BayHStA Staatsrat 259
7 Blätter. Unterschriften des Königs und des Geheimen Rates Graf v. Preysing-Hohenaschau. Protokoll: Kobell.
Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; Graf v. Thurn und Taxis; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.
{1r} In der von Seiner Majestät dem Könige auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung, in welcher bei Verhinderung der königlichen Herrn Minister der geheime Rath Graf von Preising den Vorsiz führten1258, wurden von den königlichen geheimen Räthen Grafen von Tassis und von Welsperg folgende Rekurs Gegenstände vorgetragen.
Verteilung von Gemeindegrund (R)
Die Großgütler in Niedertraubling streiten seit längerem mit den Kleingütlern über die Verteilung der Gemeindeländereien. Nach Ansicht des Referenten Thurn und Taxis muß geprüft werden, ob die sog. Galgenlohe Eigentum der Großgütler oder der Gemeinde ist; zuständig sind insoweit die Justizstellen. Die Geheimen Räte teilen diese Ansicht nicht: zuständig ist der Geheime Rat. Der Referent soll die Eigentumsverhältnisse untersuchen und den Fall wieder vorlegen.
1. Geheimer Rath Graf von Tassis erstatteten in Sachen der Großbegüterten zu Nieder-Traubling1259 Landgerichts Stadt am Hof gegen die Kleinbegüterten allda wegen Gemeinde-Gründe-Vertheilung {1v} schriftlichen Vortrag, und stellten darin auf die angegebene Verhältniße und Gründe sich stüzend den allerunterthänigsten Antrag:
Nachdeme rüksichtlich der Schmalwiesen res judicata vorhanden, und nur noch der Streit über die Galgenlohe anhängig, übrigens da aus der Beweisführung sich über diesen Gegenstand nichts vollständiges ergebe, so würden Sie quoad materialia der Meinung des königlichen geheimen Rathes vom 17. September 1808 beitreten1260, wenn nicht in diesem Gegenstande hauptsächlich die Frage zu entscheiden wäre, ob die fragliche Galgenlohe ein Privateigenthum der Großbegüterten oder ein Gemeindegut seie. Es wäre daher Ihres Erachtens weder das General-Kommißariat noch der königliche geheime Rath puncto dominici [!] ein Erkenntniß zu fällen kompetente Stelle.
Da die übrigen königlichen geheimen Räthe die vorgelegte Ansicht des Referenten, diesen Gegenstand, in welchem der königliche geheime Rath am 3ten August 1809 bereits ein Erkenntniß gefaßt1261, an die Justiz-Stelle zu verweisen, nicht theilten, sondern der Meinung waren, daß der geheime Rath allerdings kompetent seie, definitiv hierin zu erkennen, sich aber außer Stande befinde, über die Materialien dieser Streitsache, und in wie weit der auferlegte Beweis geführt worden, zu urtheilen, {2r} da Referent von einer entgegen gesezten Meinung geleitet, sich hierauf nicht gefaßt und in seinem Vortrage in die Haupt-Sache und die Haupt-Frage, worauf es ankomme, sobald der geheime Rath sich kompetent erkläre, nicht eingegangen, so wurde von dem königlichen geheimen Rathe Grafen von Preising die Abstimmung erholet: ob der geheime Rath in dieser Sache kompetent seie, oder ob dieselbe an die Justiz-Stelle zu verweisen?
Alle anwesende Mitglieder mit Ausnahme des Referenten erklärten sich für die Meinung, daß der geheime Rath allerdings und um so mehr kompetent seie, in dieser Sache definitiv zu entscheiden, als er bereits im Jahre 1809 ein Erkenntniß gefaßt, und in Folge dieser Abstimmung wurde beschloßen,
dem Referenten aufzugeben, in einem ausführlichen Vortrage in die Haupt-Sache einzugehen, und über die Hauptfrage rüksichtlich des gemachten Beweises sich zu äußern, sohin diesen Gegenstand zu reproponiren1262.
Handelskonzession (R)
Thurn und Taxis trägt über das Gesuch des Schlossermeisters Michael Wenzel vor, der eine Handelskonzession gekauft hat und fortan ausüben will. Er fordert, das Gesuch abzuweisen; zuständig ist das Ministerium des Inneren. Die Mehrheit der Geheimen Räte tritt für die Zuständigkeit des Geheimen Rates ein und bejaht die Abweisung des Gesuches.
