BayHStA Staatsrat 276
20 Blätter. Unterschriften der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.
Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; Freiherr v. Asbeck; Graf v. Welsberg.
Gutsherrliche Gerichtsbarkeit
Montgelas schlägt vor, wie in der Diskussion über den Entwurf eines Edikts über die gutsherrliche Gerichtsbarkeit vorgegangen werden soll. Nachdem der Geheime Rat dem Vorschlag zugestimmt hat, beginnt Aretin seinen Vortrag mit Hinweisen zur Genese des Entwurfs. Aretin weist darauf hin, daß er sich nicht mehr mit der Frage beschäftigt hat, ob die gutsherrliche Gerichtsbarkeit künftig beibehalten werden soll – diese Frage ist vom König bereits bejahend entschieden worden. Sodann beginnt er mit dem Vortrag über die einzelnen Paragraphen des Entwurfs. Zu § 1 wird der Grundsatz betont, daß die gutsherrliche Gerichtsbarkeit ausschließlich auf den Souverän zurückgeht. Insbesondere über die Paragraphen 2, 8, 9, 10, 11, 13, 19 und 23 wird kontrovers diskutiert. Dabei tritt vor allem Carl Maria Graf von Arco mit Kritik am Entwurf und entsprechenden Änderungsanträgen hervor. Die Diskussion wird bis einschließlich § 47 geführt.
{1r} Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas, welche bei Verhinderung Seiner Majestät des Königs in der auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung den Vorsiz {1v} führten, äußerten, daß die zwekmäsigste Art des Vortrages zu Prüfung des vorliegenden Gegenstandes wohl diese sein würde, den nach den Beschlüßen der geheimen Raths Kommißion verfaßten und lytographirten Entwurf über die gutsherrliche Gerichtsbarkeit1681 abzulesen, die Motive und Erinnerungen jedem einzelnen Artikel aus den Protokollen1682 beizufügen, und dann die Mitglieder des geheimen Rathes zu Abgebung Ihrer Meinungen aufzurufen, indeme die Ablesung der Hauptvorträge des Referenten der Lehen- und Hoheits-Section1683, so wie des Legazions Rathes von Hörmann1684 und der verschiedenen Entwürfe dem geheimen Rathe durch die frühere Vertheilung schon bekannt und von der geheimen Raths Kommißion bereits gewürdiget worden.
Da der königliche geheime Rath diesem Vorschlage des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz beistimmte, so riefen Dieselben den Herrn geheimen Rath Freiherrn von Aretin auf, auf diese Art den Gegenstand der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit vorzutragen.
Dieser Aufforderung {2r} entsprechend, und nach der Bemerkung, wie es zur Zusammenstellung der verschiedenen Ansichten zwekmäsig sein dürfte, wenn ein Mitglied des königlichen geheimen Rathes den Edicts-Entwurf des Referenten der Lehen- und Hoheits Section mit dem, der heute dem versammelten geheimen Rathe zur Prüfung vorgelegt werde, vergleichen, und auf die bedeutende Abweichungen aufmerksam machen würde, lasen Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin den in der Beilage I angefügten *Beilage I* [Marginalie] kurzen Vortrag1685, und darin das an den königlichen geheimen Rath wegen diesem Gegenstande unterm 22 Dezember vorigen Jahres an den königlichen geheimen Rath ergangene allerhöchste Reskript1686 ab, und führten an, wie die Lehen- und Hoheits Section und wie Sie als geheimer Raths Referent verfahren, um den Ihnen nach diesem allerhöchsten Reskripte gewordenen Auftrag zu erfüllen, dann welche Ordnung des Vortrages Sie in Vorschlag gebracht, und wie dieselbe bei der geheimen Raths Kommißion nach dem Protokolle No I angenommen worden1687. *Beilage II* [Marginalie]
{2v} Nach der Bemerkung, daß Sie in die bereits von Seiner Majestät dem Könige entschiedene Frage: ob die gutsherrliche Gerichtsbarkeit in Zukunft beibehalten werden dürfe? nicht mehr eingegangen, sondern sich blos auf die nähere Darlegung der Bedingungen beschränkt, unter welchen diese Gerichtsbarkeit fortbestehen solle, wobei Sie die in dem allerhöchsten Reskripte gegebene direktive Normen zum Grunde gelegt, auch als überflüßig und ohne Zwek beurtheilet, eine Geschichte der Patrimonial Gerichtsbarkeit in den verschiedenen Theilen des Königreiches dieser Arbeit vorauszuschiken, giengen Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin zur Vorlage des Entwurfes1688 *Beilage III* [Marginalie] des organischen Edictes über die gutsherrliche Gerichtsbarkeit nach den Beschlüßen der geheimen Raths Kommißion entworfen, über, und gaben zuerst an, nach welcher Oekonomie dieses Edict eingetheilt, dann lasen Sie den Eingang zu dem Edicte selbsten vor.
Rüksichtlich dieses Einganges äußerten Sie, daß derselbe nach verschiedenen Gesichtspunkten entworfen gewesen. Sie {3r} entwikelten jenen des Referenten der Lehen und Hoheits Section, und dann jenen der Lehen und Hoheits Section, welch leztem Sie auch gefolget und nur gesucht, alle Weitläufigkeiten zu vermeiden, und durch Aufzälung der einschlägigen Declarationen, Edicten und Verordnungen anzudeuten, daß man nichts Neues, sondern eine bloße Zusammenstellung der bestehenden Normen gebe.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz-Minister Herr Graf von Montgelas forderten, nachdeme die Ansichten der geheimen Raths Kommißion hierüber vorgetragen waren, sämmtliche Mitglieder des königlichen geheimen Rathes auf, ihre allenfallsige Erinnerungen über diesen Eingang zu dem organischen Edicte über die gutsherrliche Gerichtsbarkeit abzugeben.
Da hiegegen keine Bemerkungen gemacht wurden,
so bestimmte sich der königliche geheime Rath, den vorgeschlagenen Eingang anzunehmen, zugleich aber festzusezen, daß zu Beförderung des Geschäftes jeder § des Edictes, gegen welchen nach Vortrag seiner Faßung und der solche veranlaßt habenden Motive keine Erinnerung {3v} gemacht werde, als angenommen betrachtet werden solle.
Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin trugen nunmehr den ersten Titel des organischen Edictes Allgemeine Bestimmungen über die Bildung der gutsherrlichen Gerichten und die denselben bildende §§ 1 bis 22 vor1689.
Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin wiederholten die wegen dieser Überschrift *Beilage IV* [Marginalie] des 1ten Titels in dem Protokolle No 2 gemachte Bemerkungen1690, und lasen die §§ 1 und 2 ab.
Dem § 11691 fügten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin die Bemerkung bei, daß absichtlich hier der Name Patrimonial-Gerichtsbarkeit und alles vermieden worden, was diese Gerichtsbarkeit als ein Privilegium und nicht als ein Rechts-Institut des Staates, als einen einwirkenden Theil der Gerichts-Verwaltung darstelle, indeme aus der Erfahrung sich herleiten laße, daß der sonst gebräuchliche Name und die Gattung eines Privilegii, wofür man solches immer angesehen, vieles beigetragen, dieses Institut bisher so gehäßig zu machen.
