BayHStA Staatsrat 221
16 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.
Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.
Stiftungen der Grafen Fugger
Welsberg trägt über die Stiftungen der Grafen Fugger und deren rechtliche und tatsächliche Bewertung vor. Die Stiftungen befinden sich in einem Spannungsfeld: Einerseits sind sie Familienstiftungen, andererseits haben sich die Fugger 1806 der bayerischen Souveränität unterworfen. Vor diesem Hintergrund erörtert Welsberg sieben Fragen, über die kontrovers abgestimmt wird. Der König trifft jeweils Entscheidungen.
{1r} [1.] Nach erfolgter Aufforderung Seiner Majestät des Königs an den geheimen Rath Grafen von Welsberg, mit dem Vortrage über die Stiftungen der Grafen von Fugger fortzufahren, {1v} las derselbe zuerst den dem gegenwärtigen Protokoll beiliegenden Auszug aus dem Protokoll der Departemental-Sizung *Beilage I* [Marginalie] des Ministeriums des Innern vor399, worin die Entscheidungen über die Vorfrage: eignet sich dieser Gegenstand allenfalls zu dem königlichen geheimen Rathe, und die weiter unten bemerkte sieben Fragen enthalten.
Hierauf giengen Geheimer Rath von Welsberg zum 3ten Abschnitte Ihres Hauptvortrages, dem Gutachten über, und bemerkten, daß Sie, um mit *Beilage II* [Marginalie] gehöriger Ordnung zu verfahren400, und um diesen Gegenstand zu Abgebung eines umfaßenden Gutachtens zu führen, würden Sie sich an die von dem Referenten der Stiftungs Section aufgeworfene Fragen und die darüber gefaßten Beschlüße der Departemental Session des Ministeriums des Innern halten, obschon Sie gewunschen, diese Vorfragen und Beschlüße im Allgemeinen sowohl als auch, weil eine in die andere oft zu sehr eingreife und sich wohl auch darin auflöse, anders gestellt zu sehen. Über die erste Frage Ob die Declaration vom 7ten Juni 1806 im 23 Artikel die oberste Stiftungs Kuratel in der Ausübung der ihr zustehenden Befugniße hindern könne! Oder ob hieraus ein Eigenthums Recht für die Fuggerischen Familien auf das Stiftungsvermögen sich folgern laße401 {2r} äußerten Herr geheimer Rath Graf von Welsberg in dem Vortrage Ihr Gutachten, und stellten bei den darin verschieden aufgeklärten Umständen einverständlich mit dem Beschluße der Departemental Sizung Ministeriums des Innern bestimmt nach den Worten der Ministerial Lehen- und Hoheits Section Ihren allerunterthänigsten Antrag dahin, daß die Fuggerische Familien Häupter zur Begründung eines Eigenthums-Anspruches, seie es auf den ursprünglichen Fond oder auf die Errungenschaft der Stiftungen den § 23 des Subjections Vertrages vom 7ten Juni 1806 keineswegs allegiren können, woraus sich dann von selbst auch folgere, daß die oberste Stiftungs Kuratel dieser Declaration ohngeachtet, in die Ausübung aller ihrer Befugniße über das Stiftungs Vermögen der Fuggerischen Familien eintreten könne und müße. Worin aber diese Befugnisse bestehen? Ob und welche Rechte den Fuggerischen Familien gebühren? Dieses werde aus allgemeinen Grundsäzen und aus der Untersuchung und Prüfung der Stiftungs Urkunden, mithin vorzüglich aus den nachstehenden zweiten und folgenden Puncten hervorgehen.
Seine Majestät der König genehmigten, daß über jeden einzelnen Antrag abgestimmt werde, um die verschiedene Fragen nicht miteinander {2v} zu vermengen, und geruheten in Folge dieses Entschlußes, über die erste Frage abstimmen zu laßen.
Der königliche geheime Statts[!]- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas äußerten, daß die Absicht Seiner Majestät des Königs bei Annahme des Subjections Vertrages einmal gewesen, den Fuggerischen Familien Häuptern ein Eigenthum über die Stiftungen, die man damals gar nicht gekannt, einzuräumen, der Subjections Vertrag seie nach allgemeinen Ausdrüken ausgefertiget und angenommen worden, und daraus könnten die Grafen von Fugger um so weniger neue Rechte auf diese Stiftungen herleiten, als im Gegentheile nun, wo man die Verhältniße dieser Stiftungen genauer kenne, der Art 23 für erschlichen erklärt werden müße. Aus diesen Gründen vereinigten Sie sich mit dem Antrage des Referenten.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg gaben folgende Abstimmung.
Bei Beurtheilung der vorliegenden Sache erlaubten Sie sich, einige allgemeine, Ihre Abstimmung leitende Grundsäze vorauszuschiken.
Nach Ihrer Ansicht beschränke sich die Pflicht der Oberaufsicht {3r} auf das Vermögen milder Stiftungen auf jene der Obervormundschaft. Der Regent seie daher verbunden, dafür zu sorgen, daß der Wille und der Zwek des Stifters genau erfüllet werde. Ersteres geschehe durch Beibehaltung der von demselben aufgestellten, ihrer Obliegenheit entsprechenden Administratoren, und durch ungestörten Vollzug der dem Stiftungs-Fond gegebenen Bestimmung, so ferne nicht höhere Staats-Maximen eine Aenderung geböten, ein Fall, der bei Aufhebung der Klöster eingetreten. Lezteres durch Erläuterung zweifelhafter Vorschriften in der Stiftungs Urkunde, durch, von den öffentlichen sowohl als Privat-Administratoren gefordert werdende Herstellung des Vermögens Etat, Rechnungs Ablage und Revision derselben, und durch zwekmäsige Verwendung des sich ergebenden Überschußes.