2. Geheimer Rath Graf von Tassis erstatteten wegen Zeßion der Franklischen Handelsgerechtigkeit zu Bernau1263 an Michael Wenzel schriftlichen Vortrag, und waren, nachdeme Sie die hiebei obwaltenden Verhältniße auseinander {2v} gesezt hatten, aus den in dem Vortrage angegebenen Gründen der Meinung, daß Michael Wenzel, Schloßermeister in Bernau mit seinem Gesuche um Ausübung der erkauften Handels-Conceßion abzuweisen wäre, glaubten aber, daß nachdeme derselbe um die Bestätigung seiner erkauften Handels-Gerechtsame ansuche die übrigen Krämer zwar über diese Konzeßion blos vernommen worden, keine Beschwerde von ihnen gegen Wenzel vorkomme, so scheine Ihnen dieser Gegenstand weder kontentiös noch minder zu dem Staats-Rathe, sondern an das Ministerium des Inneren geeignet zu sein.
Der königliche geheime Rath Herr Graf von Preising ließen über diesen Antrag abstimmen.
Die geheimen Räthe Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz], Graf von Törring und Freiherr von Weichs vereinigten sich mit den Ansichten des Referenten.
Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco waren in der Haupt-Sache auch mit dem Referenten verstanden: daß der Schloßermeister Wenzel mit seinem Gesuche um Ausübung der Handels-Konzeßion abzuweisen, da er dieselbe erst nach der erfolgten Verordnung, wodurch der Verkauf derlei Handels Konzeßionen verboten worden, an sich gebracht {3r} würden aber diese Abweisung von dem geheimen Rathe erkennen laßen, und diesen Gegenstand nicht an das Ministerium des Innern zurükweisen, indeme die Polizei Section sonst in Verlegenheit kommen würde, welche Entscheidung sie hierauf zu erlaßen, da des Herrn Minister des Innern Excellenz [Montgelas] sich geäußert, keinen administrativ kontentiösen Gegenstand, der auf Gewerbe sich beziehe, durch das Ministerium entscheiden zu laßen, sondern dieselbe jedesmal an den geheimen Rath geben zu wollen, die Kompetenz des geheimen Rathes in dieser Gewerbs-Streitigkeit auch nach der Verordnung vom 8ten August 1810 allerdings gegründet seie1264.
Geheimer Rath Freiherr von Aretin fanden keinen Anstand, diesen Gegenstand zur Kompetenz des geheimen Rathes zu ziehen, und denselben durch diesen verbescheiden zu laßen, da die Sache allerdings kontentiös seie, und sich zu jenen Gegenständen eigne, welche nach der Verordnung vom 8ten August 1810 an den geheimen Rath überwiesen, nur würden Sie nicht auf Abweisung des Gesuches aus den Materialien erkennen laßen, sondern den Rekurs wegen Deserzion1265 abweisen.
Mit dieser Meinung {3v} vereinigten sich geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco, dann die geheimen Räthe von Effner, von Feuerbach und Graf von Welsperg, lezterer jedoch mit dem Beisaze, daß dem Schloßermeister Wenzel sowohl wegen den versäumten Fatalien als auch in materialibus die Abweisung zu bedeuten seie.
Nach der Mehrheit wurde sohin beschloßen, den Rekurs des Michael Wenzel, Schloßermeisters in Bernau wegen Deserzion von dem königlichen geheimen Rathe abweisen zu laßen1266.
Alimentationsstreit (R)
Welsberg trägt in der Streitsache zwischen dem Gutsherrn Zeltner von Hohenau (Beschwerdeführer) und der Gemeinde Diepoltsdorf vor. Es geht um die Frage, wer für den Unterhalt des ehemaligen Schloßgartenpächters Zechmaier zuständig ist. Die erste und zweite Instanz hatten zu Ungunsten der Gutsherrschaft entschieden. Der Referent vertritt die Meinung, daß Zechmaier von der zuständigen Gemeinde zu versorgen ist. Aus Gründen der Humanität soll der Gutsherr aufgefordert werden, Zechmaier die Wohnung im Schloß zu belassen. Der Geheime Rat folgt dem Antrag in der Hauptsache. Grundsätzliche Überlegungen veranlassen Carl Maria Graf von Arco, kein Votum abzugeben. In seiner Entschließung (s.u.) weist der König Arco an, in Zukunft wieder an der Abstimmung teilzunehmen.