In der Faßung des § 1 hätten Sie Referent und die {4r} geheime Raths Kommißion geglaubt, einen Ausweg hiegegen zu finden, und nach mehreren gesuchten Ausdrüken seie die Kommißion bei dem in der Faßung aufgenommenen aus deßen besonderer Ermächtigung ausgeübt als dem geeignetesten stehen geblieben.
Der § 21692, den die geheime Raths Kommißion wegen seiner engen Verbindung mit dem § 1 zugleich der Discußion unterworfen, habe mehrere Erinnerungen veranlaßt, deren Wichtigkeit nothwendig mache, die in dem Protokolle No 2 deßwegen aufgenommene Aeußerungen abzulesen. Nachdeme dieses durch Herrn geheimen Rath von Zentner geschehen war, bemerkten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin, daß die geheime Raths Kommißion sich zu der Faßung, wie sie im Entwurfe aufgenommen, vereiniget habe.
Des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz fanden sich aufgerufen, zu erinnern, daß der lezte Saz des § 2 nur derjenige, welcher das baierische Indigenat hat, ist derselben fähig {4v} große Anstände rüksichtlich der Forensen veranlaßen, und von benachbarten Staaten auf dem Wege der Retorsion ebenfalls angewendet, für baierische Besizer im Auslande die nachtheiligsten Folgen haben würde; hier, wo es sich vom Eigenthume handle, seie es schwer eine solche Bestimmung auszusprechen, ohne daß sie auf die baierische Unterthanen zurükwirke, und besonders den Besizern in den neuen Gebiets Theilen des Reiches, welche im Auslande beträchtliche Güther hätten, den bedeutendsten Schaden verursache. Wenn auch diese Bestimmung als Regel beibehalten werden sollte, so glaubten sie dennoch unumgänglich nöthig, eine Ausnahme festzusezen, wodurch diese Regel als auf Staats Verträge und besondere königliche Bewilligungen nicht anwendbar erkläret werde.
Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin wiederholten Ihre Gründe aus dem Protokolle No 21693, aus welchen Sie veranlaßt worden, diese Bestimmung in Antrag zu bringen, und dadurch die nothwendige Folge herbeizuführen, daß alle diejenige, welche nur bürgerliche aber keine staatsbürgerliche Rechte genießen, Frauenzimmer {5r} und Forensen von dem Besize einer solchen Gerichtsbarkeit, welche Ihren Ansichten nach nicht als ein blos dem Grunde und Boden inhärirendes, sondern als ein politisches Recht betrachtet werden müße, ausgeschloßen würden.
Da aber die von des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz angegebene Gründe eine vorzügliche Rüksicht verdienten, so machten Sie den Vorschlag, diesem lezten Saz des § 2 folgenden Beisaz zu geben: „vorbehaltlich der Fälle, wo durch besondere Staats-Verträge oder besondere königliche Bewilligungen eine Ausnahme gestattet wird.“
Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco erklärten sich aus den von Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas geäußerten wichtigen Gründen, und weil die Motive, welche zu Aufnahme dieses lezten Sazes in § 2 angebracht worden, Ihnen weder erheblich noch hinreichend scheinen, um eine solche Maaßregel, die in ihren Wirkungen viele Nachtheile für baierische Unterthanen {5v} hervorbringen könne, zu ergreifen, für gänzliche Auslaßung dieses lezten Sazes, und ein Forense und Frauenzimmer diese gutsherrliche Gerichtsbarkeit doch nicht anders als durch einen königlichen Unterthan ausüben laßen könne, folglich jede Besorgniß sich verliere.
In Folge verfügter Umfrage theilten Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg und alle Herrn geheimen Räthe die Ansichten Seiner Excellenz des königlichen geheimen Staats und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Montgelas und den Vorschlag des Herrn geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco, indeme sie die Bestimmungen dieses lezten Sazes nach der neueren Darstellung als zu hart beurtheilten, wovon große Reklamazionen und Nachtheile zu besorgen, und wobei alle Besorgniß verschwinde, sobald die Forensen und Frauenzimmer verbunden, alles das zu leisten, was einem baierischen Unterthanen auferlegt werde, und die Regierung gewiß seie, daß nur ein baierischer Unterthan die Jurisdiction exerzire.
{6r} Es wurde sohin beschloßen
die §§ 1 und 2 nach ihrer Faßung zwar anzunehmen, in dem lezten jedoch den Saz am Schluße nur derjenige, welcher das baierische Indigenat hat, ist derselben fähig auszulaßen.
Den §§ 31694, 41695 und 51696 wurden die in dem Protokolle No 2 aufgenommene Erklärungen1697 beigefügt, und vom Herrn geheimen Rathe Freiherrn von Aretin bemerkt, daß die Bestimmungen aus dem älteren Edicte wegen der Patrimonial-Gerichtsbarkeit genommen, und nur deutlicher gefaßt worden1698.
Der Ausdruk im § 3 deßelben Artikels seie hinzugekommen, um auszudrüken, daß wenn in einem geschloßenen Bezirke eine Gerichtsbarkeit anderer Art, z. B. eine Kriminal-Gerichtsbarkeit ausgeübt werde, dieses die Ausübung der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit nicht hindern könne; der deßwegen aufgestellte Begriff seie öfters mißverstanden worden, und es seie eine Frage, ob er nun deutlich genug gegeben seie.
Die Faßung der §§ 3, 4 und 5 unterlag keiner Erinnerung, und wurde so
wie der § 61699
angenommen.
{6v} § 71700. Diesem §, der in dem Edicte über die Patrimonial Gerichtsbarkeit nicht enthalten, fügten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin aus dem Protokolle No 2 die Ursache bei, aus welcher derselbe in dem organischen Edicte aufgenommen worden1701.
Ohne Gegenbemerkung erhielt derselbe nach verfügter Umfrage
die Beistimmung des königlichen geheimen Rathes.
§ 81702. Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin sezten die Veranlaßung auseinander, wodurch Sie als Referent und die geheime Raths Kommißion zu dem Vorschlage der Infeudation1703 geführt worden, daß hiebei aber die Infeudation nicht von einzelnen Gerichtsholden allein verstanden, sondern der ganze Gerichts Komplex zu Lehen aufgetragen werden müße, wie solches in dem Protokolle No 2 näher entwikelt und dem geheimen Rathe vorgetragen würde.
Bei der über diesen § von des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz verfügten Umfrage äußerten Herr geheimer Rath Graf {7r} Carl [Maria] von Arco folgende von jener des Herrn Referenten und der geheimen Raths Kommißion abweichende Meinung, welche sowohl auf diesen als den § 111704 sich verbreite.
So wie dieser § gefaßt, werde der Zwek der Bildung von Herrschafts Gerichten und Orts Gerichten nicht erreicht werden. Die untern und die höheren Finanz Behörden würden sich (wenn es nur geschehen könne) der nachgesuchten Purification in den meisten Fällen widersezen; sie würden es stets, wenn der unmittelbare Unterthan, der an einen Güterbesizer zu vertauschen komme, mehr werth wäre als diejenige Familie die daran getauscht werden könnte. Der § 11, der diese Schwierigkeit zu heben suche, hebe sie doch nicht ganz, denn vorerst möchten Sie (Graf von Arco) fragen, was denn dieser § unter dem Ausdruke alle von ihm (dem Staate) bezogene gutsherrliche Renten verstehe? Sind darunter auch die aus der Jurisdikzion fließende Renten verstanden oder nicht?
