BayHStA Staatsrat 382 23 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 23. April 1802.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas teilt die Entschließungen des Kurfürsten auf die Anträge des Staatsrats vom 7. und 14. April 1802 mit.

Beförderung des Regierungsrates v. Rheinl in den Hofrat und Versetzung des Accessisten v. Godin nach Straubing.

2. Infolge dieser churfürstlichen höchsten Entschliessung trug Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner im Namen des geheimen {3v} Ministerial Justizdepartement an, statt des von der Beförderung zum churfürstlichen Hofrath ausgeschlossenen Regierungsrathen v. Mussinam, die Regierungsräthe von Plank183, von Rheinl und v. Roeckl an dessen Stelle vorzuschlagen, und den Accessisten v. Godin nach Straubing statt desjenigen zusetzen, der von den beiden Ersteren gewählet werden würde.

Nach gehaltener Umfrage wurde in dem Staatsrathe beschloßen, den Regierungsrath v. Rheinl zur Beförderung in den Hofrath gehorsamst vorzuschlagen, und an dessen Stelle den Accessisten von Godin nach Straubing zu versetzen184.

Die Forderung des verstorbenen Hof-Hammerschmieds an die französische Armee, ihm Schmiedearbeiten zu vergüten, wird als Privatsache behandelt, jedoch von der Regierung unterstützt. Einstweilen erhalten die Erben des Hammerschmieds einen Vorschuß von 1.000 fl.

3. Auf erstatteten Vortrag des Herrn geheimen Finanz-Referendärs v. Krenner über die Foderung des hiesigen Hof-Hammerschmieds an die hier gewesene französische Armee respee. Artillerie-Commando von 2.166 fl. für ausgeschmiedetes Eisen, und dessen Gutachten, den Erben dieses Hammerschmieds aus der allgemeinen Requisitionskasse zu Tilgung dieser Foderung, wofür, ohngeachtet des von dem französischen Général Eble schriftlich abgeschlossenen Contracts und accordirten 6 kr p. Pfund geschmiedeten Eisens, in Paris wohl schwerlich etwas zu erhalten seyn würde, 1.800 fl., womit {4r} die Erben des inzwischen verstorbenen Hammerschmieds sich begnügen zu wollen erkläret, bei der allgemeinen Requisitionskasse anzuweisen,

beschloß der Staatsrath nach gehaltener Umfrage, der General Landesdirektion rescribiren zu lassen: daß, da diese Sache nach den vorliegenden Umständen und dem abgeschlossenen Accorde, eine bloße Privatsache des Hammerschmieds seye, und ein eigenes Bureau für derlei Privatfoderungen an die französische Armeekasse in Paris noch dermal bestehe, die Erben des Hammerschmieds mit Beihilfe des churfürstlichen Kommissärs von Plank185, eine ordentliche, mit allen original Akkorden, Billets der Offiziers und Agenten, und mit den unterschriebenen Arbeitsbüchern belegte Petition an das französische Gouvernement durch die General Landesdirektion an Seine Churfürstliche Durchlaucht übergeben sollen, damit solche durch den churfürstlichen Gesandten in Paris eingereichet und kräftigst unterstützet werden könnte.

Zu einsweiliger Unterstützung der Erben des Hammerschmieds, {4v} und weil der Akkord unter Mitwirkung des churfürstlichen Kommissärs geschloßen worden, solle demselben ein Vorschuß von 1.000 fl. aus der allgemeinen Requisitionskasse bewilliget werden.

4. Der Staatsrat folgt dem Antrag Stichaners, das Gutachten der Generallandesdirektion wegen »der verunglückten Fröhner zu Ingolstadt« zu genehmigen. Somit wird die Generallandesdirektion ermächtigt, für die »Fröhner« 462 fl. 42 kr., für den Chirurgen Albrecht 90 fl. 55 kr. sowie zur Vergütung des Vorschusses des Hofzahlamtes 37 fl. 42 kr. »bei der allgemeinen Requisitionskasse anzuweisen«.

