BayHStA Staatsrat 214

13 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Kronprinz Ludwig.

Staats- und Konferenzminister: Graf v. Montgelas; Graf v. Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.

Bierpreis

Carl Maria Graf von Arco setzt seinen Vortrag über die Berechnung des Bierpreises fort. Gegenstand seiner Ausführungen sind v.a. die Betriebsausgaben, die aufgewendet werden müssen, um die Betriebsstätten zu erhalten und die Produktionsmittel anzuschaffen, ferner der Arbeitslohn des Braupersonals und die Aufwendungen für Grundstoffe. Zu prüfen ist jeweils, welche Kosten auf den Bierpreis umzulegen sind. Asbeck betont erneut, daß er für die Preisbildung am Markt einsteht, Reigersberg fordert, prinzipiell das Interesse des Konsumenten zu berücksichtigen, ein hochwertiges und wohlfeiles Produkt zu erhalten.

{1v} In der auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung welcher Seine Majestät der König nicht beiwohnten, fuhr der königliche geheime Rath Graf Carl [Maria] von Arco unter Vorsiz Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen fort, nachdem derselbe von Seiner Königlichen Hoheit hiezu aufgerufen war, den § 114 des Hauptvortrages von der Normal-Größe des Sudwesens, auf welche die Grund-Preiß-Berechnung angewendet werden solle, wobei in der geheimen Raths Sizung vom 28ten vorigen Monats stehen geblieben worden309, und die folgende [§§] 115, 116, 117, 118, 119, 120 und 121 abzulesen, und zugleich den geheimen Rath auf die Beilage 31 die tabellarische Übersicht der Ansäze sämtlicher aus den älteren geheimen Raths Akten über den Biersaz bekannten Behörden und Schriftsteller für jeden Artikel der bei dem Sudwesen statt habenden Vorauslagen auf ein Sudwerk von 450 Schäffel trokenen Malzes berechnet und reduzirt welche auf die abgelesene §§ Bezug hat, aufmerksam zu machen.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco bemerkte, er glaube, {2r} daß gegenwärtig der Zeitpunct seie, wo der versammelte geheime Rath über die Frage „Soll unter den Vorauslagen eine Verzinsung eines Bräu-Kapitals und der ersten Einrichtung nach dem Verhältniße auf ein Normal-Bräuhauß von 450 Schäffel Absud angesezt werden? Oder solle unter den Vorauslagen nichts hievon angesezt, und dagegen sowohl hiefür, als für die Manns Nahrung die Verzinsung eines gewißen Grund-Kapitals, welches er Referent auf 45.000 fl. anschlage, paßirt werden“ diskutiren und abstimmen könne.

Die vereinigte geheime Raths Sectionen hätten nach dem Seßions Protokoll No 3 vom 16. Jänner dieses Jahres, welches abgelesen wurde, sich bestimmt dafür geäußert, daß die mit einigen Rektifikazionen vorgetragene Berechnung des Benefiziaten Bruninger310 (Beilage 21 des Haupt-Vortrages) nach welcher das Grund-Kapital eines Normal-Bräuhauses per 24.762 fl. an Zinsen nebst Auslagen für den jährlichen Unterhalt der Gebäude, des Schiff und {2v} Geschirres311 1.702 fl. 52 Kreuzer 3 Heller betragen, als Basis anzunehmen.

Referent habe sich zwar in den vereinigten Sizungen mit dieser Meinung vereiniget, allein ein nachher ihm zugekommenes Werk, eine noch im Manuscripte befindliche Anleitung über das Bier-Sudwesen von dem in diesem Fache als einer der größten Kenner mit Recht anerkannten Verwalter Scharl zu Grünbach312 habe ihn in den Stand gesezt, über die wahre Größe des Grund Kapitals seine Meinung mit mehr Gründlichkeit als zuvor anzugeben, und ihn bewogen, eine nachträgliche Abhandlung über dieses Grund-Kapital zu schreiben, und die weitere Folgen dieser Berichtigung auf die Stellung der Berechnung des Grundpreißes des Biers vorzulegen.

