BayHStA Staatsrat 155
10 Blätter. Unterschriften des Königs, des Kronprinzen und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph; Kronprinz Ludwig.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Geheime Räte: Graf v. Preysing; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Freiherr v. Stengel; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; Schenk; Freiherr v. Asbeck; Feuerbach.
{1v} Nachdem der königliche geheime Rath sich diesen Morgen um ½ 11 Uhr als der von Seiner Majestät dem Könige bestimmten Stunde in den sogenannten steinernern Zimmern der Residenz versammelt hatten, Seine Majestät der König in das Sessions Zimmer eingetreten waren, und sich auf dem für Allerhöchstdieselben bereiteten Size unter dem Thronhimmel niedergelassen, auch Seine Königliche Hoheit der Kronprinz und die übrigen Mitglieder des Geheimen Rathes ihre Pläze eingenommen hatten, erstattete
Kriegskostenbeitrag
Vortrag Aretin: Gegenstand ist der Versuch von sieben Hintersassen der Gemeinde Belzheim, sich als vormals preußische Untertanen der Kriegskostenumlage zu entziehen. In seinem Reskriptsentwurf folgt der Referent einem Antrag des Vogteiamtes Schneidheim (Deutscher Orden) von 1804, die Hintersassen wie die übrigen Gemeindemitglieder zu behandeln. Der König läßt abstimmen und folgt dem Antrag Aretins.
1. der königliche wirkliche geheime Rath Freiherr von Aretin auf den von Seiner Majestät dem Könige erhaltenen Befehl über die Konkurs Sache der Gemeinde Belzheim im Landgerichte Nördlingen in Kriegskösten Konkurrenz Sachen ausführlichen schriftlichen Vortrag.
In demselben führte Freiherr von Aretin an, daß Seine Majestät {2r} der König diesen Gegenstand an den geheimen Rath gewiesen und er als Referent ernannt worden, um denselben zu bearbeiten und in der geheimen Raths Sizung vorzutragen.
Freiherr von Aretin bemerkte, daß die Gemeinde Belzheim986 größten Theils aus ehemaligen Deutschordens izt königlich unmittelbaren und aus 7 ehemals königlich preußenschen, seit dem Tausche von 1796 aber Oetting Spielbergschen Domanial Hintersaßen bestehe. Diese sieben ehemals preussische Unterthanen hätten versucht, unter dem Schutzmantel der preußenschen Neutralität987 aller Gemeinds Verbindlichkeiten zu den Kriegslasten sich zu entziehen, und solches noch fortzusezen, als sie mit voller Landeshoheit vermög Tausch-Vertrages an Oettingen-Spielberg abgetreten waren.
In den Jahren 1800 und 1801 habe jene Gegend, wie so viele andere besonders viel durch Kriegsbeschwerden gelitten, und die Folge gehabt, daß eine gemeinschaftliche {2v} Vertheilung der Kriegslasten über alle Gemeinde Glieder entworfen worden, vermög welcher jene sieben Unterthanen zu ihrem Antheile 937 fl. 59,6 ½ Heller zu bezahlen übernehmen sollten.
Diese Zutheilung eines Antheiles an den Kriegslasten habe jene sieben Unterthanen veranlaßt, nicht nur solche zu verweigern, sondern auch als Kläger gegen die übrigen Gemeinds Glieder aufzutreten, und die Bezalung mehrerer vorher geleisteter Fuhren zu fordern.
Freiherr von Aretin führte an, welcher Bescheid hierauf von dem deutschordenschen Amte Schneidheim ertheilt worden, und welche Verhältniße eingetreten, als nach dem Kriege zwischen Frankreich und Österreich Belzheim mit den übrigen Gebiets Theilen im Rieß an das Königreich Baiern gekommen988, welche Verfügungen von dem königlichen Hofgerichte Neuburg und der Kriegs- und Domainen Kammer in Ansbach in dieser Sache erlassen worden, und wie {3r} dieser Gegenstand im Rekurs Wege zur allerhöchsten Entscheidung gelangt.
