BayHStA Staatsrat 243
8 Blätter. Unterschriften des Königs und des Ministers. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
Staats- und Konferenzminister: Reigersberg.
Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.
Nachsteuer (R)
Johann Georg Bayer streitet mit dem fürstlich Schwarzenbergischen Kameralamt Wässerndorf wegen einer Nachsteuerforderung. Johann Nepomuk von Krenner schließt sich in der Hauptsache der Meinung der Lehen- und Hoheitssektion an und beantragt, den Rekurs abzuweisen; gleichzeitig kritisiert er bestimmte Ansichten der Lehen- und Hoheitssektion.
{1r} 1. Unter Vorsiz Seiner Excellenz des königlichen geheimen Staats- und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Reigersberg wurde die auf heute von Seiner Majestät dem Könige {1v} allergnädigst angeordnete geheime Raths Versammlung *auf Aufforderung oben erwähnten dirigirenden Ministers* [Ergänzung auf der rechten Blatthälfte] von dem königlichen geheimen Rathe Herrn von Krenner dem älteren [d.i. Johann Nepomuk] mit Ablesung des schriftlichen Vortrages eröfnet, welchen Dieselben in der Rekurs Sache des Johann Georg Bayer von Humprechtsau915 im Baireuthschen gegen das fürstlich Schwarzenbergsche Kammeral-Amt Woßendorf916 eine dem Kläger indebite917 abgenommene Nachsteuer918 betreffend, bearbeitet.
Nach Vorlegung des aktenmäsigen Veranlaßes und der hierüber ergangenen Entscheidungen der untern Instanzen, so wie des an den geheimen Rath ergriffenen Rekurses und der von der Lehen- und Hoheits-Section über den zu entscheidenden Fall geäußerten Meinung, vereinigten sich Herr geheimer Rath von Krenner der ältere in der Haupt-Sache ebenfalls mit den Ansichten der Lehen- und Hoheits Section, und würden den Rekurrenten ab lapsum termini et summam non appellabilem abweisen.
Nur darin wichen Sie von der Meinung der Lehen und Hoheits Section ab, wenn dieselbe dahin stimme, bei dem Erkenntniße der Unstatthaftigkeit auch noch in einigermaßen den materiellen Gehalt {2r} der Sache einzugehen, und 1mo dem judici 1mae [sc. Instanz] zu verweisen, daß er bei Publikazion des Urtheiles zweiter Instanz über die zuvor von ihme suspendirte Gerichtskosten jezt ein ordnungswidriges Erkenntniß erlaßen, respec dem Urtheile IIdae [sc. Instanz] angehangen habe, und wenn die Lehen- und Hoheits-Section der Meinung seie: es solle der Richter 1mae zu mehr richtiger Faßung seines bevorstehenden definitiven Urtheiles dahin belehret werden, daß die Nachsteuer-Freiheit zwischen Schwarzenberg und Baireuth nicht schon von der Epoche der baierischen Besiznahme dieses Fürstenthums, somit nicht schon vom 3 September 1806919, sondern erst von der Zeit der erschienenen königlichen Declarazion d. d. 19 Merz 1807920 zu datiren seie; denn obgleich Referent beide Anmerkungen wohl begründet und zwekmäsig finde, so werde doch der königliche geheime Rath schwerlich etwas die materialia Betreffendes in einem Falle reformiren, oder verordnen wollen, wo er sich selbst ob causam non devolutam für eine inkompetente Stelle erkläre. Es mögte demnach lediglich der in Gemäsheit {2v} dieses Antrages verfaßte Reskripts Aufsaz, welcher abgelesen wurde, zu erlaßen sein.
In Folge der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg verfügten Umfrage wurde derselbe von allen Herrn geheimen Räthen
einstimmig angenommen921.
Verteilung von Gemeindegrund (R)
Ruland, Söldeninhaber in Degelberg, streitet mit Franz Kappenberger über die Verteilung von Gemeindegrund. Thurn und Taxis beantragt, das Verfahren an die Justizstellen zu verweisen. Sechs Geheime Räte folgen dem Antrag, die restlichen sieben fordern, die vorinstanzlichen Entscheidungen zu bestätigen. Die Stimme des Ministers Reigersberg gibt den Ausschlag, die Streitsache an die Justizstellen zu verweisen.