Diese nachträgliche Abhandlung seie unter die Mitglieder des geheimen Rathes ver­theilt, und er werde dieselbe sowohl als auch die §§ 175 und 176, von dem reinen Gewinne des Bräuers, oder der sogenannten Manns-Nahrung, welche mit dieser Frage in Verbindung stehen ablesen, um die Mitglieder des geheimen Rathes {3r} in den Stand zu sezen, diese Frage, welche unter die wichtigsten des Vortrages gehöre, hinlänglich und mit aller Sachkenntniß beurtheilen zu können.

Als geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco die §§ 175 und 176 und seine nachträgliche Abhandlung Litt. A mit den Beilagen abgelesen hatten, geruheten Seine Königliche Hoheit der Kronprinz über die aufgestellte Frage abstimmen zu laßen.

Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas erklärten sich für die neuere Berechnung des Grund-Kapitals und die Ansichten des Referenten, die er in seiner nachträglichen Abhandlung aufgestellt, da sie Ihnen richtig und reiner scheinen, als jene, welche in den Sections Sizungen angenommen worden.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg äußerten, es seie schwer, sich jezt schon für eine oder die andere Entscheidung der vorgelegten Fragen zu bestimmen, ehe die Vorfrage untersucht und {3v} und [!] entschieden seie: Soll eine Bier Taxe313 bestimmt werden oder nicht?

Diese leztere Frage seie die wichtigste – werde sie verneinend angenommen, so löse sich die gegenwärtige von selbst, erkläre sich der königliche geheime Rath für eine Taxe wozu derselbe sich vielleicht blos aus den damit verbundenen finanziellen Rüksichten, *vielleicht auch aus dem Grundsaze, die ersten Lebensbedürfniße, worunter in Baiern gewiß das Bier gehöre, müße einer Taxe, die so gering als möglich festgesezt werden muß, unterworfen werden* [Ergänzung auf der rechten Blatthälfte], verstehe, so müße diese Modifikazion der Freiheit, Bier zu erzeugen und auszuschenken, mit aller möglichen Sorgfalt und mit der dem Staate heiligen Rüksicht für die große Zahl der Konsumenten in Ausübung gebracht werden.

Angenommen daher, daß eine Taxe bestehen solle, so entstehe bei Ihnen die weitere Frage: ob nicht das Sistem der Komposizion mit den einzelnen Bräuhäußern, welches schon bestanden, nach allgemeinen gleichen Grundsäzen, *folglich mit Vermeidung der vormals bestandenen Mißbräuche* [Ergänzung auf der rechten Blatthälfte] wieder eingeführt werden wolle, denn einen Anschlag des Grund Kapitals für das ganze Königreich auszusprechen, und deßen Verzinsung auf die Bier Taxe auszuschlagen, scheine Ihnen weder billig noch räthlich. Alle Bedürfniße zu Errichtung eines Bräuhaußes seien in der Hauptstadt gewiß ungleich höher als in {4r} manchen Kreisen des Königreichs. Solle nun der Konsument im Main- und Inn-Kreise um 1, 2, 3 Pfenninge theurer bezalen, weil das Grund-Kapital eines Bräuhaußes, so wie die Auslagen für den jährlichen Unterhalt der Gebäude, des Schiff und Geschirres in der Haupt Stadt nach den Lokal-Verhältnißen höher angenommen werden müße.

Sie könnten daher nie für eine allgemeine Durchschnitts Taxe sich erklären, sondern müßten dafür stimmen, daß in einem jeden Kreise ein auf die Verhältniße deßelben berechnetes Grund Kapital hergestellt, und deßen Verzinsung nach der sich herauswerfenden Summe mit Billigkeit auf die nämliche Art berechnet werden, wie die vereinigte Sectionen angetragen.

