BayHStA Staatsrat 225

9 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; [Freiherr v. Weichs neu introduziert, s. TOP 2]; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.

Zehntstreit (R)

Asbeck berichtet über den Streit zwischen dem Pfarrer Dorfner und dem Handelsmann Zwack in Schnaittenbach. Die von Asbeck selbst aufgeworfene Frage, ob er womöglich aufgrund seiner früheren Dienststellung befangen sei, wird vom Geheimen Rat verneint. In der Sache selbst vertritt Asbeck die Auffassung, es handele sich um eine Justizsache im Zuständigkeitsbereich der Justizstellen. Der Geheime Rat folgt dem entsprechenden Antrag.

{1r} [1.] Da Seine Majestät der König der auf heute angeordneten geheimen Raths Sizung beizuwohnen gehindert, und Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas noch nicht {1v} gegenwärtig waren, so wurde von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg, welche inzwischen den Vorsiz übernahmen, der königliche geheime Rath Freiherr von Asbek aufgefordert, die bearbeitete Rekurs-Streit Sache des Pfarrers Dorfner zu Schnaittenbach481 im Regenkreise gegen den dortigen Handelsmann Wolfgang Zwack pcto Decimarum482 vorzutragen.

Ehe geheimer Rath Freiherr von Asbek dieser Aufforderung genügte, erlaubten Sie sich die Bemerkung, daß in dieser Sache bei der obersten Justizstelle schon gesprochen worden, und Sie damals Praesident dieser obersten Justizstelle gewesen483. Da schon in einigen Fällen, wo dem vormaligen General-Commißaire eines Kreises ein schon bei diesem Kreise verhandelter und abgeurtheilter Gegenstand zum Vortrage im geheimen Rathe zugetheilt gewesen, derselbe einem andern Referenten zugestellt worden; so müßten Sie von der Entscheidung des königlichen geheimen Rathes erwarten, ob sie dieser Bemerkung ohngeachtet den Gegenstand vortragen sollten. {2r} Sie könnten aber noch beifügen, daß Sie in dieser Sache als Praesident nicht votiret, keine Majora gemacht, und die Frage, die zu entscheiden, nicht in die Materialien der Sache eingehe.

Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg ließen über diese vorausgeschikte Bemerkung abstimmen, und alle Mitglieder

des königlichen geheimen Rathes, mit Ausnahme des geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco fanden keinen Anstand, daß Freiherr von Asbek diesen bearbeiteten Gegenstand vortrage, da der Praesident eines Justiz Collegii nicht so vielen Einfluß auf das Justiz Collegium habe, als ein General Kommißär auf die ihme untergeordneten Kreis Räthe, und Freiherr von Asbek in dieser Sache als Praesident weder votirt noch auch Majora gemacht. Der königliche geheime Rath Graf Carl [Maria] von Arco waren der Meinung, daß der Grundsaz, der bei einem der vormaligen General Kommißärs in einem ähnlichen Falle im königlichen geheimen Rathe ausgeübt worden, auch in dem vorliegenden Falle {2v} angeordnet und rein erhalten werden solle. Sie trugen daher an, daß durch den die Geschäfte des königlichen geheimen Rathes leitenden Herrn Minister ein anderer Referent in dieser Sache ernannt werden möge484.

Nach dem Schluße der Mehrheit lasen geheimer Rath Freiherr von Asbek Ihren über diese Rekurs Sache bearbeiteten Vortrag ab, und legten darin sowohl die geschichtliche Verhältniße und die deßwegen schon von Administrativ- und Justiz Stellen getroffene Verhandlungen und Erkenntniße als auch die Ansicht vor, welche die Lehen und Hoheits Section in dieser Sache gehabt, daß es sich nach Lage der Akten hier um die Entscheidung einer Kulturs Sache handle, und nicht blos incidenter485, sondern hauptsächlich darauf ankomme. Die Gründe, welche die Lehen- und Hoheits Section für diesen Saz angegeben, wurden vom Freiherrn von Asbek angeführt, dagegen aber geäußert, daß hier die Frage zu entscheiden sei: Ist in vorliegender Sache die Kulturs oder Justiz Behörde die kompetente Stelle? Oder mit andern Ausdrüken: Ist diese Sache eine Kulturs Streit-Sache?

