BayHStA Staatsrat 157
6 Blätter. Unterschriften des Königs, des Kronprinzen und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph; Kronprinz Ludwig.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Geheime Räte: Graf v. Preysing; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Freiherr v. Stengel; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; Schenk; Freiherr v. Asbeck; Feuerbach.
Unterhalt ausländischen Militärs
Montgelas weist auf die Notwendigkeit hin, die durch die Einquartierungen ausländischer Truppen entstehenden Kosten gleichmäßig auf das ganze Königreich umzulegen. Die auf der Grundlage einer entsprechenden Regelung für Tirol erarbeitete Verordnung wird von Aretin verlesen und erläutert. Aus der Diskussion im Geheimen Rat ergeben sich Abänderungen und Zusätze. Die Verordnung soll im Regierungsblatt publiziert werden.
{1v} 1. Die heutige Sizung des königlichen geheimen Rathes wurde, nachdem Seine Majestaet der König, Seine Königliche Hoheit der Kronprinz, die geheime Staats und Konferenz Minister und die effectiven Mitglieder des geheimen Rathes ihre Size eingenommen hatten, von dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas dadurch eröfnet, daß derselbe Seiner Majestaet dem Koenige die Nothwendigkeit vorlegte, bei dem erfolgenden Einmarsche fremder Truppen in das Reich das einzige zwekmäsige Mittel in Ausführung zu bringen, damit die aus Durchzügen und Kantonirungen fremder Truppen in einzelnen Kreisen und Districten des Reiches den königlichen Unterthanen zugehende unvermeidliche Lasten durch eine allgemeine und so viel möglich gleichheitliche Vertheilung auf das ganze Königreich {2r} weniger drükend gemacht werden.
Seine Majestaet der Koenig hätten in der geheimen Raths Sizung vom 9ten dieses dem geheimen Rathe Freiherrn von Aretin die Bearbeitung eines allgemeinen Verpflegungs und Konkurrenz Reglements für das ganze Königreich aufgetragen1011 und indem derselbe dieses Reglement, wobei das für die ehemalige Provinz Tirol den 17. Dezember 1807 erlaßene1012 zum Grund gelegt worden zur allerhöchsten Beurtheilung und Genehmigung vortragen würde, werde er auch die Grundsäze aufstellen, nach welchen der Zweck einer billigen Erleichterung für die durch Kriegslasten Einquartierung und Konkurrenz gedrukten Unterthanen zu erreichen sein mögte.
Dieser Entwurf einer Verordnung über die Natural Verpflegung der fremden Truppen seze ein vorheriges Benehmen mit der französischen Gesandschaft und der solche kommandirenden Generalit [!] voraus, zu dem ersteren {2v} würden von dem auswärtigen Ministerial Departement die nöthige Einschreitungen geschehen und wegen dem lezteren müßten die höhere administrative Landes Stellen auf den eintretenden Fall die geeigneten Maaßregeln ergreifen.
Auf erfolgten allerhöchsten Befehl Seiner Majestaet des Koenigs trug der wirkliche geheime Rath Freiherr von Aretin das allgemeine Kriegs Konkurrenz Normale für das ganze Königreich vor, welches folgende Titel in sich faßt: I. Titel. Von den Einquartierungen. II. Titel. Von den Kriegs Frohnden 1tes Capitel von den Spanndiensten. 2tes Capitel von Handfrohnden. III. Titel. Von Lieferungen. IV. Titel. Von Paerequation [!] der Kriegs Lasten.
Er führte bei jedem Titel und § die Gründe an, die demselben zur Seite stehen, zeigte in wie weit dem Marsch Konkurrenz Normale für Tyrol gefolgt worden, oder wo man davon abgewichen, und las das Reskript ab, wodurch dieses für das ganze Königreich allgemeine {3r} Normale in Kriegs Konkurrenz Gegenständen den 15 General Kreis Kommißariaten zur Nachachtung und Befolgung mitgetheilt wird.
Seine Majestaet der Koenig erforderten über diese abgelesene Entwürfe die Meinungen der geheimen Staats und Konferenz Minister und der geheimen Räthe und geruhten hierauf
den beiden vorgetragenen Aufsäzen mit folgenden Abänderungen und Zusäzen die allerhöchste Genehmigung zu ertheilen:
In dem § 4 solle der Schluß auf folgende Art gefaßt werden: „überdieß täglich 1 ½ (baierisch) Pfund Brod und nach Verschiedenheit der Bier oder Wein erzeugenden Länder entweder eine Maaß Bier oder ½ Maaß Wein in baierischem Maaße“.
Die Fassung des § 5 solle so abgeändert werden: „die schwere Pferde Razion für schwere Cavallerie Artillerie und Fuhrwesen solle, da wo durch besondere Reglements nicht ein {3v} anderes Verhältniß festgesezt wird aus 8 (baierischen) Pfund Haber, 12 Pfund Haber Heu, 3 Pfund Haber Stroh die leichte Razion für Husaren Dragoner Chasseur dann für Pferde der Offiziere und Verpflegs Beamte aus 6 baierischen Pfund Haber 10 baierischen Pfund Heu, 3 baierischen Pfund Stroh bestehen“.
