BayHStA Staatsrat 219

7 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; Graf v. Welsberg.

{1r} Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas, welche in der auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung bei Verhinderung Seiner Majestät des Königs den Vorsiz führten, foderten die geheimen Räthe von Zentner und von Krenner den {1v} älteren [d.i. Johann Nepomuk] auf, die bearbeiteten Rekurs Sachen vorzutragen.

Waldteilungen (R)

Vortrag Johann Nepomuk von Krenners über die Waldverteilung in der Gemeinde Ering. Streitparteien sind einerseits Graf von Paumgarten, der den Geheimen Rat angerufen hat, andererseits die Groß- und Kleingütler der Gemeinde. Krenner stellt zwei Anträge. Erstens soll Graf Paumgarten angehalten werden, sein Eigentum an den Waldungen bei der zuständigen Landeskulturbehörde nachzuweisen. Wenn die Kleingütler diese Beweise nicht akzeptieren, sollen sie Graf Paumgarten zur Beweiserhebung vor die zivilgerichtlichen Instanzen ziehen. Der zweite Antrag geht – im Anschluß an Präzedenzfälle – dahin, den Weg zur Gerichtsbarkeit zu versperren und den Fall durch die Administrativstellen entscheiden zu lassen. Krenner schlägt daher vor, von einer Entscheidung in der Hauptsache vorerst abzusehen und, Paumgartens Antrag folgend, weitere Dokumente anzufordern, um den Geheimen Rat in die Lage zu versetzen, in der Frage der strittigen Holzrechte eine Entscheidung zu treffen. Der Geheime Rat beschließt mehrheitlich, die Streitsache an die Justizstellen zu verweisen.

[1.] In Folge dieses Aufrufes bemerkte geheimer Rath von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk], daß wenn die Rekurs Sache des Grafen Carl von Paumgarten 360 von dem einschlagenden Ministerium zum königlichen geheimen Rathe zur legislativen Begutachtung gegeben worden wäre, Sie sich offen und bestimmt gegen das harte und in seinen Folgen sehr bedenkliche Edict in Kulturs Sachen vom Jahre 1805361 erkläret haben würden, allein, da dieser Gegenstand blos als eine Rekurs-Sache an den königlichen geheimen Rath gekommen, so könnten Sie nicht ultra petitum partium362 hinausgehen, und daher diese Sache nur als Rekurs ansehen und bearbeiten.

Nach dieser Aeußerung verlasen geheimer Rath von Krenner der ältere den dem Protokoll beiliegenden Vortrag363 in Sachen des Grafen Carl von Paumgarten gegen das General-Kreis-Kommißariat des Salzach-Kreises, principaliter gegen die Kleingütler und Leerhäußler zu Ering364 vorhabende Waldabtheilungen betreffend, worin dieselbe nach Vorlegung des Veranlaßes des Streites, der geschichtlichen Verhältniße und der rechtlichen Ansichten dieser Streitsache den Antrag machten, dahin zu entscheiden, „daß im Wesentlichen der Bescheid {2r} des Salzacher General-Kreis-Kommißariats vom 11ten August vorigen Jahres dahin reformirt werden dürfte, daß der Rekurrent Titl. Graf von Paumgarten zwar gehalten sein solle, seinen Eigenthums Ankunfts-Titel der ganz neuerlich von den dortigen Söldnern und Häußlern als Gemeindegut in Anspruch genommenen 9 verschiedenen, theils schon anno 1797 ertheilt gewordenen, theils zur neuen Vertheilung in Antrag gekommenen Waldungen, bei dem Landgerichte Simbach als untersten Kulturs Stelle vorzulegen: daß aber im Falle sich hierdurch die zu querulirende Kleingütler und Häußler damit nicht beruhigen wollen, dieselbe sodann dahin anzuweisen seien, den Grafen von Paumgarten zu provoziren, daß er den Beweis seines privativen Eigenthums der gedachten Waldungen zwar bei dem gedachten Landgerichte, aber in gerichtlichem Wege antrete, und die erhobene Provokazion mit denselben, doch im ordentlichen Prozeßwege und vor den Civilgerichts Instanzen ausstreite, wobei übrigens die bisher erlaufene Streitkosten bei der gegenwärtig dunklen und sehr zweideutig gemachten Sache, dem Ermeßen des Referenten nach, zu kompensiren wären“.

