steuererhöhungen, um die Kostenlast tragen zu können.
2. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas legte Seiner Majestät dem Könige eine Übersicht des Personal- und Besoldungs Standes sämmtlicher städtischen Polizei Stellen des Königreichs vor {6r} nach welcher die I. Klaße der Städte von mehr als 20.000 Einwohner, München wegen nothwendiger Vermehrung des Polizei-Personals 40.570 [fl.], Augsburg 26.490 [fl.] und Nürnberg 25.710 [fl.].
Die II. Klaße der Städte von mehr als 10.000 Einwohner als Bamberg, Ulm, Ansbach, Fürth, Trient und Innsbruk jede 8.300 [fl.].
Die III. Klaße der Städte von weniger als 10.000 Einwohner als Bozen, Roveredo, Landshut, Paßau, Brixen, Burghausen, Straubing, Amberg, Ingolstadt, Neuburg, Eichstädt, Schweinfurt, Rothenburg, Schwabach, Dünkelsbühl, Nördlingen, Memmingen, Kempten, Lindau: jede 6.095 [fl.], folglich sämmtliche Polizeistellen 239.100 fl. kosten würden.
{6v} Nachdem der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch sich über diese den Staatskassen dadurch zugehende neue Ausgaben und die Nothwendigkeit der zu mehrenden Auflagen, um alle diese Lasten tragen zu können, geäußert hatte,
genehmigten Seine Majestät der König die vorgetragene Übersicht für sämmtliche Polizei Stellen des Königreichs.
Steuerwesen
Das im Finanzjahr 1807/08 gültige „momentane“ Steuerprovisorium wird 1808/09 beibehalten. Ferner werden die vielfältigen Personalsteuern zugunsten eines im ganzen Königreich zu erhebenden Familienschutzgeldes aufgehoben.
3. Über die Nothwendigkeit, bei dem noch nicht vollendeten rectifizirten allgemeinen Steuer Provisorium930, welches wegen dem Mühesamen dieses wichtigen und ausgedehnten Geschäftes, wegen seinem verspateten Anfange und der dazwischen gekommenen neuen Organisazion der Staats Verwaltungen noch nicht eintreten könne, das momentane Steuer Provisorium des vorigen Etats Jahrs 1807/8 auch für das gegenwärtige Etats Jahr fortsezen zu laßen, erstattete der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch ausführlichen Vortrag, und legte Seiner Majestät dem Könige einen Reskripts Entwurf an sämtliche Finanz Direczionen des Königreichs wegen Erhebung des momentanen vormjährigen Steuer Provisoriums für das laufende Etats Jahr zur allerhöchsten Genehmigung vor, worin nebst den Normen zur Erhebung auch die Bestimmung enthalten, daß die bisher {7r} unter mehr als 20 Rubriken bestandene viele und verschiedene Personal Steuern931 auf der Stelle aufhören und nach einem unter dem heutigen Tage ergehenden besonderen Reskripte (welches aber wegen den vielen Berechnungen der verschiedenen Klaßen noch nicht gefertiget und nachgetragen werden würde) jezt schon in ein einfaches und für das ganze Königreich gleichförmiges Familien Schuzgeld, wovon der geringste Betrag 20 kr., und der höchste 10 bis 12 fl. ausmachen würde, umgeändert werden solle.
Seine Majestät der König haben das vorgelegte Reskript an sämmtliche Finanz-Direktionen wegen Einhebung des vormjährigen momentanen Steuer Provisoriums für das laufende Etats-Jahr und den Grundsaz genehmigt, daß die bis jezt unter mehreren Rubriken bestandene viele und verschiedene Personal Steuern gegenwärtig schon aufhören und in ein einfaches für das ganze Königreich gleichförmiges Familien Schuzgeld, worüber Seine Majestät den Reskripts-Entwurf erwarten, umgeändert werden932.
Genehmigung der Entschließungen durch den König.
Anmerkungen
Im „Entwurf des Gesetzbuches über Verbrechen und Vergehen für das Königreich Baiern“ (fortan: EGVV), der aufgrund der in diesem Tagesordnungspunkt vorgetragenen Änderungen 1810 publiziert wurde, umfaßt Tit. 2, Abt. 2, Kap. 3 („Verbrechen wider die obrigkeitliche Ordnung“) die Artikel 367 bis 388 (S. 150-160).