3. Über den Alimentazions Streit des Johann [Friedrich] von Zeltnerischen Garten-Pächters Stephan Zechmaier in Diepolsdorf1267 Landgerichts Lauf im Rezat-Kreise erstatteten geheimer Rath Graf von Welsperg schriftlichen Vortrag, und sezten darin die Verhältniße auseinander, welche hiebei obwalten, und wodurch der bei dem Landgerichte Lauf und dem General-Kommißariate des Rezat-Kreises zwischen der betheiligten Gemeinde und der von Zeltnerischen Gutsherrschaft hierüber entstandene Streit veranlaßt worden.
Nach Anführung der hiebei zu berüksichtigenden Umständen und der von dem Landgerichte und dem General-Kommißariate deßwegen erlaßenen Erkenntnißen machten geheimer Rath Graf von Welsperg den {4r} Antrag, nachdeme Sie die Richtigkeit der Formalien gezeigt, und die Frage: ob der geheime Rath in dieser Sache zu sprechen kompetent seie, bejahend beantwortet, die zur Entscheidung vorliegende Frage, ob die von Zeltnerische Gutsherrschaft zu Deibolsdorf [!] zur Alimentazion und Beherberbung des Pächters Stephan Zechmaier verbunden seie oder nicht, dahin zu lösen: daß die Gutsherrschaft aus mehreren in dem Vortrage entwikelten Gründen hiezu nicht verbunden, sondern daß mit Reformierung beider Entscheidungen erster und zweiter Instanz zu erkennen: daß der von Zeltnerischen Gutsherrschaft zu Deipolsdorf [!] die Alimentazion und Wohnung des Garten Pächters Stephan Zechmaier nicht aufgebürdet werden könne, sondern daß derselbe nach den bestehenden Gesezen jener Gemeinde zur Unterhaltung und Unterbringung zu überweisen seie, welcher die Versorgung obliege.
Welches nun die Gemeinde seie, der diese Versorgung obliege, scheine zwar im wesentlichen hier die höchste Verordnung vom 12. Juli 1808 § 13 (Regierungsblatt de 1808 fol. 1509) von Beförderung der Heirathen auf dem Lande zu entscheiden1268. Da jedoch {4v} hier blos über die Frage zu erkennen: ob von Zeltner die Alimentazion zu leisten schuldig, so glaubten Sie, daß der königliche geheime Rath zu weit gehen und daher selbst in erster Instanz entscheiden würde, wenn er mehr als über diese Frage entscheiden wolle.
Geheimer Rath Graf von Welsperg lasen den nach diesem Antrage gefaßten Reskripts Entwurf ab, und bemerkten, wie Sie geglaubt, der geheime Rath könne hier unbeschadet seines richterlichen Ansehens die Menschlichkeit der Gutsherrschaft auffordern, diesem blinden etliche 70 Jahre alten Manne die Wohnung zu belaßen, da es sich nun nach dem Bescheide des königlichen geheimen Rathes nicht mehr um die Alimentazion handle.
Geheimer Rath Graf von Preising verfügten hierüber die Umfrage.
Die geheimen Räthe Grafen von Arco der ältere [d.i. Ignaz], von Törring, Freiherr von Weichs und Graf von Tassis waren mit dem vorgelegten Reskripts-Entwurfe verstanden.
Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco fanden sich aufgerufen, dem geheimen Rathe einen Anstand vorzulegen, auf den Sie gestoßen: Sie glaubten nämlich nicht, daß Sie bei den {5r} Rekurs-Gegenständen, wo der geheime Rath als Richter und wo derselbe nicht als legislativ berathende Stelle erscheine, votiren könnten, da Ihr Vater [Ignaz Graf von Arco] in der geheimen Raths Sizung gegenwärtig und nach der Gerichts-Ordnung Vater und Sohn nie in demselben Justiz-Collegio votiren könnten1269. Aus diesem Grunde glaubten Sie Ihr Votum suspendiren zu müßen.
Geheimer Rath Freiherr von Aretin vereinigten sich zwar mit den Ansichten des Referenten, hinsichtlich der Faßung des Bescheides glaubten Sie aber, daß statt des Aufrufes der Gutsherrschaft, dem Pächter Zechmaier die Wohnung im Schloße aus Menschlichkeit zu belaßen, der Gutsherrschaft aufzutragen seie, dem Zechmaier, bis die Frage entschieden sein werde, welche Gemeinde denselben zu alimentiren und zu beherbergen habe, provisorisch die Wohnung im Schloße zu belaßen, indeme es allerdings in der Befugniß des Richters liege, ein solches Provisorium zu treffen. Sie würden daher gegen die Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz erkennen, daß den Rekurrenten die {5v} Alimentation des Stephan Zechmaier rechtlich nicht aufgebürdet werden könne, sondern daß Zechmaier jener Gemeinde zur Unterhaltung und Beherberbung zuzuweisen seie, welcher die Versorgung deßelben nach den bestehenden Gesezen obliege. Bis zur Entscheidung dieser Frage sollte aber Zechmaier die Wohnung provisorisch im Schloße zu genießen haben.