Im ersten Falle würde ja entweder die Jurisdikzion des Herrschafts- oder des {7v} Orts Gerichtes nicht mehr nach dem Sinne des § 4 geschloßen sein, weil ein fremder Jurisdikzions Gefälle Perzipient darin erscheine, oder es müßte der Besizer des Herrschafts- oder Orts-Gerichtes die bezogene Jurisdikzions Gefälle dem Staate vergüten, während dem er doch die Ausgaben auf Besorgung der Jurisdikzions Gefälle auf diese Familie allein zu tragen hätte, was unbillig erscheine und wozu er sich auch nicht leicht verstehen werde. Im zweiten Falle hingegen trete Ihre obige Bemerkung ein, die Finanz Behörde werde eine wohlhabende Familie, von der sich mehr Jurisdikzions Bezüge erwarten ließen, gegen eine minder wohlhabende nicht vertauschen wollen, weil sie dabei Schaden zu nehmen besorge.
Vergebens werde man einwenden, daß sie das, was sie in dem einen Falle bei einem solchen Tausche verliere, bei einem andern wieder gewinne, weil es sich bei diesen Vertauschungen, wozu die Bestimmung des § 4, nämlich die Geschloßenheit des Gerichts Bezirkes den Gutsbesizer zwinge, sehr oft ereigne, daß er die wohlhabende mittelbare Familie gegen die ärmere unmittelbare zu vertauschen {8r} sich bemüßiget finde. Wolle man daher zum Zweke gelangen, so wäre § 8 Ihres mindesten Erachtens so zu faßen:
„Zum Behufe der Purification gutsherrlicher Gerichte erklären Wir Unsere Finanz Stellen verbunden, die Gerichtsbarkeit über Familien, welche unmittelbar unter den königlichen Landgerichten geseßen sind, entweder mittels eines Tausches oder Kaufes an diejenige, welche ein geschloßenes Gericht bilden wollen, anzulaßen, so ferne die Erwerbung deßelben ihme zum Zweke des Zusammenhanges oder der Geschloßenheit und zur Komplirung der vorgeschriebenen Familien Zahl nothwendig ist. Auch durch den Weg der Infeudazion können unmittelbare Familien erworben werden.“
Und im § 11 dürfte zu Vermeidung alles Mißverstandes gesagt werden: Bei dem Tausche und der Infeudazion bleiben von den abgetretenen Gerichts-Geseßenen dem Staate alle bisher von ihme bezogene gutsherrliche Renten (mit Ausnahme jedoch der Jurisdikzions Gefälle) vorbehalten pp.
Biete die Regierung nicht in {8v} so bestimmter Art die Hände zur Entstehung dieser Anstalt, die ihr angenehm zu sein scheine, so werde sie, man dürfe sicher darauf zählen, nie zu Stande kommen.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg und alle übrige Herrn geheimen Räthe vereinigten sich mit der von dem Herrn Referenten und der geheimen Raths Kommißion vorgeschlagenen Faßung des § 8 und so
wurde dieselbe von dem königlichen geheimen Rathe angenommen.
§ 91705. Da dieser § in der geheimen Raths Kommißion mehreren Discußionen unterlag, so wurde für nothwendig erachtet, dieselbe aus dem Protokolle No 2 abzulesen. Die auf den § 9 des Edictes Bezug habende Discußionen wurden aus dem Protokolle vorgetragen, und vom Herrn geheimen Rathe von Krenner unter Beziehung auf Ihre bei der geheimen Raths Kommißion schon abgegebene Meinung geäußert, daß Sie auf den Verlust aufmerksam machen müßten, welcher durch den Austausch begüterter {9r} wohlhabender Unterthanen gegen unvermögende dem Staats Aerar zugehen könnte und würde, und daß besonders seit der neuen Taxordnung1706 eine ergiebige Quelle für Dekung der Ausgaben, so auf die Justiz-Verwaltung zu verwenden kämen, vermindert werde.
Bei der von des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz über den § 9 und die dabei geäußerte verschiedene Ansichten verfügten Umfrage erklärten sich des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz mit der Faßung des § 9 verstanden, bemerkten aber, daß Sie den Aeußerungen des Herrn geheimen Rath von Krenner vollkommen beistimmten, und hierdurch der von dem Justiz Ministerium in mehreren Noten an jenes der Finanzen und bei mehreren Gelegenheiten aufgestellte Saz bestätiget erscheine, daß die neue Tax Ordnung eine ergiebige Quelle für Dekung der Ausgaben seie, so der Staat auf die Justiz Verwaltung zu verwenden kämen, vermindert werde.
Bei der von des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz über den § 9 und die dabei geäußerte verschiedene Ansichten verfügten Umfrage erklärten sich des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz mit der Faßung des § 9 verstanden, bemerkten aber, daß Sie den Aeußerungen des Herrn geheimen Rath von Krenner vollkommen beistimmten, und hierdurch der von dem Justiz Ministerium in mehreren Noten an jenes der Finanzen und bei mehreren Gelegenheiten aufgestellte Saz bestätiget erscheine, daß die neue Tax Ordnung eine ergiebige Quelle für Dekung der Ausgaben seie, so der Staat auf die Justiz Verwaltung verwende, welche diese Ausgaben beinahe deke, und folglich diese Branche auf die ordentlichen Einnahmen des Staates nicht so drükend würde, als behauptet worden.
Alle übrigen Herrn geheimen {9v} geheimen [!] Räthe, Herr geheimer Rath von Krenner unter Beziehung auf seine in dem Protokolle vorgelegte Erinnerungen, äußerten sich mit der Faßung des § 9 verstanden, und
so wurde dieselbe angenommen.
§ 101707. Bei diesem § wiederholten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin die bei der Berathung der Lehen und Hoheits Section schon aufgeworfene Frage, ob es nicht räthlich wäre, die Bedingungen der Infeudazion im Allgemeinen festzusezen, und insbesondere das Verhältniß zwischen den Gerichtsholden, welche der Staat den Privaten lehenweis überlaßen wolle, und jenen welche diese demselben zu Lehen auftragen müßten, näher zu bestimmen. Inzwischen habe man sich aus den in dem Protokolle No 2 angeführten Gründen überzeugt, daß dieses mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden, weil dabei zu vieles auf individuelle Verhältniße ankomme.
Herr geheimer Rath von Krenner stellten ein Bild auf, wohin die Bestimmungen dieses §, womit Sie sich zwar in den Sectionen verstanden erkläret, führen würden, und wie sehr dieses auf {10r} die Gerichts Verfaßung und den Staats Organismus einwirken werde. Die Landgerichts Eintheilung werde sich bedeutend ändern, und der Staat werde oft gezwungen sein, Unterthanen an ein Herrschafts Gericht abzugeben, weil die Trennung von dem Landgerichte durch ein Herrschafts Gericht die Aufsicht über diese erschwere, und den ganzen Gerichtsgang lähme. Eine später entworfen werdende Karte des Königreichs, worauf alle Herrschafts Gerichte bezeichnet, werde dieses anschaulicher darstellen, und der Erfolg Ihrer Vermuthung, wie tief diese Maaßregeln, nicht nur in finanzieller sondern auch gerichtlicher Beziehung eingreifen, rechtfertigen.