Personal der Generallandesdirektion

Besetzung der Rechnungskommissärstellen bei der Generallandesdirektion; Besoldungsfragen.

5. Über die Besetzung der schon eröfneten und durch Quieszirung einiger alter unbrauchbarer Individuen noch erledigt werdenden statusmäsigen Rechnungs-Kommissärsstellen bei der General Landesdirektion, äuserte Herr geheimer Rath von Zentner in einem schriftlichen Vortrag, welche Supplikanten sich um diese Stellen gemeldet, welche Vorschläge {5r} von der General Landesdirektion in ihrem abgegebenen Gutachten deswegen gemacht und welche Meinung von dem Ministerial Finanzdepartement in seinem Communicat abgegeben worden.

Referent führte an, daß da er das Personale nicht kenne, er sich vorzüglich an die motivirte Vorschläge des geheimen Ministerial Finanzdepartements halten, und solche zur Genehmigung des Staatsrathes vorlegen müsse.

Dieselben seyen folgende:

a.) vor allem die bisherige Zahl von 11 Individuen des Haupt-Rechnungswesens der General Landesdirektion, worunter itzt 5 in der ersten und 6 in der zweiten Klasse stehen, wieder in eine ordentliche Zahl zu bringen und ohne von dem motivirten Prinzip wegen Nichtersetzung des Schrödlischen Platzes abzuweichen (wovon Herr von Zentner in seinem Vortrage Erwehnung mache) der Platz des Kellermanns, das ist, die Strassen-und Wasserbau-Rechnungs-Justifikation künftighin in die Zahl der 12 Rechnungskommissarien des Haupt-Rechnungswesens einrechnen zu lassen, von welcher Zahl dann wieder 6 Individuen zu 900 fl. und 6 Individuen zu 700 fl. bestehen sollen b.) Die Ruhe-Versetzung der Rechnungskommissarien Braunmüller und Pradel, und die Erklärung wegen Einreihung des Kellermanns in die {5v} statusmäsige Zahl der Rechnungskommissarien (doch mit dem Vorbehalt seiner ferneren Dienstleistung im Falle seiner Wiedergenesung) zu dekretiren. c.) Die Rechnungskommissarien Ilg, Kolbeck und Gros, in die erste Klasse der Rechnungskommissarien, folglich in die Besoldung von 900 fl. vorrucken, die zu Ergänzung des Status angestellt werdende 4 neue Rechnungskommissarien aber in die zweite Klasse mit 700 fl. eintretten zu lassen, d.) diese vier neue Rechnungskommissärsstellen der zweiten Klasse, mit folgenden Subjekten besetzen zu lassen: 1. Lic. Franz Xaver Schweitzer Oberschreiber zu Landau, 2. Lic. Georg Mayer Oberschreiber zu Neumarkt in Baiern, 3. Ignaz Puk Oberschreiber zu Wolfratshausen, 4. Franz Xaver Wittmann Oberschreiber zu Schwaben. e.) Dem Rechnungskommissär Allertshamer 200 fl. und dem Rechnungskommissär Wenger 150 fl. zu zulegen, und beide, jedoch mit dem Vorbehalt auf 900 fl. zu setzen, daß sie nach ihren geendigten Kriegsgeschäften (wobei sie ohnentbehrlich, und dadurch gehindert wären, die ihnen vor anderen gebührende Stellen der General Landes{6r}direktions-Rechnungskommissarien anzunehmen) unter die verschiedene Rechnungskommissarien nach ihrem Dienstalter einzuschalten, welches um so leichter seyn würde, da man die Absicht habe, einige Rechnungskommissarien als Rentbeamten vorzuschlagen.

Diesen Anträgen des Ministerial Finanzdepartements stimme auch das Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten bei, weil ersteres ohnehin dabei auf den Finanz-Zustand Rücksicht genommen, und überwiegende Gründe gefunden habe, warum es zur Vermehrung der Plätze und Erhöhung der Gehälter ausser dem Status gerathen.

