BayHStA Staatsrat 4 4 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph, Herzog Wilhelm; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MA] 1. Genehmigung der Anträge und Entschließungen des Staatsrats vom 23. Juni 1802 »mit einigen, auf dem Protocoll bemerkten Änderungen« durch den Kurfürsten nach Vorlage durch Montgelas.

[MJ] 2. Vortrag Hertlings über das Gesuch des augsburgischen Senators Johann Ulrich Ritter um Erhebung in den Reichsadelsstand. Die Verdienste Ritters, die »er in dem Adelsbrief ausgedrucket wünschet«, werden referiert. Der Kurfürst bewilligt die Erhebung gegen »Erlegung des herkomlichen Taxes und sonstiger Canzley Gebühren«231.

3. Die Anfrage der Generallandesdirektion, ob der Befehl vom 14. Mai 1802 (vgl. Nr. 40, Staatskonferenz vom 14. Mai 1802, TOP 6), »künftig keine neue Gerechtigkeit ohne churfürstliche höchste Genehmigung zu verleihen«, sich auf das ganze Land oder nur auf die Stadt München beziehe, wird dahingehend beschieden, »daß dieses Verbott sich nur auf die Gerechtigkeiten in der hiesigen Residenz ausdehne«.

Joseph Faistl wird von der Todesstrafe begnadigt. Der Hofrat soll eine außerordentliche Strafe aussprechen.

4. Durch ein schriftliches Gutachten wurden die Verbrechen vorgetragen, welcher sich Joseph Faistl von Prittriching Land{3r}gerichts Landsberg 19 jährigen Alters schuldig gemacht, und weswegen er von churfürstlichem Hofrath nach geendigter Untersuchung und geschloßenem Prozesse zum Tode verurtheilet, wegen eintrettenden mehreren Begnadigungs Gründen aber in einem besonderen Bericht der höchsten Milde empfohlen worden.

Das churfürstliche geheime Ministerial-Justiz-Département überließ der höchsten Bestimmung, ob Seine Churfürstliche Durchleucht das Straff Urtheil des Criminal Richters bestättigen oder die Milde eintretten laßen wollten.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen dem Inquisiten die Todesstrafe gnädigst nachsehen und überlaßen dero Hofrath die Bestimmung einer außerordentlichen Straffe.

Sigismund Graf von Spreti wird auf eigenen Antrag als Geistlicher Rat entlassen. Die »Commissär Stelle bey Ziehung des churfürstlichen Lotto« wird ihm belassen. Dem Antrag auf Zusicherung der »General-Lotto Direction« nach Ableben seines Vaters wird nicht gefolgt.

[MGeistl] 5. Auf die Vorstellung des Geistlichen Raths Sigismund Graffen von Sprety232 um Entlaßung von seiner Geistlichen Raths Stelle, mit Beybehaltung der Commissär-Stelle bey Ziehung des churfürstlichen Lotto und Zusicherung der General-Lotto Direction nach Ableben seines Vatters233 wurde geäußeret, daß der Willfahrung der ersten Bitte kein Anstand entgegen stehe, die beyden letzteren aber außer dem Wirkungs Creiße des geistlichen Departements liegen und von der höchsten Bestimmung allein abhangen.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen dem Graffen von Spreti die gebettene Entlaßung ertheilen, und dem ohngeachtet {3v} ihme die Commissär Stelle bey Ziehung des churfürstlichen Lotto belaßen, sein Gesuch wegen Zusicherung der Lotto Direction aber solle beruhen.

Genehmigung der »Entschließungen« durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

231
Vgl. die Bekanntmachung vom 23. August 1802 über Ritters »Adelstands-Erhebung« in: RegBl. 1802, Sp. 606.
232
Sigismund Graf von Spreti (1773 – 1843), 1788 bis 1792 Edelknabe am Münchner Hof, wurde 1795 Kämmerer, dann Oberleutnant des Artillerieregiments und 1797 Hofkammerrat. In der Staatskonferenz vom 3. Januar 1800 wurde er zum Supernumerarius des Geistlichen Rats ernannt; einen regulären Platz im Kollegium erhielt er nicht. Daneben wirkte er als Ziehungskommissar bei der von seinem gleichnamigen Vater (s. folgende Anmerkung) geleiteten Hauptlottokammer in München. Vgl. Bauer, Rat, S. 287 Anm. 43; Ortmann, Geschichte, S. 137 – 139; Protokolle Bd. 1 Nr. 47, S. 207 (Staatskonferenz vom 3. Januar 1800), TOP 10 (dort Verwechslung beider Personen); HStK 1802, S. 35, S. 87, S. 107; Dienerbuch.
233
Sigismund Graf von Spreti (1732 – 1809) durchlief vielfältige Karrierestationen zunächst als Kämmerer (1754), Hofrat (1755 – 1763), Vizedom zu Straubing und wirklicher Geheimer Rat (ab 1763). Er war Gründungsmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und 1762 bis 1763 deren Vizepräsident. 1772 bis 1783 war er Präsident des Geistlichen Rates, ab 1783 Präsident der Regierung Neuburg. 1791 kehrte er als Präsident des Bücherzensurkollegiums (diese Stellung hatte er bereits zwischen 1769 und 1780 innegehabt) nach München zurück. 1798 wurde er kurzzeitig Präsident des Wechsel- und Merkantilgerichts. Seit 1775 versah er das Amt des Generaldirektors der Hauptlottokammer in München, zudem stand er in gleicher Funktion der Lottokammer Stadtamhof vor. Vgl. Schaich, Staat, S. 427; Gigl, Zentralbehörden, S. 68 Nr. 20 u.ö.; Bauer, Rat, S. 94 f. Anm. 14; Hammermayer, Geschichte Bd. 1, S. 131, 224, 361; ders., Geschichte Bd. 2, S. 77; Ortmann, Geschichte, S. 92 – 120; HStK 1800, S. 104; HStK 1802, S. 24, S. 62, S. 107 f.; Dienerbuch.