BayHStA Staatsrat 260

12 Blätter. Unterschriften des Königs, des Kronprinzen und des Ministers. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Kronprinz Ludwig.

Staats- und Konferenzminister: Montgelas.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg; v. Kraus1275.

Konskriptionsgesetz

Aretin trägt den Entwurf des Konskriptiongesetzes vor, indem er jeden Paragraphen verliest. Kronprinz Ludwig trägt zu § 11 (freiwillig angeworbene Kavalleristen) und § 18 (Ergänzungstruppe) seinen Standpunkt mit. Diskutiert wird insbesondere über § 30 (vorgeschriebene Körpergröße der Soldaten), § 56 d (Befreiung vom Militärdienst, wenn drei Brüder gefallen sind), § 58 (Befreiung der Musik- und Theatereleven vom Militärdienst), §§ 69 ff. (Stellung eines Ersatzmanns). Nach dem Vortrag zu § 100 wird die Sitzung beendet.

{1r} 1. Bei Verhinderung Seiner Majestät des Königs, der auf heute angeordneten geheimen {1v} Raths Versammlung beizuwohnen, geruheten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelche den Vorsiz übernommen hatten, den geheimen Rath Freiherrn von Aretin aufzurufen, das entworfene, und in den vereinigten Sectionen des Innern und der Justiz geprüfte Konskripzions-Gesez vorzutragen, da der Referent des geheimen Kriegs Ministeriums geheimer Kriegs-Referendär von Harold1276, der dieses Gesez bearbeitet, nach seinen Dienstes-Verhältnißen der geheimen Raths-Sizung nicht beiwohnen konnte.

Zu Erfüllung dieses Ihnen gewordenen Auftrages unterrichteten geheimer Rath Freiherr von Aretin Seine Königliche Hoheit den Kronprinzen und den versammelten geheimen Rath in Kürze von dem Gange, der bei den vereinigten geheimen Raths Sectionen in Prüfung der vorgelegten verschiedenen Entwürfe eingehalten worden, nach welchen Grundsäzen schon früher die bestandene Organisazions Kommißion und nachher der Referent des Kriegs Ministeriums diesen Gegenstand bearbeitet, und nach welchem Sisteme das Konskripzions Gesez von den vereinigten Sekzionen geordnet worden, und von welchem Gesichtspunkte {2r} dieselben hiebei ausgegangen.

Von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen und dem versammelten geheimen Rathe wurde zu Beförderung des Geschäftes angenommen, daß wenn gegen einen § nichts erinnert werde, derselbe als von dem geheimen Rathe genehmiget anzusehen seie. Geheimer Rath Freiherr von Aretin schritten hierauf zur Ablesung des Entwurfes selbsten, führten bei jedem § die Ansichten der vereinigten Sectionen und die statt gehabte Discußionen an und trugen folgende §§ vor.

Die erste Abtheilung: Von den Verhältnißen der Militärpflichtigen vor der Einreihung, den ersten Titel Allgemeine Bestimmungen, ersten Abschnitt. Von der Ergänzung der Aktiv-Armee überhaupt. §§ 1 und 21277.

Beide §§ wurden ohne Erinnerung angenommen.

2ter Abschnitt. Von der Konskripzion. §§ 3 und 41278. 3ter Abschnitt {2v} Von der freiwilligen Anwerbung. §§ 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 151279.

Diesem Abschnitte fügten geheimer Rath Freiherr von Aretin die Erinnerung bei, daß die freiwillige Anwerbung eigentlich nicht zu dem Konskripzions Sisteme paßend befunden worden, und gewißermaßen gegen lezteres im Schatten stehe, allein aus den besonderen Rüksichten, daß dadurch die freiwillige Reangagirung der ausgedienten Soldaten erleichtert, und ein jeder freiwillig angeworbener Mann der ganzen Konskripzions-Klaße zu Gute gehe, hätten die Sectionen zu Annahme dieses Abschnittes bestimmt.

Bei den Bestimmungen des § 111280 bemerkten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz, wie Höchst-Sie für den Militärdienst es als äußerst nachtheilig beurtheilten, wenn die Kapitulazions Zeit derjenigen Konskribirten oder freiwillig Angeworbenen, welche zur Cavallerie bestimmt würden, nur auf 6 Jahre festgesezt werde, weil kaum, wenn ein Mann für den Kavallerie-Dienst abgerichtet, derselbe wieder entlaßen werden müßte. Acht Jahre seien nothwendig, um einen Kavalleristen zu bilden. Die Nichtbeobachtung dieses Grundsazes habe bisher die Folge gehabt, {3r} daß bei ausgebrochenen Kriegen die baierische Kavallerie immer ganz zu Grunde gerichtet aus dem Felde zurükgekommen. Vorausgesezt, daß es die Kräften des Staates erlaubten, glaubten Sie, daß es zwekmäsig für den Dienst sein würde, die Kapitulazions-Zeit derjenigen, welche zur Kavallerie abgegeben werden, auf 8 Jahre festzusezen, ihnen aber eine Zulage zu bewilligen.

Gegen diese höchste Aeußerung Seiner Königlichen Hoheit wurde erinnert, daß bei den vereinigten Sectionen diese Frage schon aufgeworfen worden, daß aber aus dem Grunde kein Unterschied in der Kapitulazions-Zeit der Infanterie und Kavallerie angenommen worden, weil es eine zu große Härte gegen diejenigen aussprechen würde, die zur Kavallerie tauglich befunden worden, sie zwei Jahre länger dienen zu laßen. Auch wäre von dem geheimen Rathe [Johann Heinrich] von Kraus bemerkt worden, daß bei der Kavallerie wegen dem schweren Dienste die Deserzion häufiger als bei der Infanterie seie, da der Kavallerist selten einen Tag frei habe, und sich nichts verdienen könne, auch der bestehende Grundsaz: {3v} daß ein desertirter Kavallerist bei seiner Rükkehr oder bei seiner Wiedereinbringung zur Infanterie abgegeben werde, die Deserzion bei der Kavallerie noch mehr vermehren würde, um die zwei Jahre längere Kapitulazionszeit zu gewinnen.