Da aber alles in dem Vortrage bisher Abgehandelte doch nur immer erst die bloße Kompetenz Frage {2v} des gegenwärtigen gräflich von Paumgartenschen Rekurses betreffe, und dabei noch immer nicht in die Materialien der Sache eingegangen worden, in dieser Hinsicht aber nun eben in den neuesten Kulturs Mandaten, bei den Kulturs Fällen zu Aalburg365, Engelfing366 und Zenting367, 1803368, 1804369 und 1805370 die Praejudizien vorliegen, daß in so ferne die Materialien bei einer derlei Abtheilungs Sache so geartet befunden worden sind, daß auch die Ansprüche oder Behauptung des Eigenthums kein erheblicher, und wie angenommen werden muß, kein rechtlicher Werth zu sezen gewesen, solche Fälle sodann bei der höchsten Stelle verbeschieden, und die Prozeße ohne solche Fälle mehr zu den Justiz Stellen übergehen zu laßen, sogleich kurzer Hand abgeschnitten worden sind.

Sollte daher der königliche geheime Rath glauben, daß derselbe durch Einsicht der älteren Akten auch zu dieser Meinung in dem vorliegenden Falle geführt werden könne, so schlage Referent vor, um einer Seits den Kleingütlern und Leerhäußlern keinen unnöthigen und kostspieligen Prozeß vor den Civilgerichtshöfen aufzubürden, anderer Seits doch aber auch dem Grafen von Paumgarten die volle Gehör nicht zu versagen, die Entscheidung der Hauptsache zum Besten beider Theile {3r} annoch zu suspendiren, und nach der gestellten Rechts Bitte des Grafen von Paumgarten vorerst noch alle ältere über die Waldungen quaest. und die darin herkommlich gewesene Holzrechte verhandelte Urkunden und Strittschriften des vorigen XVII XVI und XV Jahrhunderts von den einschlägigen Stellen zur Einsicht abgefordert werden sollen, um in Sachen mit vollkommener Gründlichkeit eine geheime Raths Entschließung faßen zu können.

Geheimer Rath von Krenner rechtfertigten diesen lezteren Antrag durch mehrere Gründe und äußerten, Sie erwarteten, was von dem königlichen geheimen Rathe in dieser wichtigen und schweren Sache für eine Verfügung gefaßt werden wolle, um das hiernach zu erlaßende Reskript ausfertigen zu können.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas verfügten über diese beide Anträge die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten sich dafür, diesen Gegenstand simpliciter an die Justiz-Stellen zu verweisen, da nur diese kompetent seien, wenn die Frage, wie hier, über Eigenthums Rechte zu entscheiden. {3v} Dieser Grundsaz seie von dem königlichen geheimen Rathe schon in einigen Fällen aufgestellt und befolgt worden, und Sie würden auch von dem zweiten Antrage des Referenten, die ältere Akten abzufordern und zuvor einzusehen, um so mehr Umgang nehmen, als die Gerichts Stellen bei den Verhandlungen schon finden würden, welche Akten ihnen zur Einsicht nothwendig.

Nach gleichen Ansichten stimmte geheimer Rath Graf von Preising.

Geheimer Rath Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] äußerte in einer schriftlichen dem Protokoll beiliegenden Abstimmung Ihre Meinung dahin, die Gemeinde, die ohnehin nur gefälliger Weise und von beigetretenen Versehens wegen als streitender Theil erscheinet, mit ihrer unstatthaften Forderung ab[zuweisen], und wo sie beßere, als bisher angeführte Gründe beizubringen wüßte, hiemit zur Justiz Behörde zu verweisen371.