EGVV Art. 380 (S. 156): „Wer zur Verlezung bürgerlicher Pflichten gegen die Obrigkeit, gegen Geseze des Staats oder Rechte der Mitbürger unter betrüglichem Vorwande der Religion auffodert; wer für betrüglich vorgegebene Religionswahrheiten, mit deren Ausübung die bürgerliche Ordnung nicht bestehen kann, aus Eigennuz oder anderen Privatabsichten Anhänger zu werben sucht: soll, wenn seine Handlung nicht in ein schwereres Verbrechen übergegangen, als Unruhestifter zu ein- bis dreijährigem Arbeitshause verurtheilt werden.“
EGVV Art. 398 (S. 164): „Wer I) mittelst Nachahmung königlicher Unterschrift, oder durch Nachahmung oder Mißbrauch des königlichen grossen oder kleinen Staatssiegels, oder eines Siegels der geheimen Staatsministerien, falsche Urkunden verfertiget [...] soll acht- bis zwölfjährige Zuchthausstrafe leiden.“
EGVV Art. 400 (S. 165): „Wer I) das königliche grosse oder kleine Staats-Siegel, oder das Siegel eines der geheimen Staats-Ministerien für sich oder einen Andern ohne öffentlichen Auftrag verfertigt, oder verfertigen läßt, oder ein solches ächtes oder nachgemachtes Siegel wissentlich in unerlaubten Besiz nimmt, soll, wenn auch kein erweislicher Mißbrauch davon gemacht worden, zu ein- bis vierjährigem Arbeitshause verurtheilt werden.“
EGVV Art. 440 (S. 181): „Wer aber aus Privatabsichten, aus Haß, Partheilichkeit oder Eigennuz Einzelne zum Nachtheile Anderer begünstiget, oder sonst die ihm vertraute Amtsgewalt zum Drucke oder zur Mißhandlung der Unterthanen mißbraucht, soll nicht nur den angerichteten Schaden vierfach ersezen, sondern auch mit Dienstentsezung und, wenn Patrimonialgerichtsinhaber sich solcher Handlung schuldig machen, mit Einziehung ihrer Gerichtsbarkeit auf Lebenszeit bestraft werden.“
Vermutlich EGVV Art. 292 (S. 120): „Muthwillige Schuldenmacher, worunter diejenigen zu rechnen, welche 1) aus Trägheit und durch Vernachlässigung des zu ihrem Lebensunterhalte bestimmten Gewerbes oder Geschäftes, oder 2) durch Aufwand für verbotene oder unsittliche Zwecke, oder endlich 3) durch einen grösseren Aufwand, als ihr Vermögen erlaubt, das Ihrige durchgebracht, und sich hiedurch ausser Zahlungsstand gesezt haben: diese sollen ebenfalls nach ausgebrochenem Concurse, gleich den gemeinen Betrügern der Strafe des Art. 271 und Art. 272 unterworfen seyn.“
EGVV Art. 336 (S. 136): „Wer Bücher, Kupferstiche, Musikalien oder andere ähnliche Werke der Wissenschaft oder Kunst ohne Einwilligung des rechtmäßigen Verlegers und Verfassers, deren Erben oder anderer Personen, auf welche die Rechte des Verfassers oder Verlegers übergegangen, durch Nachahmung vervielfältiget, um dieselben in dem Publikum zu verbreiten, ist des Nachdruckes schuldig.“
Feuerbach kam dem Auftrag zur Ausarbeitung eines Polizeistrafgesetzbuches, das die Polizeibehörden zur Verhängung der Strafen der „aus polizeilichen Beweggründen verbotenen strafbaren Handlungen und Unterlassungen“ ermächtigte, nicht nach. Jedoch erstellte der Kreiskommissär Stichaner auf Weisung des Justizministers Reigersberg (und in Abstimmung mit Feuerbach) zwischen April und Oktober 1811 einen entsprechenden Gesetzentwurf. Diese Vorlage wurde bis 1816 weiteren Beratungen zugrundegelegt, die indes nicht zu dem gewünschten Ergebnis führten. Das auf anderer Grundlage erarbeitete Polizeistrafgesetzbuch für das Königreich Bayern trat schließlich am 10. November 1861 in Kraft (Druck: Polizeistrafgesetzbuch für das Königreich Bayern. Amtliche Ausgabe, München 1861). Vgl. zur Entstehungsgeschichte Edel, Polizeistrafgesetzbuch, S. 3-20, Zit. S. 6. Edel kannte den Entwurf von 1811 nicht; die Angaben dazu nach BayHStA MInn 45023 (Stichaners Entwurf liegt der Akte nicht bei). Zum Problem des „Policeystrafrechts“ im 19. Jahrhundert vgl. Kesper-Biermann, Einheit, S. 433-450. – Zum Fortgang der Strafrechtsarbeiten: Nr. 61 (Geheimer Rat vom 2. August 1810), TOP 1.
Die Ausarbeitung eines „rectifizirten allgemeinen“ Steuerprovisoriums war ein wichtiger Teil der Steuerreform seit 1807, deren Ziel zum einen die „Entprivilegierung“, zum anderen die „Vereinheitlichung und Ausgleichung der Steuerverfassung“ war. Um das letztgenannte Ziel zu erreichen, wurden die Grund-, Dominikal- und Häusersteuern vorläufig eingeschätzt. Man verzichtete dabei auf die genaue Vermessung und Klassifikation der Böden sowie auf die Erstellung eines Ertragskatasters; stattdessen legte man den sog. Kurrentwert als Reinertragsindikator zugrunde. Das Provisorium trat zum Finanzjahr 1811/12 in Kraft. Dazu Ullmann, Staatsschulden, S. 159-164, bes. S. 163, Zitat S. 160. Maßgebend war die VO betr. das „allgemeine Steuer-Provisorium für die Provinz Baiern“ vom 13. Mai 1808, RegBl. 1808, Sp. 1089-1110.
VO betr. die „Aufhebung der bisherigen Personal-Steuern und Einführung eines allgemeinen Familien-Schuzgeldes“ vom 25. [!] November 1808, RegBl. 1808, Sp. 2820-2838. Dazu Ullmann, Staatsschulden, S. 163: Der Entrichtung des Familienschutzgeldes „unterlagen alle von den Objektsteuern nicht erfaßten Personen, also die Bezieher von Löhnen, Besoldungen, Pensionen und Kapitalerträgen. Die neue Steuer füllte damit eine Lücke in der Ertragsbesteuerung aus, die keine ausdifferenzierten Arbeit- und Kapitalertragssteuern kannte. Erst durch das Familienschutzgeld gewann die neue Besteuerung Systemcharakter.“ Vgl. Demel, Staatsabsolutismus, S. 232.