Diese Grundsäze fänden Sie in den organischen Edicten über die General-Administrazion des Stiftungs- und Kommunal Vermögens vom 15ten [!] Oktober 1807402, und in der Verordnung vom 30ten Dezember 1807403 vollkommen ausgesprochen, und dabei werde eine Zutrauen einflösende, und den Grundsäzen einer weisen und humanen Regierung so ganz entsprechende Versicherung gegeben, nämlich eine offizielle Publicitaet der wesentlichen Resultate des {3v} gesammten Vermögens Standes und über deßen Verwendung.
Diese Vordersäze auf den vorliegen [!] speziellen Fall angewendet, so fordere es demnach die Pflicht der Obervormundschaft, daß nach entdekter unrichtiger Angabe, daß die fuggerische milde Stiftungen Privat-Stiftungen seien, die Declaration vom 7ten Juni 1806 als erschlichen, für unwirksam erklärt werde.
Alle übrige Mitglieder des geheimen Rathes vereinigten sich mit dem Antrage des Referenten, und übereinstimmend mit diesen Meinungen
geruheten Seine Majestät der König, die vorgetragene erste Frage dahin zu entscheiden: daß die Fuggerische Familien Häupter Eigenthums-Ansprüche, seie es auf den ursprünglichen Fond oder auf die Errungenschaft der Stiftungen, durch den § 23 des Subjections Vertrages vom 7ten Juni 1806 nicht begründen können.
Geheimer Rath Graf von Welsberg kamen zur zweiten Frage. Sind die Fuggerische Stiftungen eigentliche objective Familien Stiftungen, oder kann nur das Spital in Waltenhaußen404 subsidiarisch als Familien-Stiftung betrachtet werden? {4r} und bemerkten, daß um die hierauf von der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern gegebene Entscheidung begutachten, und die Befugniße der obersten Stiftungs Kuratel auf diese Fuggerische Stiftungen nach den rechtlichen Begriffen einer solchen Kuratel, und nach dem Wortlaute der Stiftungs Urkunden bemeßen zu können, es wesentlich sein werde, die Natur dieser Fuggerischen Stiftungen und deren Eintheilung überhaupt, so wie den Wortlaut der Stiftungs Urkunden selbst anzuführen.
Nachdem geheimer Rath Graf von Welsberg diesen Gang in Ihrem Vortrage befolget, die Definition gegeben, was Sie unter reinen unter gemischten Familien Stiftungen und unter gemeinnüzigen Stiftungen verstehen, und die Urkunden über die verschiedene Fuggerische Stiftungen nach ihrem Wortlaute im Auszuge vorgelegt hatten, gründeten dieselbe auf diese vorausgeschikte Urkunden Prüfung Ihren Antrag, daß mit Ausnahme der Kapuziner Kloster Stiftung in Augsburg und mehrerer Fuggerischer Jahrtage-Stiftungen, alle übrige als wahrhaft objective Familien Stiftungen zu beurtheilen und zu behandeln seien.
Von der eigentlichen Bestimmung dieser Vorfrage hänge hier um so mehr vieles ab, weil der Referent {4v} der Ministerial Stiftungs Section mit seinem Übergange von einer reinen Familien zu einer gemeinnüzigen Stiftung, die gemischte mit ihren nothwendigen Folgen einer Purification überspringe, mithin durch Anwendung der Vorschriften des organischen Edictes und der nachhin durch das Justiz Ministerium kund gemachten Grundsäze, schon aus diesen allgemeinen Maximen die Folgerung ziehe, daß den Fuggerischen Familien die Administrazion genommen, der Fond dieser Stiftungen ergriffen, und mit dem übrigen Stiftungs Vermögen mit Ausnahme von Waltenhausen konsolidirt werden müße. Mit welcher Behauptung aber die Lehen- und Hoheits Section eben so wenig als die Mitglieder der Departemental Session sich vereiniget hätten.
Seine Majestät der König geruheten, über diesen auf die zweite Frage gerichteten Antrag abstimmen zu laßen.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas erklärten sich für die von dem Referenten gegebene Ansicht über die Natur dieser Stiftungen, und glaubten daß dieselbe mit Ausnahme der Kapuziner und Jahrtags Stiftungen um so mehr als wahrhaft objective gemischte Familien Stiftungen beurtheilet werden {5r} müßten, als die Bestimmung eines Theils des eigenen Vermögens der Fugger, so wie der in den Urkunden angegebene Zwek dieser Stiftungen und bestimmte Administrazions Anordnung keine andere Beurtheilung dieser Stiftungen gestatte, wenn man nicht den Inhalt der vorliegenden Urkunden verdrehen, und durch einen solchen Ausspruch jedermann verhindern wolle, ähnliche Stiftungen zu machen.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg äußerten, Sie könnten diese Stiftungen, welche zum Theil vorzüglich die Erleichterung der fuggerischen Grundholden, und im Falle gänzlicher Erarmung selbst die Unterstüzung der Fuggerischen Familien Mitglieder bezielten, zwar nicht als Familien Stiftungen anerkennen, was Sie nach den im Protokoll der Departemental Sizung vom 12 Dezember 1810 enthaltenen richtigen Bemerkungen nicht seien, jedoch würden Sie dieselbe mit geeigneter Rüksichtnahme auf die Familien Stiftungs Rechte administriren laßen.