*Da bei Herstellung des Grund-Kapitals eigentlich nach den Maximen, so bei Erhebung einer Vermögens Steuer zu befolgen, müße verfahren werden, so würden Sie ehe [!] wie bei dieser verfahren* [Korrektur auf der rechten Blatthälfte], und die eidliche Angabe des Werthes der Bräuhäußer und der Neben-Auslagen von den Eigenthümern etwa erfordern und als Basis berechnen laßen.

Geheimer Rath Graf von Preising zeigte in einem eigenen {4v} dem Protocoll beiliegenden Voto den Nuzen, von der angenommenen ökonomischen Berechnungs Form ganz abzugehen, und die merkantilische vorzuziehen, und legte seine Resultate aus dieser Berechnungs Art vor314.

Geheimer Rath Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] vereinigte sich mit dem Referenten, da diese Berechnung richtiger als jene welche in den Sectionen angenommen worden, und die reine Verzinsung des Grund-Kapitals nach einer auszuwerfenden Durchschnitts Summe, der Vermischung mit den übrigen, dem Bräuer zu vergütenden Nuzungen vorzuziehen seie.

Geheimer Rath Graf von Törring schilderte die Schwierigkeit, die jedes Mitglied gegenwärtig haben müße, zu votiren, da die Ordnung des Vortrages ganz verlaßen, und eine Frage zur Discußion herausgehoben worden, die die Entscheidung der Vorfrage – Soll eine Bier-Taxe bestehen? – vorausseze. Auch gab er den Wunsch zu erkennen, daß alle nachträgliche Abhandlungen, die Referent noch nachher geschrieben, in den Sections Sizungen wären vorgenommen worden, {5r} ehe sie zur Deliberazion des versammelten geheimen Rathes gekommen.

Um inzwischen dieser Schwierigkeit ohngeachtet seine Meinung abzugeben, so komme es gegenwärtig darauf an, sich für die merkantilische oder ökonomische Berechnungs Art zu erklären, er trete jener bei, welche Referent in Antrag gebracht, und wornach 3 Pfenninge auf die Maas Bier für die Verzinsung des Grund Kapitals anzusezen kommen.

Auf gleiche Art stimmte geheimer Rath von Zentner, und erklärte sich für die Berechnungs Art des Referenten, da er die Frage, daß ein Biersaz sein solle, als entschieden annehme, einen allgemeinen Kapitals-Anschlag müße man annehmen, denn sonst werde man in so viele Verhältniße und Rüksichten verwikelt werden, daß kein Resultat sich daraus ziehen laßen würde. Auch äußerte er den Wunsch, daß man die Abstimmung über diese untergeordnete Frage noch ausgesezt und zuerst den ganzen Vortrag abgelesen, sohin nachher die daraus sich entwikelte Frage herausgehoben und zur Abstimmung vorgelegt hätte.

{5v} Geheimer Rath Graf von Tassis vereinigte sich mit der Meinung des Referenten.

Geheimer Rath von Krenner der jüngere [d.i. Franz] bemerkte, daß durch den Gang, den Referent genommen, alle Arbeiten unter einander geworfen und Fragen zur Deliberazion gebracht würden, die offenbar die Entscheidung der Vorfrage: Soll ein Biersaz bestehen? erforderten.

Die vorgelegte Kosten Berechnung zu Herstellung eines Bräuhauses von 1.000 Schäffel Absud könne offenbar hier nicht als Basis angenommen werden, denn es seie nicht bewiesen, daß man nicht in einem solchen Bräuhauße auch 2 und vielleicht auch 3.000 Schäffel absieden könne, und folglich würden dem Eigenthümer eines solchen Bräuhaußes nicht 88.000 sondern 270.000 fl. verintereßirt, denn die Keller abgerechnet, glaube er, daß eine solche vermehrte Sud allerdings thunlich, wie man sich vielleicht bei den hiesigen bürgerlichen Bräuern überzeugen könne.