2. In Sachen des Ruland, Söldner zu Deggelberg922 Landgerichts Cham, gegen den Franz Kappenberger wegen Vertheilung der Gemeinde-Gründen respec Vertauschung eines Looses, erstatteten Herr geheimer Rath Graf von Tassis schriftlichen Vortrag, worin Sie die Veranlaßung und die Verhältniße dieser Streitsache, ferner, die hierin von den untern Instanzen erlaßene Erkenntniße vorlegten, und den Antrag machten, daß nachdeme aus den vorliegenden Akten und dem Bescheide des erstrichterlichen Urtheiles diese Sache als ein Justiz-Gegenstand erscheine, der Bescheid der zweiten Instanz als null und nichtig zu erklären, und der Gegenstand als eine Justiz Sache aus folgenden Gründen an die geeignete Behörde zur Entscheidung zu verweisen seie.
{3r} 1) Seie hier von einem Tausch Contracte und meum et tuum die Rede. 2) Kämen hier nicht die Kulturs Geseze, sondern die der Justiz in Anwendung, weßwegen das Landgericht Cham auch aus Mangel der Vollmacht nach dem Cod. Jud. Cap. 7923 diesen Fall entschieden. 3) Schlüßlich, wenn Obiges nicht bestünde, so seie die Summa appellabilis nicht angeführt, und laße sich vermuthen, daß ein Gemeinde-Wald-Theil die Summe von 400 fl. schwerlich erreichen werde924.
Der mit diesem Antrage übereinstimmende Reskripts Aufsaz wurde vom Herrn Referenten abgelesen. Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg ließen hierüber abstimmen.
Für die Hinweisung dieses Gegenstandes an die Justiz-Stellen, doch in einer von dem Reskripts-Aufsaze des Herrn Referenten abweichenden Art, erklärten sich die Herrn geheimen Räthe Graf von Preising, Graf von Törring, Freiherr von Weichs, von Krenner junior [d.i. Franz], von Effner und von Schenk, und glaubten, {3v} die Entscheidung könnte so gefaßt werden, daß mit Aufhebung des von dem General-Kommißariate des Regenkreises in dieser Sache inkompetenter gefällten Bescheides die von dem Rekurrenten Johann Ruland an gedachtes General-Kommißariat ungeeignet ergriffene Berufung an das betreffende Appellazions Gericht zu verweisen seie, und dadurch dem Rekurrenten die Appellazions Fatalien zu salviren.
Die Herrn geheimen Räthe Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz], von Zentner, von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk], Graf Carl [Maria] von Arco, Freiherr von Asbek, von Feuerbach und Graf von Welsperg bestimmten sich für die Meinung, daß die vorliegenden Sentenzen der beiden untern Instanzen konfirmiret, dem rekurrirenden Johann Ruland aber unbenommen bleiben solle, wenn er dadurch rüksichtlich des besagten Vertrages sich beschweret glaube, seine weitere Ansprüche im Justizwege geltend zu machen.
Da durch diese Abstimmungen sich Paria ergaben, so bildeten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg Majora, indeme Sie sich für die erstere Meinung und die Ansicht des {4r} Herrn Referenten erklärten, indeme Sie weder eine Konnexität der zu entscheidenden Frage über die Gültigkeit des eingegangenen Tausch-Vertrages mit dem Gemeinguts-Abtheilungs Geschäfte fänden, noch die Jurisdikzion einer administrativ Behörde zu einer rein rechtlichen Kontestazion für gegründet erachteten. Es frage sich lediglich im vorliegenden Falle darüber, ob ein eingegangener Tausch-Vertrag über einen zugetheilten Antheil an Gemeingut rechtsgültig bestehe? Diese Frage seie lediglich von dem Richter zu lösen.
Nach den Ansichten der durch diese entscheidende Stimme gebildeten Mehrheit
wurde die Verweisung dieser Streit-Sache an die Justiz Stellen beschloßen925.
Gemeindegründe (R)
Die Gnadenhäusler in Dinkelscherben streiten mit der Gemeinde um ihren Anteil an den Gemeindegründen. Thurn und Taxis vertritt die Ansicht, daß die Gnadenhäusler keinen Anteil am Gemeindegrund haben und damit keinen Anspruch auf Nutzungsrechte. Er beantragt, die Gnadenhäusler künftig bei der Verteilung von Gemeindegrund nicht mehr zu berücksichtigen. Die Geheimen Räte sind geteilter Ansicht; mehrheitlich entscheiden sie, die Entscheidung des Landgerichts Zusmarshausen zu bestätigen.