Geheimer Rath Graf von Törring stimmten, wie Seine Excellenz der Herr Justiz Minister [Reigersberg], und fügten Ihrer Abstimmung den Wunsch bei, die Revision der Kulturs Geseze zu beschleunigen, da sich die Nothwendigkeit dieser Revision durch diesen und andere an den {4r} geheimen Rath gekommene Fälle hinlänglich darthue.

Geheimer Rath von Zentner äußerten eine Kultur Streitigkeit seze ein unkultivirtes unbestrittenes Gemeinde Eigenthum voraus, wo dieses als Privateigenthum angefochten werde, könnten die Kulturs-Geseze nicht in Anwendung kommen, sondern die hierüber anhängig werdende Streitsache gehöre vor die Justiz Stelle als kompetenten Richter.

Dieses seie in der vorgetragenen Sache der Fall, und selbst die Administrativ Stellen, so darin gehandelt, scheinen diesen Grundsaz befolgt zu haben, da noch nicht gesprochen, auch kein Beweis erholet, sondern der Gegenstand nur instruirt worden. Nach dem nun gemacht werdenden Einspruch als Privateigenthum müße daher die Sache an die Justizstelle kommen, und Sie tragen darauf an, mit Aufhebung der Verhandlungen der Administrativ Stellen diesen Gegenstand simpliciter an die Justiz Stellen zu verweisen.

Geheimer Rath Graf von Tassis stimmte wie geheimer Rath von Zentner.

Geheimer Rath von Krenner der jüngere [d.i. Franz] äußerte: Nach der re judicata von 1623 und 1624 liege es offenbar am Tage {4v} daß dem Grafen von Paumgarten das Eigenthum, den Unterthanen nur die servitus activa des Holzrechtes (Anforstung)372 zustehe. Es könne also Graf von Paumgarten in keinem Falle zu einem Beweise des Eigenthums mehr angehalten werden, sondern hier seie blos der Fall einer Waldpurifikazion, und es komme alles nur darauf an, ob die Kleingütler eingeforstet seien, und an der re judicata de anno 1624 Antheil nehmen oder nicht, und also auch gegenwärtig bei der Abtheilung oder vielmehr Waldpurification Antheil nehmen sollen oder nicht?

Da nun aber die servitus activa lignandi373, sobald sie bestritten werde, oder behauptet werden wolle, nicht zum Forum der Kulturs Stelle, sondern der Justiz Stelle gehöre, so glaubten Sie, daß die beiden Ordinazionen des Landgerichts und des General Kommißariats aufgehoben und denselben bedeutet werden solle, anstatt den Grafen von Paumgarten zu einem Beweis des Eigenthums anzuhalten, vielmehr nur die quaerelirende Kleingütler an die Justizstelle hinzuweisen, um gegen ihre Mitgemeiner und den Grafen von Paumgarten, welche ihnen keine Anforstung oder Holzrecht geständig seien, diese Anforstung oder Holzrecht in petitorio auszuführen.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco waren der Meinung, mit Aufhebung {5r} der vorhandenen Resoluzionen der beiden ersten Instanzen zu erkennen: daß die von dem Landgerichte Simbach erlaßene Vorladung der Kleingütler, über das Object der zwischen dem Grafen von Paumgarten und den Holzrechtlern vorgehabten Vertheilung jener drei Waldungen, welche er kraft Vergleichs vom 13 Merz 1797 in communion mit denselben beseßen, als nicht geschehen zu betrachten, sohin hier kein Kulturs Prozeß statt habe, und das Landgericht Simbach nur das Geschäft der Vertheilung der befraglichen drei Waldungen zwischen dem Grafen von Paumgarten und deßen bisherigen Holzrechtlern zu vollenden habe. Sollten übrigens die Kleingütler ein Recht zum Miteigenthum oder zum Einforstungs-Rechte zu haben vermeinen, so seie es unbenommen, daßelbe vor den Justizbehörden geltend zu machen und auszuführen.