Nach der Meinung des Freiherrn von Aretin unterliege die Kompetenz des königlichen geheimen Rathes keinem Anstande, und rüksichtlich des Appellazions Termins, wobei einiges Bedenken obwalten könnte, dürfte aus mehreren angegebenen Gründen Umgang genommen, und selbst nicht einmal für nöthig gefunden werden, die Restitutio contra lapsum termini als brevi manu verfügt und in der allerhöchsten Entschließung anzuführen.
In der Haupt-Sache selbst machte Freiherr von Aretin nachdem er die merkwürdigsten Momente ausgehoben und kurz zusammen gefaßt, um die Thatsachen selbst als Entscheidungs Gründe benüzen zu können den allerunterthänigsten Antrag
1) die von der Kriegs und Domainen Kammer in Ansbach gefaßte Entscheidung vom 31ten August 1808 aufzuheben, und vielmehr 2) den ersten Bescheid des ehemaligen deutschordenschen Vogtei Amtes Schneidheim {3v} vom 16. Juli 1804 dergestalt zu bestätigen, daß die 7 Oetting Spielbergschen Domanial Hintersaßen in Belzheim sowohl die in den Jahren 1800 und 1801 als in den späteren Kriegs Jahren sich ergebenen Kriegskösten gleich sämmtlich übrigen Gemeinds Gliedern pro rata mitzutragen haben, jedoch sollen auch 3) die bescheinigte Forderungen dieser Unterthanen für getragenes Quartier und geleistete Vorspann, so wie sie bei den übrigen Gemeinds-Gliedern in Anschlag kommen mit eingerechnet, und nach dem angenommenen Maaßstabe gleichheitlich ertheilt werden, 4) die auf diesen Konkurrenz Streit erloffene Kösten wären von jedem Theile zur Hälfte zu tragen.
Der königliche wirkliche geheime Rath Freiherr von Aretin legte Seiner Majestät dem Könige einen nach diesem Antrage verfaßten Reskripts Entwurf zur allerhöchsten Genehmigung vor und las denselben ab.
Nachdem Seine Majestät der König {4r} die wirkliche geheime Staats und Konferenz Minister und die geheimen Räthe in ihren Abstimungen über den vorgetragenen Gegenstand vernommen hatten,
genehmigten Allerhöchstdieselben den Antrag des geheimen Rathes Freiherrn von Aretin und den abgelesenen Reskripts Entwurf.
Ersatz für entstandene Kriegsschäden
Vortrag Aretin: Gegenstand ist der Rekurs der Gemeinde Neusitz gegen die Forderung des Wirtes Rahn, ihm Verpflegungskosten für französisches Militär zu ersetzen. In seinem Reskriptsentwurf folgt der Referent der Entscheidung der vormaligen Kriegs- und Domänenkammer Ansbach, die Forderung des Wirts teilweise zu erfüllen. Der König läßt abstimmen und folgt dem Antrag des Referenten. Der Geheime Rat Arco regt an, eine allgemein verbindliche Regelung nach dem Vorbild des „Verpflegungs und Konkurrenz Reglement[s]“ für die Provinz Tirol ausarbeiten zu lassen. Der König akzeptiert die Anregung und gibt einen entsprechenden Befehl.
2. Über den Rekurs der Gemeinde Neusiz989 Landgerichts Rothenburg im Rezat Kreise wegen Kriegskosten Konkurrenz, welcher Gegenstand an den königlichen geheimen Rath verwiesen worden, erstattete der königliche wirkliche geheime Rath Freiherr von Aretin nach erfolgtem allerhöchsten Befehle schriftlichen Vortrag, wodurch derselbe die Sachverhältniße und die Ursachen der Klage auseinander sezte, die darin bestehet, daß im Jahre 1800 der Wirth Rahn in dem eine halbe Stunde von der Stadt Rothenburg990 entlegenen Orte Neusiz oder Neuses für die Verpflegung des eine Abtheilung französischer {4v} Cavallerie kommandirt habenden Lieutenants täglich 17 fl., und außerdem für Nebenkösten 300 fl. verrechnete und die Bezalung der daraus für 50 Tage gezogenen Rechnung von 1.300 fl. mit Einschluß der Fourage von der Gemeinde forderte.
