BayHStA Staatsrat 8
13 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Hypothekenrecht
Diskussion über einen Antrag der Organisationskommission, die eine Ausarbeitung bezüglich der Hypothekenbücher vorgelegt hat. Der Antrag sieht vor, die entsprechenden Bestimmungen in das neue Gesetzbuch zu inserieren. Morawitzky kritisiert den Antrag und fordert, daß die Instruktion der Gesetzeskommission vorgelegt werden muß und daß zunächst das allgemeine Gesetz über das Hypothekenrecht bearbeitet werden soll, dann erst die speziellen Bestimmungen über die Hypothekenbücher. Der König entscheidet, daß der Gesetzeskommission die Entwürfe und Akten der Organisationskommission zu überlassen sind, damit diese eingearbeitet werden können.
[MA] {1r} 1. Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas eröfnete Seiner Königlichen Majestät und dem Ministerio, daß er als Fortsezung der zu bestättigenden organischen {1v} Edicten, so aus der Konstituzion des Reiches fließen, die von der Commißion in Organisazions Sachen durch die Protocolle vom 15. und 20. v. M. vorgelegte Instruction für die Herstellung und Führung der Hypotheken-Bücher vortragen werde.
Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Morawizky erinnerte hiebei, daß er wegen dieser von der Commißion in Organisazions Sachen entworfenen Reglementar-Verfügung über die Hypotheken Bücher und den von ihr gemachten bestimmten Antrag: daß gewiße von den geheimen Referendärs angenommene Punkte der Gesezkommißion mit dem bestimmten allerhöchsten Befehle, diese Punkte in das Gesezbuch zu inseriren [sc. mitzuteilen seien], als Justiz Minister und Vorstand der Gesezkommißion folgendes bemerken müße.
Ohne die Richtigkeit {2r} und Zwekmäsigkeit der in der entworfenen Reglementar Verfügung enthaltenen Vorschläge hier im mindesten bezweifeln zu wollen, glaubt man doch gegen diesen Antrag Folgendes mit vielem Grund erinnern zu dürfen:
1) Eine Verordnung über das Hypotheken-Buch gehört nur zur Execution der gesezlichen Theorie über das Hypotheken-Recht, welches in dem zu bearbeitenden Gesez-Buche mehrere hundert Artikel ausmacht. Es ist aber wohl nicht zu bezweifeln, daß die Regulirung der Execution einer gesezlichen Theorie *nicht dieser gesezlichen Theorie* [ergänzt auf rechtsbrüchigem Seitenteil] vorangehe oder dieser Grenzen sezen könne, sondern daß jene von dieser vorausgesezt werde, von dieser erst begründet und zwekmäsig eingeleitet werden müße, und wenn diese natürliche Ordnung umgekehrt würde, nichts anders als Widerspruch und Inkonsequenz die Folge sein könne.
{2v} 2) Keine Gesezgebung bedarf so sehr der konsequenten Einheit, als die bürgerliche Gesezgebung, und keine Lehre der bürgerlichen Gesezgebung greift wieder so sehr in das Ganze ein, und kann durch den kleinsten fremdartigen Auswuchs so sehr zerrüttet werden, als die Theorie von dem Hypotheken-Recht. Wie könnte aber Einheit und Zusammenhang in dem bürgerlichen Gesezbuch und in der zulezt gedachten Lehre insbesondere erzielt werden, wenn zwei Commißionen unabhängig ohne Communication nebeneinander bestehen wovon die eine (die Gesezkommißion) die Rechts-Theorie im Ganzen bearbeiten, eine andere (die Versammlung der geheimen Referendäre) Bruchstücke des Ganzen oder gar Regulativ-Verfügungen zu einer Gesezgebung, die noch nicht vorhanden ist, für sich bearbeiten wollte.
{3r} 3) Seine Königliche Majestät haben die Gesezkommißion Allerhöchstdero Vertrauens in Bearbeitung der Legislation gewürdigt. Diese Commißion ist zugleich aus einem Personal zusammengesezt, welches Allerhöchstdero gnädigstes Vertrauen durch die That zu verdienen wißen wird. Sie besteht theils aus Rechtsgelehrten, welche die gründlichsten theoretischen Kenntniße längstens öffentlich bewährt haben, theils aus Geschäftsmännern, welche durch vieljährige Erfahrung gegen Einseitigkeit bewahrt sind.
Einer der leztern hat unter andern in dem Land, wo das Hypotheken-Wesen am reifsten ausgebildet wurde, welches in Deutschland die ersten Hypotheken-Bücher hatte, in Preußen, Gelegenheit gehabt, mehr als dreißig Jahre lang das Hypotheken Wesen in legislativer Rüksicht kennen zu lernen und praktisch auszuüben.
{3v} Es ist daher von der Gesez Kommißion nicht zu erwarten, daß sie in der Lehre des Hypotheken Wesens nicht von selbst die Erinnerungen der Versammlung der geheimen Referendarien prüfen und benuzen werde.
Es gehet daher der Antrag des Justiz Ministerii dahin:
1.) Daß das unterworfene Regulativ über die Hypotheken-Bücher der allergnädigst verordneten Gesezkommißion blos zur Bedachtnahme und Benuzung mitgetheilt werde, auch
2.) das Regulativ über die Hypotheken-Bücher nicht eher, als nachdem die Geseze über das Hypotheken-Recht von Allerhöchstderoselben genehmigt sind, bearbeitet und bekannt gemacht werde.