Die geheimen Räthe Freiherr von Aretin, von Effner, von Schenk und Freiherr von Asbek vereinigten sich mit der Abstimmung des geheimen Rath von Zentner.

Auch geheimer Rath Graf von Welsberg erklärte sich für Hinweisung der Frage über das Eigenthum an die Justiz Stellen, da aber die Ansprüche auf das Holzrecht als zur Waldpurifikazion gehörig angesehen werden müße, so würden {5v} Sie die leztere nach Kulturs Gesezen beurtheilen laßen.

In Folge der aus diesen Abstimmungen sich ergebenen Mehrheit

wurde beschloßen, diese Streitsache mit Aufhebung der Verhandlungen des Landgerichts Simbach und des General Kommißariats des Salzach-Kreises simpliciter an die Justiz-Stellen zu verweisen374.

Verteilung von Gemeindegründen (R)

Zentner prüft die von den Leerhäuslern in Stopfenheim vorgebrachte Forderung, eine Entschädigung für die Nichtberücksichtigung bei der Gemeindegründeverteilung im Jahr 1807 sowie einen Anteil an noch zu verteilenden Gründen zu erhalten. Er trägt an, den Rekurs der Leerhäusler für unstatthaft zu erklären. Der Geheime Rat folgt dem Antrag.

2. Wegen der Gemeinde Gründe Vertheilung zu Stopfenheim375 Landgerichts Weisenbach376 [!] zu Ellingen im vormaligen Altmühl nunmehr Oberdonau Kreise377 erstattete Herr geheimer Rath von Zentner schriftlichen Vortrag378, worin Dieselbe den Veranlaß des darüber mit den Leerhäußlern angefangenen Streites, und die deßwegen im Jahre 1807 von den verschiedenen Administrativ Behörden gepflogene Verhandlungen und erlaßene Urtheile vorlegten, die weitere, in den folgenden Jahren in dieser Sache geschehene Einschreitungen und erschienene Erkenntniße anführten, und sich äußerten: es komme in dem vorliegenden Falle noch auf zwei Fragen an: 1) Können die Leerhäußler zu Stopfenheim auf die im Jahre 1807 vertheilte Gemeinde Gründen noch Ansprüche machen, oder eine Entschädigung darauf begründen, daß Sie bei dieser Vertheilung ausgeschloßen {6r} worden sind. 2) Können dieselbe eine Vertheilung der noch unkultivirt liegenden Gemeinde Gründen zu Stopfenheim dermal verlangen, und einen gleichen oder verhältnißmäsigen Antheil mit den übrigen Gemeinde Gliedern ansprechen.

Welche Dieselbe dahin beantworteten, daß ad I) aus den vorgelegten Ursachen sich ergebe, daß die rekurrirenden Leerhäußler sowohl in formeller als materieller Hinsicht auf die im Jahre 1807 vertheilte Gemeinde-Gründen keinen Anspruch mehr machen, oder eine Entschädigung wegen ihrer damaligen Ausschließung izt noch rechtlich verlangen können, und daß ad II) den Leerhäußlern auch hier zwei gleichförmige Urtheile entgegen stehen, und Sie müßten außerdem wegen den gegen sie sprechenden wichtigen Gründen und vorzüglich aus der Ursache mit ihren Ansprüchen auf die noch unvertheilte Gemeinde Pläze abgewiesen werden, weil nach dem preußischen Landrechte, der preußischen Prozeß-Ordnung bestimmt gewesen, daß ehe die Kultur eines Gemeinde Grundes eintreten konnte, ehe nicht die Möglichkeit und Nüzlichkeit der Theilung nachgewiesen wurde379.

Da nun die baierische Kulturs Geseze im Ansbachischen380 noch nicht eingeführt gewesen, so seie auf diese Vorfrage immer Rüksicht genommen, und in dem {6v} vorliegenden Falle von 4 sachverständigen unpartheiischen Oekonomen aus der Nachbarschaft gegen die Vertheilung der übrigen Gemeinde Pläze, als der Viehzucht höchst nachtheilig gesprochen worden.