{3r} Freiherr von Asbek erklärten sich für die Meinung daß hier eine reine Justiz Sache vorliege, daß folglich, so wie sie bisher von den Justiz Stellen ohne Dazwischenkunft der Kulturs Behörden verhandelt worden, sie dahin auch zur endlichen Erledigung zu verweisen seie, worauf Sie auch Ihren Antrag stellten.

In Folge der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg wegen diesem Antrage verfügten Umfrage vereinigten sich alle Mitglieder einstimmig mit diesem Antrage des Referenten

und derselbe wurde von dem königlichen geheimen Rathe genehmiget486.

Einführung des Freiherrn v. Weichs in den Geheimen Rat und Vereidigung

[2.] Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas, welche inzwischen in der geheimen Raths Versammlung eingetroffen und den Vorsiz übernommen hatten, eröfneten dem versammelten geheimen Rathe, daß Seine Majestät der König allergnädigst geruhet, den gewesenen General Kommißär des Isar-Kreises Freiherrn von Weichs487 zum wirklichen geheimen Rathe für das Dienstjahr 1810/11 zu ernennen488, und Ihme Grafen von Montgelas deßen Einführung {3v} und Beeidigung allergnädigst aufzutragen.

Um diesen allerhöchsten Auftrag zu befolgen, verfügten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas die Einführung und Beeidigung des genannten Freiherrn von Weichs nach dem beiliegenden Program489, und dieselbe legten mit den gewöhnlichen Förmlichkeiten folgenden Eid, der Ihnen von dem General Secretaire des geheimen Rathes [Egid Kobell] vorgelesen wurde, ab.

„Ich schwöre Gehorsam der Konstituzion und den Gesezen des Reichs, und Treue Seiner Majestät dem Könige, so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium.“

Dem königlichen geheimen Rathe Freiherrn von Weichs wurde hierauf nach Ihrem Eintritte in den königlichen Staatsdienst der Plaz nach dem Grafen von Törring, als Mitglied der Finanz Section im geheimen Rathe angewiesen,

Vollstreckung der Urteile ausländischer Gerichte

Feuerbach setzt seinen Vortrag fort und formuliert einzelne Anträge. Sodann verliest er einen Verordnungsentwurf, über den der Geheime Rat im Ganzen abstimmen soll. Dieses Verfahren bewährt sich nicht, so daß Feuerbach die Einleitung und jeden einzelnen Paragraphen vorliest. In der Umfrage werden einzelne Änderungen formuliert. Der Entwurf wird dem König zugeleitet.

[3.] und Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas forderten den geheimen Rath von Feuerbach auf, den Vortrag über die Vollstrekung der Erkenntniße {4r} auswärtiger Gerichts Stellen innerhalb des baierischen Staats Gebietes fortzufahren, mit welchem sich der königliche geheime Rath in der Sizung vom 16ten dieses Monats beschäftiget490, fuhr Herr geheimer Rath von Feuerbach fort, den Antrag wegen dem Universal Concurs rüksichtlich der in fremdem territorio gelegenen Güther wobei sie in der lezten Sizung stehen geblieben, abzulesen, und den eilften Antrag darauf zu gründen 1) es möge zwar im Allgemeinen ausgesprochen werden, daß auswärtigen Staaten rüksichtlich der in Baiern befindlichen Güther des Gemeinschuldners kein allgemeines concurs forum zustehe, jedoch mit der Ausnahme, wenn nicht durch besondere Staats Verträge oder Übereinkunft in einzelnen Fällen ein anderes bestimmt worden. 2) Dürfte es Seiner Königlichen Majestät angerathen werden, solche Verträge mit verschiedenen benachbarten Staaten, jedoch nach vorgängiger Vernehmung der administrativen Provinzial Stellen, besonders über das Verhältniß der forensischen Güther wirklich abzuschließen, und deßhalb die erforderliche {4v} Unterhandlungen einzuleiten.