In Rücksicht der von sämtlichen Rechnungskommissarien gestellten Bitte um Gehalts-Vermehrung, glaube das Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten, daß dieses Gesuch bei dem dermaligen Finanz-Zustande nicht bewilliget, sondern solches auf den Zeitpunkt ausgesetzet werden solle, wo man in dem Stande seyn werde, den Besoldungs-Etat sämtlicher Staatsdiener zu erhöhen und dadurch ihr Schicksal zu erleichtern.

Diese Anträge des Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten, und jene des Ministerial {6v} Finanzdepartements, worauf sich erstere gründen, wurden sämmtlich von dem Staatsrathe genehmigt186.

Militäretat im Herzogtum Berg

Antrag Schenks zum Termin der Abführung des »Militär Aversional Quantums« im Herzogtum Berg. Einmalig soll der geheime Steuerrat weitere Kosten für bestimmte Anschaffungen tragen. Diese Posten sollen künftig in das reguläre »Aversional-Quantum« eingeschlossen sein.

6. Unter Anführung der, von dem ausserordentlichen Kommissariat sowol, als dem geheimen Steuerrath in Düsseldorf gegen das durch eine höchste Cabinets-Ordre veranlaßte Rescript vom 29. November vorigen Jahrs, wodurch der Termin des bergischen Militär Aversional Quantums, statt des vorhin vestgesetzten 25. September, auf den 1. Juny desselben Jahres bestimmt, und wodurch den bergischen Kassen 45.000 fl. mehr als am Anfang überbürdet worden, berichtlich eingereichten Vorstellungen, und der hiebei in Betrachtung kommenden Umständen, welche alle für Unterstützung dieser Gegenvorstellungen sprechen, machte Herr geheimer Finanz-Referendär von Schenk den Antrag:

Seiner Churfürstlichen Durchlaucht gehorsamst anzurathen, daß 1. Höchstsie aus den vorliegenden Gründen geruhen mögten, es bei dem unterm 25. Sept. v. J. vestgesetzten Termino a quo, nämlich dem 1. desselben Monats zu belassen; 2. In Ansehung der von den bergischen Kassen zu tragenden Neben{7r}lasten für das Militär die Bestimmung dergestallt zu trefen, daß die von dem bergischen geheimen Steuerrathe vorgenommene Reparation der Kaserne, so wie die von ihm besorgte Anschaffung der neuen Bett- und Kammer-Furnituren, demselben zwar als ein Extraordinarium zur Last verbleibe; und eben so die itzt erfoderlichen neuen Anschaffungen für das Düsseldorfer Lazareth, nebst der Errrichtung der Stallungen für die dortige Cavallerie, ausser dem Averso auch noch besonders von ihm bestritten werde. Hingegen 3. so bald jene neue Einrichtungen und Anschaffungen für die in das Herzogthum Berg verlegten churfürstlichen Truppen sämtlich geendigt seyn werden, möchten die gewöhnlichen Auslagen für Baulichkeiten, Bettfurnituren, Kammer- und Lazareth-Requisiten unter das laufende Aversional Quantum, worunter sie ihrer Natur nach auch wirklich gehören, zu befassen seyn, da die höchste Willensmeinung gewiß nie gewesen seyn könne, hieraus eine fortwehrende besondere Last neben dem bestimmten einsweiligen Aversional-Quantum zu machen.

Dieser Antrag, der die {7v} Genehmigung des Staatsrathes erhielt, solle Seiner Churfürstlichen Durchlaucht gehorsamst vorgelegt werden.

{14r} Der Kurfürst setzt die »Entschließung« zu TOP 6 vorläufig aus.

7. Der Staatsrat folgt dem Antrag Krenners, das Gesuch des Landschafts-Protokollisten Joseph von Sauer abzuweisen, der »um Vermehrung der ihme für die Dienste bei dem französischen Magazin bewilligten Gratification von 200 fl. auf 500 fl.« gebeten hatte.