Im § 6 solle vor der Stelle wo von Lieferanten die Rede ist gesezt werden „wo es auf andere Art nicht geschehen kann“.
Am Schlusse des § 11 solle beigefügt werden: „wenn nicht allzugroße Verschiedenheit der Lokal Preiße in einem und demselben Kreise einzelne Ausnahmen erforderten“.
Der § 20 solle auf folgende Art verändert werden: „Die Vergütung für jedes Vorspann Pferd wird zu 1 fl. auf die Marsch Stazion gerechnet, und den {4r} drei südlichen Kreisen des Königreichs1013 solle es dießfalls bei den Bestimmungen des Marsch Konkurrenz Normals für Tyrol vom 17. Dezemberg 1807 § 35 verbleiben“.
In dem § 26 solle die Vergütung des Taglohns von 45 kr. auf 24 kr. herunter gesezt werden. Am Schlusse des 31 § solle beigefügt werden: Nur in jenen Fällen, wo die Lieferung durch Natural Konkurrenz platterdings nicht aufzubringen ist, sollen Akkorde mit Lieferanten auf dem Wege der Versteigerung getroffen werden.
Dem § 32 solle beigesezt werden „auch Holz wo es die Localitaet gestattet“.
In dem § 43 sind folgende Beisäze zu machen. Nach geleisteten Zalungen sind „wenn nicht von dem General Kreis Kommißariate mit dem kommandirenden Offizier eine allgemeine Abrechnung geschieht“ nach den Worten „und respec den Untermarsch Kommißariaten zu erheben {4v} als Verlags Gelder zu behandeln“.
Dem § 47 solle beigefügt werden [„]durch die königliche Rentämter und Steuer Beamten[“].
Seine Majestaet der Koenig haben befohlen, daß dieses Normale und das Reskript an die General Kreis Commißaires durch das Regierungsblatt zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden1014.
Hypothekenrecht
Feuerbach setzt seinen Vortrag über die „gemeinen gesezlichen Hypotheken“ fort. Er erläutert zunächst die Grundsätze, an denen die Gesetzeskommission sich orientierte. Sodann liest Feuerbach die einzelnen Artikel vor, begründet sie und erläutert sie mit Beispielen. Aufgrund der Diskussionen im Geheimen Rat ergeben sich etliche Änderungen.
2. Auf Befehl Seiner Majestaet des Koenigs sezte geheimer Rath von Feuerbach seinen Vortrag über den 17ten Titel des neuen Civilgesezbuches von den Hypotheken fort, und fieng bei dem 2ten Abschnitte von den gemeinen gesezlichen Hypotheken an wo der Vortrag in der lezten geheimen Raths Sizung vom 16ten dieses sich endigte1015.
Geheimer Rath von Feuerbach wiederholte zuvor die in der lezten Sizung vorgelegte Grundsäze der Gesezkommißion nach welchen dieselbe diese Titel bearbeitet, und zeigte, daß diese sowohl mit jenen, welche die Organisazions Commißion in ihren Protokollen {5r} und dem von ihr verfaßten Entwurfe einer Hypotheken Ordnung aufgestellt, als den oesterreichischen, und zum Theil auch den französischen und preußenschen Hypotheken Gesezen übereinstimmten. Er las mehrere Stellen aus den Protokollen der Organisazions Commißion und dem osterreichischen Gesezbuche vor, und suchte den von einigen Mitgliedern des geheimen Raths gegen die Prinzipien und einzelne Säze aufgestellten Anständen und Erinnerungen zu begegnen.
Derselbe gieng nachher zu Ablesung der einzelnen Art. des 2ten Abschnittes von gemeinen gesezlichen Hypotheken Art. 2238 bis 2247 inclusive des 3ten Kapitels von gerichtlichen Hypotheken Art. 2248 bis 2251 inclus. und des 4ten Capitels von wirklichen Hypotheken Art. 2252 bis 2263 inclus. über1016. Er fügte jedem Art. die Beweggründe bei, so dessen Faßung motiviret, und suchte die Fälle durch vorgelegte Beispiele zu erläutern.
{5v} Seine Majestaet der Koenig geruheten, die Meinung der geheimen Staats und Konferenz Minister und mehrerer geheimen Räthe über die abgelesene Art. zu erholen, und nachdeme die verschiedene Ansichten hierüber mitgetheilt, und jeder Art. diskutirt war
genehmigten Allerhöchstdieselben die vorgetragene Art. mit folgenden Abänderungen:
In dem zweiten Abschnitt von gemeinen gesezlichen Hypotheken solle in dem Art. 2238 in No II die Stelle welche dieselbe entweder vor Übernahme des Amtes schon besessen, oder nach dieser Übernahme unentgeltlich erworben haben ausgelassen werden1017.
In dem Art. 2245 des nämlichen Abschnittes solle am Ende der Beisaz daß gar keine Eintragung geschehen solle, kann nicht rechtsgültig verabredet werden wegbleiben1018.