Herr Graf von Reigersberg behielten sich vor, über die Art, wie diese Administrazion als Folge dieses Grundsazes einzuleiten, in Ihrer für die nächste Frage bearbeiteten Abstimmung auseinander zu sezen.
{5v} Die geheime Räthe Graf von Preising und Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] vereinigten sich mit dem Antrage des Referenten, lezterer behielten sich aber vor, nach Vollendung des ganzen Vortrages Ihre Ansicht über das Ganze im Zusammenhange in einem eigenen Voto vorzulegen.
Geheimer Rath Graf von Törring stimmten gegen den Antrag des Referenten, und vereinigten sich mit dem Schluße der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern.
Geheimer Rath von Zentner erklärten sich ebenfalls für den Schluß der Departemental Sizung, und äußerten, Sie könnten die Ansicht des Referenten nicht theilen, der zu viele Vortheile für die Fuggerische Familien in dem Sinne der Stiftungs Urkunden gefunden, die Ihnen nicht darin zu liegen scheinen. Der Geist der Stiftungen bezweke keinen andern directen Vortheil der Fuggerischen Familien-Glieder, als den so die Stifter immer ausgedrükt, die Stiftungen könnten zwar allerdings als vermischte Familien Stiftungen angesehen werden, allein in einem andern und nur dem Sinne, als den Familien Gliedern einige Rechte auf die Administrazion zustünden.
Geheimer Rath von Krenner {6r} der ältere [d.i. Johann Nepomuk] glaubten, daß es ohne Zwek seie, sich in die vorgelegte Frage einzulaßen, und es komme alles darauf an, ob die gräflich Fuggerische Familien Glieder Rechte auf die Administrazion dieser Stiftungen hätten. Gestehe man ihnen diese zu, welche sich nach dem Inhalte der Stiftungs Urkunden, nach dem Subjections Vertrage und selbst nach dem jure canonico allerdings für begründet annähmen, so seie es gleichgültig, welche Natur diese Stiftungen hätten, und Sie glaubten daher, daß diese Frage ganz umgangen werden könne, und daß den Fuggerischen Familien Gliedern die Administrazion dieser Stiftungen ex pacto gebühre.
Die geheimen Räthe Graf von Tassis und von Krenner der jüngere [d.i. Franz] vereinigten sich mit dem Beschluße der Departemental Sizung.
Die geheimen Räthe Graf Carl [Maria] von Arco, Freiherr von Aretin, von Effner, von Schenk, Freiherr von Asbek und von Feuerbach erklärten sich für die Ansicht des Referenten, und stimmten seinem Antrage bei.
Da Seine Majestät der König der dadurch sich ergebenen Mehrheit beizutreten geruheten
so wurde von Allerhöchstdenenselben beschloßen, nach dem Antrage des {6v} Referenten anzunehmen: daß alle Fuggerische Stiftungen mit Ausnahme der Kapuziner Kloster Stiftung in Augsburg, und mehrerer Fuggerischen Jahrtags Stiftungen, wahrhaft objective Fuggerische Familien Stiftungen seien.
Rüksichtlich der 3ten und 4ten Frage, 3) kann den Grafen von Fugger das Praesentazions Recht auf die Pfarre St. Moriz in Augsburg405, und das Befugniß, Unterthanen, Diener und Hintersaßen zum Stiftungs Renten-Genuß zu berufen, entzogen werden, oder müßen nicht denenselben diese Rechte, jedoch mit der geeigneten Beschränkung belaßen werden, die bei der Praesentation der Pfarre in Beziehung auf eine Vergrößerung oder Verbeßerung der Dotation eintreten könne? 4) Kann im Allgemeinen nach der Stiftungs Urkunde die Familie Fugger von der Verwaltung ausgeschloßen werden? Haben die dermalige Familien Glieder sich dieser Verwaltung unwürdig gemacht, und kann sohin die Administrazion den königlichen Behörden ohne Bestimmung {7r} der Dauer übertragen werden, äußerten sich geheimer Rath Graf von Welsberg in Ihrem Vortrage ausführlich und legten auf Ihre angegebene Gründe gestüzt, folgendes Gutachten allerunterthänigst vor.
In Beziehung auf die 3te Frage vereinigten Sie sich mit dem Beschluße der Departemental Sizung in so weit, daß den Grafen von Fugger das Praesentations Recht auf die Pfarre St. Moriz, und die Befugniß, Unterthanen, Diener und Hintersaßen zum Stiftungs Renten Genuß zu berufen, nicht entzogen werden könne, auch daß bei der Praesentation auf die Pfarre bei einer Vergrößerung oder Verbeßerung der Dotation eine geeignete Beschränkung eintrete, wenn diese Vermehrung der Dotation, mithin auch die Pflichten dieses Benefiziaten mit der ausdrüklichen Einwilligung der Fuggerischen Senioren und Executoren erfolgen würde.