Er bleibe deßwegen bei dem von den vereinigten Sectionen angenommenen Schluße um so mehr stehen, als es zu auffallend und in der That nicht wahr {6r} sein würde, dem Bräuer 3 Pfenninge Manns Nahrung als respec reinen Gewinn auszusprechen, denn der nach der Meinung des geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco unter diesen 3 Pfenningen für das Grund und Fahrniß Kapital begriffene 1 Pfenning seie weder eine Manns-Nahrung noch ein reiner Gewinn, sondern wirklich eine Verzinsung, folglich eine stillschweigende wahre Vorauslage. Er erkläre aber, daß er sich vorbehalte, wenn dieser Umsaz von 1.702 fl. 52 Kreuzer 5 Heller in Zusammenstellung mit den übrigen noch nachkommenden Ansäzen eine zu hohe Summe ausmachen, und dadurch das Bier für den Konsumenten zu theuer werden sollte, auf eine Minderung der einen oder andern Post315 antragen würde.

Die geheimen Räthe Freiherr von Aretin von Effner und von Schenk erklärten sich für die Meinung und den Schluß der vereinigten Sectionen, und äußerten ebenfalls, wie Sie gewunschen, daß die Fragen nicht so bruchweise zur Abstimmung herausgehoben worden wären.

Geheimer Rath Freiherr von Asbek bemerkte, da er {6v} von der ganzen Sache eine verschiedene Ansicht habe, und für eine ganz freie Konkurrenz und keine Taxe sich erkläre, so müße er konsequent mit seiner Meinung sich jeder Abstimmung über die einzelne Fragen enthalten. Auch geheimer Rath von Feuerbach erklärte außer Stande zu sein, über die vorgebrachte Frage abzustimmen, bis nicht die Hauptfrage: ob eine Bier-Taxe sein solle oder nicht? entschieden, und suspendirte deßwegen sein Votum. Geheimer Rath Graf von Welsberg vereinigte sich mit der Meinung des Referenten.

Nachdem diese Abstimmungen geendiget waren, so äußerten Seine Excellenz der Herr Justiz Minister [Reigersberg], daß da der Schluß der vereinigten Sectionen sich Ihren Ansichten in der Haupt-Sache mehr als die entgegen gesezte Meinung nähere, da dadurch eine Durchschnitts Summe, die in allen Kreisen nicht sehr verschieden sein könne, als Grund-Kapital festgesezt sei, so giengen Sie zu den Meinungen über, welche den Sections Schluß angenommen.

Auch geheimer Rath Graf {7r} von Törring erklärte sich aus den vom geheimen Rathe von Krenner angegebenen Gründen für den Sections Schluß, und giengen ebenfalls zu den dafür geäußerten Abstimmungen über.

Da sich dadurch die Mehrheit für die von den Sectionen angenommene Meinung bildete,

so wurde beschloßen, an Seine Majestät den König den allerunterthänigsten Antrag zu machen, daß nach der Meinung der vereinigten Sectionen, Prot. vom 16 Jänner dieses Jahres No 3 für das Intereße des Bau Kapitals und des nöthigen Kapitals für die erste Fahrniß Einrichtung dann für die jährliche Bau Reparazionen und Fahrniß Nachschaffungen eine Summe von jährlichen 1702 fl. 52 Kreuzer 3 Heller als erste Post unter die Vorauslagen aufgenommen, dagegen die Manns-Nahrung ganz separirt behandelt werde.

Nachdem diese Frage durch den beschloßenen Antrag an Seine Majestät den König entschieden war, so fuhr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco mit Ablesung der §§ 122, 123 und 124 des Hauptvortrages und Vorlegung seiner Ansichten über die Vorauslagen für den Arbeitslohn, der mit der Biererzeugung und {7v} Aufbewahrung beschäftigten Individuen fort, und stellte die Frage zur Discußion und Abstimmung auf: Gehören der Verwalter, der Bräumeister, der Kiefer316 zu dem bei der Grundpreiß Berechnung anzunehmenden Arbeits Personale?

Referent erklärte sich, daß er aus den angegebenen Gründen und in der Voraussezung, daß seine übrige Ansäze genehmiget werden, hiefür nichts anseze.