Dieselbe giengen hierauf zu dem dritten Abschnitte Ihres Vortrages Sollen die in Baiern volstrekbare Sentenzen auswärtiger Gerichts Höfe, entweder a) ohne weitere Bedingung, oder b) nach vorgängiger Revision durch einen baierischen Gerichtshof, oder c) nach vorgängiger Cognition der allerhöchsten Stellen, oder d) auf ein bloßes Permittimus von Seite eines baierischen Justiz Hofes oder der allerhöchsten Stelle in Vollzug gebracht werden und legten aus den angegebenen Gründen den zwölften Antrag vor.

1) Kein fremdrichterliches Erkenntniß darf von einem Untergerichte eigenmächtig in Vollzug gesezt werden, sondern alle Anträge auf Volstrekung einer fremdrichterlichen Sentenz müßen bei dem einschlägigen Appellazions Gerichte angebracht werden, welches nach gehöriger Kognizion über die äußere Bedingungen der Vollstrekbarkeit und nach Beobachtung der gesezlichen Vorschriften rüksichtlich {5r} der erforderlichen öffentlichen Bekanntmachungen u. s. w. das betreffende Untergericht zu Vollstrekung beauftragt. Von dieser Regel macht 2) nur der Fall eine Ausnahme, wenn der königliche Fiscus oder die Stiftungs Curatel ein obsiegliches fremdrichterliches Erkenntniß wider einen Ausländer erhalten hat, als in welchem Falle die Vollstrekung unmittelbar bei dem Untergerichte selbst, von welchem die Hülfs-Vollstrekung zu geschehen hat, nachgesucht werden kann.

Auf die vierte Abtheilung, können die in Antrag gebrachte neue Bestimmungen sogleich durch ein allgemeines Gesez ausgesprochen werden, oder ist dieser Gegenstand durch vorgängige Unterhandlungen mit benachbarten Höfen nothwendig bedingt, legten Herr geheimer Rath von Feuerbach den dreizehenten Antrag vor „daß die oben in dem vorgetragenen Gutachten vorgeschlagene Modifikazionen mit ausdrüklich aufgenommener clausul der Reziprozität in einem allgemeinen Geseze {5v} ausgesprochen werden“.

Dieselbe bemerkten dem versammelten geheimen Rathe, daß es überflüßig sein werde, über die einzelne Anträge dieses Vortrages abzustimmen, da Sie in einem vorzulegenden Entwurfe alle jene Anträge ausgehoben, welche als gesezliche Bestimmungen ausgesprochen werden müßten. Es würde zwekmäsiger sein, nur über diesen Entwurf abzustimmen, weil dieses Edict, welches Sie als Erläuterung des Edictes vom 9ten Oktober 1807491 abgefaßt, Alles in Kürze enthalte, was in dem Vortrage umständlicher entwikelt worden.

Herr geheimer Rath von Feuerbach lasen hierauf den dem Protokoll beiliegenden Entwurf der General Verordnung ab492, und Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas ließen über den ganzen Entwurf abstimmen.