3. Herr geheimer Rath Graf von Tassis erstatteten in Sachen der Gnadenhäußler926 zu Dinkelscherben927 gegen die Gemeinde und Bürger allda wegen Kulturs Streitigkeiten schriftlichen Vortrag, worin Sie nach Anführung des geschichtlichen Veranlaßes dieser Streitsache und der hierüber erfolgten Erkenntniße der untern Instanzen sich äußerten, daß die erste Instanz diesen Gegenstand nicht vollkommen nach den Verordnungen behandelt habe, leide keine Widerrede. Dieses Verfahren könne zwar durch das Generale der {4v} Landesdirekzion in Schwaben d. d. 17 Dezember 1807, welches den Gnadenhäußlern nicht so viel Grund und Boden zuspreche als den Häußlern und Söldnern, gerechtfertiget werden, aber kein Grund seie, daß das königliche Landgericht die schon in Kultur gesezte und in Privateigenthum übergegangene Gründen der allgemeinen Vertheilung unterworfen habe.
Das General-Kommißariat scheine in seinen Entscheidungs Gründen das Edict über das Gemeindewesen vom Jahre 1808, in welchem § 3 und 4 ausgedrükt, daß auch jene Häußer-Besizer und Gewerbs-Leute ohne Grundvermögen, wenn sie von ihren Häußern oder Gewerbe die Steuer entrichten, auch einen Antheil an der Vertheilung der Gemeinde Gründen haben sollten, berüksichtiget zu haben928.
Da aber der § 28 des nämlichen Edictes die allgemeine Güther-Vertheilung für jedes Individuum nur in so weit erkenne, als keine Verträge eine andere Bestimmung gäben929, so scheine um so mehr dieser § zu Gunsten der Bauern und Söldnern zu sein, als nach dem beiliegenden Auszuge der Grundgüther-Beschreibung ausdrüklich bemerkt seie, daß den Gnadenhäußlern {5r} keine Gemeinde-Nuzungen nach Gerechtigkeit verwilliget worden seien. Die Einwilligung der Gnadenhäußler in diese Bedingniß schließe sie von allen Ansprüchen an die Gemeinde-Nuzungen und Gerechtigkeit aus; die Häußler bekenneten selbst in ihrer Rekurs-Schrift, daß die gleichheitliche Vertheilung der Gemeinde-Gründen ein Ausfluß der Gnade des Regenten seie, deßen Gesinnung nicht sein könne, auf Kosten des Eigenthümers eine Gnade einem Dritten zu ertheilen.
Würde dem General Kommißariate des Oberdonau-Kreises der an den geheimen Rath in der Rekurs Schrift der Bauern beigelegene Extract der Gütherbeschreibung vorgelegt sein worden, so könnte der Umstand von dem bestimmten Ausdruke, daß den Gnadenhäußlern keine Gemeinde-Nuzungen und Gerechtigkeit zugestanden, nicht entgangen sein.
Die Entscheidung des General Kommißariats des Oberdonau Kreises wäre demnach zu reformiren, daß die Gnadenhäußler hinkünftig keinen Antheil bei Gemeinde Vertheilungen mehr fordern können, da aber denselben bei der ersten Vertheilung ihre kultivirte und {5v} eigenthümliche [Lücke im Text] in die allgemeine Verlosung geworfen wurden, wodurch ihnen ein offenbarer Schaden zugefloßen sein muß, so ist die erstere Vertheilung zu belaßen, indeme eins oder das andere von den vertheilten Grundstüken schon kultivirt worden, und neue Reklamazion verursachen werde, denen Gnadenhäußlern entgegen bei der nächsten Vertheilung im Verhältniße der von ihnen schon kultivirten und verlorenen Gründen ein Aequivalent ausgemittelt werden solle.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg verfügten hierüber die Umfrage.