Die geheimen Raths Sectionen hätten sich mit diesem seinem Antrage vereiniget, theils weil nur die Fabriken und nicht die Besizer in Betracht kommen, und theils weil bei einem angenommenen Normal-Bräuhause von 540 Schäffel Absud kein solches Personal bei einem städtischen Bräuhause nöthig sei.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz ließen über diese Frage abstimmen, und einstimmig wurde die Meinung der Sectionen angenommen, sohin beschloßen

bei Seiner Majestät dem Könige hierauf allerunterthänigst anzutragen, weil der größte Theil der Bräuhauß Besizer dieses Personal nicht bedürfe.

{8r} Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco las die §§ 125 und 126 von dem Unterhalte des Bräu-Personals ab, und machte nach der vorgelegten Berechnung und aus den angeführten Gründen den Antrag, für den Unterhalt des Bräu-Personale für einen simplen Fabrikanten, nicht für ein königliches Bräuhauß oder jenes eines Gutsbesizers berechnet des Jahres 781 fl. 10 Kreuzer, oder in runder Summe 780 fl. anzusezen.

Die vereinigte Sectionen hätten nach Würdigung dieser Berechnung und nach einigen Erläuterungen diese Meinung getheilt, und einstimmig beschloßen: die von dem Referenten in Anschlag gebrachte Summe von 780 fl. als Vorauslage zum Unterhalt des Bräupersonals zur Grundlage zu nehmen.

Auf die von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen über diesen Antrag verfügte Umfrage vereinigten sich alle Mitglieder des geheimen Rathes mit der Meinung der vereinigten Sectionen, nur Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg blieben auch hier, wie bei der Abstimmung bei dem Grundsaze, daß der Unterhalt des {8v} Bräu-Personals nicht nach den Preisen der Residenz, wo Lohn und Lebensbedürfniße immer höher stehen, sondern nach den Preisen, die in den verschiedenen Kreisen bestehen, berechnet, und folglich für jeden Kreis ein eigener Ansaz nach den Lokal Verhältnißen zu unterwerfen wäre.

Da die Mehrheit der Mitglieder des geheimen Rathes sich für die Meinung der vereinigten Sectionen erklärte, so wurde auch beschloßen

hierauf bei Seiner Majestät dem Könige allerunterthänigst anzutragen.

In den folgenden §§ 127 bis 131, welche geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco ablas, entwikelte derselbe nun die Berechnungen der Vorauslagen für Kieferarbeit oder Binderlohn, und äußerte, daß er nach den darin gegebenen Aufschlüßen glaube, sich mit dem § 128 litt. L nach dem Sessions Protokoll vom 8ten August 1804 angesezten 90 fl. per annum, um eine runde Zahl zu bilden vereinigen zu sollen, nachdem aber dieser Artikel nach der von ihm gewählten Rechnungs Methode schon in der ersten allgemeinen Rubrik, Vorauslagen auf Erhaltung {9r} und allmählige Wiederherstellung der Gebäude und Fahrniße enthalten sei, so trage er darauf an, hiefür hier Orts nichts anzusezen. Mit diesem Antrage wären auch die geheime Raths Sectionen verstanden gewesen.

Da sich auch alle Mitglieder des königlichen geheimen Rathes in Folge der von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen veranlaßten Abstimmung hiemit vereinigten, so wurde beschloßen

bei Seiner Majestät dem Könige den allerunterthänigsten Antrag dahin zu stellen, daß für Kiefer und Binder Lohn nichts angesezt werde.

Wegen dem § 132, vom Malzbrecher Lohn bemerkte geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco, daß er es nicht für nothwendig halte, alle einzelne Meinungen rekapituliren zu müßen, da sich bei weitem die meisten dahin verstanden, vom Schäffel 12 Kreuzer Malzbrecher Lohn anzunehmen, was bei einem Sud a 5 Schäffel 1 fl., und folglich für 90 Suden im Bräujahre 90 fl. betrage.