Rüksichtlich der vierten Frage glaubten Sie, daß den gräflich Fuggerischen Familien die Administrazion ihrer Stiftungen aus allgemeinen Grundsäzen, oder als verwirkt ohne ein Urtheil, und selbst als gemischte Familien Stiftungen nach dem organischen Edicte {7v} ohne eine vorgegangene gemeinschaftliche Purification, rechtlich nicht abgenommen werden könne, und daß also bis dahin die oberste Stiftungs Kuratel keine andere Befugniß habe, als diese Fuggerische Stiftungen unter ihrer Surveillance zu ziehen, und ihre Rechnungs und Administrazions Vorschriften, in so weit sie mit dem Sinne der Stiftungen vereinbarlich sind, und ohne eine Konsolidirung darauf anzuwenden.
Seine Majestät der König geruheten, über diese beide Anträge umzufragen.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas äußerten, daß das Recht der gräflich Fuggerischen Familie auf die Praesentation der Pfarre zu St. Moriz, und die Berufung ihrer Unterthanen, Hintersaßen und Diener zu dem Stiftungs-Renten Genuß keinem Anstande unterliegen könne. Eben so seie nach Ihrer Ansicht die weitere Frage, ob den Fuggerischen Familien die Administrazion über diese Stiftungen nach den Rechten gebühre, außer allem Zweifel, da die Stiftungs Briefe hierüber bestimmt aussprechen, und diese ohne gewaltsame Maaßregel nicht alterirt werden könnten.
{8r} Eine andere Frage aber seie, ob die gegenwärtige Fuggerische Familien Häupter sich durch ihre Handlungen des Vertrauens und des Rechtes zu dieser Administrazion würdig gemacht.
Diese Frage zum Nachtheile der gegenwärtigen Familien Häupter zu entscheiden, stünden allerdings mehrere wichtige Gründe, vorzüglich das Verfahren des Grafen von Fugger mit dem Fond dieser Stiftungen da, und Sie hielten sich überzeugt, daß wenn diese in früheren Zeiten zur Kenntniß des Reichshofraths gekommen wäre, der Reichs-Fiscal gegen die Grafen von Fugger excitirt worden sein würde.
Allein auf der andern Seite ließen sich doch auch manche Gründe zu ihrer Entschuldigung anführen, da dieselbe in ihrer früheren Eigenschaft als Immediat Fürsten und Grafen des Reichs sich mehrere Befugniße bei der ganz eigenen Stellung der Stiftungs Briefe erlauben haben können, und die Stiftungs widrige Handlungen der gegenwärtigen Senioren und Häupter der Familie den Rechten der übrigen Glieder und Nachgebornen nicht präjudiziren könnten.
Aus diesen Rüksichten würden Sie den Verlust der Administration für die Fuggerische Familie nicht aussprechen, sondern im Gegentheile diese derselben {8v} garantiren; da aber die gegenwärtige Familien Häupter und Senioren sich durch ihre Handlungen und ihre persönliche Verhältniße des Vertrauens zu einer Administrazion unwürdig gemacht, so wären diese Fuggerische Stiftungen unter die spezielle Aufsicht der General Stiftungs Administrazion zu stellen, welche dieselbe nach den organischen Edicten als eine isolirte Familien Stiftung, ohne den Zwek derselben zu alteriren, zu behandeln, und nach hergestelltem wahren Vermögens Stande der Stiftungen einen Administratoren anzuordnen, zugleich aber auch den Familien Mitgliedern die Einsicht der Rechnungen und der Verwendung zu gestatten.
Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten: daß weder das Praesentations Recht auf die Pfarre St. Moriz, noch die Befugniß Fuggerische Grundholden und Diener zum Stiftungs Genuße zu berufen, denen Grafen von Fugger zu entziehen, jedoch seien die dermaligen Mitglieder der Familie von der Verwaltung auszuschließen. Es seie wahrlich empörend, wie unedel die Absicht der edlen Handelsleute Fugger von den Fürsten und Grafen Fugger vereitelt worden. Seie ein {9r} Mitglied überschuldet gewesen, so habe die Stiftung der Käufer des Gutes sein müßen. Seie eine Familien Kanzlei zu erbauen gewesen, so seien die Stiftungs Gelder dazu verwendet worden. Sehr wahr drüke sich darüber der Referent der Stiftungs Section aus, „und dieses Benehmen will von den dermaligen Familien Mitgliedern damit gekrönt werden, daß sie einen Theil dieser schönen, vorzüglich zur Erleichterung ihrer bedrängten Grundholden und Diener angewiesenen Stiftungen an sich reißen, und sodann gleichwohl mit unverzeihlicher Gleichgültigkeit der Mitwirkung entsagen wollen, ob ferner diese ihrer besondern Vorsorge anvertraute, das Andenken ihrer Vorfahren so ehrenvoll erhaltende Fonds nach den Stiftungs Urkunden verwendet werden“.
Damit Sie jedoch zu Ihrer Pflicht zurükgeführt würden, so seien Sie ebenfalls mit dem Schluße der Departemental Sizung verstanden, daß Ihnen die Einsicht der Rechnungen und der Verwendung der Stiftungen bei Abnahme der Administrazion nicht zu entziehen, vielmehr sie eher dazu als verpflichtet zu erklären seien.
Eben so wenig dürfe diese Ausschließung von der Administrazion schuldlose Nachkommen treffen, welche, wie zu wünschen, den {9v} Stiftern dieser Wohlthätigkeits-Anstalten mehr gleichen würden.