Die Herrn geheimen Räthen Grafen von Preising und von Arco der ältere [d.i. Ignaz] vereinigten sich mit dem Antrage des Referenten. Die Herrn geheimen Räthe Grafen von Törring, Freiherr von Weichs und von Zentner waren der Meinung, daß da nach den Akten in prima nulliter gesprochen, und es auf die nicht hinlänglich berücksichtete Frage ankomme, ob die Gnadenhäußler Gemeinds Glieder sind oder nicht, {6r} das Verfahren der beiden untern Instanzen aufzuheben und ihnen anzutragen sein mögte, diese Sache salva appellatione930 neu und ordnungsmäsig zu instruiren und dabei die von der Gemeinde und den Bürgern angebrachte Nova zu berüksichtigen. Gleicher Meinung waren die Herrn geheimen Räthe von Krenner der jüngere [d.i. Franz], jedoch ohne eine Berüksichtigung der Nova vorzuschreiben.
Die Herrn geheimen Räthe Graf Carl [Maria] von Arco, von Effner, von Schenk, Freiherr von Asbek, von Feuerbach und Graf von Welsperg nahmen Anstand, nachdem der ganze Verlauf des Verfahrens in Kürze reaßumirt worden war, die vorhandene beide Sentenzen zu kaßiren, da die Gnaden-Häußler zwar nicht als Gemeinde-Glieder anzusehen, aber doch nach den bestehenden Kulturs Gesezen auf einigen Antheil Anspruch hätten, und das Landgericht mit Berüksichtigung dieser Geseze gesprochen. Sie erklärten sich dahero dafür, das Erkenntniß des Landgerichts vom 17 Oktober 1810 {6v} um so mehr zu bestätigen, als eigentlich keine Nova angebracht, sondern nur schon angebrachte Umstände in der Appellazion näher ausgeführt worden.
Da mit dieser lezten Meinung auch die Herren geheimen Räthe Graf von Preising, Freiherr von Weichs und von Zentner sich vereinigten, so wurde nach der Mehrheit
beschloßen, das Erkenntniß des Landgerichts Zusmarshausen931 vom 17 Oktober 1810 zu bestätigen932.
Erhebung der Nachsteuer von auswandernden Mediatisierten
Weichs referiert unterschiedliche Ansichten der Lehen- und Hoheitssektion einerseits, des Generalkommissariats des Rezatkreises andererseits im Fall der Erhebung der Nachsteuer von einer Frau von Crailsheim durch einen Verwandten. Gegen die Ansicht des Referenten bringt Zentner die Mehrheit der Geheimen Räte hinter sich, so daß der Entscheidung der Lehen- und Hoheitssektion gefolgt wird.
4. Über die von Seiner Majestät dem Könige an den königlichen geheimen Rath zum Gutachten gewiesene Frage, wie es mit der Erhebung der Nachsteuer933 von dem Vermögen der außer Land ziehenden Mediatisirten zu halten, erstattete Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs schriftlichen Vortrag, der dem Protokoll beiliegt934, worin Dieselben den Fall, so diese Frage veranlaßt, und die Meinung der Lehen- und Hoheits Section (welche abgelesen wurde) anführten, und aus den in dem Vortrage angegebenen Gründen dafür stimmten, daß nach der Meinung des königlichen {7r} General-Kommißariat des Rezat-Kreises nur von dem aus Erlangen gehenden Vermögen der Fräulein von Krailsheim die Nachsteuer dem königlichen Aerar gebühre, dem mediatisirten Freiherrn von Crailsheim hingegen frei gestellt bleiben müße, ob derselbe von dem in seinem Patrimonial-Gerichts-Bezirke entlegenen und ausgehenden Vermögen die ihme gebührende Nachsteuer beiziehen wolle oder nicht. Weitere Interpraetazion scheine Ihnen ganz unnöthig und überflüßig.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg verfügten über diesen Antrag die Umfrage.