Zehntabgabe im Herzogtum Berg

Vortrag Schenks über die einheitliche Bemessung und die Grundsätze der Erhebung des Zehnten von neugerodetem Land im Herzogtum Berg. Im Vordergrund steht die Förderung der Land- und Forstwirtschaft. Erwogen wird u.a. die Ablösung des Zehnten durch eine einmalige Geldzahlung sowie die Befreiung von der Zehntleistung bei künftig zu rodenden Gründen.

8. In einem ausführlichen Vortrage über das Regulativ des Cammeral Rottzehentes im Herzogthume Berg, welchen Herr geheimer Finanz-Referendär von Schenk ablas, schilderte derselbe die Nothwendigkeit, bei dem Verluste des Herzogthums Gülich und des daraus gezogenen Getraides, die Bebauung und Cultur der öden Gründe im Herzogthum Berg zu befördern und dem solches hindernden schwankenden Systeme der bergischen Hofkammer bei Erhebung der Cameral Rott-Zehent-Gefälle, mehrere Vestigkeit und Bestimmung zu geben.

{8r} Herr von Schenk führte hierauf an, welche Befehle die gegenwärtige Regierung, durch diese Rücksicht veranlaßet, den 16. July 1799 gedachter Hofkammer wegen diesem Gegenstand ertheilet, und welche berichtliche Gutachten hierüber sowohl von dem bergischen geheimen Rath als der Hofkammer eingekommen.

Nach Auseinandersetzung dieser Collegial-Gutachten und nach Darlegung der von dem Referenten aufgestellten verschiedenen Ansichten dieser wichtigen Sache, so wie nach Äuserung seiner, des Herrn v. Schenk eigenen Meinung hierüber, machte derselbe folgende Anträge, welche bei Entwerfung eines Regulativs über das Rott Zehent-Recht sowol für die allgemeinen als einzelne Fälle zur Richtschnur dienen könnten.

1.) Da in dem Herzogthume Berg das Rott-Zehent-Gerechtsam nach den Landesgesetzen und dem unbestrittenen Herkommen, dem Landesherrn ausschliessend zustehe, und hierüber keine Collisionen entstehen könnten, wenn die Grenzen desselben seiner wirklichen Natur nach genau bestimmet würden, so solte das Gerechtsam des Rottzehentens nur auf wüste, bisher nicht kultivirte Gründe, als Haiden, Moräste, und Berge, und dem Forstwesen unschädliche Umrottung der Büsche ausgedehnt, und hingegen die Wiesen, Weyer, Grasplätze, {8v} Gärten, Baumgärten, Weiden, welche nicht öde gelegen, und bei denen die Kultur nicht verändert wird, dem Rottzehenten nicht unterworfen werden, wodurch alle Collisionen des Landesherrn mit dem Gemeinen Zehentherrn von selbst wegfallen.

Damit aber der letzte diese Beschränkung des Rottzehent-Gerechtsames nicht in seinem Zehent-Bezirke gegen die Neurottende mißbrauchen, und die landesherrliche Absicht dadurch vereiteln möge, so werde allerdings zweckmäßig seyn, nach den einstimmigen Anträgen des ausserordentlichen Kommissariats, des geheimen Raths, und der Hofkammer, 2.) den gemeinen Zehentherrn ohne Unterschied auf dasjenige zu beschränken, was seine Erwerbungs-Urkunde oder sein wirklicher Besitzstand enthalte, und zu verordnen, daß derselbe sein Gerechtsam auf keine andere Stücke ausdehnen könne, als welche er wirklich bezehnde, oder wovon er zu beweisen vermag, daß sie vorher urbar und seinem Zehenten unterworfen gewesen seyen.