Die hierüber verfügte Umfrage hatte die Folge, daß des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz und alle Herrn geheimen Räthe sich mit der Faßung des § 10 vereinigten, Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg aber Ihrer Abstimmung beifügten, daß die Ansichten des Herrn geheimen Rath von Krenner allerdings vieles für sich hätten, und Sie sich blos in der Voraussezung mit diesen {10v} Bestimmungen verstehen könnten, daß durch die ministerielle Einschreitungen jeden Mißbräuchen vorgebogen, und allen Veränderungen in dem Staats Organismus so viel möglich entgegen gearbeitet werde, denn sie beurtheilten einen beständigen Wechsel in den Staats Einrichtungen als sehr nachtheilig für den Staat selbsten.
Der § 10 wurde nach seiner Faßung angenommen.
§ 111708. Bei diesem § bemerkten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin aus dem Protokolle No 2, daß derselbe nach dem Antrage des Herrn geheimen Rath von Krenner eine andere, von dem ersten Entwurfe abweichende, und die Faßung erhalten habe, die so eben vorgetragen worden1709.
Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco wiederholten Ihren bei § 8 und 11 im voraus gemachten Vorschlag, hier nach gutsherrlichen Renten zu sezen mit Ausnahme jedoch der Jurisdikzions Gefällen pp.
Mit Ausnahme des Herrn geheimen Rath Grafen von Tassis, welche mit dem Herrn geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco stimmten, erklärten sich alle Mitglieder {11r} mit der vorgelegten Faßung des § 11 verstanden, und
dieselbe wurde daher angenommen.
§ 121710. Dieser § unterlag keiner Erinnerung und
wurde angenommen.
§ 131711. Herr Geheimer Rath Freiherr von Aretin entwikelten die Zweke, die man bei Festsezung eines Termines gehabt, nämlich, um des Erfolges der Instrukzionen, nach welchen bei diesem Arrondissement verfahren werden solle, nach einer bestimmten Zeit gewiß zu sein, und zu wißen, wie viele Herrschafts Gerichte gebildet würden, dann um ein Compelle1712 gegen diejenigen zu haben, die sich dieses Termines nicht bedienten.
Die in dem Protokolle No 2 wegen diesem § aufgenommene Discußionen wurden abgelesen1713, und Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco gaben folgende Aeußerung, die sich auch auf die §§ 21 und 179 beziehet, zu Protokoll:
Ein Termin zur Formazion der Herrschafts- und Orts-Gerichte scheine Ihnen überflüßig, und so wie denjenigen, welche dergleichen bilden wollten, dem öffentlichen Dienste selbst, und in gewißer Beziehung selbst {11v} dem finanziellen Intereße gleich nachtheilig zu sein. Warum sollten nun während eines Zeitraumes von fünfzehen Monaten alle Güterbesizer, und mit ihnen alle Landgerichte, alle Rentämter, alle General Kreis Kommißariate, alle Finanz Direkzionen, und endlich noch die Ministerien der Justiz, der Finanzen und des Innern mit den taußendfältigen Detail Arbeiten gequälet sein, welche diese, vorzüglich auf die Bildung der Ortsgerichte weit greifende Umgestaltung nothwendig veranlaßen müßte?
Wie könnten in Zeit von 15 Monaten alle Vertauschungen, Einkäufe, alle wichtige Verhandlungen mit den Finanz Stellen vollendet sein, da vorzüglich die lezteren selbst dem eifrigsten Betriebe der Güterbesizer stets die größte Schwierigkeiten, die ermüdendste Unthätigkeit und die entschiedendste Abgeneigtheit entgegen sezen würden, wenn der § 8 des Entwurfes keine andere Faßung und zwar eine solche erhalte, worin der kategorische Imperativ vorhersehend erscheine? Und was könne man endlich für einen gültigen, und wichtigen Grund für die Vorsezung eines Termines anführen? Sie wüßten keinen {12r} anzugeben, als daß es zur Mode der praedominirenden Regierungen Europas geworden ist, jede Maaßregel mit praeklusiven Terminen1714 zu verbinden. Wohl möge diese Festsezung nothwendig sein, wenn es sich um die Erhöhung oder Minderung irgend einer Zolltariffe oder um den Bezug des Vortheiles handle, welche die Regierung zur schnelleren Beitreibung der von ihr ausgeschriebenen neuen Abgabe dem Kontribuzions Pflichtigen einräume, oder wenn es sich um den Einzug und die Vernichtung aller Rechte und Verfaßungen handle.
Hier seie aber von so etwas nicht die Rede, es handle sich um Wiederaufbauung, es frage sich nur darum, ob sich jemand honorische Vorzüge gegen (besonders bei Herrschafts Gerichten) große Verbindlichkeiten Lasten und Ausgaben zu erwerben gedenke?
Warum sollte nun der solche Ehre Erwerbsfähige gezwungen werden (ein Vorhaben, das in den Augen vieler etwas ambitiös erscheinen werde), sogleich zu ergreifen, und das müßen, wenn er es anders in termino praefixo ausführen, und das Resultat wolle vorlegen können? Warum sollte er nebstbei Gefahr laufen, alle seine Bemühungen {12v} Bemühungen [!] und Anstrengungen des geringfügigen Umstandes wegen scheitern zu sehen, daß er gerade die 300te Familie, welche unmittelbar, wegen Verzögerungen der Finanz Stelle nicht erwerben könne? Welcher Nachtheil gehe dann dem Staate dadurch zu, daß dasjenige, was vor dem 1ten Oktober 1813 nicht mehr habe geschehen können, späterhin entweder im Dezember 1813 oder im Juni 1814 oder auch im Jahre 1817 geschehe? Was liege Übles darin, wenn sich noch im Jahre 1830 Herrschafts- und Orts-Gerichte bildeten?
Sie könnten kein Übel darin wahrnehmen, denn wäre wirklich etwas dabei, so sollten sie sich nie, auch während den nächsten 15 Monaten nicht bilden dürfen. Liege aber kein Übel darin, seie die Entstehung derselben sogar mit finanziellen und politischen Vortheilen verbunden, warum sollte das Gute späterhin nicht geschehen dürfen, was man durch einen Termin gleichsam erzwingen zu wollen scheine, und dadurch zugleich übereilen müße, und nur unvollständig herstellen könne?
Gerade in dieser Ehre, welche aus dem Wunsche entspringe, {13r} jede ausgedehnte weit umfaßende Maaßregel sogleich vollendet da stehen zu sehen, liege Ihres Erachtens die Instabilität aller heutigen Anstalten, denn sie verkrüpple nothwendig schon in der ersten Periode ihres Entstehens, weil sie nicht mit gehöriger Umsicht und Bedachtsamkeit vollzogen werde, und man entdeke gerade deßhalb bald nach ihrer Herstellung so viele Fehler an ihnen, denn bei ihrer Geburt seien sie unreif gewesen, deßhalb finde man kein Wohlgefallen an der neuen Gestalt, und suche daher ihre Stelle mit einer andern zu ersezen, welcher, da man ebenfalls sie gleich zu sehen wünsche, bald das nothwendig gleiche Schiksal drohe.