Auf diese Ausführung gründeten geheimer Rath von Zentner Ihren rechtlichen Antrag, „daß der von den Leerhäußlern zu Stopfenheim ergriffene Rekurs sowohl in Rüksicht auf die Förmlichkeiten als die Materialien unstatthaft zu erklären sei“ und lasen den nach diesem Antrage verfaßten Reskripts Entwurf an das General Kommißariat des Oberdonau Kreises ab.

In Folge der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügten Umfrage vereinigten sich alle Mitglieder des geheimen Rathes mit dem Antrage des Referenten und es wurde beschloßen

den abgelesenen Reskripts Entwurf an das General Kommißariat des Oberdonau Kreises mit der Aenderung zu genehmigen, daß von Bestätigung des Urtheils des General Kommißariats des vormals bestandenen Altmühl Kreises Umgang genommen werde, indem dieser Rekurs wegen den vor der Verordnung vom 8ten August 1810 erlaßenen zwei gleichlautenden Erkenntnißen der beiden Instanzen schon unstatthaft sei381, und der geheime Rath nicht mehr in die Materialien der {7r} Sache eingehen könne382.

Kriegskosten (R)

Johann Nepomuk von Krenner berichtet über einen Fall, der im Juli 1810 bereits im Geheimen Rat verhandelt wurde. Der Beitrag der Gemeinden Burg und Immenthal zur Kriegskostenumlage wird präzisiert.

3. In der Rekurs Sache der Markts-Gemeinde zu Obergünzburg383 gegen die Gemeinden Burg384 und Immenthal385, die Kriegskosten Peraequation386 pro anno 1806 betreffend, modo leuterationis387, erstattete geheimer Rath von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk] schriftlichen Vortrag, und wiederholte darin die in dem geheimen Rathe schon einmal vorgelegte geschichtliche Verhältniße388, welche diesen Streit veranlaßet, und die frühere geheime Raths Erkenntniß, führte sodann aber die von dem königlichen Landgerichte einberichtete verschiedene Ansichten des erwähnten Rekurs Urtheiles von Seite der beiden streitenden Theile an, worüber um Leuterazion gebeten worden, und äußerte, da bei Erlaßung des Rekurs Urtheiles der Unterschied des Natural- und bloßen Geld-Quartieres nicht dazu geeignet geschienen, für das erstere eine höhere Norme paßiren zu laßen, somit zu Gunsten der Markts Gemeinde zu sprechen, hiernächst sich unter den streitenden Theilen am 6ten Mai 1806 zwar auf eine Ausgleichung nach der wahren Erlittenheit einverstanden aber zugleich beigesezt worden, daß diese Ausgleichung dann realisiret werden solle, wenn seiner Zeit die allgemeine landgerichtliche Ausgleichung erfolgen werde, demnach gleichsam mit unter auf dem Typus der lezteren kompromittiret worden, welcher nach der Meinung des {7v} königlichen geheimen Rathes allerdings nur auf 45 Kreuzer hätte angesezt werden sollen.

So seie nach dem Sinne des Rekurs Urtheiles auch nichts anders zu leuteriren übrig, „als daß auch die Obmannschaften Burg und Immenthal die täglichen Verpflegungskosten der von der Markts Gemeinde Obergünzburg an ihrer Stelle verpflegt gewordenen französischen Soldaten höher nicht, als mit täglichen 45 Kreuzern zu vergüten schuldig seien“. Nach welcher Meinung geheimer Rath von Krenner der ältere einen Leuterazions Entwurf ablas.

Dieser Leuterazions Entwurf wurde nach der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügten Umfrage

von dem geheimen Rathe einstimmig angenommen389.

Bestätigung der Entscheidungen de s Geheimen Rates durch den König (13. April 1811).