Geheimer Rath Graf von Preising vereinigten sich mit der Abstimmung des geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Montgelas.
Geheimer Rath Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] behielten sich vor, Ihre Ansicht in einem eigenen Voto am Schluße des Vortrages auszuführen, inzwischen vereinigten Sie sich damit, daß das Praesentations Recht und die Vertheilung der Stiftungs Renten den Grafen von Fugger belaßen, auch der Familie das Recht der Administrazion nicht entzogen werden könne, wogegen bei den gegenwärtigen Administratoren eine Aenderung zu treffen wäre.
Geheimer Rath Graf von Törring stimmten wegen der Praesentation auf die Pfarre St. Moriz und der Vertheilung des Genußes der Stiftungs Renten den früheren Meinungen bei, und so gerne sie die Entsezung der gegenwärtigen Fuggerischen Familien Häupter und Senioren von der Administrazion umgehen würden, so seien dennoch ihre gegen die Stiftungs Urkunden begangene Handlungen, und vorzüglich, daß Sie selbst den Stiftungen schuldeten, so beschaffen, daß Sie sich mit der Abstimmung des {10r} geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Reigersberg vereinigen müßten.
Geheimer Rath von Zentner äußerten, daß der Familie Fugger ohne ein richterliches Urtheil die Praesentation auf die Pfarre St. Moriz, und die Vertheilung der Stiftungs Renten so wenig als die Administrazion der Stiftungen entzogen werden könne, da die Stiftungs Briefe hierüber sich so bestimmt ausdrükten. Selbst die gegenwärtige Familien Häupter und Senioren würden ohne richterliche Dazwischenkunft der Administrazion nicht entsezt werden können, allein – da dieselbe sich durch ihre Handlungen, durch das Kontrahiren von Schulden gegen die Stiftungen selbst und durch ihre persönlichen Verhältniße des Vertrauens, eine Administrazion dieser Art zu führen, unwürdig gemacht und daßelbe verloren hätten, so wären diese Stiftungen vor der Hand nach ihrem ursprünglichen Zweke unter die Administrazion der Central Stiftungs Kuratel zu sezen, der wahre Vermögens Stand der Stiftungen mit Zuziehung der Senioren herzustellen, eine Administrazion derselben anzuordnen, und dieselbe als isolirte Familien Stiftungen nach den organischen Edicten zu behandeln, sohin gleichsam die Administrazion in so lange zu sequestriren, bis die gegenwärtige Senioren und {10v} Familien Häupter zu den Stiftungen nicht mehr schulden, und das Vertrauen sich wieder erworben hätten.
Geheimer Rath von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk] waren der Meinung, daß ohne Rechtsurtheil der Familie Fugger die Administrazion nicht entzogen werden könne. Wegen der Praesentation und den wegen der Administrazion bei den gegenwärtigen Senioren und Familien Häuptern zu treffenden Modifikazionen vereinigten Sie sich mit der Abstimmung des geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Montgelas.
Geheimer Rath Graf von Tassis stimmte mit dem geheimen Rathe von Zentner.
Geheimer Rath von Krenner der jüngere [d.i. Franz] erklärten sich wegen der Praesentation und der Verwendung der Stiftungs Renten mit den übrigen Meinungen. In Beziehung auf die Administrazion selbsten glaubten Sie ebenfalls, daß sie der Familie Fugger nicht entzogen werden könnte; wegen den gegen die gegenwärtige Senioren und Familien Häupter sich ergebenen Anständen aber, würden Sie diese Stiftungen unter die Controlle des Stadt Commissairs in Augsburg sezen, und dieselbe {11r} und dieselbe [!] gleich andern Familien Stiftungen durch diesen mit Zuziehung der Senioren verwalten laßen.
Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco äußerten, Sie seien verstanden, daß die Administrazion den Fuggerischen Familien Häupter aus allgemeinen Gründen nicht genommen werden könne. Ob dieselbe die Administrazion aber nicht ex delicto circa gestam administrationem erwirkt haben? Wer sie erwirkt habe? Und wer die Verwirkung zu erkennen habe? seien schwierige Fragen.
Verfaßungsmäsig könnten nur die Gerichtshöfe darüber erkennen, denn die Reglementar Verordnung vom 18en Juni könne nicht als bindendes Gesez betrachtet werden.
Die dermaligen Familien Häupter hätten mit Ausnahme der Grafen Fugger von Brandenburg406 und Kirchberg den Verlust der Administrazion nach strengen Rechten allerdings verwirkt, allein demohngeachtet würden Sie nicht dafür stimmen, daß diese Administrazion von der obersten Stiftungs Kuratel ergriffen werde, sondern Sie würden die Administrazion den unschuldigen Familien Gliedern jedoch mit Ausnahme des Grafen Fugger zu Brandenburg, gegen welchen andere Rüksichten sprächen, übertragen, und ihnen aufgeben, Sie hätten sogleich {11v} aus ihrer Mitte einen tauglichen und annehmbaren Administrator (mit Beseitigung des bisherigen und des Grafen Fugger zu Brandenburg) zu wählen, und vorzuschlagen. Wenn die Stiftungs Section die Inventarisazion und Etats Formation des Vermögens, wozu ihr ein Termin von 6 Monaten zu geben, vollendet, so wäre demselben die Verwaltung zu übertragen, und er über die Art der Administrazion und Komptabilität, so wie auch wegen Stellung der Rechnungen an die Vorschriften der Stiftungs und Kommunal Section anzuweisen, den Grafen von Fugger jedoch das Nominazions Recht zu belaßen.