Da übrigens dieser Gegenstand nochmals zur Sprache komme, so

wurden die §§ 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 nach ihrer Faßung angenommen.

Zweiter Titel. Von der Konskribirung. Erster Abschnitt. Von dem Konskripzions Alter. § 16, 17, 18, 191281.

Geheimer Rath Freiherr von Aretin führten die wegen diesem Abschnitte in den Sectionen stattgehabte Discußionen an, und bemerkten, welche Bestimmungen in Frankreich und Westphalen wegen dem Konskripzions-Alter bestehen1282, und daß Sie die Privat Meinung gehabt, daß zwei Konskripzions Klaßen, und folglich zwei Konskripzions-Jahre hinlänglich sein würden, allein die Mehrheit habe für die vorgetragene Faßung entschieden.

Bei dem § 181283 bemerkten {4r} Seine Königliche Hoheit der Kronprinz, wie es zu wünschen seie, daß die in einem Orte liegenden Regimenter ihre Ergänzungs Mannschaft aus dem nämlichen Kreise und aus den, den Garnisonen nahe gelegenen Bezirken erhalten mögten, indeme darin für die eingereihet werdende Mannschaft eine große Erleichterung wegen der Nähe ihrer Verwandten liege, und es bei dem Ausmarsche der Regimenter aus ihren Garnisonen immer mit großen Schwierigkeit verbunden, die Beurlaubten und Ergänzungs Mannschaft immer aus entfernten Theilen des Reiches kommen zu laßen.

Auf die Gegenerinnerung, daß dieser Vorschlag bei den Instrukzionen bereits berüksichtiget worden

wurden die §§ 16, 17, 18 und 19 angenommen.

Zweiter Abschnitt. Von den Konskripzions Listen. § 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 291284.

Bei dem § 261285 machten geheimer Rath von Krenner die Erinnerung, wie Ihnen die in diesem § aufgenommene Strafe zu hart scheine, wenn nicht bestimmt ausgedrükt werde, daß eine solche Vernachläßigung sich einschreiben zu laßen {4v} absichtlich geschehen, und dieses hergestellt sein müßte, denn sonst seie zu befürchten, daß bei den Stellen Mißbräuche dadurch veranlaßt, und mehrere Unschuldige mit dieser harten Strafe belegt würden.

Durch diese Erinnerung veranlaßt, verfügten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz die Umfrage. Alle Mitglieder des geheimen Rathes mit Ausnahme des geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco erklärten sich für die Faßung des § 26, da ein Mißbrauch der darin gegebenen Bestimmungen bei der deutlichen Faßung nicht denkbar.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco theilten die Ansichten des geheimen Rath von Krenner, und glaubten, daß diese Bestimmung zu hart seie, und sich dieses in der Praxis auffallend zeigen würde, denn oft würde die bei den ohnehin so sehr überhäuften Landgerichten eintreten könnende Fahrläßigkeit in Unterlaßung der Einschreibung eines Konskribirten demselben als Nachläßigkeit angerechnet und so hart bestraft werden.

Da die Mehrheit sich für die Faßung des § 26 erklärte, und gegen die übrige Faßung der §§ dieses Abschnittes keine Erinnerungen vorkamen,

so wurden die §§ 20, 21, 22, 23 {5r} 24, 25, 26, 27, 28 und 29 angenommen.

Dritter Titel. Von der Größe und Beschaffenheit der Konskribirten. Erster Abschnitt. Von der Größe. § 30, 31, 32, 33 und 341286.

Die wegen dem § 301287 bei den vereinigten Sectionen stattgehabte Discußionen wurden vom geheimen Rathe Freiherrn von Aretin vorgetragen, und von demselben bemerkt, daß Ihrer Privat Meinung nach, das französische Maaß, welches kleiner als der Vorschlag auf das baierische Maaß reduziret, anzunehmen, und die Redukzion auf rheinisches Maaß ganz zu umgehen sein mögte. Nach baierischem Maaße würde dieses fünf Fuß vier Zoll ausmachen.

Diese Aeußerung, welcher einige Mitglieder beistimmten, veranlaßten Seine Königliche Hoheit über den § 30 abstimmen zu laßen.

Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas erklärten sich ebenfalls für das in Frankreich angenommene Maaß für die Infanteristen reduzirt nach baierischem Maaße, weil der Mangel an Bevölkerung in Baiern eine zu große Beschränkung in Ansehung der Größe nicht {5v} zulaße, ohne auf das Ganze nachtheilig zu wirken, und demohngeachtet, wenn man auserlesene größere Männer zu einem Corps haben wollte, dieselbe aus der ganzen Armee herausgenommen werden könnten. Die Redukzion nach rheinischem Maaße würden Sie ebenfalls umgehen, da in Baiern blos das baierische Maaß gelte.

Mit dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas Excellenz stimmten die geheimen Räthe Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz], Freiherr von Weichs, von Krenner, Graf Carl [Maria] von Arco, Freiherr von Aretin, von Effner, von Schenk, Freiherr von Asbek, von Feuerbach, Graf von Welsperg.

Für die von den Sekzionen angenommene Faßung, die geheimen Räthe Graf von Preising, Graf von Törring, von Zentner, Graf von Tassis, und von Kraus, weil die Konskripzion und Ziehung in einer Alters Klaße durch das ganze Reich geschehe {6r} und folglich einige Linie mehr oder weniger für einen Bezirk nicht drükend sein könnten, auch von den Militär Personen diese Größe angegeben worden.

Nach der Entscheidung der Mehrheit und nach Anhörung der Gründen, warum in dem § 341288 für die Artillerie, Kavallerie und das Fuhrwesen ein höheres Maaß angenommen worden

wurde der § 30 dahin abgeändert, daß mit Auslaßung der inklavirten Redukzion nach rheinischem Maaße gesezt werden solle: „das geringste Maaß ist fünf Fuß vier Zoll baierisch.“

Nach diesem Grundsaze solle auch der § 34 geändert werden.