Auf diesem Wege der Abstimmung ergaben sich über die Haupt Puncte des Edictes umständliche Discussionen.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg {6r} äußerten Ihre Bedenken, daß den Appellazions Gerichten die Ertheilung des Permittimus ohne vorherige Umfrage bei dem Ministerium zur Execution solch fremdrichterlicher Erkenntniße zugestanden werde, da es Fälle geben könnte, wo diese den untern Behörden ertheilte Befugniß unangenehme Folgen veranlaßen, und es nach Ihrer Ansicht der höchsten Staats Gewalt vorbehalten bleiben müße, diese Permittimus zu ertheilen, da Sie allein im Stande seie, die Verhältniße mit den auswärtigen Staaten zu kennen und zu beurtheilen, auch das Justiz Ministerium sich in Fällen von Wichtigkeit, oder wo besondere Rüksichten eintreten, immer mit jenem der auswärtigen Verhältniße benehmen könne, welche Vorsichts Maaßregeln die Appellazions Gerichte auszuüben, nicht in der Lage wären.

Auch könnten Sie den Wunsch nicht unterdrüken, daß die Verhältniße mit den auswärtigen Staaten rüksichtlich der Execution dieser Erkenntniße durch Staats Verträge festgestellt werden, und daß von dem Ministerium der auswärtigen Verhältniße die Schließung solcher Staats Verträge, welche freilich nach der gegenwärtigen Lage nicht leicht wieder angeknüpft {6v} werden könnten, auf anderen Wegen nach Thunlichkeit eingeleitet, und bei jedem sich zeigenden günstigen Anlaße berüksichtiget werden mögten.

Wegen der Frage, durch wen das Permittimus zur Execution solcher fremdrichterlichen Erkenntniße ertheilt werden solle, waren die Meinungen sehr verschieden, und da auch Herr geheimer Rath von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk] wegen der Faßung des § 4 erinnerten, daß die Erwachsung der Rechtskraft eines Urtheiles, der Untersuchung, ob dieses Urtheil kompetent gefaßt worden, nachfolgen müße, Herr geheimer Rath von Krenner der jüngere [d.i. Franz] aber der Meinung waren, daß den dießeitigen Unterthanen, wenn sie Forderungen an Ausländer hätten, vor der Execution der fremdrichterlichen Erkenntniße an den im Inlande sich befindenden Objecten, immer und in jedem Falle ein Vorzugs Recht gegen die ausländische Gläubiger eingeräumt werden müße, welchen Saz Sie durch Beispiele unterstüzten und vertheidigten, und von Herrn geheimen Rath von Effner gegen den Eingang des Edictes, wo daßelbe als Erläuterung des Edictes vom {7r} 9ten Oktober 1807493 aufgestellt wurde, gegen den Ausdruk in § 2 hinreichend bescheiniget, und gegen jenen im § 3 ein Vorzugs Recht mehrere Bemerkungen vorgelegt wurden, daß nämlich dieses Edict ganz neue, von jenem vom Oktober 1807 ganz abweichende Bestimmungen enthalte, und folglich keineswegs eine Erläuterung des früheren seie, und daß der Ausdruk hinreichend bescheiniget zu unbestimmt, und man nicht wiße, was dieses sagen wolle. Sie würden sezen, durch gerichtliches Zeugniß, und jenes Vorzugs Recht in § 3 nicht Alles erschöpfe, da die Execution auch dann suspendirt werden müße, wenn dem Inländer gleiche Rechte mit dem Ausländer an den zur Vollstrekung des fremdrichterlichen Erkenntnißes angewiesenen Sachen haben, worauf sich sodann ein Partikular Concurs bilde, bei welchem der Inn- und Ausländer rüksichtlich der Location ihrer Forderungen nach gleichen Rechten behandelt würde.

Sie machten den Vorschlag zu sezen „ein gleiches oder vorzügliches Recht“. Auch Herr geheimer Rath von Feuerbach {7v} selbst, durch diese Bemerkungen aufmerksam gemacht, verschiedene Faßungen angab, wie zu Hebung dieser Anstände die §§ 2, 3 und 4 redigirt werden könnten.

So fanden sich Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas veranlaßt, diesen Weg der Abstimmung zu verlaßen, und den Referenten aufzurufen, jeden einzelnen Punct des Edictes vorzutragen, damit die Umfrage über jeden abgesöndert verfügt werden könne.