Freiherr von Aretin bemerkte, daß die Gemeinde sich geweigert, diese Kosten zu bezalen, und führte an, welchen Ausweg der ehemalig reichsstädtische Magistrat zu Rothenburg zu Umgehung dieser Klage genommen, welche verschiedene Weisungen von demselben erlassen, und welche Entscheidungen, nachdem Rothenburg an das Königreich Baiern gekommen991, von der Kriegs und Domainen Kammer in Ansbach und den verschiedenen königlichen Ministerien ertheilt worden.
Mittels eines Berichtes des General Commißariats des Rezat-Kreises seie dieser Gegenstand unter Anlegung der Akten zur allerhöchsten Stelle zurükgekommen, und an den geheimen Rath verwiesen worden.
{5r} Über die Kompetenz der administrativen Stellen habe er Freiherr von Aretin keinen Anstand, und auch rüksichtlich der Rekurs Fatalien, die zwar vielmal verfloßen, habe er wie in dem schon vorgetragenen Falle aus mehreren angegebenen Ursachen, die Meinung, daß über die Versäumung des Termins selbst ohne ausdrückliche Erwähnung der Restituzion hinwegzugehen sei.
Eine weitere Frage seie, ob in dieser Sache noch eine allerhöchste Entscheidung erfolgen könne, da bereits in der durch das geheime Justiz Ministerium veranlaßten allerhöchsten Entschließung vom 5ten Februar 1808 das Verfahren der Kriegs und Domainen Kammer in Ansbach genehmiget und derselben aufgetragen worden wäre, dem Rekurrenten solches zu eröfnen und hiernach das weiters Geeignete zu verfügen. Allein die nähere Beleuchtung jener allerhöchsten Entschließung zeige, daß sie blos {5v} die Kompetenz zu bestimmen zur Absicht gehabt, und die Hauptsache selbst unberührt belassen habe.
Freiherr von Aretin ging hierauf zur Haupt-Sache über, berührte die überspannte Forderung des Wirths Rahn, die Gründe, worauf die Gemeinde Neusiz ihren Rekurs stüzet, und machte den Antrag es bei der Entscheidung der vormaligen Kriegs- und Domainen Kammer in Ansbach vom 1. Juli 1807 dergestalten zu belassen, daß zu der an den Wirth Rahn zu leistenden Quartiers Vergütung von 595 fl. 28 x außer dem Orte Neusiz auch die mit demselben in Nazionsverband gestandenen Orte Schweinsdorf, Erlabach, Wachsenberg und die Korach Mühle992 nach dem Verhältniß des Schazungs Gulden beizutragen haben.
Die Kösten wären, da jeder Theil Gründe für sich habe, die bei einer oder der andern Behörde Eingang fanden, zu kompensiren.
Freiherr von Aretin las einen nach diesem Antrage {6r} verfaßten Reskripts Entwurf vor, und übergab denselben der allerhöchsten Genehmigung.
Bei den von Seiner Majestät dem Könige erforderten Abstimmungen der königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister und der königlichen geheimen Räthe vereinigten sich sämmtliche Mitglieder mit dem Antrag des Referenten, und der königliche wirkliche geheime Rath und Vorstand der Polizei Section Carl Graf von Arco erlaubte sich die Bemerkung, wie sich ihm in diesem und andern Fällen die Nothwendigkeit lebhaft dargestellt habe, ein für das ganze Königreich allgemeines Verpflegungs und Konkurrenz Reglement auf den Fall, daß fremde Truppen in dem Land sich befinden, zu entwerfen und zur strengen Nachachtung bekannt zu machen.