Die Herrn geheimen Staats und Konferenz Minister {4r} Freiherr von Montgelas und von Hompesch äußerten auf diesen Antrag, daß die preußische Bestimmungen für das Hypothekenwesen96 Seiner Majestät für das Königreich Baiern nicht anzurathen sein möchten, weil dieses mit Zwang und andern gehäßigen Einrichtungen verbunden, und selbst nach dem Bericht der Kammer in Ansbach aus diesen Ursachen nicht in Ausübung gekommen. Der vorliegende Entwurf der Organisations Commißion scheine Ihnen diesen Übelstand mit Vorsicht umgangen zu haben, und einfach und zwekmäsig abgefaßt zu sein. Da es inzwischen für die Sache dienlich sein könnte, auch die Gesez-Commißion hierüber zu hören, so vereinigten sich diese beide Herrn Minister mit dem Antrage des Justiz-Ministers, daß dieser Entwurf zur Bedachtnahme und Benüzung der Gesezkommißion mitgetheilt werde.
Seine Königliche Majestät {4v} haben auf den Antrag Dero Justiz-Ministers und die Aeußerungen Ihrer beiden andern Minister allergnädigst beschloßen, daß der Gesezkommißion der Entwurf der Organisazions Commißion mit den dazu gehörigen Akten und den hierauf Bezug habenden Auszügen aus den Protokollen der Organisazions Commißion zur Bedachtnahme und Benüzung mitgetheilt werden solle97.
Lehensedikt
Der König genehmigt mit einigen Änderungen das von der Organisationskommission ausgearbeitete Edikt über die Neuordnung des Lehenswesens in Bayern.
2. Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas trug das organische Edict vor, welches die Commißion in Organisazions Sachen mit dem Protocoll vom 13ten v. M. über die Lehensverhältniße im Königreich Baiern eingesendet, und machte, indeme Er daßelbe nach seinem ganzen Inhalte ablas, diejenige Bemerkungen, die er nach vorheriger Prüfung desselben anzuführen für nöthig erachte.
Nachdem Seiner Königlichen {5r} Majestät der ganze Inhalt dieses Edicts und alle §§ deßelben vorgetragen waren, und Allerhöchstdieselbe die Meinungen Allerhöchstdero Ministerii vernommen hatten, ertheilten Allerhöchstsie diesem Edicte Ihre Bestätigung mit folgenden darin zu treffenden Aenderungen98. Auch haben Seine Königliche Majestät befohlen, daß dieses Edict nach seiner Ausfertigung der Gesez-Commißion mitgetheilt werden solle, um daßelbe als Anhang dem Civilgesezbuch beizufügen.
Im § 6 so wie im ganzen Edicte solle der Ausdruck Grundgericht und Gerichtsbarkeit weggelassen, und dafür gesezt werden: eigenen Gerichten, eigener Gerichtsbarkeit99.
Im § 12 solle der Termin vom 1ten Oktober 1809 auf den 1ten Jänner 1810 bestimmt werden100.
In dem § 18 solle statt 20 25 zu Kapital erhoben gesezt werden101.
{5v} In den §en 69, 70 und 186 solle neben dem Ausdruck: böser Absicht noch inklavirter beigefügt werden: (dolus malus)102.
In dem § 94 solle statt die Kanzlei-Taxen auf die Hälfte, gesezt werden, die Kanzlei-Taxen auf zwei Drittel103.
Der § 201104 solle auf folgende Art gesezt werden: Thronlehen und mit Gerichtsbarkeit versehene Kanzleilehen können nicht allodifizirt werden, dann im Anfange des § 202 solle gesezt werden: Statt Kanzleilehen: alle übrige Lehen105.
Entwurf eines Edikts über den Adel
Montgelas kritisiert den von der Organisationskommission vorgelegten Ediktsentwurf wegen der für den Adel höchst nachteiligen ökonomischen Folgen. Der Minister formuliert daher einige Änderungsanträge. Im Zentrum seiner Neufassung steht die Bestimmung, wodurch der Adel nur durch eine königliche, d.h. staatliche Konzession erlangt werden kann. Ferner geht es insbesondere um die Einrichtung von Majoraten. Hompesch und Morawitzky stimmen den Änderungsanträgen zu. Der König folgt dem Antrag und befiehlt die Neuredaktion des Edikts.
3. Über das Edict wegen dem Adel im Königreich Baiern, wegen Aufhebung der Fideikommiße und Einführung der Majorate, welches mit dem Protocole vom 9ten Mai dieses Jahrs von der Commißion in Organisazions Sachen vorgelegt worden, äußerte sich der königliche geheime Staats und Konferenz {6r} Minister Freiherr von Montgelas, daß er sich mit der Ansicht, nach welcher dieses Edict entworfen, so wenig als mit der Eintheilung und Fassung vereinbaren könne106.
Er habe dieses Edict genau geprüft und gefunden, daß es für die im Königreich sich befindende adelige Famillen zu hart und den Ruin der meisten nach sich ziehen würde, weil sie durch die verschiedene Verhältniße in ihrem Vermögen schon sehr geschwächt und ohnedieß Mühe haben würden, sich aufrecht zu erhalten, da alle Privilegien und Vorzüge des Adels auf gewiße Stellen im Staate schon erloschen, sie nach den Grundsäzen der Billigkeit von der Steuer Entrichtung künftig nicht mehr ausgenommen, und keine Mittel aufzufinden sein würden, ihnen besondere Unterstüzungen auszusprechen.
Freiherr von Montgelas {6v} zergliederte nun den Aufsaz107 und untergab der allerhöchsten königlichen Entscheidung, ob seine Ansicht über diesen Gegenstand angenommen oder ob Seine Königliche Majestät die Eintheilung der Commißion zu bestätigen geruhen wollten.