Die übrige Faßung dieser vier §§ wurde angenommen.

Zweiter Abschnitt. Von der körperlichen Beschaffenheit. § 35, 36, 371289.

Diese §§ wurden ohne Erinnerung angenommen.

Vierter Titel. Von der wirklichen Einreihung. Erster Abschnitt. Von der allgemeinen Eintheilung der in der aufgerufenen Alters Klaße befindlichen {6v} Konskribirten. § 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 461290.

Die rüksichtlich dieser §§ bei den vereinigten Sectionen stattgehabte Discußionen wurden von dem geheimen Rathe Freiherrn von Aretin mündlich entwikelt, und bemerket, daß als Grundsaz angenommen worden, daß die im § 421291 angeführten Konskribirten nicht mehr zur Nazional Garde 2ter Klaße1292 genommen werden dürften, auch seie der Vorschlag, in der Instrukzion zu bestimmen, daß jedem der in § 431293 bemerkten Konskribirten eine Karte gegeben werden sollte.

Da diese §§ keinen Erinnerungen von Seiten des Mitglieder des geheimen Rathes unterstellet wurden, so

nahm der geheime Rath die vorgetragene Faßung der §§ 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45 und 46 an.

Zweiter Abschnitt. Von der Ordnung bei der Bestimmung der Konskribirten zur Einreihung. § 47, 48, 491294.

Gegen die Faßung dieser §§ wurde nichts erinnert, und

ieselbe angenommen.

Dritter Abschnitt. Von der Ergänzung der Kontingenten. § 50, 51, 52, 531295.

Auch bei diesen §§ wurde {7r} nichts erinnert, und dieselbe angenommen.

Fünfter Titel. Von den Befreiungen . Erster Abschnitt. Von der definitiven Befreiung von der wirklichen Einreihung. § 54, 55, 56, 571296.

Gegen den litt. d des § 561297 wurden einige Erinnerungen gemacht, und bemerkt, daß, so viel Tröstliches und Menschliches es auch für sich habe, den Eltern, welche drei Söhne unter den Fahnen verloren, ihre übrige Kinder von der Militärpflichtigkeit frei zu geben, es doch auch in dem Falle, wo solche Eltern 6, 8 oder mehrere Söhne hätten, für die übrigen Militärpflichtigen etwas drükendes habe, diese 4, 5 oder mehrere Söhne befreit zu wißen, und dafür aus ihrer Mitte einen Mann zu stellen. Durch diese Bemerkung veranlaßt, ließen Seine Königliche Hoheit der Kronprinz über den litt. d des § 56 abstimmen.

Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas Excellenz äußerten, diese Bestimmung spreche einen Trostgrund für jene Eltern aus, welche das Unglük gehabt, drei Söhne {7v} unter den Fahnen zu verlieren, und da die Fälle, wo 6, 8 oder mehrere Söhne in einer Familie vorhanden, nicht sehr häufig sein würden, so erklärten Sie sich für den angetragenen Grundsaz. Würden die Fälle dieser Art häufig sein, so würde diese Begünstigung, die auf Kosten der anderen Militärpflichtigen gegeben werde, einige Beschränkungen erfordern.

Da auch alle übrige Mitglieder diese Ansicht um so mehr theilten, als selbst in Frankreich und Westphalen, wo die Konskripzions Geseze viel strenger, dieser Fall des litt. d § 58 [!] ausgenommen1298, geheimer Rath von Krenner Ihrer beifälligen Abstimmung auch noch den Grund beifügten, daß selbst in dem Falle wo solche Eltern 8 Söhne hätten, bei jeder Ziehung immer nur einer befreit würde, folglich die Last für die übrigen nicht sehr bedenklich seie,

so wurden die §§ 54, 55, 56 und 57 nach ihrer Faßung angenommen.

Zweiter Abschnitt. Von der vorläufigen Befreiung. § 581299. Geheimer Rath von Krenner machten die vorläufige Bemerkung, daß Sie hier in lit. f1300 die Musik-Eleven vermißten, und es doch hart sein würde, {8r} ausgezeichnete Acceßisten der Hofmusik, welche großes Talent besäßen, und versprächen, bedeutende und ausgezeichnete Künstler in diesem Fache zu werden, in ihrer Laufbahn zu unterbrechen, und sie zum Militär wegzunehmen.

Auch wegen den Eleven bei der Münz, den Bergwerken, Salinen und Forstwesen seie keine Ausnahme gemacht, und diese junge Leute, auf deren Bildung die Eltern bedeutende Ausgaben zu verwenden genöthiget, und an denen dem Staate wegen seinen Anstalten viel gelegen, doch wohl gleiche Ansprüche auf Befreiung zu machen berechtiget seien wie die Seminaristen und Gymnasisten.

Da wegen den lezten bemerkt wurde, daß wegen den Bergwerks Eleven in dem folgenden Abschnitte einige Bestimmungen aufgenommen worden, so geruheten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz blos über die erste Erinnerung wegen den Musik-Eleven umzufragen.

Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas Excellenz, die königliche geheimen Räthe, Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz], von Zentner, Graf von Tassis, von Krenner, Graf Carl [Maria] von Arco {8v} von Schenk und von Feuerbach erklärten sich für die Ausnahme der Musik- und Theater-Eleven jedoch mit der Beschränkung auf diejenigen, die bei der Hofmusik und dem Hoftheater als Acceßisten oder Zöglinge angestellt, und wegen ihren ausgezeichneten Talenten und Fortschritten in ihrer Kunst, Zeugniße der königlichen Intendanzen beibringen könnten.

Geheimer Rath von Krenner machten den Vorschlag, in litt f nach Akademie der bildenden Künsten zu sezen „oder den Vorständen der königlichen Kunst-Anstalten“. Diesem Vorschlage wurde entgegen gesezt, daß außer der Akademie der bildenden Künste bis jezt im Königreiche keine andere königliche Kunst-Anstalten existirten.