Herr geheimer Rath von Feuerbach genügten dieser Aufforderung durch Ablesung der Einleitung des Entwurfes und der einzelnen §§ deßelben, und als Folge der über jeden von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas veranlaßten Abstimmung, wurden, nachdem die auf die vorliegende Frage Bezug habende Stellen der oesterreichschen Verordnung vom Jahre 1792 abgelesen waren494, folgende Aenderungen beschloßen.

In der Einleitung solle statt so haben Wir eine Erläuterung deßelben für nothwendig erachtet {8r} gesezt werden „So haben Wir eine nähere Bestimmung deßelben für nothwendig erachtet“. In § 2 wäre statt Verurtheilten zu sezen „Sachfälligen“. Statt hinreichend bescheiniget ist „durch ein gerichtliches Zeugniß dargethan ist“. Statt und daß sich 2tens „und wenn sich 2tens“. Statt ein Vorzugs Recht gesezlich zustehet „ein gleiches oder vorzügliches Recht gesezlich zustehet“. In § 3 statt ein vorzügliches Recht an jenen Güthern zu haben vermeint „ein gleiches oder vorzügliches Recht an jenen Güthern zu haben vermeint“.

Bei dem § 4 verfügten Seine Excellenz Herr Graf von Montgelas über die schon früher diskutirte Frage, ob die Befugniß Permittimus zur Execution fremdrichterlicher Erkenntniße dem Justiz Ministerium vorbehalten, oder den Appellazions Gerichten ertheilt werden solle, wiederholt die Umfrage, wobei sich einige Stimmen dafür äußerten, daß diese Befugniß ausschließend dem Justiz Ministerium in besonderen Fällen benehmlich {8v} mit dem Ministerium der auswärtigen Verhältniße vorbehalten bleiben solle, einige Stimmen dafür waren, daß das Appellazions Gericht anzuweisen wäre, Anzeigs Berichte nach ertheiltem Permittimus an das Justiz Ministerium zu erstatten, zwei Stimmen das Recht Permittimus zu ertheilen, dem Appellazions Gerichte zwar einräumen, die wichtigere Gegenstände aber davon ausnehmen, und der Entscheidung des Justiz Ministeriums vorbehalten wollten.

Die Mehrheit aber sich für den Antrag des Referenten die Befugniß Permittimus zu ertheilen, dem Appellazions Gerichte ohne Beschränkung zuzugestehen, entschied, weil, wie Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco und andere Herrn geheimen Räthe bemerkten, eine solche Beschränkung mit vielem Zeitverluste und Kösten für die Partheien verbunden und aus dem Grunde unnöthig wäre, weil der Fall, wo eine auswärtige Regierung die Reziprozität nicht beobachtete, ohnehin gleich zur Kenntniß der königlichen Ministerien kommen würde, und dann sogleich die Befehle zur Suspendirung dieser gesezlichen Bestimmungen gegen diese auswärtige {9r} Regierung erlaßen werden könnten.

So wurden die Haupt-Grundsäze des § 4 beibehalten, und nur aus Veranlaßung der gemachten Bemerkung folgende Aenderungen in der Faßung beliebt, daß nach den Worten diese Gerichts Stelle hat gesezt werde „nach geschöpfter Überzeugung daß das Urtheil nach den Bestimmungen des § 1 von einem zuständigen Gerichte erkannt worden sei, und die Rechtskraft beschritten habe, wie auch nach Beobachtung der § 2 und 3 enthaltenen Vorschriften dem betreffenden Untergerichte den Auftrag zur Hülfsvollstrekung zu ertheilen.

Im § 5 sollen die Worte: durch Staats Verträge oder ausgelaßen und im Schluße statt wenn und wie weit gesezt werden „wenn und nur in so ferne“.