Die Erwägung, daß das Entstehen der neuen Herrschafts- und Orts-Gerichten einen wesentlichen Einfluß auf die künftige objective und subjective Formazion der königlichen Landgerichte werde haben müßen, weil sie deren Grenzen und Seelenzahl nothwendig bedeutend abändern müße, rechtfertige (wenn sie auch zugegeben werde) die Festsezung eines Termines hiezu noch nicht. Nehme man einmal an, es werde vergönnt, die Herrschafts- {13v} und Orts Gerichte succeßive, so wie es die Kräften und die Konvenienz Verhältniße der hiebei intereßirten Theilen gestatteten, zu bilden, was werde daraus in Beziehung auf die Formazion der Landgerichte folgen? Dann die hierdurch veranlaßten Abänderungen in Bestimmung ihrer Klaßen und der Zahl ihres Personals nur dann eintreten würden, wenn es wirklich nothwendig sein werde, eine Folge, welche bei weitem wohlthätiger seie, als ein schnelles und allgemeines Derangement in der dermaligen ob- und subjectiven Formazion der Landgerichten, denen man es bei ihrem ungeheuren dermaligen Geschäfts Rükstande, welcher aus der ungeheuern Maße der heterogensten Geschäfte, womit sie seit 4 Jahren beladen worden, wohl gönnen dürfe, durch Beibehaltung ihres Personals auf einige längere Zeit in den Stand gesezt zu werden, ihre Rükstände zum Vortheile des Staatsdienstes aufarbeiten zu können.
Die fernere Einwendung, daß, wo ferne nicht ein bestimmter Termin fixiret werde, die Besizer der Gerichtsbarkeit über einzelne mittelbare Familien, nicht zum vorhabenden Tausche verhalten werden könnten, hebe sich sehr leicht, wenn man ohne einen allgemeinen Termin {14r} für die Bildung der Herrschafts- und Orts-Gerichten zu sezen in einem besondern §, oder als Anfang zu demselben die Bestimmung treffe: daß der Besizer einschichtiger Gerichts-Holden, welchem ein Gutsbesizer, der ein Herrschafts- oder Orts-Gericht zu bilden im Begriffe stehe, den Eintausch oder den Kauf eines andern oder mehrerer einschichtigen Gerichtsholden um billige Offerte (worüber das betreffende General-Kreis-Kommißariat zu erkennen habe) diese einschichtige Gerichtsholden verliere, wenn er 3 Monate, nachdeme das General-Kommißariat die ihme gemachte Offerte als billig erkannt habe, sich nicht im Wege gütlicher Einverständniß mit demjenigen, der ihme den Tausch oder den Kauf angeboten, ausgeglichen habe. Diese Maaßregel wirke sogar in Beziehung auf Förderung des Geschäftes noch treffender als ein allgemeiner Termin, und seie nicht jenen Nachtheilen unterworfen, welche obgezeigtermaßen ein allgemeiner Termin hervorbringen müße.
Des Herrn Ministers Grafen von Montgelas Excellenz verfügten hierüber die Umfrage.
{14v} Des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz stimmten für Festsezung eines Termines, erklärten sich aber auch dafür, daß derselbe verlängert und allenfalls auf zwei Jahre bestimmt werde, da der Verlauf deßelben doch mit so wesentlichen Nachtheilen verbunden. Daß die Unterbehörden nicht mit bösem Willen bei diesem als nüzlich und nothwendig erkannten Geschäfte und gegen den einmal ausgesprochenen Willen verfahren, dafür würden die einschlägige Ministerien zu sorgen, und die gegen die königliche Befehle Handlende zu Recht zu weisen wißen.
Herr geheimer Rath Graf von Preising stimmten in der Voraussezung für die Faßung des § 13, daß es hinlänglich, wenn ein Gütherbesizer innerhalb dieses Termines das was von ihme gefordert werde, bei den höheren königlichen Stellen einreiche.
Die Herrn geheimen Räthe Graf von Törring, von Zentner, von Effner, Freiherr von Asbek und Graf von Welsperg vereinigten sich mit der Faßung des § 13. {15r} Herr geheimer Rath Graf von Tassis machten den Antrag, den Termin bis zum 1ten Oktober 1814 zu verlängern. Herr geheimer Rath von Krenner praktisch überzeugt, daß in dem gegebenen Termine von 15 Monaten die Sache nicht werde eingeleitet, und nicht in 3 Monaten von den königlichen Behörden erlediget werden würde, machten den Antrag, den Termin im 13en § bis zum 1ten April 1814, und jenen im § 14 bis zum 1ten Oktober 1814 zu erstreken.
Nach den Abstimmungen der Mehrheit
wurde der § 13 von dem königlichen geheimen Rathe angenommen.
§ 141715 und 151716. Da sich alle Mitglieder mit der Faßung dieses § vereinigten, auch in der geheimen Raths Kommißion hiegegen nichts erinnert wurde, und nur Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg die Bemerkung machten, daß in den Fällen, wo es sich um Verlust oder Ausübung der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit handle, das jedesmalige Benehmen des auswärtigen Ministeriums mit jenem der {15v} Justiz nach dem bisherigen Geschäfts Gange eintreten mögte
so wurden die §§ 14 und 15 nach ihrer Faßung angenommen.
§ 161717. Die bei diesem § in der lezten Sizung statt gehabte Discußionen wurden abgelesen, und dadurch die abweichende Meinung des Herrn geheimen Rath von Krenner und des Legazions Rathes von Hörmann zur Kenntniß des königlichen geheimen Rathes gebracht.
Da aber in Folge verfügter Umfrage alle Mitglieder, mit Ausnahme des Herrn geheimen Rath von Krenner, welche bei Ihren dargelegten Ansichten blieben, sich mit der Faßung vereinigten, und der Zweifel des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz, als ob den mediatisirten Fürsten und Grafen dadurch Anlaß zu Beschwerden gegeben werden könnte, durch die Gegenerinnerungen der Herrn geheimen Räthen von Zentner und Freiherrn von Aretin gehoben war, indeme diese zeigten, daß sie nach der Bundes Akte1718 und nach den königlichen Deklarazionen sich hierüber nicht beschweren könnten,
so wurde die Faßung des § 16 beibehalten.
{16r} § 171719. Auch bei diesem § stellten des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz die Frage auf, ob hier die mediatisirten Fürsten und Grafen keinen Anlaß zu Beschwerden finden könnten. Da aber dargethan wurde, daß kein Grund hiezu vorliege, so nahmen Dieselben Ihre Erinnerung zurük, und vereinigten sich so wie alle Herrn geheimen Räthe
mit der Faßung des § 17.
§ 181720. Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin bemerkten, daß, da dieser Artikel ganz neu seie, es nothwendig sein werde, dasjenige zu hören, was das Protokoll No III hierüber enthalte1721. *Beilage V* [Marginalie]
Da diese Stelle des Protokolles abgelesen, und die Umfrage hierüber gestellt war, wobei keine Erinnerung gegen die Faßung gemacht worden
so wurde der § 18 angenommen.