Die königliche geheimen Räthe Graf von Preising, Graf von Törring, Freiherr von Weichs, Freiherr von Aretin, von Effner, von Kraus, Freiherr von Asbek, und Graf von Welsperg stimmten gegen eine weitere Ausnahme im § 58 weil sonst zu vielen Mißbräuchen der Anlaß gegeben würde. Freiherr von Aretin glaubten, daß einzelne besondere Fälle durch einzelne Entschließungen entschieden, und ausgenommen werden könnten.

{9r} Da nach diesen Abstimmungen 8 Stimmen für eine Ausnahme in Beziehung auf die Zöglinge der Musik und des Hoftheaters waren, 8 Stimmen aber dagegen sich erklärten, folglich Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen die Bildung der Mehrheit überlaßen war, so geruheten Höchstsie die Entscheidung dieser getheilten Ansichten Seiner Majestät dem Könige zu unterstellen1301, und es wurde beschloßen,

diese Abstimmungen über den § 58 Seiner Majestät dem Könige allerunterthänigst vorzulegen, und Allerhöchstdenenselben die Entscheidung hierüber allergehorsamst zu überlaßen.

Zugleich wurden aber folgende Aenderungen in dem litt. e1302 des Art. 58 beliebt, daß statt unter dem ersten Drittheile der Besten in dieser Klaße befunden gesezet werde „unter dem ersten Drittheile ihrer Klaße als die Besten befinden“.

Dritter Abschnitt. Von der Zurükstellung an das Ende der Reserve. § 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 681303. Bei dem § 601304 erinnerten der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas Excellenz: daß Sie die Bestimmungen {9v} dieses Abschnittes hart fänden, daß die einzigen Söhne von begüterten oder andere Staatsbürger zur Konskripzion genommen und nicht von der Militärpflichtigkeit befreiet seien, und Sie befürchteten, daß die Härte dieser Maaßregel sich in practischer Anwendung des gegebenen Gesezes erst auffallend zeigen, und die Schreibereien wegen dem Konskripzions Geseze ungeheuer vermehren würde, denn eine Menge Ausnahmen würden durch die wirklich gültige Ursache, welche die Eltern solcher einzigen Söhne anbringen würden, herbeigeführt werden.

Da von den übrigen Mitgliedern des geheimen Rathes diesen Ansichten in einer entscheidenden Mehrheit nicht beigestimmt wurde, auch sonst gegen diese §§ keine Erinnerungen gemacht waren

so wurden die §§ 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67 und 68 nach ihrer Faßung angenommen, nur wurde in litt. b des Art. 60 auf Bemerkung des geheimen Rath von Krenner zu mehrerer Deutlichkeit nach oder des Großvaters welcher beigesezt „oder welche“ und in dem ganzen litt. b des § 60 die einfache Zahl in die vierfache1305 umgeändert.

6ter Titel. Von der Einstellung und dem Vertausche der Konskribirten. {10r} Erster Abschnitt. Von der Einstellung. § 69 und 701306.

Geheimer Rath Freiherr von Aretin unterrichteten den königlichen geheimen Rath, daß bei der Organisazions Kommißion, welche den Gegenstand der Konskripzion früher bearbeitet, der Grundsaz des Einstellens ganz verworfen, daß aber durch einen nachgefolgten allerhöchsten Konferenz Schluß die Eintretung angenommen, dagegen aber die Ausnahmen von der Konskripzion sehr beschränkt worden1307. Diesem allerhöchst ausgesprochenen Grundsaze zu Folge seie dieser Abschnitt bearbeitet worden.

Die geheimen Räthe von Krenner und von Schenk bemerkten, daß die hier angenommene Begünstigungen für die Arbeiter und Eleven bei den Bergwerken, den Salinen und Münz-Anstalten eigentlich keine Ausnahmen von der Konskripzion seien, welche doch den Seminaristen, Gymnasisten und Eleven der bildenden Künsten früher bewilliget worden, sondern sich diese nur darauf beschränkten, daß sie, wie jeder andere, der nicht Lust habe zu dienen, und reich genug seie, es bezalen zu können, einen Mann für sich einstellen zu dürfen; dadurch werde der Staat {10v} in die Nothwendigkeit gesezt, wenn er bei der Münz einen sehr geschikten Prägschneider, oder bei den Salinen und Bergwerken einen sehr geschikten jungen Arbeiter habe, den er nicht verlieren wolle, die Summe für einen Einstands Mann zu bezalen. Sie glaubten, daß diesen jungen Leute[n], in so ferne sie sich durch Geschiklichkeit und Brauchbarkeit auszeichneten, gleiche Ausnahme wie den übrigen zugestanden werden müßte.

Geheimer Rath Freiherr von Aretin, welche zugaben, daß diese Bemerkung etwas für sich habe, machten den Vorschlag, daß wenn diese Ausnahme gemacht werden wollte, dem litt. e des § 581308 nach auf den hohen Schulen nur beizusezen wäre „und andern öffentlichen Anstalten“.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz ließen über diese Erinnerungen und den gemachten Vorschlag abstimmen.

Alle Mitglieder erklärten sich für diesen Beisaz in litt e des Art. 58, und so

wurden die §§ 69 und 70 nach ihrer Faßung angenommen.

Dem litt. e des § 58 aber nach: auf den öffentlichen Schulen beigesezt „und andern öffentlichen Anstalten“.

{11r} 2ter Abschnitt. Von den Eigenschaften des für einen andern einstehenden Ersazmannes. § 71, 72, 73, 74, 75, 76, 771309.

Geheimer Rath Freiherr von Aretin fügten jene Discußionen bei, welche bei den vereinigten Sectionen wegen der Frage statt gehabt, ob auch Ausländer unter den angetragenen Beschränkungen als Ersazmänner angenommen werden dürfen, und gaben die Gründe an, welche die Mehrheit bewogen, diesen Grundsaz, jedoch beschränkt aufzustellen.