Die geheime Raths Sectionen hätten hiebei nichts erinnert, sondern diesen Ansaz angenommen, und da auch von den Mitgliedern des geheimen Rathes nach der von Seiner Königlichen {9v} Hoheit dem Kronprinzen verfügten Umfrage keine Erinnerung dagegen gemacht wurde

so beschloß der geheime Rath, bei Seiner Majestät dem Könige auf den Ansaz von 90 fl. für Malzbrecher Lohn anzutragen.

Die §§ 133 und 134, die von dem Fuhr und Pferde-Lohn handeln, wurden von dem geheimen Rathe Grafen Carl [Maria] von Arco abgelesen, und von demselben bemerkt, daß wenn die zusammen gestellte sehr verschiedene Ansäze für diesen Artikel, und die hier und da dafür angebrachte Gründe erwogen und bedacht werde, daß ein Paar Pferde mit Futter, Beschlag dann Schiff und Geschirr sammt den Auslagen auf allmählige Nachschaffung der nach und nach unbrauchbar werdenden Pferde ohne Einrechnung der Unterhaltungs Kösten eines Knechtes, des Jahres im geringsten Anschlage auf 400 fl. zu stehen kommen, und daß ein Paar Pferde nebst dem Gebrauche zu dem Bräuhauße selbst von den Stadtbräuern noch zu andern Beschäftigungen des Feldbaues verwendet werden, so scheine ihme der Ansaz der Hälfte mit 200 fl. um so billiger, als der beim Holz eingerechnete Fuhrlohn für das Holz zum {10r} Bräuhause nicht darunter begriffen sei.

Die geheime Raths Sectionen seien derselben Meinung gewesen, und da von den Mitgliedern des geheimen Rathes bei der von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen verfügten Umfrage hiegegen nichts erinnert wurde,

so stellte der geheime Rath bei Seiner Königlichen Majestät seinen Antrag auf 200 fl. des Jahres als Ansaz für den Pferd und Fuhrlohn bei einem Normal Bräuhause.

Nachdem geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco in dem § 135 die Summe aller Vorauslagen auf Arbeitslohn bei einem Normal Bräuhause auf 450 Schäffel zusammen gestellt, und nach Verbeßerung eines Fehlers in summa 1.070 fl. 6 Kreuzer berechnet hatte, gieng derselbe zu den Vorauslagen auf den Verbrauch und die Veredlung theils roher theils fabrizirter Stoffe zur Biererzeugung über, und las die §§ 136, 137, 138, 139 von dem Holze, 140, 141 von dem Peche, 142 und 143 von den Unschlittkerzen317 handlen, ab.

Als Resultate der deßwegen vorgelegten Verhältniße sezte geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco {10v} Folgendes an: a) für Sud und Dürrholz 877 fl. 30 Kreuzer, b) für Faßpech 202 fl. 30 Kreuzer, c) für Unschlitt Kerzen 50 fl. Summa 1.130 fl.

Die geheime Raths Sectionen hätten diese Ansäze ohne Erinnerung angenommen.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz verfügten die Umfrage, und Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas so wie alle geheimen Räthe äußerten sich mit den geheimen Raths Sectionen verstanden, nur Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten sich in Übereinstimmung mit Ihren früheren Abstimmungen dafür, daß der Ansaz des Holzes und Peches in jedem Kreise besonders berechnet, und für jeden Kreis diese Vorauslage eigends festgesezt werden solle. Denn der Preiß des Holzes seie zu verschieden in einigen Kreisen, wo Überfluß daran herrsche, seie derselbe unbedeutend, in andern wo es mangle, sehr hoch. Aus welchem Grunde {11r} solle nun der Konsument in einem Kreise, wo das Holz sehr wohlfeil, das Bier so theuer bezalen, als der in einem andern, wo das Holz zu hohen Preisen stehe.