In der Provinz Tyrol seie ein solches Reglement nach dem Verpflegungs Maaße erlaßen worden, welches der kaiserlich französische Kriegs Minister Dejean993 für alle Grade der Armee {6v} bestimmt, und dieses sowohl als die Zuziehung eines ganzen Kreises zur Konkurrenz habe den besten Erfolg gehabt994.
Seine Majestät der König haben den Antrag des geheimen Rathes Freiherr von Aretin wegen der Rekurs Sache des Ortes Neusiz und den abgelesenen Reskripts Entwurf allergnädigst genehmigt.
Allerhöchstdieselben befehlen auch, daß nach der Abstimmung des geheimen Rathes Grafen Carl von Arco für das ganze Königreich ein allgemeines Verpflegungs und Konkurrenz Reglement durch den geheimen Rath Freiherrn von Aretin bearbeitet und zur Genehmigung in dem geheimen Rathe vorgetragen werden solle.
Das für die Provinz Tyrol schon erlassene ähnliche Reglement solle hiebei zum Grunde gelegt werden995.
Kriegskosten
Aretin trägt über die Beschwerde des Abraham Jonas Schwab, Hoffaktor zu Oettingen, und seines Sohnes Samson Abraham vor. Im Streit steht der Beitrag zu den „Quartierslasten“. Der Referent trägt an, es bei der vorigen Entscheidung der Kriegs- und Domänenkammer Ansbach zu belassen und die Beschwerde des Hoffaktors abzuweisen. Der König läßt abstimmen und folgt dem Antrag.
3. Über die von Seiner Majestät dem Könige an den geheimen Rath gewiesenen Rekurs Sache des fürstlich Oettingenschen Hoffactors Abraham Jonas, und seines Sohnes {7r} Samson Abraham zu Oettingen996 wegen Beitrag zu den Quartierslasten erstattete der königliche geheime Rath Freiherr von Aretin der als Referent ernannt wurde, auf erhaltenen allerhöchsten Befehl schriftlichen Vortrag.
Freiherr von Aretin legte die nähere Verhältniße dieser Streit-Sache und ihre Entstehung vor, und bemerkte welche Entschließungen dießfalls anfänglich von den fürstlich Oettingenschen Landes Stellen und nachher nach der eingetretenen Mediatisirung von der Kriegs und Domainen Kammer in Ansbach erlassen worden.
Nach eingetretener Organisazion und nachdem die ganze Rieß Gegend dem Oberdonau Kreise zugetheilt war, seie dieser Gegenstand an das General Commißariat des Oberdonau Kreises in Ulm gekommen, und der von demselben deßwegen erstattete Bericht liege gegenwärtig zur allerhöchsten Entscheidung vor.
Es unterliege keinem Anstande, daß dieser Gegenstand zur {7v} Kompetenz der Administrativ Stellen sich eigne, und der Rekurs durch den geheimen Rath zu erledigen sei, auch die Rekurs Fatalien seien salviret und folglich könne zur Entscheidung der Haupt-Sache geschritten werden.
Freiherr von Aretin führte die Resultate an, die sich aus der Darstellung der Sachverhältniße und aus der Natur des Gegenstandes ergeben, und äußerte als Folge hievon, daß er durchaus keinen rechtlichen Grund finde, die Entscheidung der Kriegs und Domainen Kammer abzuändern, sondern glaube, daß es vollkommen dabei zu belassen und der Hoffactor Jonas und sein Sohn mit ihrem grundlosen Rekurse abgewiesen und die hierauf erloffene Kosten allein zu tragen angehalten werden sollen.
Was die von demselben gestellte drei Anfragen 1) von welchem Zeitpunct an Jonas und Sohn noch 90.000 fl. in die städtischen Quartiers Anlagen gebracht werden sollen, {8r} 2) wie hoch sich nach Entscheidung dieser Vorfrage die Summe der für jedes einzelne Jahr von ihm zu leistende Beitrag berechne, und 3) ob und in wie weit die von ihm und seinem Sohne gegen die pro anno 1807 gemachte Forderung erhobene Einwendungen relevant seien oder nicht betreffen, so eigneten sich solche nicht, wie das General-Kommißariat des Oberdonau Kreises der Meinung seie, zu Erstattung eines Gutachtens der Justiz Kanzlei in Oettingen, sondern diese Stelle habe darüber von erster Instanz wegen mit Vorbehalt der Berufung an das General Kommißariat zu erkennen.