Mit der Meinung des Referenten verstanden, erklärten sich die Herrn geheimen Räthe Grafen von Preising, von Arco der ältere [d.i. Ignaz] und von Törring. Mit der Ansicht der Lehen- und Hoheits-Section vereinigten sich Herr geheimer Rath von Zentner und führten aus, daß die Absicht Seiner Majestät des Königs bei Erlaßung der Deklarazion935 {7v} gewesen, den mediatisirten Fürsten, Grafen und Herrn dasjenige zu sichern, was sie zuvor beseßen, keinesweges aber ihnen Rechte einzuräumen, die sie vorher nicht hergebracht, wie dieses der Fall bei Erhebung der Nachsteuer von ebenfalls mediatisirten Verwandten, oder in ihrem Güther-Bezirke ansäßigen Personen, welche vorher mediatisirt gewesen, sein würde, welches zuvor nie einem immediaten Ritter eingefallen seie, da sie die Nachsteuer nur gegen ihre Grundholden hergebracht, und nach Reichs- und deutschen Gesezen nie auf Andere erstreken dürften, da die Rechte der Unmittelbarkeit gleich gewesen, und in allen Verhältnißen geblieben wären.
Nicht ganz richtig seie, was Herr Referent angeführt, daß den Mediatisirten vieles aus Gnade verliehen worden, und die Absicht vorgeleuchtet, sie zu begünstigen. Die Grundsäze des strengsten Rechtes seien hiebei zum Grunde gelegt, und alles {8r} dasjenige ausgeschieden worden, was ihnen als hergebracht belaßen, und was als von der Hoheit ausgehend, Seine Majestät dem Könige als Ihrem souverainen Landesherrn zufallen mußte.
Für diese von Herrn geheimen Rathe von Zentner geäußerte Meinung und für die Ansichten der Lehen und Hoheits Section stimmten die Herrn geheimen Räthe Graf von Tassis, von Krenner der jüngere [d.i. Franz], Graf Carl [Maria] von Arco, von Effner, von Schenk, Freiherr von Asbek, von Feuerbach und Graf von Welsperg.
Auch Herr geheimer Rath von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk] traten dieser Meinung, aber in der Voraussezung bei, daß die ehemalige fränkische Reichs Ritter, welche unter preußischer Bothmäsigkeit gestanden, und gewißermasen damals nach der preußischen Occupation schon mediatisirt worden, nicht von des Königs von Preußen Majestät diese Befugniß, die Nachsteuer auch von andern als ihren Grundholden zu erheben, erhalten haben. Seie dieses nicht der Fall, so seie der Grundsaz richtig, daß alle Mitglieder einer mittelbar {8v} gewesenen Familie nie als Unterthanen behandelt werden könnten. Könne diese Frage, wie hat es Preußen mit den Mediatisirten gehalten, nicht bestimmt gelöset werden, so seie es sehr schwer, in dieser Sache zu votiren,
Nach dem Schluße der Mehrheit
wurde der allerunterthänigste Antrag an Seine Majestät den König beschloßen, daß der vorliegende Fall wegen der Nachsteuer der Fräulein Friderica Augusta von Crailsheim nach den Ansichten der Lehen und Hoheits Section allergnädigst entschieden werden mögte.
Genehmigung des Antrages des Geheimen Rates zu TOP 4 und Bestätigung der Entscheidungen in Rekurssachen (28. Oktober 1811).
Anmerkungen
Humprechtsau, Stadt Bad Windsheim, Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim, Mittelfranken. Humprechtsau gehörte im vorliegend behandelten Zeitraum zum Kammeramt Ipsheim des Neustädter Kreises im Bayreuther Unterland (Markgrafschaft Brandenburg-Bayreuth bzw. Fürstentum Bayreuth). Hofmann, Neustadt-Windsheim, S. 152, 160, 213.
Wässerndorf, Ortsteil von Markt Seinsheim, Landkreis Kitzingen, Unterfranken. – In der „Konföderations-Akte der rheinischen Bundes-Staaten“, kurz Rheinbundakte, vom 12. Juli 1806, RegBl. 1807, Sp. 97-134 [synoptischer Druck, franz./dt.], hier Art. 24, Sp. 115/116, wurden dem König von Bayern alle Souveränitätsrechte über das „Fürstenthum Schwarzenberg“ zugesprochen; damit fiel auch das fürstlich Schwarzenbergische Pfarrdorf Wässerndorf an Bayern (vgl. Weber, Kitzingen, S. 178 u.ö.).