Eben so zweckmäßig würde es 3.) seyn, um künftigen Streitfällen vorzubeugen, nicht nur durch die Hofkammer ein Verzeichnis aller im Herzogthume Berg befindlichen öden {9r} und wüsten Plätze, Haiden, Moräste, Berge, und Büsche herstellen zu lassen, sondern sich auch der Gelegenheit zu bedienen, welche die angefangene Landesvermessung darbietet, um die Eigenschaft eines ieden Grundstückes, ob, und an wem dasselbe zehentbar seye, und welche sonstige Lasten, als Erbpacht, Schatz, u.s.w. auf demselben haften, in das zu verfertigende Cataster miteintragen zu lassen;

4.) vestzusetzen, daß wenn ein Stück Land, welches nach den angegebenen Grundsätzen dem Rottzehenten zu unterwerfen sey, deswegen, weil es im Schatz und Steuer-Anschlag stehe, nicht von dem Rottzehenten befreyet bleiben, sondern diesen daneben gleichfalls abtragen solle:

5.) zu bestimmen, daß Seine Churfürstliche Durchlaucht zur Aufmunterung der Landeskultur bereitwillig seyen, den Rottzehenten in eine ständige jährliche Frucht-Abgabe nach Verhältnis der Einträglichkeit und nach unpartheyischer Schäzung der Ackersverständigen verwandeln zu lassen; daß Höchstdieselbe es jedoch dem freien Willen der Zehentpflichtigen überlassen wollen, entweder diese Abgabe, oder den hergebrachten Garben-Zehenten zu entrichten, und daß übrigens bei denjenigen Rottzehenten, welche wirklich verpachtet sind, für jene Umwandlung der Verlauf der Pachtjahre {9r} erst abgewartet werden solle, außer in dem Falle, wo in einem Amte, oder einer Gegend die Mehrheit der Eigenthümer diese Umwandlung verlangte, wo alsdann mit dem Rottzehent-Pachter auf eine billige Entschädigungssumme unterhandelt werden könnte.

Vielleicht möchte es auch räthlich seyn, diese Gelegenheit zu ergreifen, bei den wirklich bestehenden Rottzehenten von der im Pfalz-Neuburgischen Deputations-Abschiede187 bewilligten Erlaubnis Anwendung zu machen, nämlich dieselben gegen ein Kapital im Durchschnitte von 25 Jahren zurück einzulösen. Bei den in Zukunft sich äusernden Rottzehenten möchte der Ertrag, da er sich vor der Hand nicht berechnen läßt, nach den ersten 6 Jahren von der Befreiungszeit an zum Grunde gelegt, und das Einlösungs-Kapital darnach bestimmet werden.

Da diese Maasregel als Beispiel zur allmähligen Wegräumung des dem Ackerbau so schädlichen Zehentrechtes von Wichtigkeit sey, so könne 6.) wenigstens die Hofkammer darauf aufmerksam gemacht, und in ihrem Gutachten darüber wegen der allenfallsigen Bestimmungsart vernommen werden.

Was bisher vorgetragen worden, beziehe sich sowol auf die wirklich gerotteten, als künftig zu rottenden Gründe. {10r} Es bleibe also noch zu untersuchen, welche Begünstigung insbesondere noch den letzteren angedeihen könnte, um zur Kultur derselben desto kräftiger aufzumuntern. Die Verschiedenheit der Begünstigung stehe hier mit der Verschiedenheit der Stücke, welche urbar gemacht werden sollen, im Verhältnis, und diese Stücke seyen von dem Hofkammer-Fiskal folgendermassen klassifiziret worden:

1. Klasse Gemeinheiten, und zwar a.) darin befindliche Sümpfe, b.) darin befindliche Haiden, c.) darin befindliche Waldungen.