Anmerkungen

360

Karl Theodor Josef Graf von Paumgarten-Ering (1779-1834), königlicher Kämmerer. Kneschke, Adels-Lexicon Bd. 7, S. 70f. s.v. Paumgarten, Grafen; Lang, Adelsbuch, S. 15 s.v. Baumgarten.

361

In der VO betr. die „Gemeinde-Abtheilungen“ vom 13. Februar 1805, RegBl. 1805, Sp. 729-732 = Döllinger, Sammlung Bd. 14/2, S. 155-157, § 25, bestätigte der Kurfürst aus Anlaß der „Gemeinde-Abtheilungssache zu Zenting“ grundlegende Normen, die ähnlichen Fällen (Gemeindegüterteilungen zu Alburg und Englfing) zugrundegelegen waren. Leitsatz war, „daß die Justizstellen keine Prozesse der Groß- und Kleingütler untereinander annehmen sollen, welche von einem oder dem andern Theile bey Abtheilung der Gemeinheiten unter dem Prätexte eines den Groß- und Kleingütlern in concreto zustehenden privativen Dominii entweder zur Vermittlung der Abtheilung, oder um einen Theil von der Vertheilung auszuschließen, oder um bei der Abtheilung einen größern Antheil zu erlangen, von den gesezlich verordneten Kulturs-Behörden abgezogen, und an die Justizstellen gespielt werden wollen“ (RegBl. 1805, Sp. 729f.). Der Gesetzgeber reagierte damit auf Versuche insbesondere von Großgütlern, Eigentumsrechte an Gemeindegründen geltend zu machen, indem sie darauf verwiesen, die fraglichen Güter intensiver als die Kleingütler zu nutzen. Dagegen brachte der Gesetzgeber vor, aus der Nutzung lasse sich nicht auf Eigentumsverhältnisse schließen. Die Verordnung sprach zudem einen praktischen Aspekt an: Erlaubte der Staat den Großgütlern, den Rechtsweg zu beschreiten, so könnte „gar keine Gemeinde-Abtheilung mehr von den Kultursstellen […] behandelt und vollzogen werden, wenn dem unzufriedenen Theile der Groß- und Kleingütler frey stünde, unter der Anleitung rechtsverdrehender Advokaten die Justizstellen anzugehen, und aus ihren Genußrechten ein privates Großgütler- oder Kleingütler-Eigenthum folgern zu wollen“ (ebd., Sp. 731).

362

Die Rechtsregel ne eat judex ultra petita partium besagt, daß der Richter nicht über die Anträge der Parteien hinausgehen soll. Liebs, Rechtsregeln, S. 142 Nr. 15.

363

[Johann Nepomuk] von Krenner, „Allerunterthänigster Vortrag in der Rekurssache des Grafens Karl von Paumgarten gegen das General Kreiskommißariat des Salzachkreises, principaliter gegen die Kleingütler und Leerhäusler zu Ering. Vorhabende Waldabtheilungen betr.“, lithographierter Text, 52 gezählte Bll., BayHStA Staatsrat 219.

364

Ering, Landkreis Rottal-Inn, Niederbayern.

365

Alburg, Ortsteil von Straubing, Niederbayern.

366

Englfing, Ortsteil von Schöllnach, Landkreis Deggendorf, Niederbayern.

367

Zenting, Landkreis Freyung-Grafenau, Niederbayern.

368

Mit Bekanntmachung betr. die „Gemeindsabtheilung zu Engelfing“ vom 12. Dezember 1803, RegBl. 1803, Sp. 1025f. = Döllinger, Sammlung Bd. 14/2, S. 153, § 23, teilte der Kurfürst mit, daß das Hofgericht Straubing in Sachen Waldteilung zu Englfing nicht kompetent sei. Es handle sich nämlich nicht um privates Eigentum der drei streitführenden Bauern, „sondern um ein von ihnen mit Ausschluße der Häusler angesprochenes Eigenthum der Gemeinde Engelfing“. In Fällen aber, in denen streitig war, „welchen Antheil oder Anspruch die Mitglieder einer Gemeinde, Bauern oder Häusler, Groß- oder Kleingütler an den Gemeindegründen bey deren Vertheilung haben“, stehe das Urteil in höherer Instanz ausschließlich der Landesdirektion von Bayern zu.