Da gegen die Faßung dieser §§ keine Erinnerungen gemacht worden, so

wurden dieselben angenommen.

3ter Abschnitt. Von den Obliegenheiten des Eintretens. § 78, 79, 80, 811310.

Die wegen dem § 791311 in den Sectionen sich ergebene Discußionen wurden vom geheimen Rathe Freiherrn von Aretin vorgetragen, und die hierauf Bezug habende Stellen aus den Protokollen vom geheimen Rathe von Zentner abgelesen.

Da aber alle Mitglieder mit den in den vorgetragenen {11v} §§ enthaltenen Bestimmungen verstanden waren,

so wurden dieselben angenommen.

4ter Abschnitt. Von der zwischen dem Einsteller und dem Einsteher verabredeten Einstands-Summe. § 82, 83, 84, 85, 861312.

Die wegen dem § 821313 in den vereinigten Sectionen statt gehabte Discußionen wurden von dem geheimen Rathe Freiherrn von Aretin vorgetragen. Da aber gegen die vorgetragene Faßung dieser §§ von keinem der Mitglieder des königlichen geheimen Rathes etwas erinnert worden war

so vereinigte sich der geheime Rath mit der abgelesenen Faßung dieser §§.

5ter Abschnitt. Von dem wechselseitigen Eintreten oder Vertauschen.§ 87, 88, 89, 90, 911314.

7ter Titel. Von der Entlaßung. § 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 991315.

Geheimer Rath Freiherr von Aretin berührten in Kürze die Ansichten, welche die vereinigte geheime Raths Sectionen über diese §§ gehabt.

{12r} Von keinem der Mitglieder des geheimen Rathes wurde etwas gegen die Faßung dieser §§ erinnert, und so wurden

die §§ 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99 nach ihrem vorgetragenen Inhalte angenommen und nur in § 881316 nach des andern eintretenden Konskribirten beigefügt „aufgehoben“ und in § 931317 nach die Entlaßung von der Militär-Pflichtigkeit beigesezt „in der Regel nicht“.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz geruheten, die geheime Raths Sizung für heute aufzuheben, und bei dem 8ten Titel. Von den sich ihren Pflichten entziehenden Konskribirten. Erster Abschnitt. Von den Widerspenstigen, § 1001318, stehen zu bleiben, und

so wurde beschloßen, die von dem geheimen Rathe in der heutigen Sizung gefaßten Beschlüße Seiner Majestät dem Könige alls [!] allerunterthänigste Anträge des geheimen Rathes ehrfurchtvollest vorzulegen {12v} und die allerhöchste Entscheidungen hierauf sich zu erbitten.

Der König beschließt, seine Entscheidungen zu den Anträgen des Geheimen Rates erst nach „vollendetem Vortrage dieses Gegenstandes“ zu erteilen (25. Februar 1812)1319.

Anmerkungen

1275

Vermerk nach dem Namenseintrag: „[…] der zu Prüfung dieses, das Militär betreffenden Gegenstandes beigezogen wurde“. Zu Johann Heinrich Kraus vgl. das Biogramm in: Protokolle Bd. 3, S. 35.

1276

Jakob Ludwig v. Harold (1766-1850), 1792 kurpfalzbayerischer Regimentsauditor, 1803 geheimer Sekretär, 1808 wirkl. Kriegsrat im Geheimen Kriegsbureau. In dem durch die Konstitution von 1808 (Tit. III, § 1, RegBl. 1808, Sp. 992) eingerichteten Ministerium des Kriegswesens seit 1809 Geheimer Referendär. 1817 Titel und Rang eines Geheimen Rates im Staatsministerium der Armee, 1842 Ruhestand. 1813 Ritter des Zivil-Verdienstordens der Bayerischen Krone und Immatrikulation bei der Ritterklasse, 1820 bei der Freiherrenklasse der Adelsmatrikel. 1838 Verleihung des Ludwigs-Ordens. Vgl. RegBl. 1808, Sp. 1429; RegBl. 1809, Sp. 127; RegBl. 1813, Sp. 664, 687, 983; RegBl. 1817, Sp. 36; HStHB 1838, S. 36; Lang, Adelsbuch, S. 369; Adelslexikon Bd. 4, S. 446 s.v. Harold. Nachruf: Allgemeine Zeitung (Augsburg) Nr. 235 vom 23. August 1850, Beilage, nicht pag. (Nachdruck: Neuer Nekrolog 1850, S. 466-468).

1277

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, lithographierter Text, 91 S., BayHStA Staatsrat 260, S. 1: „§. 1. Die Streitkräfte des Königreichs theilen sich in die aktive Armee, und in die Nazionalgarde, in so weit diese nach den gesezlichen Bestimmungen die Verbindlichkeit zur Landesvertheidigung hat. § 2. Die Ergänzung oder Verstärkung der aktiven Armee geschieht durch die Militär-Conscription jedoch schließt diese die freiwillige Anwerbung nicht aus.“

1278

Ebd., S. 2: „§ 3. Die Militär Conscription ist allgemein und kein Unterthan des Königreichs, von welcher Religion und von welchem Stande er auch immer seyn mag, in den bestimmten Altersjahren von der Militärpflicht ausgenommen. § 4. Die Vollzähligmachung oder Verstärkung der Armee wird ordnungsmäßig alle Jahre vorgenommen, und richtet sich nach dem Bedürfniße der Armee, in so fern der Abgang durch die freiwillige Anwerbung nicht ersezt worden ist.“

1279

Ebd., S. 2-5.

1280

Ebd., S. 4: „§ 11. Die freiwillig angeworbenen Militärpflichtigen erhalten jedoch kein Handgeld; sie sind aber wie die durch die Geseze der Konscription Eingereihten, nach der zurük gelegten sechsjährigen Dienstzeit ebenfalls von der Militärpflicht befreit.“

1281

Ebd., S. 5f.