Geheimer Rath von Effner theilten die Meinung des Freiherrn von Aretin, und glaubten nur noch beizufügen, daß das General-Kommißariat noch vor Eröfnung dieser Entschließung den Versuch machen sollte, ob bei dem Umstande, daß es sich nur mehr um die Wohnung handle, die von Zeltnerischen Erben diese dem Zechmaier auf Lebenszeit nicht freiwillig einräumen wollten.
Geheimer Rath von Feuerbach vereinigten sich mit der Meinung der geheimen Räthe Freiherrn von Aretin und von Effner, und da auch die geheimen Räthe Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz], Graf von Törring, Freiherr von Weichs und Graf von Tassis dieselbe theilten, so wurde beschloßen
den vorgelegten Reskripts-Entwurf nach der Meinung der geheimen Räthe Freiherrn von Aretin {6r} und von Effner abändern und ausfertigen zu laßen1270.
Verteilung von Gemeindegründen (R)
Thurn und Taxis trägt über den Rekurs der Kleinbegüterten in Haimendorf gegen die Großbegüterten vor. Der Referent beantragt, die Entschließung des Generalkommissariats zu bestätigen und zu prüfen, welche Teile des Ödlands zu verteilen sind. Ferner soll geprüft werden, ob die Gemeindewaldungen und die bereits kultivierten Gründe in die Teilung einbezogen werden sollen. Carl Maria Graf von Arco stimmt nicht mit ab.
4. In Sachen der Kleinbegüterten zu Heimendorf1271 Landgerichts Altdorf gegen die Großbegüterten allda Gemeinde-Gründe Vertheilung betreffend, erstatteten geheimer Rath Graf von Tassis schriftlichen Vortrag, worin Dieselben den Veranlaß dieser Streit-Sache und die von den untern Instanzen hierin erlaßene Entscheidungen anführten, und sich äußerten, im gegenwärtigen Falle scheine Ihnen die Frage eine Würdigung zu verdienen, ob mit allen öden Gründen die kultivirten [Gründe] und Waldungen gleichzeitlich vertheilt werden müßten.
Nach Erörterung dieser Frage, und nachdeme nun selbst nach dem Geständniße der Kleinbegüterten der Viehstand ohne Weide in Heimendorf nicht bestehen könne, die Vertheilung der schon kultivirten Gründen und Waldungen aus den schon angegebenen Ursachen nicht räthlich, und da ferner das organische Edict über das Gemeindewesen gegen die Kultur-Geseze das General-Kommißariat gemäs § 55 als obere Kuratel der Gemeinden aufstelle1272, und die Kultur-Geseze selbst nur {6v} von unkultivirten und öden Pläzen sprächen, von einer allgemeinen und gleichzeitlichen Vertheilung der schon kultivirten Gemeinde-Gründen aber nichts erwähnten, es auch in der ehemaligen Provinz Ansbach herkömmlich gewesen, daß vor einer Gemeinde-Gründe-Vertheilung von drei der Landwirthschaft Verständigen dargethan werden müße, welche Gemeinde-Gründe und in wie ferne sie zum Nuzen oder Schaden einer Gemeinde vertheilet werden könnten, so waren geheimer Rath Graf von Tassis der Meinung, die Entschließung des General-Kommißariats [sc. des Rezatkreises] ihrem vollen Inhalte nach zu bestätigen, und in Folge deßen vorerst eine zwekmäsige Untersuchung anzustellen, welche öde Gründe zu vertheilen, und ob und auf welche Weise auch die Theilung der Gemeinde-Waldungen und der schon kultivirten Gemeinde-Gründen zu bewirken seie, welch lezteres dermal für die Gemeinde um so beschwerlicher sein werde, als den Privaten die Beiträge zur Kommunal-Konkurrenz zur Last fallen müßten. Geheimer Rath Graf von Tassis lasen einen mit diesem Antrage übereinstimmenden Reskripts Entwurf ab.