369

Die VO betr. die „Kulturs-Streitsache zu Aalburg“ vom 25. Oktober 1804, RegBl. 1804, Sp. 934-936 = Döllinger, Sammlung Bd. 14/2, S. 154f., § 24, reagierte auf die Nichtbeachtung früherer Mandate und Verordnungen im genannten Fall. Diese hatten im Grundsatz ausgesprochen, „daß die Appellationen und Rekurse in Kultursachen, welche aus den in Landkulturswesen ergangenen Mandaten entschieden werden, nicht zu den Justizstellen, sondern zu den vorgesezten Regierungsstellen gehören“ (RegBl. 1804, Sp. 934; vgl. die älteren Vorschriften: VO vom 24. Oktober 1787, MGS Bd. 4, Nr. V.209, S. 717f.; VO vom 6. Oktober 1792, MGS Bd. 5, Nr. V.86, S. 261f.). Zur Nichtbeachtung der einschlägigen Vorschriften kam die Beobachtung, „daß die Advokaten der Groß- und Kleingütler, wenn die Untersuchungen und Erkenntniß über den Maaßstab der Vertheilung nicht nach ihrer Erwartung erfolgen, bey den Justizstellen Beschwerden über verleztes Eigenthum zu führen sich erlauben, und unter der ganz widersinnigen Behauptung, daß das Gemeind-Eigenthum wegen der bisherigen ungleichen Benutzung, ein privatives Gemeinde-Eigenthum der Großgütler oder der Kleingütler sey, Prozesse einzuleiten, und die Abtheilung selbst zu verhindern suchen“ (RegBl. 1804, Sp. 935). Die Jus­tizstellen wurden daher angewiesen, Klagen über ein angebliches Privateigentum an Gemeindegründen nicht anzunehmen, sondern die Parteien an die Kulturstellen zu verweisen.

370

Vgl. die oben zit. VO vom 13. Februar 1805, RegBl. 1805, Sp. 729-732.

371

[Ignaz Graf von Arco], undatierte Stellungnahme, 1 Bl., BayHStA Staatsrat 219.

372

Eine Servitut (Dienstbarkeit) ist das dingliche Recht auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache. Vgl. Neschwara, Art. Dienstbarkeit, in: HRG2 Bd. 1, Sp. 1054-1056.

373

Das jus lignandi (Beholzungsrecht) erlaubt, „alles zu meiner Oekonomie nöthige Holz (außer dem Bauholze), mit Beobachtung der Forstgesetze, von eines andern Grunde und Boden zu schlagen“. Hevelke, Handwörterbuch, S. 96 s.v. Beholzungs-Recht.

374

Zum Fortgang: Protokoll Nr. 16 (Geheimer Rat vom 18. April 1811), TOP 1.

375

Stopfenheim, Ortsteil von Ellingen, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, Mittelfranken.

376

Gemeint: Weißenburg.

377

Das 1808 mit „8880 Seelen“ gebildete Landgericht Weißenburg im Altmühlkreis wurde 1810 dem Oberdonaukreis zugeordnet. Vgl. VO betr. „die Territorial-Eintheilung des Königreichs Baiern“ vom 21. Juni 1808, RegBl. 1808, Sp. 1481-1486, hier Sp. 1483; VO betr. die „Landgerichts-Eintheilung in der Provinz Ansbach“ vom 7. August 1808, ebd., Sp. 1689-1698, hier Sp. 1698 (Zitat); VO betr. die „Territorial-Eintheilung des Königreichs“ vom 23. September 1810, RegBl. 1810, Sp. 809-816, hier Sp. 812.

378

Der Vortrag ist nicht Bestandteil der Akte BayHStA Staatsrat 219.