Freiherr von Aretin las einen nach diesem Antrage entworfenen Reskripts Aufsaz vor, und unterlegte denselben der allerhöchsten Genehmigung.
Die königliche geheime Staats- und Konferenz Minister und die königlichen geheimen Räthe, welche von Seiner Majestät dem Könige zur Abstimmung aufgefordert {8v} wurden, vereinigten sich mit diesem Antrage des Referenten, und derselbe
wurde, so wie der abgelesene Reskripts Entwurf von Seiner Majestät dem Könige genehmigt.
Patrimonialgerichtsbarkeit
Aretin behandelt in seinem Vortrag die Frage, ob die von Graf Jonner bei einem Grundstückskauf im Jahr 1807 erworbenen Grundholden bei der Bildung seines Patrimonialgerichts eingerechnet werden können oder nicht. Problematisch ist, daß sich Graf Jonner am Tag der Publikation des Organischen Edikts über die Patrimonialgerichtsbarkeit (28. September 1808) „nicht in dem ruhigen unangefochtenen Besize der Gerichtsbarkeit“ befand. Aretin schreibt diesen Umstand dem fehlerhaften Verhalten der Unterbehörden zu und trägt an, den Grafen insofern schadlos zu stellen. Der König akzeptiert einen entsprechenden Reskriptsentwurf.
4. Zu Lösung der von Seiner Majestät dem Könige an den geheimen Rath gewiesenen Frage, ob dem Grafen Franz Xaver von Jonner997 die Gerichtsbarkeit über die erkauften Dogfortschen einschichtigen Unterthanen998 gebühre, und sohin solche bei Formirung der Patrimonial Gerichte eingerechnet werden könne oder nicht?999 erstattete der königliche geheime Rath Freiherr von Aretin als ernannter Referent schriftlichen Vortrag.
Derselbe führte die Verhältniße dieses Gegenstands aus, und zeigte, durch welche Umstände die Ausantwortung der Gerichtsbarkeit über diese schon im Jahre 1807 um 20.000 fl. erkaufte Unterthanen bis nach dem 28. September des vorigen Jahrs, an welchem Tage das Edict {9r} über die Patrimonial Gerichtsbarkeit erschien1000, verzögert wurde, wodurch zweifelhaft geworden, ob Graf v. Jonner, da er sich am 28ten September des vorigen Jahrs noch nicht in dem ruhigen unangefochtenen Besize der Gerichtsbarkeit über diese Unterthanen befunden, diese Gerichtsbarkeit noch erhalten könne oder nicht.
Die Lehen- und Hoheits Section, an welche dieser Gegenstand nach der neuen Organisazion gekommen, habe gegen den Grafen von Jonner entschieden, allein auf eine Reklamazion desselben an das auswärtige Ministerium seie diese Sache zur Reproposizion an die Lehen- und Hoheits Section gegeben, und von dem königlichen Ministerium nach der Meinung der Mehrheit einen allerunterthänigsten Antrag an Seine Majestät den König zu erstatten beschlossen worden.
Hierauf seie dieser Gegenstand an den geheimen Rath gewiesen worden, und Freiherr von Aretin gab, nachdem er die Gründe {9v} für und gegen den Grafen von Jonner auseinander gesezt, seine Meinung dahin ab, daß die ohne Verschulden des Grafen von Jonner durch Saumsal der Unterbehörden vorzüglich des Landgerichts Eggenfelden verzögerte Ausantwortung der Gerichtsbarkeit über die genannte Grundholden als bereits vor dem 28. September 1808 vollzogen angesehen, sohin der Graf von Jonner gegen Nachtragung der nach voriger Landesverfassung eingeführt gewesenen Reverse also behandelt werden solle, als wenn er in dem angeführten Zeitpuncte bereits in dem ruhigen Besize gewesen wäre.