Nachsteuer (Abschoß, Freigeld) war beim Abzug aus einem Herrschaftsbereich (Abzugsgeld) bzw. beim Übergang von Vermögenswerten durch Schenkung oder Erbschaft an Auswärtige zu entrichten. Steuerobjekt war insofern die „Vermögens-Exportation“ (VO 1804, Art. II, siehe sogleich unten). Die Höhe der Abgabe schwankte zeitlich und örtlich; häufig betrug sie das Dreifache der jährlichen Vermögenssteuer oder ein Zehntel der der inländischen Besteuerung fortan entzogenen Vermögenswerte. Vgl. VO betr. die „Bestimmungen über Auswanderungen und Vermögens-Exportationen im Allgemeinen“ vom 6. Juli 1804, RegBl. 1804, Sp. 633-642; Fessmaier, Grundriß, S. 130-132, § 116; DRW Bd. 9, Sp. 1261-1264 s.v. N.; Schildt, Art. Abzugsrecht, in: HRG2 Bd. 1, Sp. 56-58.
Datum der „Königliche[n] Deklaration“ betr. die „Bestimmung der künftigen Verhältnisse, der, der königlichen Souverainität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staats-Gewalt“, RegBl. 1807, Sp. 465-490. Hinsichtlich der Nachsteuer legte die Deklaration fest, Abschn. H, Art. 6, Sp. 483: „Die Nachsteuer verbleibt den mediatisierten Herren, jedoch nur gegen auswärtige Staaten, mit welchen keine Freyzügigkeits-Verträge geschlossen sind.“
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 1685.
Ein Rekurs zum Geheimen Rat war erst ab einem Streitwert von 400 Gulden möglich. VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810, Tit. I Art. 2, RegBl. 1810, Sp. 644.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 1685.
Das „Edikt über das Gemeinde-Wesen“ vom 24. September 1808 bestimmte insoweit, RegBl. 1808, Sp. 2406: „§ 3. In Bezug auf die Mitglieder einer Gemeinde besteht eine jede Gemeinde aus den Einwohnern, welche in der Markung besteuerte Gründe besizen, oder besteuerte Gewerbe ausüben. § 4. Darunter sind also auch die blossen Haus-Besizer, und die Gewerbs-Leute, ohne Grund-Vermögen, wenn sie von ihren Häusern oder Gewerben die Steuer entrichten, begriffen.“
Das „Edikt über das Gemeinde-Wesen“ vom 24. September 1808 stellte den Anspruch aller Gemeindeglieder auf die Gemeindegründe fest und gebot: „[D]ie Benuzung wird nach dem zufälligen Bedürfnisse eines jeden Einzelnen bemessen. Der Maßstab der Vertheilung richtet sich nach den Kultur-Gesezen“, § 27, RegBl. 1808, Sp. 2410; Textauszeichnung nicht übernommen. Dieser Grundsatz galt in allen Fällen, „wo keine Verträge eine andere Bestimmung geben“, § 28, ebd., Sp. 2410f.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 1685.
Nachsteuer (Abschoß, Freigeld) war beim Abzug aus einem Herrschaftsbereich (Abzugsgeld) bzw. beim Übergang von Vermögenswerten durch Schenkung oder Erbschaft an Auswärtige zu entrichten. Steuerobjekt war insofern die „Vermögens-Exportation“ (VO 1804, Art. II, siehe sogleich unten). Die Höhe der Abgabe schwankte zeitlich und örtlich; häufig betrug sie das Dreifache der jährlichen Vermögenssteuer oder ein Zehntel der der inländischen Besteuerung fortan entzogenen Vermögenswerte. Vgl. VO betr. die „Bestimmungen über Auswanderungen und Vermögens-Exportationen im Allgemeinen“ vom 6. Juli 1804, RegBl. 1804, Sp. 633-642; Fessmaier, Grundriß, S. 130-132, § 116; DRW Bd. 9, Sp. 1261-1264 s.v. N.; Schildt, Art. Abzugsrecht, in: HRG2 Bd. 1, Sp. 56-58.
„Königliche Deklaration“ betr. die „Bestimmung der künftigen Verhältnisse, der, der königlichen Souverainität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staats-Gewalt“, RegBl. 1807, Sp. 465-490. Hinsichtlich der Nachsteuer legte die Deklaration fest, Abschn. H, Art. 6, Sp. 483: „Die Nachsteuer verbleibt den mediatisierten Herren, jedoch nur gegen auswärtige Staaten, mit welchen keine Freyzügigkeits-Verträge geschlossen sind.“