379

Der Gesetzgeber bestimmte im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (Tl. I, Tit. 17 „Vom gemeinschaftlichen Eigenthume“, Abschnitt 4 „Von Gemeinheitstheilungen“, Druck: ALR Bd. 1, S. 728), die von Dorfeinwohnern oder benachbarten Gutsbesitzern „bisher auf irgend eine Art gemeinschaftlich ausgeübte Benutzung der Grundstücke“ solle „zum Besten der allgemeinen Landescultur, so viel als möglich, […] aufgehoben werden“ (Tit. 17, § 311). Dabei machte es keinen Unterschied, ob das Eigentum der gemeinschaftlich benutzten Grundstücke der ganzen Gemeinde oder einzelnen Teilnehmern zustand (§ 312). Die Teilung fand nur statt, „als dadurch die Landescultur im Ganzen befördert und verbessert wird“ (§ 313). „Jeder Antrag darauf muß also durch das Gutachten sachkundiger Landwirthe; daß die Theilung nicht nur an sich möglich, sondern auch dem Ganzen vortheilhaft sey, begründet werden“ (§ 314). Entsprechend verpflichtete die 1795 im Druck veröffentlichte Allgemeine Gerichtsordnung (Publikationspatent vom 6. Juli 1793) „jede[n] Provocant[en,] seinen Antrag zur Aufhebung einer Gemeinheit zuvörderst durch den Nachweis, daß die Theilung an sich möglich, und dem Ganzen, oder auch den sämmtlichen Interessenten vortheilhaft sey, nach Vorschrift der Gesetze gehörig [zu] begründen“ (AGO Tit. 43, § 4, S. 866).

380

Der dem Deutschen Orden zugehörige Fraischbezirk Stopfenheim wurde 1796 neben weiteren Ämtern unter Belassung der Patrimonial- und Kriminalgerichtsbarkeit der preußischen Landeshoheit unterworfen. Jehle, Ansbach Tl. 2, S. 763f. Die Maßnahme stand im Kontext der vom dirigierenden Minister Karl August von Hardenberg (1750-1822, Minister seit 1794) seit dem Übergang der Markgraftümer Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth an den König von Preußen 1792 betriebenen Territorialisierungspolitik, die darauf zielte, unter anderem durch Aneignung von Gerichts- und Hoheitsrechten das fränkische territorium non clausum in „einen geschlossenen Flächenstaat mit einem einheitlichen Untertanenverband“ umzuwandeln. Vgl. ebd., S. 751-761; Endres, Reformmodell, Zitat S. 34.

381

Die VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810 bestimmte in Tit. I Art. 1 Nr.1, RegBl. 1810, Sp. 643, daß in „Kultursstreitigkeiten“ auch dann an den Geheimen Rat appelliert werden durfte, wenn zwei gleichlautende Urteile bzw. Bescheide unterer Instanzen vorlagen.

382

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 531.

383

Obergünzburg, Landkreis Ostallgäu, Schwaben.

384

Burg ist Ortsteil von Obergünzburg.

385

Immenthal, Ortsteil von Günzach, Landkreis Ostallgäu, Schwaben.

386

Peraequation meint den Ausgleich, insbesondere die gleichförmige Verteilung von Schuldenlasten. Vgl. Schweizer, Fremdwörterbuch, S. 383 s.v.; Neues allgemeines Handwörterbuch Bd. 2, S. 139 s.v.

387

Leuterazion (Läuterung) bezeichnet die erklärende Auslegung eines unklaren Rechtssatzes oder eines rechtlichen Sachverhalts, zugleich auch die Erklärung eines dunkel erscheinenden Richterspruchs. Vgl. Oertel, Fremdwörterbuch Bd. 2, S. 527 s.v. Leuteratio; DRW Bd. 8, Sp. 793-797 s.v. Läuterung.

388

Protokolle Bd. 3, Nr. 58 (Geheimer Rat vom 12. Juli 1810), S. 593-595, TOP 1.

389

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 531.