Der nach diesem Antrage entworfene Reskripts Aufsaz an die General Commißariate des Unterdonau- und Salzach Kreises wurde von dem Freiherrn von Aretin abgelesen, und zur allerhöchsten Genehmigung vorgelegt.
Seine Majestät der König forderten die königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister und die geheimen Räthe auf, ihre Meinungen über den {10r} vorgetragenen Gegenstand abzugeben, und da sämmtliche Mitglieder sich hierauf mit dem Antrage des Referenten vereiniget, und nur von den geheimen Räthen der Finanz-Section wegen den Jurisdictions Gefällen von diesen Grundholden, die bis gegenwärtig zur Staatskasse gefloßen, einige Bemerkungen gemacht wurden,
genehmigten Seine Majestät der König den Antrag des Freiherrn von Aretin, und den hiernach gefertigten und abgelesenen Reskripts Entwurf.
Genehmigung der „Entscheidungen“ durch den König.
Anmerkungen
Durch den in Basel am 5. April 1795 geschlossenen Sonderfrieden mit Frankreich schied Preußen aus dem Ersten Koalitionskrieg aus (Druck: Martens, Recueil Bd. 6, Nr. 63 a, S. 495-498). In einem Zusatzvertrag vom 17. Mai 1795 wurde eine quer durch Deutschland laufende Demarkationslinie vereinbart, die in der fraglichen Region die Reichsstadt Nördlingen, die Grafschaft Pappenheim und den gesamten Fränkischen Kreis der vertraglich garantierten Neutralitätszone zuwies. Ziel war es „d’éloigner le théâtre de la guerre des frontières des ètats de sa majesté le roi de Prusse, de conserver le repos du nord de l’Allemagne, & de rétablir la liberté entière di commerce entre cette partie de l’Empire & de la France, comme avant la guerre […]“ (Zusatzvertrag vom 17. Mai 1795 zwischen der Französischen Republik und dem König von Preußen, Art. I, Martens, Recueil Bd. 6, Nr. 64, S. 503-506, hier S. 503; mit deutscher Übersetzung Hofmann, Quellen, Nr. 63 b, S. 320-322, hier S. 320). Vgl. die von Wilhelm Haas ca. 1830 gefertigte Landkarte: URL: http://www.europeana.eu/portal/record/09428/B185085708BC4D232E0ED91308AF2FB5AE3A80C1.html [29.8.2012]. Zur Sache Mieck, Preußen, S. 660-662.
Der 3. Koalitionskrieg endete mit dem Frieden von Preßburg zwischen Frankreich und Österreich vom 26. Dezember 1805. Der Friede enthielt eine Restitutionsbestimmung hinsichtlich des Deutschen Ordens, die den Besitzstand an die Ratifikationstermine band. Bayern hatte schon im November begonnen, Besitzungen des Deutschen Ordens zu sequestrieren und die Landeshoheit zu beanspruchen. Unter anderem im Amtsbezirk Schneidheim (als Vogteiamt seit 1717 bestehend) hatte Bayern dabei Einsprüche des Fürsten von Oettingen zu gewärtigen (vgl. Hofmann, Staat, S. 350-353, 432, 488; Kudorfer, Nördlingen, S. 539f.).
Nachdem am 2. Dezember 1802 die Zivilbesitzergreifung Rothenburgs durch Kurbayern erfolgt war, machte der Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 die Mediatisierung der Reichsstadt rechtsgültig. Vgl. RDH § 2 (Protokoll der ausserordentlichen Reichsdeputation zu Regensburg, Bd. 2, S. 577; Huber [Hg.], Dokumente Bd. 1, Nr. 1, S. 2); Schroeder, Das Alte Reich, S. 243-245.