In dem 3ten Capitel von gerichtlichen Hypotheken {6r} solle der Art. 2248 auf folgende Art gesezt werden: „[G]erichtliche Hypotheken entstehen aus richterlichen Urtheilen zum Vortheile dessen, der die Entscheidung für sich hat. Diese Urtheile seien nach vollständiger Vernehmung des Gegentheiles oder zur Strafe des Ungehorsams in contumaciam erkannt sie seien definitiv oder provisorisch entscheidend“1019.
Der Art. 2256 in dem vierten Capitel von willkührlichen Hypotheken solle auf folgende Art gefaßt werden: „Güther der Minderjährigen und Interdizirten können blos unter den gesezlich bestimmten Voraussezungen und Förmlichkeiten zur Hypothek bestimmt werden. Diejenige, welche in dem provisorischen Besize der Güther eines Verschollenen sich befinden, können dieselbe durch Vertrag mit keiner Hypothek beschweren1020.“
Seine Majestaet der Koenig haben {6v} befohlen, daß die heutige Sizung hiemit beschloßen, und in der nächsten mit dem 5ten Capitel Von dem Verfahren bei Eintragung der Hypotheken fortgefahren werden solle1021.
Genehmigung der „Entscheidungen“ durch den König.
Anmerkungen
Das Marschkonkurrenz-Normale vom 17. Dezember 1807 sah ein Umlageverfahren vor, bei dem jedes Landgericht eine Zusammenstellung der Marsch- und Quartierkosten an das zuständige Kreisamt schickte. Dieses legte die aus den Tabellen der Landgerichte zusammengeführte Summe wiederum „nach dem Steuerfusse“ auf die Landgerichte des Kreises um. „Das Landgericht mußte für die Einbringung sorgen […] und eben so die Partheien befriedigen, den Ueberschuß aber an die Kreisstelle einsenden, welche die Überschüße denjenigen Landgerichten, welche Foderungen gegen die übrigen behaupteten, zumittelte, so daß bis Verlauf des nächsten Quartals alle Foderungen befriediget seyn sollten.“ So die spätere Paraphrase bei [Hörmann], Tirol, S. 201f., Zitat S. 202; vgl. Staffler, Tirol, S. 651.
Inn-, Eisack- und Etschkreis (VO vom 21. Juni 1808, RegBl. 1808, Sp. 1486).
Die VO betr. die „allgemeine Konkurrenz zu den Kriegslasten“ vom 23. Februar 1809 (RegBl. 1809, Sp. 385-398) sah „eine allgemeine Konkurrenz zur Ausgleichung der Kriegslasten“ in der Form vor, „daß a) in jedem Kreise die, einzelnen Distrikten oder Gemeinden desselben durch Einquartirungen, Kriegsfrohnen oder Natural-Lieferungen zugefallenen Lasten und Beschädigungen quartalweise auf den Umfang des ganzen Kreises rapartirt, und durch Geldbeiträge peräquirt, dann b) nach den von den General-Kreis-Kommissariaten darüber einzusendenden Haupt-Konspekten die Summe aller dieser einzelnen Kreiskonkurrenzen alljährlich auf die ganze Ausdehnung des Königreiches ausgeschlagen, und nach dem Steuerfusse gleichheitlich vertheilt werden solle“ (Sp. 385f.). Das „Allgemeine Regulativ der Konkurrenz zu den Kriegslasten“ (Sp. 387-398) regelte die Einzelheiten hinsichtlich der Einquartierungen, der „Kriegs-Frohnen“ (Spanndienste, „Handfrohnen“, Lieferungen) und der „Peraquation [!] der Kriegs-Lasten“ (das heißt: den Lastenausgleich durch Umverteilung).
Art. 2238 Abs. 2 lautete in der Entwurfsfassung: „Eine gemeine Hypothek ertheilt das Gesetz: […] Dem Staate in Beziehung auf das seiner obersten Verwaltung untergebene Finanz-, Stiftungs- und Kommunal-Vermögen an denjenigen unbeweglichen Gütern seiner Einnehmer und Verwalter, welche dieselben entweder vor Uebernahme des Amtes schon besessen oder nach dieser Uebernahme unentgeltlich erworben haben (EABG, S. 683).
EABG Art. 2245 in der Entwurfsfassung: „Von Beschränkung der allgemeinen gesetzlichen Hypotheken. Wenn volljährige Personen in ihrem Heurathskontracte verabredet haben, daß nur auf eines oder mehrere bestimmt bezeichnete Güter die Eintragung geschehen solle, so werden die übrigen mit der Hypothek der Ehegattin nicht beschwert. Daß gar keine Eintragung geschehen solle, kann nicht rechtsgiltig verabredet werden“ (EABG, S. 684).
Art. 2256, Entwurfsfassung: „Güter der Minderjährigen und Interdicirten, sowie die nur zum provisorischen Besitz eingeräumten Güter der Verschollenen, können in Kraft richterlicher Urtheile, oder unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und Förmlichkeiten zur Hypothek bestellt werden“ (EABG, S. 686).