Geheimer Rath Freiherr von Aretin vereinigten sich auch rüksichtlich der Praesentation und Vertheilung der Stiftungs Renten mit den schon geäußerten Meinungen. In Beziehung auf die Administrazion aber, deren Entziehung der Familie Sie rechtlich nicht begründen könnten, würden Sie dieselbe auf 5 Jahre unter die Aufsicht der Central-Stiftungs Kuratel sezen, nach 5 Jahren aber sie an diejenige Mitglieder der Familie zurükgeben, welche sich während dieser Zeit des Zutrauens Seiner Majestät des Königs würdig gemacht.
Die geheimen Räthe von Effner {12r} von Schenk, Freiherr von Asbek und von Feuerbach vereinigten sich mit der Meinung des geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Montgelas, und geheimer Rath von Effner fügte seiner Abstimmung noch bei, daß um so weniger eine Einziehung der Administrazion zum Nachtheile der Fuggerischen Familie statt haben könne, als der geheime Rath hierüber nicht entscheiden könne, sondern dieses offenbar den Justizstellen zustehe, die Grafen von Fugger auch hierüber noch nicht gehört worden, und Unschuldige dadurch gestraft würden.
Nach Würdigung dieser verschiedenen Abstimmungen
geruheten Seine Majestät der König auf die 3te und 4te Frage folgende Beschlüße zu faßen. a) Das Praesentations Recht auf die Pfarre St. Moriz in Augsburg und die übrigen in den Stiftungs Urkunden der Familie Fugger ertheilten Rechte sollen derselben verbleiben, jedoch unter der von der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern wegen der Pfarre nach dem Protokoll angetragenen Beschränkung. b) Es solle der Familie Fugger das in den Stiftungs Urkunden ihr ertheilte Administrazions Recht nicht entzogen werden sondern garantirt bleiben. {12v} c) Die Fuggerische Stiftungen sollen als isolirte Stiftungen nach den organischen Edicten behandelt werden. c) Da aber die gegenwärtige Mitglieder der Fuggerischen Familie theils wegen mehreren Stiftungs widrigen Handlungen, theils weil viele Schuldner der Stiftungen geworden sind, theils weil mehrere selbst in solcher Lage sich befinden, daß sie zur Führung einer fremden Administrazion unfähig sind, und ihnen die fernere Verwaltung dieser Stiftungen nicht wohl anvertraut werden kann, so solle ein isolirter Administrator derselben jedoch mit Beseitigung der gegenwärtigen Mitglieder der Familie provisorisch dergestalt angeordnet werden, daß den Mitgliedern der Fuggerischen Familie, vorzüglich den Senioren die Einsicht des herzustellenden Vermögens Standes der Stiftungen und der Rechnungen gestattet, auch ohne ihre Beiziehung über die Verwendung der Stiftungs Renten nicht disponirt werden dürfe.
Das Ministerium des Innern solle nach diesen Beschlüßen das geeignete Verfahren in dieser Sache einleiten, und in Vollzug sezen laßen.
{13r} Geheimer Rath Graf von Welsberg äußerten sich in Ihrem Vortrage über die 5te und 6te Frage: 5) Kann der Erbpacht von Läugna407 und Waltenhausen408 als den Stiftungen nachtheilig und als eine Gattung von Veräußerung noch bestehen. 6) Kann das Reluitions-Recht auf das Gut Lauterbronn409 und deßen Theilung der geeigneten Fuggerischen Linie gegen Erfüllung der ursprünglichen Bedingniße entzogen werden und stellten Ihren Antrag dahin, daß die hierüber von der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern nach dem Protokoll gefaßten Beschlüße als richtig anzunehmen wären.
Bei der von Seiner Majestät dem Könige über diese Anträge verfügten Umfrage erklärten sich der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas und alle Mitglieder des geheimen Rathes, den königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg und geheimen Rath Grafen von Arco den älteren ausgenommen, für die in dem Protokoll enthaltenen Beschlüße der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern.
{13v} Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg äußerten: Der Nichtfortbestand der Erbpächte von Laugna und Waltenhausen seie allerdings rechtlich und von der Kuratel zu verfügen. Allein ihn hier auszusprechen fänden Sie nicht räthlich da es ein Gegenstand fernerer Discußionen bei den Gerichtshöfen werden könne, so wie auch das Reluitions Recht auf das Gut Lauterbronn, welches ohnedieß noch manchen, in der Ausarbeitung des Sections Stiftungs Referenten nicht genugsam geprüften Bedenken unterliege.
Die Frage, ob daßelbe ohne Verlezung der Administrazions Pflichten habe bedungen werden können? Ob der bestimmte Geldpreiß nicht nach dem Verhältniße des damaligen zu dem derrmaligen Geldpreiße zu erhöhen? Ob nicht selbst bei zugestanden werdendem Reluitions Rechte wegen den offenbar gegründeten Regreß Klagen gegen die von denen Grafen und Fürsten Fugger geführte Administrazion Arrest zu impetriren sein werde? Diese und andere Fragen zu lösen, werde dem emsigen Vertreter der General Stiftungs Administrazion und dem Richter zu überlaßen sein.