2. Klasse Gemarken,

3. Klasse Privatgründe,

4. Klasse Kammeralgründe.

Bei der ersten Klasse wäre 7.) ad a zu erklären, daß wenn künftig, es seye bei der Vertheilung oder Veräußerung sümpiger Gemeinheits-Gründe dieselben urbar gemacht würden, denselben eine gänzliche Zehent-Befreyung, 8.) ad b, bei Rottungen der in Haiden bestehenden Gemeinheiten, eine Zehent-Freiheit von 24 Jahren, und 9.) ad c. wenn mit vorheriger Erlaubnis des Forstamtes ein zur Gemeinde gehöriger, in Strauch- oder Schlagholz bestehender Wald gerottet werde, {10v} eine 12jährige, wenn es aber Hochwald seye, nur eine 6jährige Zehentfreiheit zugestanden werden solle.

Bey der zweiten Klasse würde es hinreichend seyn zu bestimmen: 10.) daß bei gerotteten gemarkten Gründen eine 6jährige Zehentfreiheit gestattet werde, und auch nach Umständen, wenn mit der Rottung besondere grössere Kösten verknüpft seyn solten, Seine Churfürstliche Durchlaucht zur Aufmunterung der Kultur diese Zehentfreiheit auch auf 12 Jahre auszudehnen geneigt seyn würden.

Bei der dritten Klasse 11.) auch den Privatgründen, wenn sie urbar gemacht würden, eine 6jährige Zehentfreiheit zu zugestehen, und

rücksichtlich der vierten Klasse vestzusetzen 12.) daß bei öffentlichen dem höchsten Ärarium zugehörigen Gründen, welche unter der Bedingung, daß sie urbar gemacht werden sollen, in Erbpacht verliehen werden, eine gänzliche Zehentfreiheit statt finden solle.

Bei der über diesen Vortrag in dem Staatsrathe gehaltenen Umfrage, äuserten einige Mitglieder die Meinung, daß Seine Churfürstliche Durchlaucht bei {11r} den Ihnen im Herzogthume Berg ohnstreitig zustehenden Rottzehent-Recht, zur Aufmunterung der Kultur, allen künftig kultivirt werdenden öden Gründen die Zehentfreiheit auf ewige Zeiten ertheilen, und zugleich die Verfügung treffen lassen solten, daß die Zehentinhaber ihr schon geniesendes und in Ausübung habendes Zehentrecht nicht auf andere Gründe erweitern können, wovon sie bis itzt keinen Zehent bezogen, oder worüber sie keinen Erwerbs-Titel und rechtmäsigen Besitz dociren können.

Auch rücksichtlich der Wiesen und Waidenschaften, wenn sie eine höhere Kultur erhalten, zu verordnen, daß sie in ihrer vorigen zehentfreyen Eigenschaft verbleiben, und ferner der Hofkammer in Düßeldorf aufzugeben, sie habe zu trachten, den zehentpflichtigen Unterthanen gegen mäsige Geldreichnis, zu Getraid angeschlagen, den Zehent nachzulassen, oder auch ihnen zu gestatten, solchen gänzlich abzulösen.

Andere Mitglieder des Staatsrathes glaubten, daß die Zehentfreiheit der neu gerottet werdenden öden Gründen, nur auf eine gewiße Anzahl Jahre gegeben, und solches den Landständen mit der Äuserung eröfnet werden solte, wie Seine Churfürstliche Durchlaucht eine gänzliche Befreiung dieser neu kultivirten Gründe, so wie die Aufhebung des schon bestehenden Rottzehentens {11v} gegen Verreichung einer Steuer wünschten, und hiezu vollkommen geneigt seyen, in soferne die Landstände den der Kammer dadurch zugehenden Verlust der Revenuen auf eine andere hinreichende Art ersetzen oder die daraus bestritten wordene Ausgaben übernehmen wolten.

Dieser geäuserten verschiedenen Meinungen ohngeachtet, wurden durch die Mehrheit der Ministerialstimmen die Anträge des Referenten Herrn von Schenk genehmiget und beschloßen, solche unter Anführung der hievon abweichenden Abstimmungen verschiedener Mitglieder des Staatsrathes Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zur höchsten Entscheidung vorzulegen188.