Derselbe las nun den Aufsaz der Commißion ab, und äußerte: Seiner Meinung nach könnte der 1te Titel: [„]Allgemeine Bestimmungen über die künftige Fortdauer des Adels[“] ganz kurz in einigen Artikel folgenden Inhalts gesezt werden, da die übrigen Artikel nichts als Wiederholungen der Bestimmungen in der Konstituzion enthalten108:
Der Adel kann nur durch eine königliche Conceßion erlangt werden, deßen politische Verhältnisse sind durch die Constitution bestimmt.
Bei dem IIten Titel von Erlangung und Vererbung des Adels könnte die Erwerbung durch höhere Civil- und {7r} Militär Stellen so wie durch Verleihung der Orden wegbleiben, da der Adel dem Staatsdiener keinen Vortheil mehr gewähre, und er seinen Rang durch die Stelle erhalte109.
Die §§ wegen dem Titel der nachgebornen Söhne und Töchter der Adeligen könnten aus diesem Capitel so wie das ganze zweite Capitel wegen der Erwerbung des Dienst- und Orden-Adels weggelaßen werden110.
In dem 3ten Capitel dieses Titels § 18 könnte der No 4 ganz weggelaßen und statt diesem gesezt werden: Ein hinlängliches schuldenfreies Vermögen111.
Die §§ 21 und 22 könnten geändert und anders gefaßt werden112.
In dem 3ten Titel wegen den Majoraten wäre dem Art. 23 das Wort zukünftig beizusezen113.
In dem Art. 26 könnte das Maximum eines zu konstituirenden Majorats der Fürsten die Summe der jährlichen Einkünfte auf 40.000 der {7v} Grafen auf 20.000 und der Freiherrn und darunter auf 10.000 fl. bestimmt, und die Art. 27, 28, 29, 30, 31 und 32 in Folge dieser Bestimmung geändert werden114.
Der Art. 33 könnte ganz ausbleiben115.
Art. 34 wäre im Anfange so zu sezen: „In denjenigen Fällen, in welchen Wir eine Adelsverleihung oder Standeserhöhung mit der Majorats-Dotation ertheilen, werden Wir p.“116.
Der Art. 37 im 4ten Titel könnte auf folgende Art gefaßt werden: „Das Majorat wird auf die männliche leibliche oder adoptirte durch die Geseze berufene Descendenten in der Lineal Ordnung nach der Erstgeburt vererbt“117.
Der § 38 wäre auf folgende Art zu sezen: „Damit aber die Adoption die Wirkung der Vererbung auf das Majorat erhalte, ist Unsere ausdrückliche Bewilligung durch ein besonderes {8r} Decret hiezu erforderlich118. In dem Art. 46 könnte beigesezt werden: „welcher durch die Geseze zur Erbfolge nach der oben bestimmten Ordnung berufen“119.
Statt des Art. 67 und 68 könnte Folgendes gesezt werden: „Bei gänzlichem Abgang eines andern Vermögens wird die Alimentation der nachgebornen Kinder beiderlei Geschlechts auf die Einkünfte des Majorats und die Zahl derselben angewiesen, jedoch in einem solchen Verhältniß, daß sie die Hälfte desselben in keinem Falle übersteige. Die Verhandlung wird von den Justizstellen berichtiget, und von Uns bestätiget120“.
Die Art. 73 bis 80 wären ganz umzuarbeiten, und hiebei der Grundsaz aufzustellen, daß die gegenwärtig immatrikulirte und vom Könige bestätigte Fideikommiße sogleich die Eigenschaft eines Majorats mit allen denenselben durch {8v} die gegenwärtige Verordnung beigelegten rechtlichen Wirkungen annehmen121.
Der Art. 82 und 84 wäre wegzulaßen, und in dem Art. 94 beizusezen: „Die über den Adel und Majorate vorkommende strittige Fälle werden bei den einschlägigen Appellazions Gerichten pp.“122.
Wenn Seine Königliche Majestät diese Abänderungen in dem Aufsaze des Edicts und die dabei aufgestellte neue Ansicht allergnädigst genehmigten, so würde Er das Adels Edict in Übereinstimmung mit diesen Veränderungen neu redigiren und zur allerhöchsten Unterschrift vorbereiten laßen.
Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch äußerte, daß er diese vorgetragene Ansicht des Edicts über den Adel schon vor der Staats Konferenz getheilt, und sich vollkommen mit den hierin zu treffenden Aenderungen vereinige.
Gleiche {9r} Aeußerung gab der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Morawizky ab.
Seine Königliche Majestät haben die von Dero geheimen Staats- und Konferenz Minister Freiherrn von Montgelas vorgetragene Aenderungen in dem Edicte über den Adel, womit auch die beiden andern Staats Minister sich vereiniget, allergnädigst genehmiget, und wollen, daß der Aufsaz hienach umgeändert und neu redigirt werde123.
Emphyteutische Güter
Morawitzky erinnert daran, daß der Code Napoléon (CN) die im Königreich Bayern wichtige Emphyteuse nicht kennt. Folglich ist nach dem Stand der Dinge zu befürchten, daß dieses Rechtsinstitut in dem neuen, auf dem CN aufbauenden Bürgerlichen Gesetzbuch nicht berücksichtigt werden wird. Um dem abzuhelfen, soll die Organisationskommission der Gesetzeskommission den Verordnungsentwurf über die gutsherrlichen Rechte zustellen, in dem diese Materie behandelt wird. Die Bestimmungen über den emphyteutischen Vertrag sollen sodann den Ministerien mitgeteilt werden.