{14r} Geheimer Rath Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] bezogen sich auf Ihr nach der siebenten Frage vorzulegendes Votum.
Seine Majestät der König geruheten, auf die 5te und 6te Frage zu entscheiden daß der Erbpacht von Laugna und Waltenhausen als den Stiftungen nachtheilig und als eine Gattung von Veräußerung nicht fortbestehen könne, und als nichtig zu erklären seie, dann daß das Reluitions Recht auf das Gut Lauterbronn der geeigneten Linie der Fuggerischen Familie gegen Erfüllung der ursprünglichen Bedingniße nicht verweigert werden solle.
Die 7te Frage: Ob die oberste Stiftungs Kuratel zugeben könne, daß bei einer nicht reinen Familien Stiftung das Vermögen zur Privat Disposizion unter die Familien Glieder vertheilt werde, beleuchtete geheimer Rath Graf von Welsberg in dem 9ten 10ten und 11ten Abschnitt Ihres Vortrages, und da Sie darin die Meinung der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern, daß eine solche Theilung nicht statt haben könnte, aus mehreren vorgelegten Gründen bestritten, und eine solche als Folge eines Vergleiches allerdings als zuläßig erklärten, so legten dieselbe übereinstimmend mit diesen Ansichten folgendes Gutachten allerunterthänigst vor: daß für jetzt jeder definitiven {14v} Entscheidung von Abnahme der Administrazion und übrigen Rechte Einhalt zu thun wäre, und wenn nicht den Grafen Fugger die Administrazion belaßen, und diese lediglich nur unter die Staats Surveillance gesezt werden wollte, daß die gesezliche Purification mittels Vergleichs, und im Nothfalle selbst durch die freie Eigenthums Einräumung des sich ergebenden reinen Fuggerischen Stiftungs Vermögens-Antheils zu bewirken wäre.
Sie zweifelten keineswegs, daß die Grafen Fugger ihre hohe Saiten herabstimmen, und zu einem für die Stiftungen und ihre Häußer billigen Vergleich, mit, oder auch ohne Einräumung in Eigenthum sich bereit finden, und es nicht würden darauf ankommen laßen, ihre Stiftungs Administrazion selbst in der Eigenschaft einer isolirten Stiftung unter die Staats Surveillance künftig zu ziehen.
Was endlich die Betrachtung der Stiftungs Section betreffe, daß dadurch vielleicht auch Folgen für andere Stiftungen entstehen könnten, bemerkten Sie nur, daß es wahrscheinlich wenig Familien gebe, die so alte, erweisliche und wichtige Rechte aufzuweisen vermögten, daß aber wenn der Fall eintreffe, denselben gleiches Recht widerfahren müße.
Seine Majestät der König geruheten, über diesen Antrag abstimmen zu laßen.
{15r} Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas äußerten, dieser lezte Antrag stehe mit den früheren, die Referent vorgetragen, in dem offenbarsten Widerspruche, denn wenn seine Meinung dahin gerichtet gewesen, das nicht unbetrachtliche Vermögen der Fuggerischen Stiftungen durch einen Vergleich zu theilen, so seien alle frühere Anträge und Beschlüße, so wie die Discußionen in zwei Sizungen über den Sinn der Urkunden und die rechtlichen Verhältniße überflüßig, und es seie gleich, ob diese Stiftungen reine Familien oder gemischte Stiftungen seien, ob die Administrazion der Stiftungs Kuratel übertragen, oder den Grafen von Fugger belaßen werde. Auch habe in diesem Falle, und wenn man den Willen der Stifter nicht achte, und ihme eine willkührliche Auslegung gebe, das Finanz Vermögen gleiche Ansprüche mit dem Stiftungs Vermögen und den Grafen von Fugger, und Sie würden dann antragen, den Theil, der durch einen solchen Vergleich gewonnen werde, dem Finanz Vermögen zuzuwenden.
Allein Sie könnten Seiner Majestät dem Könige zu dieser Maaßregel nie anrathen, und alle Rechtsgründe, der deutliche Sinn der Stiftungs Urkunden, und die von Seiner Majestät dem Könige über das Stiftungswesen erlaßene organische Edicte stünden ihr entgegen {15v} und wie wolle man eine solche Maaßregel vertheidigen, Familien Glieder, welchen die Stifter nur einen beschränkten Genuß aus diesen Stiftungen bestimmt, gegen den deutlichen Willen dieser Stifter die Hälfte oder auch weniger oder mehr des Stiftungs Vermögens als Eigenthum zu ihrem Privat Vortheile zu überlaßen. Welchen Eindruk würde es auf die Nazion machen, wenn man, um einigen in ihren Vermögens Umständen zerrütteten Familien Glieder für einige Zeit aufzuhelfen, eine wohlthätige und reiche Stiftung zersplittern wollte. Den Grafen von Fugger gebühre nicht mehr, als was Ihnen die Stifter bestimmt, und was selbst die kanonischen Geseze für alle Patronen auszeigten. Die Sache spreche sich selbst aus, die Fuggerische Stiftungen müßten nach dem Sinne ihrer Stifter fortbestehen, und wegen der schlechten und gefahrvollen Administrazion der gegenwärtigen Familien Glieder von der Central Stiftungs Kuratel provisorisch als eine isolirte Familien Stiftung behandelt werden. Als solche könne von keinem Vergleich über Theilung die Rede sein, und Sie stimmten dem Beschluß der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern vollkommen bei: daß die Theilung des Vermögens einer nicht reinen Familien Stiftung zur Privat Disposizion unter den Familien Gliedern gegen die deutliche Bestimmungen {16r} der Stiftungs Urkunden nicht statt habe [!] könne.