Der Landrichter von Griesbach, Franz Xaver Freiherr von Gugler, wird aufgrund zahlreicher gegen ihn vorgebrachter Beschwerden in ein anderes Amt versetzt. In diesem Zusammenhang werden Fragen der Zuständigkeit geklärt.

9. Herr geheimer Justiz-Referendär v. Stichaner setzte in einem schriftlichen Vortrage auseinander, worin die gegen den Landrichter zu Griesbach Freiherrn v. Gugler von den dortigen Bürgern und Unterthanen des Landgerichts angebrachte Beschwerden bestehen, und welche Resultate sich durch die von einer besonderen Commission vorgenommene Untersuchung ergeben.

{12r} Derselbe führte an, welche Ansuchen beyde Partheyen bei der höchsten Stelle übergeben, welche Erinnerungen die Untersuchungskommission gemachet, und welche Erkenntnis die General Landesdirektion über die angebrachte 47 Beschwerden, wovon sich 32 theils ungegründet und boshaft, theils aus blosen Irrthume entstanden zu seyn befunden, gefasset, und zur höchsten Genehmigung eingesendet habe.

Über diese Erkenntnis, und die ganze Lage der geschloßenen Untersuchung äuserte Herr geheimer Referendär von Stichaner, daß obschon er dafür halte, wie die höchste Stelle in den Erkenntnissen der General Landesdirektion so wenig als möglich abändern, und dieser die Beurtheilung der vorgetragenen Gegenstände allein überlassen solle, so könne doch dieses nur von dem Erkenntnis über die durch die Untersuchung hergestelten Materialien der Thatsachen sich verstehen, nicht aber von dem formellen Theil des Erkenntnißes, worin die General Landesdirektion von der höhern Stelle abhängig sey.

Er unterscheide bei dem vorliegenden Falle 1.) die einzelne Facta der Untersuchung 2.) die Resultate der ganzen Untersuchung.

1.) Das Erkenntnis der General Landesdirektion über die einzelne untersuchte Facta, möge ohne einer Abänderung {12v} bestehen nur allein mit 2 Ausnahmen: 1. daß die churfürstliche General Landesdirektion keinen Rechnungs- und Haftungs-Gegenstand des Beamten, derselbe mag die Staatsgelder oder die Gelder der Unterthanen betreffen, in weitern Prozeß bei den Rechtsstellen einleiten, sondern salvo Revisorio nach Lage der Acten selbst erkennen solle, ob und was Landrichter der Staatskasse oder den Unterthanen zu ersetzen oder zu entschädigen habe? 2. Daß sie gleich bestimmen solle, wenn eine Befreiung von den ausgeschriebenen Geldkonkurrenzen und andern Prästationen zustehe, und daß sie den Gerichtsdienern, welche Bauerngüter besitzen, weder bei diesen Konkurrenzen noch bei dem Wegmachen oder andern Prästationen, nicht die mindeste Ausnahme oder Befreiung gestatte. Der Widerruf, welchen die Unterthanen und der Advokat zu leisten haben, könne nicht anders als mit Vorbehalt der Ehre verstanden werden.

2.) In der Hauptsache selbst werde dem Urtheile der General Landesdirektion ebenfalls nicht vorzugreifen seyn, daß nämlich die Schuld des Landrichters nicht für so groß anzusehen sey, daß {13r} gegen denselben mit gänzlicher amotive verfahren werden könne.

Allein die wichtigsten Beweggründe scheinen einzutretten, nicht zugestatten, daß Freiherr v. Gugler noch ferner seine dermalige Landgerichtsstelle zu Griesbach begleite, und zwar: 1.) seine starke Begüterung, welche Landrichter durch Verdrehung der dagegen stehenden Mandate nicht rechtfertigen kann, und welche ihn zu den gröbsten Excessen von prätendirlicher Imunität und förmlichen Dienstzwang verleitet haben.