4. Bei dem Veranlaße der Bestimmungen über den Adel, womit doch auch die legislative Anordnungen über die emphyteutischen Güter in Beziehung stehen, äußerte der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Morawizky Folgendes:
Im Code Napoléon, welcher zu einer baierischen Landes Gesezgebung verarbeitet wird, seie die Lehre {9v} von den emphyteutischen Gütern ganz mit Stillschweigen übergangen124. Der Grund dieser Auslaßung seie allein dieser, weil in Frankreich fast durchgehend das bloße Pachtsystem eingeführt wäre. Da indeßen in dem Königreich Baiern der allergrößte Theil des Land-Eigenthums aus getheilten Eigenthum und aus emphyteutischen Gütern bestehe, so würde das neue baierische Gesezbuch in einem der allerwichtigsten Gegenstände lükenhaft und unbrauchbar sein, und auf den Namen eines baierischen Gesezbuches nicht Anspruch machen können, wenn diese Lehre nicht in der Bearbeitung mit aufgenommen würde. Es würde überdieß gegen die ausdrükliche Erklärung der Konstituzions Urkunde, welche Gleichheit der Gesezgebung für alle Provinzen verspreche125, die höchst nachtheilige Inkonsequenz entstehen, daß die alten Provinzial {10r} Gesezbücher, die in diesem Puncte so sehr von einander abweichten, und zugleich den übrigen Grundsäzen widersprächen, noch neben den letzteren fortbestehen müßten.
Da indessen in der Versammlung der geheimen Referendäre dem Vernehmen nach eine Verordnung über die gutsherrlichen Rechte entworfen werde126, welche mit dem diesseits zu bearbeitenden Gegenstande im Zusammenhang stehe, so würde erforderlich sein, daß vorgedachter Entwurf der Gesezkommißion respec. dem Redacteur zur Benuzung bei seiner Arbeit mitgetheilt werde.
Der alsdann verfaßte Entwurf der Gesezgebung über den emphyteutischen Vortrag [!] werde hierauf wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit andern Zweigen der Administrazion, den übrigen verehrlichen {10v} Ministerien zur Erinnerung mitgetheilt werden.
Seine Königliche Majestät haben auf diesen Antrag nach vernommener Meinung der beiden andern geheimen Staats Minister allergnädigst befohlen, daß der von der Organisazions Commißion bearbeitete Entwurf über die gutsherrlichen Rechte sobald er bei den königlichen Minister zirkulirt und in der geheimen Staats Konferenz vorgetragen sein wird, der Gesez Commißion mitgetheilt werden solle, um solchen bei ihren Arbeiten zu benuzen.
Wittelsbachisches Familiengesetz
Montgelas trägt im Konsens mit Morawitzky und Hompesch Änderungsanträge zum Entwurf eines neuen Hausgesetzes der Wittelsbacher vor. Der König genehmigt die Anträge.
5. Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas legte Seiner königlichen Majestät und dem Ministerio den Entwurf eines königlich baierischen Famillen Gesezes vor, welches Er in Folge des 1ten [!] Titels § 4 der Constitution127 {11r} und mit Rüksicht auf die ältere Geseze und Verträge des königlichen Hauses, in so weit diese nach den veränderten politischen Verhältnißen noch anwendbar, habe bearbeiten laßen128.
Auch mit der Faßung dieses Gesezes könne er sich nicht vereinigen, indem daßelbe mehrere nicht paßende, und auf das gegenwärtige Gesez sich gar nicht beziehende Artikel enthalte.
Bei dessen Ablesung werde er Seiner Königlichen Majestät diejenige Abänderungen vortragen, die nach seiner Ansicht hierin getroffen werden müßten, und in folgenden bestünden.
Der Art. 15 des IIen Titels könnte ausgelassen werden. In dem Art. 21 Titel III könnten die Worte: von welchen wenn es geschloßen ist, und das Duplicat in dem Archiv der National Repraesentation ausgelassen werden.
{11v} Die Art. 22 und 23 könnten ganz, so wie die Stellen im Art. 27 wegen dem Staats Secretaire des Hauses weggelaßen werden.
Der Art. 31 könnte wie folgt gesezt werden: „Überhaupt stehet es den Monarchen zu, alle zu Erhaltung der Ruhe, Ehre, Ordnung und Wohlfahrt des königlichen Haußes dienliche Maaßregeln zu ergreifen.“
Der Art. 32 und 40 wäre ganz auszulaßen.
In dem Art. 41 wäre statt des Ausdruckes des rheinischen Bundes p. zu sezen: „welcher noch keinen Staat besizet, und zur Regierung desselben ohnmittelbar berufen ist.“
In dem Art. 42 könnte statt sämmtlichen Kronbeamten p. gesezt werden: dem Famillen Rathe des königlichen Haußes.
In dem Art. 43 wäre die ganz ungeeignete Bestätigung der National Repraesentation {12r} und die Bestimmungen deßwegen zu umgehen und dieser Artikel anders zu faßen.
Die Art. 48 bis 62 inclusive könnten ganz ausgelassen werden, und eben so die Art. 68, 78, 79, 80, 81, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92 und 94.
In dem Art. 98 und 103 wäre statt geheimen Rathe Famillen Rathe zu sezen.
In dem Art. 102 wären die Worte, und des geheimen Rathes, wegzulaßen.
In dem Art. 110 könnte der Schluß auf folgende Art abgeändert werden: „und die Abschrift durch eine Botschaft der National Repraesentation mitgetheilt wird.“
Der Art. 111 könnte ganz weggelassen werden.
Der XI. Titel von der Gerichtsbarkeit über das königliche Hauß und von dem Famillen Rathe müßte ganz umgearbeitet {12v} und neu redigirt werden.
Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas entwikelte die Art, wie dieser Titel am paßendsten gefaßt werden könnte, und äußerte, daß wenn Seine Königliche Majestät diese vorgetragene Abänderungen in diesem Gesezes Entwurfe allergnädigst genehmigten, er denselben umarbeiten und zur allerhöchsten Unterschrift vorbereiten lassen würde.
Die königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Graf v. Morawizky und Freiherr von Hompesch vereinigten sich mit diesen Anträgen des Freiherrn von Montgelas.
