BayHStA Staatsrat 273

3 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.

Dienstverhältnisse der Staatsdiener

Asbeck hält einen Vortrag über die Dienstverhältnisse der Staatsdiener. Ausgangspunkt ist die Dienstpragmatik von 1805. Asbeck diskutiert vier Grundsatzfragen. Ihm folgt Feuerbach, der ebenfalls über eine Grundsatzfrage vorträgt. Sodann verliest Asbeck die Stellungnahmen der Mitglieder der Geheimratskommission zu den Grundsatzfragen und formuliert, wie die Dienstpragmatik geändert werden könnte. Der Geheime Rat beschließt, in der nächsten Sitzung über die Anträge abzustimmen.

{1r} Aufgerufen von Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz-Minister Herrn Grafen von Montgelas, welche bei Verhinderung Seiner Majestät des Königs in der auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung den Vorsiz {1v} führten, erstatteten Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek den wegen den Verhältnißen der Staatsdiener bearbeiteten Vortrag, der in einer dazu beauftragten geheimen Raths-Kommißion bereits geprüft worden, und mit seinen Beilagen dem gegenwärtigen Protokolle anliegt1642. *Beilage I* [Marginalie]

Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek lasen zuerst die in dem Sections-Protokolle vom 25 Februar dieses Jahres *Beilage II* [Marginalie] aufgenommene Vorerinnerungen und die Meinung der geheimen Raths-Kommißion hierüber ab1643, und giengen dann zu Ablesung des lytographirten Vortrages selbsten über.

Als Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek diesen Vortrag bis zu jenen Vorschlägen beendiget, welche Sie einsweil, und bis ein von Seiner Majestät dem Könige bestätigtes Gutachten des königlichen geheimen Rathes über die Haupt-Grundsäze erfolget, ohne welches eine Revision der Dienstes-Pragmatik1644 mit vollem Effekte nicht vorgenommen {2r} werden könne, vorlegen zu können geglaubt, um einige Gesichtspunkte aufzustellen, wie den in dem königlichen Reskripte ausgedrükten allerhöchsten Absichten wenigstens zum Theile, da dieses ganz noch nicht möglich, zu entsprechen seie, und nachdeme Dieselben folgende 4 Fragen nach Ihren dargelegten Grundsäzen und Ansichten beantwortet 1) Welche Bedienstete sind als Staats-Diener anzusehen? 2) Können administrative Staatsdiener nur lediglich in Form richterlicher Untersuchung und Erkenntniß entlaßen werden? 3) Welche Förmlichkeiten sind zu beobachten, wenn ein administrativer Staatsdiener ohne Dazwischenkunft des Richters entlaßen werden will? 4) Wie soll der Lebens-Unterhalt solcher Funkzionärs, die keine Staatsdiener sind, aber durch genaue Erfüllung ihrer Pflichten der Gnade des Regenten sich würdig gemacht haben, und wegen hohen Alters oder physischer {2v} Gebrechlichkeit dienstunfähig werden, sicher gestellt, und wie für ihre Hinterlaßenen gesorgt werden?, auch Ihre Ansichten hierüber vorgelegt hatten, trugen Herr geheimer Rath von Feuerbach *Beilage III* [Marginalie] die in dem Sizungs Protokolle vom 10 Merz dieses Jahres aufgenommene Erklärung der Frage vor1645: welche Garantie dem Staate und dem öffentlichen Dienste rüksichtlich der Staatsdiener durch gesezliche Bestimmungen und Formen gegeben werden müße, und in dem Entwurfe des neuen peinlichen Gesezbuches gegeben worden, und lasen aus dem Entwurfe dieses peinlichen Gesezbuches das 6te und 7te Kapitel *Beilage IV und V* [Marginalie] von den besondern Verbrechen1646 und Vergehen1647 der Staatsdiener und öffentlichen Diener, so wie die Ansichten der Mitglieder der geheimen Raths-Kommißion über die Lösung dieser Frage ab.

Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek nahmen hierauf wieder das Wort, und lasen die Abstimmungen der Mitglieder der geheimen Raths-Kommißion über die in dem Vortrage enthaltene 4 Fragen aus dem Protokolle vom 10 Merz, und den Schluß Ihres Vortrages, die Vorschläge vor, welche {3r} Ihrer Meinung nach angewendet werden könnten, um eine Aenderung der Dienstes-Pragmatik nach den allerhöchsten Absichten zu treffen.

Der königliche geheime Rath, welcher diese Vorträge und die darin enthaltene Vorschläge, so wie die Sekzions-Protokolle der geheimen Raths-Kommißion angehört

beschloß, die heutige Sizung aufzuheben, und in der nächsten nach der durch diese Vorträge erhaltenen Aufklärung und Vorbereitung zur Abstimmung über die verschiedene Fragen zu schreiten, Seine Majestät den König aber von diesem gefaßten Beschluße durch das Protokoll allerunterthänigst in Kenntniß zu sezen1648.

Der König genehmigt die Fortsetzung der „Berathschlagungen“ in der nächsten Sitzung des Geheimen Rates (9. Juni 1812).

Anmerkungen

1642

Asbeck, „Vortrag. Die Verhältniße der Staatsdiener betreffend“, 78 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273. Konzept des Vortrages: BayHStA Staatsrat 1845, S. 57-119.

1643

„Protokoll der auf allerhöchsten Befehl am 25. Februar 1812 über die Revision der Staatsdienstes-Pragmatik gehaltenen Sizung der Finanzsekzion des königlichen geheimen Rathes“, 9 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273. Sitzungsteilnehmer: Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Törring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; Graf v. Thurn und Taxis; v. Krenner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach. Vorstufe der Lithographie war das Sitzungsprotokoll mit Unterschriften der Teilnehmer: BayHStA Staatsrat 1845, S. 49-56.

1644

VO betr. die „Verhältnisse der Staatsdiener, vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und Gehalt“ vom 1. Januar 1805, RegBl. 1805, Sp. 225-241 = DVR Bd. 2, Nr. 258, S. 426-436; Auszug: Schimke, Regierungsakten, Nr. 76, S. 400-410.

1645

„Protokoll der auf allerhöchsten Befehl am 10n März 1812 über die Revision der Staatsdienstes-Pragmatik gehaltenen Sitzung der Finanz-Sekzion des königlichen geheimen Raths“, 26 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273. Sitzungsteilnehmer: s. Sitzung vom 25. Februar 1812.

1646

„Strafgesezbuch I Th[ei]l. II. B[u]ch. II. Titel. Siebentes Kapitel. Von den besondern Verbrechen der Staatsbeamten und öffentlichen Diener“, Artt. 210-225, 7 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273 („Beylage IV“) = StGB 1813, Tl. 1, Buch 2, Tit. 2, Kap. 7, Artt. 351-366 (S. 137-142).

1647

„Strafgesezbuch I Th[ei]l. III. B[u]ch. II. Titel. Sechstes Kapitel. Besondere Vergehen der Staatsbeamten und öffentlichen Diener“, Artt. 71-93, 11 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273 („Beylage V“) = StGB 1813, Tl. 1, Buch 3, Tit. 2, Kap. 6, Artt. 437-459 (S. 168-176).

1648

Zum Fortgang: Protokoll Nr. 74 (Geheimer Rat vom 11. Juni 1812).