Mit diesen Aenderungen solle der vorgetragene Entwurf einer zu erlaßenden General Verordnung Seiner {9v} Majestät dem Könige als Gutachten des geheimen Rathes zur allerhöchsten Genehmigung allerunterthänigst vorgelegt werden.

Genehmigung durch den König (1. Juni 1811):

Durch die, in dem Protocoll aufgenohmene Bemerkung aufmerksam gemacht, daß die Recurssache des Pfarrer Dorfner zu Schnaittenbach schon bei dem Ober Appellationsgerichte in Bamberg zur Zeit anhängig war, wo der gegenwärtige geheime Raths Referent Praesident dieses Collegii geweßen, befehlen Wir, daß in allen künftigen ähnlichen oder den Fällen, wo einem geheimen Rathen, der vormahls Praesident eines Collegii oder General Commißär war, ein Gegenstand zugetheilt wird, der schon zur Zeit seiner vorigen Amtsfunctionen bey dieser Justiz Stelle oder dem General Commißariat anhängig geweßen, an das General Secretariat zurükgegeben werde, damit daßelbe die Benennung eines anderen Referenten veranlaßen könne.

In dem gegenwärtigen Falle bestättigen Wir aus den von dem Geheimen Rathe gewärtigten Gründen die Ertheilung unseres Geheimen Rathes.

Den Entwurf der General Verordnung wegen Vollstrekung fremdrichterlicher Erkenntnüße im Königreiche genehmigen Wir mit den von dem Geheimen Rathe vorgeschlagenen Änderungen495.

Anmerkungen

481

Schnaittenbach, Landkreis Amberg-Sulzbach, Oberpfalz.

482

Decima: Zehnt.

483

Asbeck wirkte von 1803 bis 1808 als Präsident der Obersten Justizstelle für Franken, bis diese durch das Organische Edikt über die Gerichtsverfassung vom 24. Juli 1808 aufgelöst wurde. RegBl. 1803, Sp. 326 (Bekanntmachung vom 20. Mai 1803); RegBl. 1808, Sp. 1785-1800.

484

Dazu der Genehmigungsvermerk des Königs vom 1. Juni 1811, unten nach TOP 3.

485

Incidenter: nebenher, beiläufig. Neues allgemeines Handwörterbuch Bd. 1, S. 397 s.v. incident; Hofstätter, Wörterbuch, S. 221 s.v. i.

486

Hinweis auf ergangene Entscheidung in dieser Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 754.

487

Joseph Maria Freiherr von Weichs (1756-1819), 1808 Großkreuz des Zivilverdienstordens der bayerischen Krone, RegBl. 1808, Sp. 1045, wurde mit Bekanntmachung vom 30. August 1808 zum Generalkommissär des Isarkreises ernannt, ebd., Sp. 1863/1864. Mit Bekanntmachung vom 27. November 1808 folgte die Ernennung zum wirklichen Geheimen Rat im außerordentlichen Dienst, ebd., Sp. 2841. Weitere biographische Daten oben in der Einleitung zum vorliegenden Band.

488

Die Ernennung zum „effektive[n]“ Mitglied des Geheimen Rats erfolgte zum 18. Dezember 1810. RegBl. 1810, Sp. 1486.

489

Das Programm der Einführungszeremonie liegt im Akt BayHStA Staatsrat 1731.

490

Nr. 20 (Geheimer Rat vom 16. Mai 1811), TOP 3.

491

VO betr. die „Gerichtsbarkeit fremder Staaten“ vom 9. Oktober 1807, RegBl. 1807, Sp. 1609f.

492

Der Entwurf liegt nicht beim Akt.

494

Hofdekret vom 18. Mai 1792 an das mährisch-schlesische Appellationsgericht, JGS 1792, Nr. 16, S. 10f.

495

VO betr. die „Vollstreckung fremdrichterlicher Erkenntnisse“ vom 2. Juni 1811, RegBl. 1811, Sp. 745-748.