Es sey vorherzusehen, daß er den von der General Landesdirektion angetragenen Auftrag, die Realitäten in kurzer Zeit zu verkaufen, nicht befolgen würde, und auch ohne seinen Schaden nicht befolgen könnte.

Wenn man aber auch glauben wolte, daß dieses Hindernis durch den Verkauf der Realitäten beseitiget werden könnte, so läßt sich nicht so leicht 2.) der Haß und die Erbitterung der Unterthanen gegen den Landrichter beseitigen, und wenn es schon bei ganz schuldlosen Beamten nicht räthlich ist, dem ungegründeten Verlangen der Unterthanen nachzugeben, so ist doch hier offenbar dargethan, daß Freiherr von Gugler sehr viele gegründete Veranlaßung zu diesen {13v} Mißhelligkeiten gegeben habe. 3.) Endlich komme noch in Betrachtung zu ziehen, daß Freiherr von Gugler erst nach Beendigung der Commission ein sehr auffallendes Beispiel gegeben habe, daß er angethane Unbilden nicht leicht vergessen, sondern wohl solche auf sehr offenbare Art, und um wie viel mehr noch auf verborgene Art zu rächen im Stande sey.

Aus diesem dreifachen Beweggrunde glaube Referent, daß Freiherr v. Gugler so bald als es immer geschehen könne, auf ein anderes Amt permutirt werden solle, und daß dieses auch der General Landesdirektion zu eröfnen sey, damit sie den in ihrem Erkenntniße enthaltenen Auftrag von dem Verkauf der Realitäten noch abändern könne.

Landrichter Freiherr v. Gugler werde sich zwar sehr widersetzen diesem Beschluße Folge zu leisten, derselbe könne aber dieser Verfügung der Regierung mit Grunde nicht widerstreben, die Regierung seye vielmehr schuldig diese Abänderung zu trefen.

Mit diesem Antrage seye auch das Ministerial Justizdepartement verstanden, und so wurde derselbe

auch nach gehaltener {14r} Umfrage von dem Staatsrathe genehmigt.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung mit Änderung zu TOP 6.

Anmerkungen

183
Maximilian v. Plank, seit 1797 Regierungsrat sowie Kirchendeputationsrat in Straubing (HStK 1802, S. 137, S. 138).
184
Vgl. die Bekanntmachung im RegBl. 1802, Sp. 466.
185
Aloys Edler v. Plank, seit 1787 Rat in der 5. Deputation der Generallandesdirektion (HStK 1802, S. 77).
186
Bekanntmachung: RegBl. 1802, Sp. 391f. (21. Mai 1802).
187
In der Vereinbarung zwischen Kurfürst Max Joseph und einer Deputation der Neuburgischen Landschaft war 1799 u.a. festgelegt worden: »Die dermalige jährliche Zehnt-Gabe (aus einem Mittel-Durchschnitte von fünf und zwanzig Jahren zurück) soll, wenn sich keine auffallenden, gesetzwidrigen Misbräuche dabei zeigen, als das Maximum angesehen, und dieses als eine jährliche Geldprästation auf jedes Einzelne dermal zehntpflichtige Grundstück umgelegt werden; – Diese jährliche Geldprästation wird alsdann als ein Kapitals-Zins angesehen, und kann von dem Zehntpflichtigen nach dessen Willkühr aufgekündiget, und zu fünf Prozent berechnet, dem Zehntherrn zurückbezahlt werden.« Pfalz-Neuburgischer Deputations-Abschied vom 5. Oktober 1799, MGS [N. F.] Bd. 1, Nr. II.77, S. 116 – 124, hier S. 120; Teildruck bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 2, S. 44 – 56, hier S. 50 f. Zum Abschluß des Deputationsabschiedes vgl. Protokolle Bd. 1 Nr. 35, S. 161 f. (Staatskonferenz vom 5. Oktober 1799), TOP 1.
188
Druck der daraus erwachsenen VO vom 1. Juni 1802: Scotti, Sammlung Tl. 2, Nr. 2641, S. 849 – 853.