1282

Die Militärkonskription erstreckte sich in Frankreich ebenso wie im Königreich Westphalen auf alle männlichen Untertanen vom vollendeten zwanzigsten bis zum vollendeten fünfundzwanzigsten Lebensjahr. In Frankreich wurde diese Regelung zuerst mit Gesetz vom 5. September 1798 (sog. loi Jourdan-Delbrel: Loi relative au mode de formation de l’armée de terre du 19 Fructidor, an VI de la République une et indivisible, Tit. III Art. 15, BLRF 2. Serie, Tl. 6 [1798], Nr. 223, S. 1-16, laufende Nr. 1995, neuere Drucke: Frauenholz, Entwicklungsgeschichte, Nr. 5, S. 83-93; Pigeard, La conscription, S. 260-268) eingeführt, dann mit Gesetz vom 8. März 1800 (Loi qui met à la disposition du Gouvernement tout les Français dont la vingtième année a été terminée le 1er Vendémiaire an VIII [= 23. September 1799], BLRF, 3. Serie, Bd. 1 (1800), Nr. 12, S. 1-4, laufende Nr. 89) bestätigt: „Tous les Français qui ont terminé leur vingtième année au 1er vendémiaire dernier, et qui depuis cette époque forment la première classe de la conscription militaire, sont à la disposition du Gouvernement, pour être mis en activité de service à mesure que les besoins de l’armée le requerront“ (Art. I, S. 1; auch gedruckt z.B. bei Frauenholz, Entwicklungsgeschichte, S. 93). Die dem französischen Modell folgende Regelung für Westphalen findet sich im Königlichen Dekret betr. die „Militär-Conscription“ vom 25. April 1808, BLDRW 1 (1810), S. 700-767 (franz./dt.), hier Sekt. I, Tit. I, Art. 4, S. 702/703, präzisiert im königlichen Dekret, „welches das Gesetzbuch der Militär-Conscription für das Königreich Westphalen enthält“, vom 16. November 1809, BLDRW 4 (1811), S. 272-415 (franz./dt.), hier Abt. I, Tit. I, Art. 4, S. 273/275.

1283

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, BayHStA Staatsrat 260, S. 6: „§ 18. Die Militärpflichtigen von der zum Dienste aufgerufenen Altersklaße im ganzen Königreiche bilden überhaupt die eigentliche Maße zur Ergänzung oder nöthig werdenden Verstärkung der aktiven Armee so, daß die Jünglinge ohne Rüksicht auf die Kreise, woraus sie gestellt wurden, in die verschiedenen Regimenter oder Bataillons der Armee einverleibt werden können.“

1284

Ebd., S. 6-11.

1285

Ebd. S. 9f.: „§ 26: Jeder Militärpflichtige, welcher es vernachläßigen, oder sich weigern würde, entweder selbst bei der Verfertigung oder Berichtigung der Konscripzions-Listen zu erscheinen, um sich einschreiben zu laßen, und die erforderliche Auskunft und verlangte Aufklärung abzugeben, oder an deßen statt weder die Eltern, Vormünder, noch ein hiezu bevollmächtigter Verwandter oder Freund erscheint, wird von Amtswegen in die Liste eingetragen. Derselbe verliert dadurch, wenn er tauglich zu Militärdiensten ist, nicht allein allen Anspruch auf die Einstellung eines andern Mannes, sondern auch das Recht mit den übrigen Konscribirten zu loosen, und wird in der Liste als derjenige bezeichnet, welcher zuerst einzureihen ist.“

1286

Ebd., S. 11-13.

1287

Ebd., S. 11f.: „§ 30. Das geringste Maas ist fünf Fuß, vier Zoll, sechs Linien (fünf Fuß rheinisch). Jeder Konscribirte, welcher auf bloßen Füßen gemeßen, das eben bezeichnete Maaß hat, kann also zum wirklichen Dienste in der Linie der Armee eingereiht werden.“

1288

Ebd., S. 13: „§ 34. Das Maas für die verschiedenen Waffen-Gattungen, welche bei der Eintheilung der Einreihungs-Mannschaft in die Regimenter und Bataillons als das Minimum für jede zu berücksichtigen ist, wird hiemit dergestalt festgesezt, daß a) bei der Artillerie der Mann mit fünf Fuß eilf Zoll (5 Fuß 6 Zoll rheinisch) und darüber, b) bei der Kavallerie mit fünf Fuß neun Zoll bis sechs Fuß zwei Zoll (5 Fuß 4 Zoll 2 Linien bis 8 Zoll 10 Linien rheinisch), c) bei dem Fuhrwesen mit fünf Fuß acht Zoll (5 Fuß 3 Zoll 3 Linien rheinisch), d) bei der gesammten Infanterie, sowohl den Linienregimentern als leichten Bataillons mit fünf Fuß vier Zoll sechs Linien (5 Fuß rheinisch) und darüber eingetheilt werden müße.“

1289

Ebd., S. 13f.

1290

Ebd., S. 15-18.

1291

Ebd., S. 16f.: „§ 42. Diejenigen Konscribirten von der aufgerufenen Klaße, welche weder als das Kontingent zur Einreihung, noch als jenes für die Ergänzung bei der Ziehung durch das Loos bezeichnet worden sind, bilden die Reserve. Die Konscribirten der Reserve sind verpflichtet, sich nach der Ordnung der von ihnen gezogenen Nummern zu stellen, a) wenn die Konscribirten der Ergänzung durch sie wieder ersezt werden müßen, oder b) wenn die Reserve selbst entweder ganz oder zum Theile zur wirklichen Einreihung einberufen wird.“

1292

Die mit Organischer Verordnung vom 6. Juli 1809 eingerichtete Nationalgarde (RegBl. 1809, Sp. 1093-1112) gliederte sich in drei Klassen „nach den Graden der Ansprüche, welche an ihre Verbindlichkeit zur Landes-Vertheidigung gemacht werden“ (§ 2, Sp. 1094). Zur 2. Klasse der Nationalgarde gehörten diejenigen Männer, „welche nur in Zeiten wirklicher Gefahr aufgeboten werden, innerhalb der Grenzen des Reiches die Sicherheit und Ordnung gegen innere und äussere Feinde handzuhaben“ (§ 2 II, ebd.). Zur Entstehung der Verordnung vgl. Protokolle Bd. 3, Nr. 38 (Geheimer Rat vom 6. Juli 1809), S. 422-430.