§ 191722. Diesem § fügten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin die Bemerkung bei, daß nur da ein Ortsgericht statt finden könne, wo eine geschloßene Gemeinde seie, und da das Gemeinde-Edict zu einer geschloßenen {16v} Gemeinde 50 Familien erfordere1723, so fließe diese Bestimmung aus den früheren königlichen Verordnungen, welche, wenn sie geändert werden sollten, auch auf dieses Edict einwirken müßten.
Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco äußerten folgende abweichende Meinung: Sie fänden keinen zureichenden Grund dabei, daß ein Orts-Gericht weniger nicht als 50 Familien enthalten sollte. Warum sollte ein Ort, der nur 25 Familien zäle, nicht auch ein Ortsgericht haben können? Schon die Benennung Ortsgericht bezeichne es ja deutlich, daß man ein Gericht für einen Ort und nicht für eine gegebene Familienzahl haben wolle. Auch seie an und für sich die Vermehrung der Ortsgerichte der Besorgung der Regierungs Angelegenheiten sowohl in polizeilicher Beziehung als in Besorgung der Gegenständen der freiwilligen Gerichtsbarkeit äußerst vortheilhaft, weil sie die sorgfältige Pflege beider Branchen des Dienstes nur befördern könne.
Gebe es viele Gutsbesizer, welche sich entschlößen, die {17r} mit der Formazion eines Orts Gerichtes verbundene Kösten auf eine einzelne Ortschaft (Dorf) das doch selten unter 25 Häußer und folglich 36 Familien zäle, zu verwenden, so würde dieses eine für den Staat erfreuliche Erscheinung sein. Aber diese seie nicht zu erwarten. Man dürfe es als ganz sicher annehmen, daß in den meisten Fällen ein Ortsgericht mehr als 50 Familien zälen werde, und warum sollte man in dem seltenen Falle wo jemand den Aufwand eines Ortsgerichtes für 40 oder 45 Familien zu bestreiten gedenke, denselben daran hindern.
Sollte aus der ganzen Anstalt wirklich ein bedeutendes, der Erwartung entsprechendes Resultat hervorgehen, so sollte, glaubten Sie, in dem Vollzuge so wenig Beschränkendes und Erschwerendes als möglich angeordnet werden. Selbst die Vorschrift, daß 50 Familien zu Bildung eines Ortsgerichtes zureichten, kontrastire noch zum Theile mit der Vorschrift des § 12, indeme es vorzusehen, daß bei der künftigen Bildung der Gemeinden (welche man so groß als einen Steuer Distrikt zu machen Vorhabens zu sein scheine) {17v} keine Gemeinde des Reiches aus nur 50 Familien bestehen werde. Sie würden daher bei den Orts Gerichten keine andere Beschränkung festsezen, als daß sie wenigstens ein ganzes Dorf, daß ist, alle in demselben wohnende Familien umfaßen müßten.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas verfügten über diesen § die Umfrage.
Alle Mitglieder, mit Ausnahme des Herrn geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco vereinigten sich mit der Faßung, nur glaubten Herr geheimer Rath von Krenner, daß die Zahl von 50 Familien nicht, sondern nur auszusprechen seie, daß es eine geschloßene Gemeinde sein müße, wo ein Ortsgericht gebildet werden wolle.
Nach den Abstimmungen der Mehrheit
wurde die Faßung des § 19 beibehalten.
§ 201724. Die von dem Legazions Rathe von Hörmann wegen dem Zwange der Güterbesizer ein Herrschafts Gericht zu bilden, wenn sie die subjective und objective Bedingungen zur Herstellung eines solchen in sich vereinigten {18r} oder auf alle Gerichtsbarkeit zu verzichten, in seinem Vortrage entwikelte Idee, so wie die Ansichten der geheimen Raths Kommißion hierüber und über den § 20 selbsten wurde aus dem Protokolle vorgetragen und die Umfrage hierüber verfügt.
Alle Mitglieder, mit Ausnahme des Herrn geheimen Rath von Krenner erklärten sich für die Faßung des § 20. Herr geheimer Rath von Krenner beurtheilten die Ortsgerichte in dieser angetragenen Ausdehnung für weit schädlicher als die Majorats und Herrschafts-Gerichte, und trugen darauf an, dieselben auf 3 geometrische Stunden1725 zu beschränken.
Die Faßung des § 20 wurde nach dem Schluße der Mehrheit angenommen.
§ 211726 und 221727. Die wegen diesen beiden §§ in dem Protokolle No 3 aufgenommene Bemerkungen1728 wurden vorgetragen und [da] keine Erinnerungen hiegegen gemacht wurden
so wurde die Faßung der §§ 21 und 22 beibehalten.
Herr geheimer Rath Freiherr {18v} von Aretin kamen nun zu dem IIen Titel. Von dem Wirkungs-Kreise der gutsherrlichen Gerichten. I Kapitel. Von dem Wirkungs-Kreise der Herrschafts Gerichten 1ter Klaße. I Von diesen Gerichten als gesezvollziehenden Behörden im allgemeinen und trugen die denselben bildende §§ vor.
§ 231729. Die Modifikazionen, welche dieser § gegen die frühere Faßung erhalten, und die Gründe hiezu wurden aus dem Protokolle No 31730 vorgetragen.
Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco äußerten, daß Sie die Ausnahme §§ 23 et 66 so beschränken würden: „in welchen solche (Landgerichte) im Namen der höheren Stellen aus besonderm Auftrage der Ministerial Behörden handeln“, denn sonst würden die Fälle der Ausnahme bald häufiger als die Regel sein.
Bei der hierüber verfügten Umfrage verstanden sich alle Mitglieder, mit Ausnahme der Herrn geheimen Räthe Grafen {19r} von Preising, von Törring und von Tassis welche mit dem Herrn geheimen Rathe Grafen Carl [Maria] von Arco stimmten zu der Faßung des § 23, da der Fall sich ergeben könnte, daß wegen überhäuften Geschäften der General Kommißariate eine Substituzion nöthig werde, und die Erholung der Genehmigung von den Ministerien zu viele Zeit erfordere, und
so wurde die Faßung des § 23 angenommen.
§ 241731. Des Antrages, den der Legazions Rath Hörmann rüksichtlich dieses § gemacht, und der Ansicht der geheimen Raths Kommißion hierüber wurde durch Anführung der in dem Sections Protokolle No 3 hierüber enthaltenen Stelle erwähnet, und da sich alle Mitglieder mit der vorgelegten Faßung des § 24 vereinigten
so wurde dieselbe so wie die Überschrift des II Kapitels Von der Rechtspflege und der § 251732 nach
seiner Faßung angenommen.
§§ 26, 27 und 28 Von der Polizei Verwaltung 1733 {19v} wurden auf die in dem Sections Protokolle No 3 vorgelegte Bemerkungen1734
von dem königlichen geheimen Rathe nach ihrer Faßung beibehalten.
§ 291735. Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin bemerkten bei diesem §, daß die Juden absichtlich nicht genannt worden, weil die General-Kommißariate rüksichtlich der Juden besondere allerhöchste Vorschriften erhalten.