Seine Königliche Majestät ertheilten diesen angetragenen Aenderungen Ihre allerhöchste Bestätigung, und solle das königliche Famillen Gesez darnach {13r} umgearbeitet und eingerichtet werden129.
Verordnung über das Indigenat und die Staatsbürgerrechte
6. Montgelas legt den von der Organisationskommission mit dem Protokoll vom 30. Mai 1808 eingesendeten „Entwurf einer organischen Verordnung über das Indigenat und die Staatsbürger Rechte“ vor. Der König folgt dem Antrag, den „Gegenstand ganz der Beurtheilung der Gesezkommißion zu überlassen“, weshalb ihr der Entwurf übermittelt wird130.
Genehmigung der Entschließungen durch den König.
Anmerkungen
„Edikt über die Lehen-Verhältnisse im Königreiche Baiern“ vom 7. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 1893-1932; auch bei Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 289, S. 681-705; Auszüge: Winkopp (Hg.), Der Rheinische Bund 10 (1809), Nr. 34, S. 444-450; Schimke, Regierungsakten, Nr. 12, S. 112-116. – Das Lehensedikt suchte, so die Präambel, dem Lehenswesen als einem „Zweige der Staats-Verwaltung, so viel es ohne Verlezung gegründeter Rechte des Einzelnen geschehen konnte, eine dem Geiste der Konstitution angemessene gleichförmige Gestalt zu geben“. Der König ging dabei von dem Gesichtspunkt aus, „die Mängel und Gebrechen des alten Lehenwesens zu heben, den Uebergang in freies Eigenthum, zur Beförderung des National-Wohlstandes, möglichst zu erleichtern, und dieses Institut, von Mißbräuchen und schädlichen Nebenbestimmungen befreit, in einfachere Formen zurückzuführen“. Fortan gab es nur nur noch „Mann-Lehen der Krone“, die entweder vom König selbst (Thronlehen) oder in seinem Namen vom obersten Lehenhof (Kanzleilehen) verliehen wurden (§§ 1-2). Somit wurde der König zum alleinigen Lehensherrn: „Alle Lehen können in Zukunft nur von dem König ausgehen. Ausser dem König kann in Baiern kein Lehen-Herr bestehen“ (§ 22, ähnlich § 34). Da ferner „[k]ein Lehen-Mann […] königliche Lehen weiter verleihen“ konnte (§ 23), ergab sich folgerichtig: „Alle Privat-Lehen und alle After-Lehen sollen […] erlöschen“ (§ 24). Bei königlichen Lehen war zu prüfen, ob und in welche der beiden Kategorien (Thron- oder Kanzleilehen) sie eingereiht werden konnten (§ 7). War eine Kategorisierung nicht möglich, verloren diese Lehen ihre „Lehen-Eigenschaft“ und wurden in „andere Grund-Verträge umgeändert“ oder allodifiziert (§ 11). Als Termin dazu wurde der 1. Januar 1810 festgesetzt (§ 12). Wenn bis dahin ein Ausgleich nicht zustande kommen sollte, waren „diese Lehen in bodenzinsiges Eigenthum“ umzuwandeln (§ 13). Ebenso galt, daß bis zum 1. Januar 1810 (§ 26) „[a]lle Privat-Lehen und alle After-Lehen […] allodifizirt, oder in andere Grund-Verträge umgeändert werden“ sollten (§ 25). Zum Lehensedikt vgl. Möckl, Staat, S. 104f.; Demel, Staatsabsolutismus, S. 486-491, bes. S. 488f.
Edikt vom 7. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 1895: „§ 6. Als Kanzlei-Lehen können solche Landgüter bestehen, welche mit eigenen Gerichten versehen sind“.
Ebd., Sp. 1906: „§ 69. Wenn die Lehens-Muthung inner des vorgeschriebenen Zeitraumes aus böser Absicht, (dolo malo) unterlassen wird, verlieret der Lehen-Mann, oder Lehenfolger das Lehen, und erst nach dessen Tode tritt der nächste Lehen-Erbe wieder in den Genuß. § 70: Wenn der Muthungs-Termin ohne böse Absicht, (sine dolo malo) versäumt wird, findet die Strafe der Entrichtung doppelter Lehen-Gebühren statt.“
Entwurf eines „Edict[s] über den Adel im Königreiche Baiern nach dem § 5 Titel I der Constitution“, 16 Bll., Bleistiftkorrekturen von der Hand Montgelas’, laut Vermerk des Konferenzsekretärs Egid Kobell vorgetragen in der Geheimen Staatskonferenz vom 7. Juli 1808, BayHStA MA 74113 (im Folgenden zitiert als „Entwurf eines Adelsedikts“).
Hinsichtlich des Adels bestimmte die Konstitution des Königreichs Bayern vom 1. Mai 1808 in Tit. I § 5: „Der Adel behält seine Titel und, wie jeder Guts-Eigenthümer, seine gutsherrlichen Rechte nach den gesetzlichen Bestimmungen; übrigens aber wird er in Rücksicht auf die Staatslasten, wie sie dermal bestehen oder noch eingeführt werden mögen, den übrigen Staatsbürgern ganz gleich behandelt. Er bildet auch keinen besondern Theil der Nationalrepräsentation, sondern nimmt mit den übrigen ganz freien Landeigenthümern einen verhältnißmässigen Antheil daran. Eben so wenig wird ihm ein ausschließliches Recht auf Staatsämter, Staatswürden, Staatspfründen zugestanden. Die gesamten Statuten der noch bestehenden Korporationen müssen nach diesen Grundsätzen abgeändert, oder seiner Zeit eingerichtet werden (AK Bayerns Anfänge, S. 325).