Da in Folge verfügter {7r} Umfrage alle geheimen Räthe mit diesem Antrage sich vereinigten, geheimer Rath Graf von Arco aber Ihr Votum aus den früher angegebenen Ursachen suspendirten1273
so wurde der abgelesene Reskripts-Entwurf von dem königlichen geheimen Rathe genehmiget1274.
Der König bestätigt die Entscheidungen des Geheimen Rates und führt aus: „In der, von dem Geheimen Rathen Grafen Carl [Maria] von Arco wegen dem Votiren in Recurs Gegenständen, wenn deßen Vatter in den Geheimen Raths Sizungen anweßend, zu Protocoll gegebenen Äußerung finden Wir keinen hinlänglichen Grund, denselben deswegen künftig des Votirens zu entheben, da die für die Justiz Stellen gegebene Normen bey dem Geheimen Rathe, der in seiner Eigenschaft als Richter immer legislative und administrative Rücksichten zu beobachten hat, nicht ganz in Anwendung kommen, und die Verwandschaft der Geheimen Raths Mitglieder keinen bedeutenden Einfluß, noch weniger einigen Nachtheil für die Partheyen haben kann, in so ferne nicht einer oder der andere der Geheimen Räthe bey dem Gegenstande selbst betheiliget. Wir wollen dahero, daß Graf Carl [Maria] von Arco, so wie derselbe seit Errichtung des Geheimen Raths Collegii es gethan, auch künftig in administrativ contentiosen Gegenständen wenn derselbe hiezu berufen wird, seine Meynung abgebe“ (10. Februar 1812).
Anmerkungen
Gemäß der Konstitution vom 1. Mai 1808 (RegBl. 1808, Sp. 993, Tit. III, § 2), näher ausgeführt im Organischen Edikt betr. die „Bildung des geheimen Raths“ vom 4. Juni 1808 (RegBl. 1808, Sp. 1333, Tit. III, § 6), führte der König, in seiner Abwesenheit der Kronprinz, in seiner Abwesenheit der älteste der anwesenden Staatsminister den Vorsitz im Geheimen Rat. Weitere Fälle waren nicht geregelt. Maximilian Graf von Preysing-Hohenaschau präsidierte insoweit nicht auf gesetzlicher Grundlage, aber doch legitimiert als rangältester der Geheimen Räte.
Der Geheime Rat hatte sich in der Sitzung am 3. August 1809, Protokolle Bd. 3, Nr. 41, S. 461-463, TOP 2, der Entscheidung des Patrimonialgerichts Niedertraubling vom 17. September 1808 angeschlossen.
Bernau wird im RegBl. 1812, Sp. 306, im Mainkreis verortet. Der Ort konnte nicht lokalisiert werden.
Gemäß VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810, Tit. I Art. 1 Nr. 2, RegBl. 1810, Sp. 643 waren „Gewerbsstreite über Berechtigung zum Gewerbe, oder zwischen mehreren Berechtigten“ zur Berufung an den Geheimen Rat auch dann geeignet, wenn zwei gleichlautende Entscheidungen der unteren Instanzen vorlagen.
Deserzion: Versäumnis, auch Fristversäumnis. Vgl. Schröter, Wörterbuch, S. 262 s.v. Desertio, Desertion.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 306.
VO betr. die „Beförderung der Heurathen auf dem Lande“ vom 12. Juli 1808, § 13, RegBl. 1808, Sp. 1509: „Wer sich auf dem Bettel, oder Müssiggange betretten läßt, unterliegt allenthalben der polizeilichen Bestrafung. Diejenigen, welche im Bettel herumziehe[n], sollen, so wie diejenigen, welche zur Arbeit unfähig geworden sind, ohne Rücksicht, wo sie geheurathet haben, an den Ort ihrer Ansässigkeit, oder ihres Wohnsizes, oder in deren Ermanglung an den Geburtsort zurückgebracht werden. Wenn die beiden Ehegatten verschiedene Geburtsorte haben, ist der Geburtsort des Mannes zu wählen“.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 306.
Das „Edikt über das Gemeinde-Wesen“ vom 24. September 1808 bestimmte in § 55, RegBl. 1808, Sp. 2415: „Die Kuratel der Gemeinden ist ein Theil der Staats-Polizei, und wird in dem obersten Ressort von dem Ministerium der inneren Angelegenheiten, und unter dessen Leitung von den General-Kreis-Kommissariaten durch die Unter-Gerichte als Polizei-Behörden, und in den grösseren Städten durch besondere Beamte ausgeübt.“
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 306.