Mit dieser Ansicht und mit der Meinung der Departemental Sizung des Ministeriums des Innern vereinigten sich der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg und alle Mitglieder des geheimen Rathes mit Ausnahme des Grafen von Arco des älteren, welche Ihre Ansicht in einem eigenen dem Protokoll beiliegenden Voto vorlegten *Beilage III* [Marginalie]410.
Auch geheimer Rath von Krenner der jüngere [d.i. Franz] fügten Ihrer Abstimmung bei, daß so bestimmt Sie sich gegen jeden Vergleich in Beziehung auf das Eigenthum erkläret, so könnten Sie doch einen Vergleich über die Verwendung der Stiftungs Renten zulaßen, um diesen nach den veränderten Zeitverhältnißen eine andere mehr paßende Bestimmung zu geben.
Seine Majestät der König geruheten auf die 7te Frage allergnädigst zu entscheiden daß die Theilung des Vermögens einer nicht reinen Familien Stiftung zur Privat Disposition unter den Familien Glieder gegen die deutliche Bestimmungen der Stiftungs Urkunden nicht statt habe.
Seine Majestät der König verließen hierauf die geheime Raths Sizung und unter Vorsiz Seiner Excellenz des königlichen geheimen Staats und Konferenz Ministers {16v} Herrn Grafen von Montgelas wurde
Verordnung zur Festsetzung des Bierpreises
Der in mehreren Sitzungen erörterte Entwurf einer Bierpreis-Verordnung wird mit den Änderungsbeschlüssen vorgelesen und vom Geheimen Rat angenommen.
2. von dem königlichen geheimen Rathe Grafen Carl [Maria] von Arco der Entwurf der Redakzion der allgemeinen Verordnung wegen der künftigen Regulirung des Biersazes im Königreiche, und den Verhältnißen der Bräuer zu den Wirthen sowohl unter sich als zu dem Publicum, nach den von Seiner Majestät dem Könige genehmigten geheimen Raths-Beschlüßen abgelesen, und nach hierüber erfolgten Abstimmung
von dem königlichen geheimen Rathe mit einigen in dem beiliegenden Entwurfe *Beilage IV* [Marginalie] bemerkten Aenderungen angenommen411.
Genehmigung der Beschlüsse „wegen den fuggerischen Stiftungen“ sowie Bestätigung des Verordnungsentwurfs über den Biersatz (ohne Datum).
Anmerkungen
„Auszug aus dem Protokoll der Departemental-Sizung des Ministeriums des Innern vom 12. Decbr. 1810 die Stiftungen der Grafen Fugger btrf.“, Protokoll: Krempelhuber, 7 Bll. (Überschrift: „Beylage I zum Protocoll vom 25n April 1811“), BayHStA Staatsrat 221. – Mathias v. Krempelhuber, mit Entschließung vom 12. November 1808 Sekretär beim Ministerium des Inneren. RegBl. 1808, Sp. 2775.
Königliche Deklaration betr. die „staatsrechtlichen Verhältnisse der gräflich-fuggerischen Besitzungen in Schwaben“ vom 7. Juni 1806, Art. 23, RegBl. 1806, S. 253f.: „Die Verwaltung des Kirchen- Schul- und milden Stiftungs-Vermögens steht unter unmittelbarer Aufsicht der herrschaftlichen Beamten unter Leitung der obersten Administrativ-Behörde; die Rechnungen bleiben unter der bisherigen Revision, und die oberste Administrativ-Behörde wird nur da, wo sie es aus Veranlassung einer Beschwerde nöthig findet, durch Kommissarien Untersuchung darüber vornehmen lassen. Die mit der fuggerischen Hausverfassung in Verbindung stehende Familien-Stiftungen bleiben ferner unter der ausschließlichen Administration des fuggerischen Familien-Seniorats, und Unsere Administrativ-Behörden werden sich hierin, als in ein Familien-Eigenthum, nicht einmischen.“
Das OE „über die General-Administration des Stiftungs- und Kommunal-Vermögens im Königreiche Baiern“, RegBl. 1808, Sp. 216-231, ist auf den 1. Oktober 1807 datiert, als es in Kraft trat.
C. [d.i. Carl Maria] Graf [von] Arco, „Entwurf der Redaction der allgemeinen Verordnung die künftige Regulirung des Biersazes im Königreiche Baiern, und die Verhältniße der Brauer zu den Wirthen sowohl unter sich, als zu dem Publicum betr.“, 22. April 1811. Marginalie [1]: „Nach den von S[eine]r Maj[estä]t genehmigten Geh. Raths Beschlüßen bearbeitet“; Marginalie [2]: „Notabene: Zur gefälligen schleunigen Litographirung“. 9 Bll. (Überschrift: „Beylage IV […]“), BayHStA Staatsrat 221. Die Akte enthält weitere einschlägige Materialien. – Publiziert als VO betr. die „künftige Regulirung des Biersatzes im Königreiche Baiern, und die Verhältnisse der Bräuer zu den Wirthen sowohl unter sich, als zu dem Publikum“ vom 25. April 1811, RegBl. 1811, Sp. 617-634.