Ebd., Tit. II, Kap. 1: „Art. 9. Alle, die in Unserem Königreiche als Adelige anerkannt sind, behalten für sich und ihre vor dem 1. October 1808 gebohrne Kinder ihre bisherige Adels-Titel auf Lebens-Zeit. Art. 10. Bei ihren Nachkommen kann der Adels-Titel nur auf diejenige Söhne vererbt werden, bei welchen derselbe in dem bestimmten Grade mit einem verhältnißmäßigen Majorat dotiret worden ist, welches Majorat mit dem Titel sodann auf ihre directe, eheliche, männliche Nachkommenschaft nach der Erbfolge-Ordnung der Primogenitur übergeht. Der Erstgebohrne künftige Succeßor führet den Adels-Titel des Vaters. Art. 11. Diejenige Söhne außer dem Erstgebohrnen, bei welchen der Titel nicht dotiret ist, behalten zwar den Nahmen und das Wappen der Familie, enthalten sich aber des Adels-Titels, bis sie in das Majorat nach der festgesezten Erbfolgs-Ordnung dereinst eintreten, oder das Recht, einen Adels-Titel zu führen, durch einen besondern Gnadenbrief nach erfüllten vorgeschriebenen Bedingungen von Uns erhalten. Art. 12. Die nach dem 1. October laufenden Jahres gebohrnen Töchter adeliger Familien in den zwei ersten Stufen, nämlich: der Fürsten und Grafen, erhalten den Adels-Titel des Vaters; in den zwei übrigen Stufen aber, der Freiherrn und Ritter, führen die Töchter nur den Familien Nahmen, mit dem Beisaze: Fräulein, ohne Adels-Titel. Art. 13: In den Fällen, in welchen die Adoption nach den Gesezen statt hat, kann auch mit Unserer Genehmigung unter Beobachtung des Art. 10 der Adels-Titel auf den adoptirten Sohn vererbt werden.“ Kap. 2: „Von der Erwerbung des Dienst- und Ordens-Adels und der Vererbung deßelben. Art. 14. Der Adels-Titel der lezten Stufe ist mit allen Civil-Stellen bis zum [folgt mehrfach durchstrichenes, nicht lesbares Wort] einschließlich und mit allen Militaire Stellen bis zum [folgt mehrfach durchstrichenes, nicht lesbares Wort] einschließlich verbunden. Art. 15. Wir behalten Uns vor, höhere Grade nach Verhältniß der höheren Staats-Ämter durch besondere Decrete zu ertheilen. Art. 16. Diejenige, welche Wir durch Unsere Orden auszeichnen, erhalten dadurch zugleich den Adels-Titel der lezten Stufe, höhere Grade werden durch besondere Decrete ertheilt. Art. 17. Der Dienst- und Ordens-Adel ist nur persönlich; er kann aber wie der durch Gnadenbriefe erworbene Adel, vererbt werden, wenn nach den Vorschriften des Art. 10 ein Majorat eingerichtet wird, wo sodann in Ansehung der Vererbungs-Art, der nachgebohrnen Söhne, und der Töchter die Dispositionen des Art. 11 und 12 eintreten“ (Bl. 2r-3v).
Kap. 3 handelt „[v]on der Erwerbung des Adels durch Gnadenbriefe, und der Vererbung deßelben“. Art. 18 des Entwurfs handelt von den Voraussetzungen zum Erwerb des Briefadels und bestimmt dazu u.a. „4.) den Besiz eines von Schulden oder sonstigen Ansprüchen freien Land-Eigenthums, und zwar a) zur Erlangung der unteren Stufen des Adels bis zum Freiherrn, in minimo von jährlichen Einkünften von 6.000 fl., b) zur Erlangung der hohen Stufen des Adels, als Grafen in minimo von 12.000 fl., Fürsten in minimo von 30.000 fl.“ (Bl. 3v-4r). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. I Kap. 3 § 9, RegBl. 1808, Sp. 2031.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. II, Kap. 3: „Art. 21. Der auf diese Art erworbene Adels-Titel geht nur auf jene aus einer rechtmäßigen Ehe erzeugten, oder mit Unserer besondern Bewilligung adoptirte Söhne über, und zwar nach der Erbfolge-Ordnung der Erstgeburt, für welche derselbe mit einem verhältnißmäßigen Majorat, wie in dem [!] folgenden Artikeln [!] näher bestimmt werden wird, dotiret worden ist. Art. 22. Bei den übrigen Söhnen und bei den Töchtern treten die Dispositionen des Art. 11 und 12 ein“ (Bl. 4r-4v).