In Folge verfügter Umfrage wurde
die Faßung des § 29
und jene der §§ 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41 und 421736 welche vom Herrn geheimen Rathe Freiherrn von Aretin vorgetragen, und mit den Bemerkungen der geheimen Raths Kommißion aus dem Sections Protokolle No 3 begleitet wurden1737
von dem königlichen geheimen Rathe angenommen.
§§ 43, 44, 45, 46 und 471738. Die vom Herrn geheimen Rathe von Krenner rüksichtlich des § 431739 bei der geheimen Raths Kommißion gemachte Erinnerungen wurden, so wie die Ansichten der übrigen Mitglieder dieser Kommißion über diesen und die §§ 44, 45, 46 und 47 aus dem Protokolle {20r} No 3 abgelesen1740, und da bei der verfügten Umfrage mit Ausnahme des Herrn geheimen Rath von Krenner, welche in Beziehung auf den § 43 bei Ihrer in den Sectionen geäußerten Meinung beharrten, alle Mitglieder (Herr geheimer Rath von Effner suspendirten bei § 43 Ihr Votum, weil Sie bei deßen Vortrag nicht gegenwärtig waren) mit der vorgelegten Faßung der §§ 43, 44, 45, 46 und 47 sich vereinigten
so wurden dieselben, wie sie in dem Entwurfe aufgenommen, von dem königlichen geheimen Rathe genehmiget.
Der königliche geheime Rath bestimmte sich, die heutige Sizung mit dem § 47 zu beendigen, und die gefaßten Beschlüße Seiner Majestät dem Könige als allerunterthänigste Anträge des geheimen Rathes ehrfurchtvollest vorzulegen1741.
Anmerkungen
„Da nunmehr der Uns [sc. den König] vorgelegte Entwurf des Ediktes in Betreff der bisherigen adeligen Fidei-Kommisse und künftigen Majorate Unsere Genehmigung erhalten hat, und nun die Fälle eintreten werden, wo diejenige, welche Majorate errichten wollen, oder solche bereits errichtet haben, dann die adeligen Besizer künftig bleibender Kanzleilehen, welche Wir den Majoratsbesizern gleich gestellt haben, und andere Patrimonial-Gerichts-Besizer ihre Gerichtsbarkeits-Bezirke bilden werden, so wollen Wir vor allem, daß Uns ein umständiges wohlerwogenes Gutachten vorgelegt werde, in welchem die kontentiose und voluntäre Jurisdikzion genau ausgeschieden, und über ihre Ausübung eine Directiv Norme aufgestellt, dann das Verhältniß und die Klassifikazion der Herrschafts- und sonstigen Gerichts-Besizer genau auseinander gesezt werden soll. Wir befehlen daher Unserem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten als Hoheits-Departement, mit diesem Gutachten die ihm untergeordnete Section in Hoheits- Gegenständen zu beauftragen, und Uns solches seiner Zeit zur Regulierung bestimmter Vorschriften vorzulegen. Dabei sind die Uns gegebenen Deklarazionen vom 31n Dezember 1806 [RegBl. 1807, Sp. 193-218] und 19n Merz 1807 [ebd., Sp. 465-490] zum Grunde zu legen. Auch sollen zu diesem Ende alle bei Unserem Geheimen Rathe hinterliegende, auf diesen Gegenstand Bezug habende Akten an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten abgegeben werden.“ Aretin, „Vortrag […]“, BayHStA Staatsrat 1951, S. 1f.; auch gedruckt bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 43, S. 221f.
Vgl. OE „über die Patrimonial-Gerichtsbarkeit“ vom 8. September 1808, Tit. I, §§ 1-2 (RegBl. 1808, Sp. 2246).
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 2: „§ 6. Es wird jedoch den Gutsherrn gestattet, die Gerichtsbarkeit über ihre zerstreut liegende Hintersassen, deren Besiz sie auf obige Art, oder wenigstens nach der königl. Erläuterung vom 4. Okt. 1810 (R. B. 1810 St. 56. S. 1001 [VO betr. die „nähere Erläuterung des 12. § des organischen Ediktes vom 8. September 1808, über die Patrimonial-Gerichtsbarkeit“ vom 4. Oktober 1810, RegBl. 1810, Sp. 1001f. = Schimke, Regierungsakten, Nr. 41, S. 218f.]) ruhig hergebracht haben, zu dem Ende gegenseitig zu verkaufen, oder zu vertauschen, damit vermittelst derselben geschlossene gutsherrliche Gerichts-Bezirke gebildet werden.“
„Infeudation heißt derjenige Act, wodurch ein Gut Lehen wird“. Vgl. Fürstenthal, Real-Encyclopädie Bd. 2, S. 68 s.v. (Zitat); Neues allgemeines Handwörterbuch Bd. 1, S. 407 s.v.
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 4: „§ 11. Bei dem Tausche, und bei der Infeudazion bleiben von den abgetretenen königlichen Gerichtsgesessenen dem Staate alle bisher von ihm bezogenen gutsherrlichen Renten vorbehalten, welche im Falle des Erfodernisses von den königlichen Rentämtern nach der Verordnung [betr. die „exekutive Beitreibung der in Patrimonial-Gerichts-Distrikten gelegenen königlich-grundherrlichen Renten“] vom 12n September 1809 (Reg. Bl. 1809 St. 66 S[p]. 1537[-1539]) beizutreiben sind.“
Edikt betr. die „provisorische Taxordnung des Königreichs Baiern in Beziehung auf die Verhandlungen der nicht kontentiosen Gerichtsbarkeit“ vom 8. Oktober 1810, RegBl. 1810, Sp. 969-1000.
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 3: „§ 10. Die Bedingungen, unter welchen die Gerichtsbarkeit über unmittelbare Unterthanen zu Lehen verliehen wird, werden in den Lehenbriefen bestimmt. Im besondern soll den Gutsherrn welche die bisher in allodialer Eigenschaft besessene Gerichtsbarkeit über ihre Hintersassen zur Bildung eines Herrschafts Gerichts dem Staate zu Lehen auftragen, dagegen die Gerichtsbarkeit über eine der Anzahl ihrer bisherigen Hintersassen, und dem Zweke der Arrondirung entsprechende Anzahl unmittelbarer Unterthanen mit verliehen werden.“
Ebd., S. 4: „§ 11: Bei dem Tausche, und bei der Infeudazion bleiben von den abgetretenen königlichen Gerichtsgesessenen dem Staate alle bisher von ihm bezogenen gutsherrlichen Renten vorbehalten, welche im Falle des Erfodernisses von den königlichen Rentämtern nach der Verordnung [betr. die „exekutive Beitreibung der in Patrimonial-Gerichts-Distrikten gelegenen königlich-grundherrlichen Renten“] vom 12n September 1809 (Reg. Bl. 1809 St. 66 S[p]. 1537[-1539]) beizutreiben sind.“
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 4: „§ 12. Damit die Bildung der gutsherrlichen Gerichts-Bezirke nach der gegebenen Vorschrift ausgeführt werde, haben die Gutsherrn die deßfallsigen Vorschläge mit möglichster Rüksicht auf die bestehenden Steuer-Distrikte, und mit Beobachtung der Vorschriften über die Bildung der Gemeinden zu entwerfen.“
Ebd., S. 4f.: „§ 13. Wenn sie ihren Gerichtsbezirk wenigstens durch eventuelle Übereinkunft mit andern bisherigen Jurisdikzions-Inhabern purifiziert und arrondirt haben werden, so sind die Beschreibungen der Gerichtsbezirke mit topographischen Plänen, die Nachweisung der Familien-Zahl mit landgerichtlicher Beglaubigung, und die Belege, daß ihnen die Gerichtsbarkeit aus einem der § 2 angeführten Titel zustehe, oder daß sie dieselbe von einem Jurisdikzions Berechtigten erworben haben, bei dem einschlägigen General Kreis Kommißariate längstens bis 1en Okt. 1813 vorzulegen. Ist zur Bildung dieser gutsherrlichen Gerichte die Erwerbung der Gerichtsbarkeit über unmittelbare landgerichtliche Unterthanen durch Tausch, oder Belehnung erforderlich, so sind die geeigneten Gesuche hierüber bei dem nemlichen General Kreis Kommissariate frühzeitig genug zu übergeben.“
Praeklusive Termine setzen Fristen mit ausschließender Wirkung. Vgl. Neues allgemeines Handwörterbuch Bd. 2, S. 184 s.v. präcludiren; Bruns, Amtssprache, S. 128 s.v. präklusivisch.