1293

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, S. 17: „§ 43. Die Konscribirten, welche gemäß der durch das Loos erhaltenen Bestimmung zur Ergänzung oder Reserve gehören, bleiben bis zu dem Augenblike, wo sie zur Einreihung in die Armee für das Militär verpflichtet werden ihrer Zivilobrigkeit in allem unterworfen. Dieselben, besonders jene von der Ergänzung – dürfen aber, wenn sie ihren Konscripzionsbezirk auf einige Zeit verlaßen wollen, dieses ohne vorgängige Anzeige an den Beamten dieses Bezirkes, und ohne von diesem erhaltene Erlaubniß nicht eigenmächtig thun.“

1294

Ebd., S. 19f.

1295

Ebd., S. 20-22.

1296

Ebd., S. 23-25.

1297

Ebd., S. 24: „§ 56. Definitiv von der wirklichen Einreihung sind befreit: […] d. Jeder Sohn jener Eltern, welche auf die eben bemerkte Art drei Söhne unter den Fahnen verloren haben.“

1298

Gemäß königlichem Dekret betr. die „Militär-Conscription“ vom 25. April 1808, Sekt. I, Tit. VII, Art. 47 Nr. 8, war in Westphalen „jeder Sohn einer Familie, welche drei Söhne unter den Fahnen verloren hat“, von der Konskription befreit, BLDRW 1 (1810), S. 732f./735f. (franz./dt., Zitat S. 735), wiederholt im königlichen Dekret vom 16. November 1809, Abt. I, Tit. II, Art. 11 Nr. 3, BLDRW 4 (1811), S. 276/277 (franz./dt.). Eine gleichlautende Norm für Frankreich hat der Bearbeiter der vorliegenden Edition nicht gefunden. Vgl. aber die französischen Gesetze vom 5. September 1798 (BLRF 2. Serie, Tl. 6 [1798], Nr. 223, S. 1-16, laufende Nr. 1995), 8. März 1800 (BLRF 3. Serie, Bd. 1 [1800], Nr. 12, S. 1-4, laufende Nr. 89) und 12. November 1811 (Instruction générale sur la conscription, Berriat, Législation militaire Bd. 1, Nr. 19, S. 31-73, bes. S. 34-44 zu den Befreiungs- bzw. Zurückstellungsgründen). Vgl. zur Konskription in Frankreich in der Epoche der französischen Revolution und Napoleons: Blanton, Conscription; Pigeard, La conscription, bes. S. 133-143 (Kap. VI.1 über Befreiungsgründe: „Les causes médicales, familiales et les exceptions“); Crépin, Histoire, S. 81-157.

1299

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, S. 25-27.

1300

Ebd., S. 27: „§ 58. Außer den in den vorhergehenden §en angeführten Fällen sind von der wirklichen Einreihung vorläufig befreit: […] f. Auf gleiche Art endlich diejenigen Militärpflichtigen, welche in einem, von der gesamten Akademie der bildenden Künste mit pflichtmäßiger Sorgfalt auszustellenden Zeugniße als vorzüglich ausgezeichnete, und wegen ihrer ganz besondern Anlagen hoffnungsvolle Kunstschüler empfehlen, nebstdem mit Preisen belohnt wurden, oder von dem Staate zur Fortsezung ihrer Kunstausbildung eine Pension oder sonstige Unterstüzung erhalten, so lange sie sich der Ausübung und Ausbildung in der Kunst widmen.“

1301

Aufgabe des Geheimen Rates war es gemäß der Konstitution vom 1. Mai 1808, den König in den „wichtigsten inneren Angelegenheiten des Reichs“ zu beraten. Entscheidungsbefugnisse kamen dem Geheimen Rat bei der Diskussion der Gesetze und „Haupt-Verordnungen“ nicht zu – er hatte nur „eine berathende Stimme“ (Tit. III, §§ 2 u. 3, RegBl. 1808, Sp. 993; vgl. OE betr. die „Bildung des geheimen Raths“ vom 4. Juni 1808, Tit. II, Artt. 1-5, ebd., Sp. 1331). Die Entscheidung lag insoweit immer beim König als Inhaber der Staatsgewalt.

1302

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, BayHStA Staatsrat 260, S. 27: „§ 58. […] e) Eben dieselbe Begünstigung kömmt denjenigen zustatten, welche in allen sowohl Gymnasial als Lyzealklassen sich durch besondere Talente, durch gemachte vorzügliche Fortschritte, durch stets fortgesezte fleißige Verwendung und durch anhaltende gute Aufführung so auszeichnen, daß sie durch alle diese Klaßen sich immer unter dem ersten Drittheile der Besten in jeder dieser Klaße befinden, und welche sich durch fortgesezte Studien auf den hohen Schulen *oder anderen öffentlichen Anstalten* [Ergänzung von anderer Hand] für den Dienst des Staates, das geistliche oder öffentliche Lehramt, und für die Heilkunde bilden.“

1303

Ebd., S. 28-34.