Ebd., Tit. III, Kap. 1: „Art. 23. Die Majorate können *zukünftig* [Bleistiftmarginalie von der Hand Montgelas’] nur gegründet werden auf Einkünfte eines freien, in Unserem Königreiche gelegenen Landeigenthums“ (Bl. 4v). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. II Kap. 1 § 23, RegBl. 1808, Sp. 2034.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. III, Kap. 1: „Art. 26. Die Renten des Majorats, worauf der Adels-Titel gegründet werden soll, müßen betragen: für die ersten Stufen des Adels bis zum Freiherrn einschließlich in minimo jährlich 3.000 fl.; für die höheren Stufen den Grafen in minimo 6.000 fl., den Fürsten 15.000 fl. Art. 27. Die Errichtung der Majorate wird in keinem andern Falle als zur Dotirung des Adels-Titels gestattet, und erfodert allezeit Unsere besondere Bewilligung. Art. 28. Diese wird in einer an Uns gerichteten und bei Unserem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten übergebenen Vorstellung entweder zugleich mit dem Adels-Titel, oder besonders nachgesucht. Art. 29. Es müßen in der Supplik die Motive zur Errichtung eines Majorats angegeben seyn, und derselben beurkundete Ausweisungen über alle jene Bedingungen beiliegen, welche in den Art. 18 insbesondere Nro. 3 und 4 vorgeschrieben sind. Art. 30. Genanntes Ministerium hat die vorgelegten Motive und Beweise nach vorläufiger Vernehmung der geeigneten Justiz-Stelle zu untersuchen, und Vortrag an Uns zu erstatten. Art. 31. Erfolgt hierauf Unsere Genehmigung, so wird über die Errichtung des Majorats eine Urkunde, in welcher a. die Motive des errichteten Majorats, b. der mit dem Majorat verbundene Adels-Titel, c. die Güter, welche die Dotation constituiren, und d. das Wappen ausgedrükt sind, unter Unserem größeren Siegel ausgefertiget, in das Adels-Register eingetragen, und nach erlegter Taxe durch das Regierungs-Blatt bekannt gemacht. Auch muß der Majorats-Brief dem Hypotheken-Buche, wo die Güter gelegen sind, eingetragen werden. Art. 32. Es wird ferner bei der einschlagenden Gerichts-Stelle eine eigene Matrikel über die in ihrem Bezirke befindlichen Majorats-Güter mit einer genauen Beschreibung derselben geführet“ (Bl. 5r-5v).
Ebd., Tit. III, Kap. 1: „Art. 34. In denjenigen Fällen, in welchen die Dotation des Adels-Titels durch Uns selbst geschieht, werden Wir […]“ (Bl. 6r). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. II Kap. 1 § 33, RegBl. 1808, Sp. 2035.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. IV („Von den Wirkungen des errichteten Majorats“), Kap. 1 („In Ansehung der Personen“): „Der Adels-Titel, welcher mit dem Majorat verbunden wird, kömt denjenigen zu, für welche daßelbe errichtet worden ist, und wird mit dem Majorat auf ihre männliche leibliche oder adoptive zur Erbfolge nach den Gesezen berufene Descendenz in der Lineal-Ordnung nach der Erstgeburt [folgen durchgestrichene Worte] fortgepflanzt.“ (Bl. 6v). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. II Kap. 2 § 36, RegBl. 1808, Sp. 2036.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. IV, Kap. 1: „Art. 38. Damit aber die Adoption die Wirkung der Mittheilung des Adels-Titels auf den Adoptirten erhalte, so ist allezeit nebst dem Besize der zum Adels-Titel erforderliche Majorats-Güter Unsere ausdrückliche Bewilligung durch ein besonderes Decret hierzu erforderlich. Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. II Kap. 2 § 37, RegBl. 1808, Sp. 2036.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. II, Kap. 3 („Von dem Genuße der Majorats-Güter): „Art.46. Der Genuß der Majorats Güter kömmt demjenigen zu, welcher in den Adels-Titel auf die in dem Art. 10 festgesezte Art succediret“ (Bl. 8r). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. II Kap. 4 § 45, RegBl. 1808, Sp. 2038.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. V, Kap. 2. „Art. 67. Auch tritt eine gültige Ursache zur Auflößung des Majorats ein: wenn das ganze Vermögen des Besizers mit Inbegrif des Majorats zu der Summe heruntersinkt, daß den Kindern der Pflichttheil, welcher nach dem Inbegrif des Gesamtvermögens zu berechnen ist, daraus nicht mehr geleistet werden kann, ohne das Majorat zu schmälern. Art. 68: Sollte aber das Majorat die zur Vererbung deßelben nach Art. 26 erforderliche Rente übersteigen, so kann daßelbe zur Erfüllung des Pflichttheils bis auf das Minimum dieser Rente vermindert, und ferner erhalten werden“ (Bl. 11r-11v). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. II Kap. 7 § 65, RegBl. 1808, Sp. 2042.
Entwurf eines Adelsedikts (BayHStA MA 74113) Tit. VII „Anwendung der gegenwärtigen Dispositionen über die Majorate auf die Fideicommiße der in Unserem Königreiche eingeseßenen adeligen Geschlechter […]. Art. 73. Die gegenwärtige Fideicommiß-Besizer treten hiernach von dem 1. Octob. l. J. in das vollständige freie Eigenthum der Fideicommiß-Güter, über welche sie unter den Lebenden u. von Todes wegen frei disponiren dürfen. Art. 74. Diese Güter haften daher auch für die Allodial-Schulden der Fideicommiß-Besizer, jedoch ohne Nachtheil der schon darauf versicherten Fidei-commiß Schulden. Art. 75. Wenn der gegenwärtige Fidei-commiß-Besizer nach dem 1. Octob. l. J. ohne gültige Disposition mit Tode abgeht, so wird das Fidei-commiß unter seine Intestat-Erben, wie sein übriges Allodial-Vermögen, nach der bürgerlichen Erbfolge-Ordnung gleich vertheilet, und alle Regredient-Ansprüche erlöschen. Art. 76. Die Verzichte der lebenden Intestat-Erben und alle aus den Familien-Verträgen fließende besondere Erbansprüche verlieren ihre rechtliche Wirkung. Art. 77. Was die Verzichteten zu ihrer Abfindung empfangen haben, sind sie verbunden bei der künftigen Erbfolge zu conferiren. Art. 78. Wenn eine Linie oder ein einzelnes Familien-Glied zur Abfindung besondere Güter, Rechte, Ämter oder Nuzungen erhalten hat, so nehmen die Güter bei dem Besizer die Natur des Allodial-Vermögens an, Rechte, Renten und Nuzungen werden zu Capital erhoben, und dieses wird aus der aufgelösten Fidei-commiß-Masse entrichtet, oder hypothekarisch versichert. Übrigens behält dieses Capital in seiner Ordnung das Vorzugsrecht vor den Allodial-Schulden. Art. 79. Diejenige, welchen Güter oder eine Rente nur für ihre Lebenszeit angewiesen, behalten den Genuß derselben auch nur während der Dauer ihres Lebens. Dem Nuznißer der Rente kömmt während dieser Zeit die obige hypothekarische Sicherheit zu. Nach ihrem Tode fallen beide, Güter und Rente, an den lezten Besizer des erlöschenden Fidei-commißes und seine Erben. Art. 80. Wenn einer ganzen Linie gewiße Renten, Rechte und Nuzungen zu ihrer Abfindung zugetheilt sind, so werden die Renten und die zu Geld angeschlagenen Rechte und Nuzungen, der Gulden zu fünfzehen gerechnet, zu einem Capital erhoben. Dieses ist von Seite des Renten-Besizers nach 10 Jahren aufkündbar; eine frühere Aufkündung ist dem Gutsbesizer frei gelaßen“ (Bl. 12r-13v).