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 5: „§ 14. Die königl. General Kreis Kommissariate haben nach geeigneter Prüfung längstens bis 1. Jänner 1814 über die instruirten Vorschläge zur Formirung gutsherrlicher Gerichte, die mit Belegen begleiteten Berichte und Gutachten an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, als Hoheits Departement zur Einholung der königlichen Genehmigung einzusenden.“
Ebd., S. 6: „§ 16. Die gutsherrlichen Gerichte theilen sich in zwei Hauptgattungen, nemlich I.) Herrschaftsgerichte, und zwar a) erster Klaße, die der mediatisirten Fürsten, Grafen und Herrn, b) zweiter Klaße, die der Majorats-Besizer und der Inhaber größerer Kanzlei-Lehen [nach „und“ durchgestrichen, korrigiert zu: „adelicher Kronvasalen“], II.) Orts-Gerichte.“
Zentner und Aretin beziehen sich auf die „Konföderations-Akte der rheinischen Bundes-Staaten“ vom 12. Juli 1807 (Rheinbundakte), RegBl. 1807, Sp. 97-134.
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 6: „§ 17. In Ansehung der Herrschafts-Gerichte erster Klasse hat es in der Hauptsache bei der Deklarazion vom 19n Merz 1807 [„Königliche Deklaration. Die Bestimmung der künftigen Verhältnisse, der der königlichen Souverainität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staats-Gewalt betreffend“, RegBl. 1807, Sp. 465-490, hier Sp. 474-476, Kap. D, „Staats-Justiz-Gewalt“, zur Einordnung der Gerichte der Mediatisierten in die staatliche Gerichtsorganisation], oder so ferne die Mediatisirten auf die mittlere Instanz verzichtet haben, bei den Vorschriften über ihre Untergerichte sein Verbleiben, jedoch muß gegenwärtige Verordnung in Ansehung der Gerichts-Purifikazion befolgt werden.“
Ebd., S. 6: „§ 18. Für die Bildung der Herrschaftsgerichte zweiter Klasse wird wenigstens eine Anzahl von 300 gerichtsgesessenen Familien erfodert, welche mehrere zusammenhängende ediktsmäsig [vgl. OE „über die Bildung der Gemeinden“ vom 28. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 2789-2797] gebildete Gemeinden ausmachen.“
Das OE über die „Bildung der Gemeinden“ vom 28. Juli 1808 (RegBl. 1808, Sp. 2789-2797) bestimmte hinsichtlich der Ausdehnung der Dorfgemeinden, diese sollten „nicht mehr, als 200 Familien, oder 1000 Seelen, und nicht weniger, als 50 Familien, oder 250 Seelen begreifen“ (Abschn. II, Pkt. 7, Sp. 2793).
Der Begriff geometrische Stunde (Poststunde) bezeichnet die Wegstrecke, die ein Fußgänger in einer Zeitstunde zurücklegen kann. In Bayern entspricht eine geometrische Stunde ca. 3.707 Metern (= 12.703 bayerische Fuß). Buchner, Das Wissenwürdigste, S. 19.
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 7: „§ 21. Im entgegengesezten Falle bilden die ausserhalb des bemerkten Abstandes gelegenen Familien, soferne sie die vorgeschriebene Anzahl erreichen, und eine geschlossene Gemeinde bilden, ein eigenes Ortsgericht. Sind sie hiezu nicht hinreichend, und sind sie nicht vor dem 1n Okt. 1813 einem andern Guts-Inhaber zur Bildung eines gutsherrlichen Gerichtes überlassen worden, so fällt die Gerichtsbarkeit dem Staate heim.“
Entwurf OE Gutsherrliche Gerichtsbarkeit, S. 8: „§ 23. Diese Gerichte sind in Folge der königl. Deklarazion vom 19 Merz 1807 die den Kreisstellen unmittelbar untergeordneten Organe zur Verwaltung der Justiz und Polizei [vgl. Königliche Deklaration betr. die „Bestimmung der künftigen Verhältnisse, der, der königlichen Souverainität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staats-Gewalt“ vom 19. März 1807, Kap. L Nr. 6, RegBl. 1807, Sp. 488], und zur allgemeinen Vollziehung der königl. Geseze und Verordnungen in ihren Bezirken. Sie sind daher von den königl. Landgerichten exemt, mit Ausnahme der Fälle, in welchen solche im Namen der höheren Stellen aus besondern Aufträgen derselben handlen.“
Ebd., S. 9: „§ 25. Die Herrschafts Gerichte erster Klaße üben in ihrem Bezirke die Rechtspflege in allen Handlungen der bürgerlichen Gerichtsbarkeit in erster Instanz aus. Diejenigen mediatisirten Fürsten, Grafen und Herrn, welche auf die durch die königl. Deklarazion vom 19. Merz 1807 [Kap. D Nr. 1, RegBl. 1807, Sp. 474] bewilligten Justiz Kanzleien nicht Verzicht geleistet haben, behalten auch die Gerichtsbarkeit in zweiter Instanz.“
Die §§ 30-42, ebd. S. 11-15, behandeln die Kompetenzen der Herrschaftsgerichte erster Klasse hinsichtlich der „Polizei-Verwaltung“ (u.a. Auswanderung, Unterricht, öffentliche Sicherheit, Gemeindepolizei, Armenanstalten, Gewerberechte, Fabrik- und Manufakturkonzessionen, Marktaufsicht, Inspektion der Brücken und Wege, Vollzug der Kulturverordnungen, erstinstanzliches Verfahren in Kulturstreitigkeiten).
Ebd., S. 15: „§ 43. Die Forst- und Jagdpolizei, so wie die Forstgerichtsbarkeit haben sie nach den königlichen Forst- und Jagdordnungen zu verwalten. Was die in ihren Bezirken gelegenen Staatswaldungen betrifft, werden ihnen die, den königlichen Landgerichten durch die Verordnung vom 1. Oktober 1808 Tit. II § 7 Lit. c über die Organisazion der General Forst Administrazion [die hier genannte VO ließ sich nicht ermitteln, d. Bearb.] übertragen.“