1304

Ebd., S. 28-30: „§ 60. Die Begünstigung, an das Ende der Reserve gestellt zu werden, wird bewilliget: a) dem einzigen Sohne (er möge leiblich, adoptirt, oder legitimirt seyn) einer Wittwe, seie diese nun die Mutter, Stiefmutter, oder nach dem Tod seiner Eltern die Großmutter, welche erweislich von diesem Sohn ernährt, und unterstüzt wird; b) dem einzigen Sohne einer Mutter oder eines Vaters, nach dem Tode seiner Eltern der Großmutter oder des Großvaters, welcher *oder welche* [Ergänzung von anderer Hand] zu der Zeit, wo der Sohn in die Jahre der Militärpflichtigkeit getreten ist, das sechzigste Jahr zurük gelegt haben sich blos von seiner *ihrer* [Ergänzung von anderer Hand] Händearbeit ernährte *[ernährt]en* [Ergänzung von anderer Hand], Schwächlichkeit oder sonstiger Gebrechen halber aber seinen *ihren* [Ergänzung von anderer Hand] Unterhalt durch eigene Arbeiten zu verschaffen nicht mehr oder nur sehr schwer im Stande ist *sind* [Ergänzung von anderer Hand], und daher von dem Sohne erweislich unterstüzt, und erhalten werden, c) dem Militärpflichtigen, welcher in den beiden unter dem vorstehenden Buchstab b) bemerkten Fällen zwar einen oder mehrere Brüder hat, welche aber entweder das achtzehente Jahr noch nicht erreicht haben, oder mit solchen bleibenden Gebrechen behaftet sind, welche sie ganz außer Stand sezen, ihre Eltern zu unterstüzen; d) dem ältesten Bruder vater- und mutterloser, noch nicht achtzehen Jahr alter Kinder, deren mit Einschluß seiner wenigstens drey sein müßen, wenn sie so vermögen- und brodlos sind, daß derselbe zu ihren Unterhalte und Führung des Hauswesens unentbehrlich befunden wird; e) dem von den früheren Einreihungen mehrerer Brüder einzig übrig gebliebenen Sohne einer Oekonomie oder sonst ein Gewerbe treibenden Familie, die Brüder, ohne Unterschied aus welcher Ehe, und ob sie als Konscribirte eingereiht, oder als freiwillig Angeworbene oder durch Untersuchung der Nummern mit der eines andern Konscribirten zugegangen sind, müssen aber wirklich bei der aktiven Armee im Dienste stehen oder darin verstorben seyn. Diese Begünstigung hat also nicht statt, wann einer dieser Brüder mit Abschied zu der Zeit, in welcher der leztere Bruder zum Militärdienste aufgerufen wird, bereits wieder entlaßen worden ist.“

1305

Gemeint ist: vielfache – und damit die grammatikalische Umstellung von der Singular- in die Pluralform.

1306

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, S. 34f.

1307

Vgl. Protokolle Bd. 3, Nr. 15 (Staatskonferenz vom 8. September 1808), S. 213f., TOP 5.

1308

[Entwurf eines] „Conscriptions-Gesez[es]. Erste Abtheilung“, S. 27.

1309

Ebd., S. 35-38.

1310

Ebd., S. 38-40.

1311

Ebd., S. 39: „§ 79. Der Einsteller hat die Verantwortlichkeit und Haftung auf sich, daß der von ihm gestellte Ersazmann alle jene Eigenschaften besitze, welche in dem zweiten Abschnitte gegenwärtigen Titels vorgezeichnet sind. Derselbe ist strafbar, wenn er Gebrechen des Einstehers, welchen [!] nicht in die Augen fallen, und bei der Untersuchung nicht entdekt werden können, verheimlichet, oder zu solch einer Verheimlichung mitwirkt. Außerdem hat der Einsteller, wenn er den Ersazmann gestellt und die Einstandssumme erlegt, oder hinlänglich versichert hat, seiner Konscripzionspflicht vollkommen Genüge geleistet und ist von derselben zu entlaßen.“

1312

Ebd., S. 40-42.

1313

Ebd., S. 40f.: „§ 82. Die Festsezung der von dem Einsteller seinem einstehenden Ersazmanne zu bezahlenden Summe, bleibt der Privatübereinkunft überlaßen. Sie muß aber entweder in vollgültigen, gerichtlichen Hypothekbriefen oder baar amtlich deponiret, und darf im lezten Falle zum Vortheile des Einstehers unter gerichtlicher Haftung nur auf liegende Gründe oder Gebäude gegen hinlängliche Sicherheit verzinslich, jedoch so bald möglich, vom Amte angelegt, übrigens aber in keinem Falle, die Veranlaßung mag seyn, welche sie auch immer wolle, einsweilen zu irgend einem andern Zweke verwendet werden. Die Zinsen werden dem Einsteher verabfolgt.“

1314

Ebd., S. 42-45. Der 5. Abschnitt des Gesetzentwurfs umfaßt tatsächlich die §§ 87 bis 92.

1315

Ebd., S. 46-53.

1316

Ebd., S. 43f.: „§ 88. Dieses Eintreten und vertauschen ist wechselseitig und zwar dergestalt, daß der zur wirklichen Einreihung bestimmt gewesene Konscribirte in die nemliche Stelle und den nemlichen Nummer einrükt, welche der mit ihm tauschende Mann entweder in der Klaße der Ergänzungs-Mannschaft, oder in der Reserve erhalten hat, daß also durch eine solche Vertauschung weder irgend eine Verbindlichkeit der wechselseitig in die Stelle des andern eintretenden Konscribirten *aufgehoben* [Ergänzung von anderer Hand] noch die Ordnung der Nummern geändert werde.“

1317

Ebd., S. 46: „§ 93. Kein Baier darf, so lange er in den Jahren der Militärpflichtigkeit steht zur Ansäßigmachung, seye es durch Güter oder Gewerbe, zur Verheirathung, überhaupt zur Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte, oder zu irgend einem öffentlichen Amte zugelaßen werden, und er kann, wenn er auch schon in der ersten Altersklaße noch nicht aufgerufen worden ist, die Entlassung von der Militärpflichtigkeit *in der Regel* [Ergänzung von anderer Hand] nicht eher erhalten, als bis von ihm durch eine förmliche Entlaßungsbescheinigung nachgewiesen wird, daß er den Gesezen der Konskripzion Genüge geleistet habe.“

1318

Ebd., S. 53f.

1319

Zum Fortgang: Nr. 59 (Geheimer Rat vom 27. Februar 1812).