Ebd., Tit. VIII „Verlust des Adels. Art. 82. Der persönliche Adel dauert nur auf die Lebenszeit des Titulaire. […] Art. 84. Wenn das Majorat, worauf der Adelstitel gegründet ist, auf die oben Titel VI bestimmte Art erlischt“ (Bl. 13v). „Art. 94. Die darüber vorkommenden streitigen Fälle aber werden bei den einschlägigen Justiz-Stellen verhandelt und entschieden“ (Bl. 14v-15r). Sanktionierte Fassung: Adelsedikt vom 28. Juli 1808, Tit. I Kap. 5 § 21, RegBl. 1808, Sp. 2033 („Die über den Adel vorkommende streitige Fälle […]“).
Die Emphyteuse, ein Institut des römischen Rechts, war „das vererbliche und veräußerliche, dingliche Recht, ein fremdes, fruchttragendes Grundstück zu bewirtschaften und Früchte aus diesem zu ziehen und zu gewinnen“ (Klein-Bruckschwaiger, Art. ‚Erbleihe’, in: HRG Bd. 1, Sp. 968-971, zit. Sp. 968). Damit korrespondierte die Pflicht, das Grundstück zu pflegen und eine festgelegte Abgabe an den Eigentümer zu entrichten. Ab dem 16. Jahrhundert verwendeten viele Territorialgesetzgebungen die Emphyteuse als ausschließliches Rechtsinstitut für eine Erbleihe; den Leihenehmer (Grundhold oder Grunduntertan) verstand man als Nutzungseigentümer, den Leihegeber (Grundherr) als Obereigentümer. Entsprechend unterschied die Rechtslehre zwischen Unter- und Obereigentum. 1807 definierte der Landshuter Professor der Rechte Franz Xaver Krüll (1769-1847) Emphyteuse als „unvollkommene[s] Eigenthum auf ein Grundstück unter dem Vorbehalte eines dinglichen Rechts auf Entrichtung eines bestimmten Kanons, und daß dasselbe nicht verschlimmert werde (Krüll, Handbuch Bd. 2, S. 126, § 461). Vgl. Brauneder, Art. ‚Erbleihe’, in: HRG Bd. 1, 2. Aufl., Sp. 1368-1370. Umfassende Darstellung bei Dannhorn, Römische Emphyteuse; zur Ausformung im CMBC (Tl. IV Kap. 7 § 1 [S. 92f.]) ebd., S. 283-286.
Konstitution des Königreichs Bayern vom 1. Mai 1808, Tit. I § 2 (RegBl. 1808, Sp. 987; AK Bayerns Anfänge, S. 325): „[…] Das ganze Königreich wird […] nach gleichen Gesezen gerichtet und nach gleichen Grundsäzen verwaltet […]“.
Gemeint ist: Konstitution des Königreichs Bayern vom 1. Mai 1808, Tit. II § 4 (RegBl. 1808, Sp. 990; AK Bayerns Anfänge, S. 326): „Ein besonderes Familiengesez wird die Art, wie diese [sc. die in den §§ 1-3 vorgeschriebene] Erbfolge eintreten soll, bestimmen […]“.
Vgl. oben Nr. 4 (Staatskonferenz vom 20. April 1808). – In rechtlicher Hinsicht war die Ausarbeitung eines neuen Hausgesetzes durch die Souveränität Bayerns im Gefolge des Preßburger Friedens erforderlich geworden, fehlten den älteren Hausverträgen doch fortan die reichsrechtlichen Grundlagen. Da die Angehörigen der nunmehrigen königlichen Familie vor der Auflösung des Reiches reichsunmittelbar gewesen waren, waren Hausverträge auf der Basis grundsätzlicher Gleichordnung geschlossen worden. Jetzt waren die Agnaten Untertanen, so daß der König „den Angehörigen seines Hauses ebenso wie den anderen Unterthanen als unumschränkter Herrscher gegenüber[trat]“. Insofern handelte der König bei der Neuregelung der Verhältnisse seines Hauses als Gesetzgeber (er war durch kein über ihm stehendes Recht gebunden), nicht als „gleichberechtigter Vertragstheil“. Die Zustimmung der Agnaten zu den einseitig erlassenen, für und gegen sie wirkenden Neuregelungen wurde nicht eingeholt. Den „veränderten politischen Verhältnissen“ entsprechend, wurde die Hausverfassung grundlegend umgestaltet. Vgl. Seydel, Bayerisches Staatsrecht, Bd. 1, S. 412-414, zit. S. 413; Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, S. 48. Auf die politischen Umstände, die eine Änderung des Hausgesetzes erforderlich machten, verwies Montgelas in seinen Erinnerungen: Laubmann/Doeberl (Hgg.), Denkwürdigkeiten, S. 86.