Jean François Aimé Dejean (1749-1824), vom 12. März 1802 bis 2. Januar 1810 französischer ministre de l’administration de la guerre (DBF Bd. 10, Sp. 581f. s.v. D. 10 [É. Franceschini]; Tulard, Dictionnaire, S. 583 s.v. D. [A. Fierro-Domenech])
Samson Abraham Schwab (ca. 1778-1853), Sohn des Hoffaktors Abraham Jonas Schwab, ist auf dem jüdischen Friedhof Oettingen beigesetzt (URL: http://www.alemannia-judaica.de/oettingen_friedhof.htm; Liste der Gräber: URL: http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2076/CEM-OET-GRAVELIST.pdf [8.8.2012], Grab Nr. 016).
Franz Xaver Graf v. Jon(n)er (1752-1824), 1781 kurfürstlicher Kämmerer, wirkte bis zur Versetzung in den Ruhestand 1802 als Regierungsrat bei der Regierung Burghausen. Vgl. HStK 1798, S. 64; Protokolle Bd. 1, Nr. 38 (Staatskonferenz vom 29. Oktober 1799), S. 175, TOP 16; Nr. 127 (Staatskonferenz vom 30. Oktober 1801), S. 456, TOP 5; Nr. 136 (Staatskonferenz vom 28. November 1801), S. 481, TOP 5; Protokolle Bd. 2, Nr. 20 (Staatsrat vom 3. März 1802), S. 142f., TOP 12; Adelslexikon Bd. 6, S. 61 s.v. Joner; Kneschke, Adels-Lexikon Bd. 4, S. 588f. s.v. Joner-Tettenweiss, Grafen; Krick, Stammtafeln, Tf. 69, S. 157.
„Einschichtige Unterthanen“ lebten auf einschichtigen Gütern, also auf Gütern, die außerhalb der Hofmark lagen, zu der sie rechtlich gehörten. Bei den hier erwähnten „Dogfortschen“ Untertanen dürfte es sich um die 95 einschichtigen Grundholden und 12 „Aktiv-Lehenvasallen“ aus der „Allodial-Massa der verstorbenen Freyin Dogfort zu Triftern“ handeln, die laut einer Meldung des Königliche-Baierischen Intelligenzblatts ab dem 9. Dezember 1807 „auf dem Wege der öffentlichen Versteigerung an die Meistbiethenden entweder theilweise, oder insgesammt salva ratificatione des königl. Hofgerichts veräußert werden“ sollten (Bekanntmachung des Hofgerichts Straubing vom 21. September 1807, KBIntBl. 1807, Sp. 713f., mit näheren Angaben zu den zu erwartenden Erträgen).
Das Organische Edikt über die Patrimonialgerichtsbarkeit vom 8. September 1808 bestimmte in § 12: „Sogenannte einschichtige Unterthanen können von denjenigen Gutsherren, welche an dem Tage der Publikation dieses Edikts [28. September 1808] sich in dem ruhigen, unangefochtenen Besize der Gerichtsbarkeit befinden, zur Bildung der zu einem Patrimonial-Gerichte erfoderlichen Familienzahl eingerechnet werden [§ 3: „Der Bezirk eines Patrimonial-Gerichts muß wenigst fünfzig Familien in sich begreifen“], wenn sie in der ausgesprochenen Entfernung von vier Stunden [§ 4: „Die Grösse der Patrimonial-Gerichts-Bezirke wird durch den Grundsaz bestimmt, daß der entfernteste Gerichts-Gesessene nicht über vier baierische Strassen-Stunden von dem Gerichts-Size entlegen seyn soll“] gelegen sind.“ Druck: RegBl. 1808, Sp. 2245-2257, zit. Sp. 2246f., 2248 (auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 38, S. 207-215; Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 308, S. 869-876).
Das Organische Edikt „über die Patrimonial-Gerichtsbarkeit“ vom 8. September 1808 wurde im Königlich Baierischen Regierungsblatt Nr. 57 vom 28. September 1808 publiziert (RegBl. 1808, Sp. 2245-2257).