So unbedeutend es auch scheinen möge, für einen Artikel der Vorausgaben einen Heller oder einen Halben der Maas Bier beizuschlagen, so bedeutend werde derselbe durch die Zusammenstellung aller dieser Artikel, und Sie würden streng darauf sein, auch einen halben Heller den Konsumenten zu ersparen, denn wenn finanzielle Rüksichten und die Nothwendigkeit es erheischen, eine Bier Taxe zu bestimmen, und solche unter Polizei Aufsicht zu sezen, um dem Publikum die gute Fabrikazion eines Getränkes zu sichern, welches durch Gewohnheit und andere Umstände zur Nahrung des Unterthanen geworden, und als Bedürfniß für seinen Lebensunterhalt angesehen werden könne, so erfordere es die Pflicht, den Konsumenten daßelbe in best möglichster Qualitaet und in den möglichst wohlfeilsten Preiße zu verschaffen. Überhaupt müßten Sie gestehen, daß es Ihnen aufgefallen, daß in dem Vortrage auf dem [!] Konsumenten noch gar keine Rüksicht genommen worden {11v} und von demselben noch nicht die Rede gewesen.

Nach dem Schluße der Mehrheit

sollen die von den geheimen Raths Sectionen angenommenen Ansäze von 1.130 fl. seiner Majestät dem Könige als allerunterthänigster Antrag vorgelegt werden.

In den §§ 144-150 legte geheimer Rath Graf [Carl Maria] von Arco den lezten Theil der Vorauslagen, nämlich jenen für die Beischaffung der zu veredelnden rohen Stoffe, d. i. für Gerste und Hopfen vor, und entwikelte aus dem Angeführten, daß die Zinsen des zu Anschaffung der zu veredelnden Stoffe erforderlichen Kapitals auf 300 fl. des Jahres berechnet werden könnten, folglich die sämmtliche Vorauslagen mit Hinzurechnung der vorigen auf 1.430 fl. des Jahres kommen würden. Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco fügte diesem Antrage § 150 eine Zusammenstellung sämmtlicher ständigen Vorausgaben bei.

Die geheime Raths Sectionen hätten diesen Ansaz von 300 fl. jährlicher Zinsen für das zum Ankauf der zu veredelnden rohen Stoffe nöthige Capital angenommen. Im Anfange habe geheimer {12r} Finanz Referendär [Hubert Karl] von Steiner318 in der Sekzions Sizung, zu welcher derselbe zugezogen worden, geäußert, der Ansaz von 16 fl. für das Schäffel Gerste wäre zu hoch, er glaube, daß im Durchschnitt 12 fl. als Mittelpreiß angesezt, und darnach nur von einer halben Jahres Rate oder höchstens von 7 Monaten das landesgebräuchliche Intereße von 5 P.Cent angesezt werden sollte. Den böhmischen Hopfen betreffend, so kämen von diesem keine Intereßen in Anrechnung, da die Bräuer denselben gewöhnlich erst nach vollendetem Bierverschleiß bezalten, und das Intereße sowohl bei dem Kaufe als bei dem Biersaze von selbst schon beigeschlagen würde.

Geheimer Rath von Krenner der jüngere [d.i. Franz] habe dieselbe Meinung rüksichtlich der Gerste gehabt, daß 12 fl. pr Schäffel Maximum geben könnte, hingegen in Hinsicht des böhmischen Hopfens, so dürfte das Intereße hievon mit in Ansaz gebracht werden, da jene, welche nicht auf Kredit kauften, wohlfeilere Preiße erhielten.

Geheimer Rath Freiherr von Krenner habe hiegegen bemerkt, daß ohne sich ins Detail einzulaßen, wie Jeder einsehen müße, wenigstens immer zu einem Normal Bräuhause ganz unstreitig ein Verlags Capital {12v} von wenigstens 6.000 fl. nöthig sei, und folglich der Zinsen-Betrag mit dem Ansaze des Referenten zwar auf einem andern Wege, aber doch in der That selbsten vollkommen übereinstimme, worauf sich auch alle Stimmen mit dem Antrage des Referenten vereiniget.

Auf die von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen verfügte Umfrage erklärten sich alle Mitglieder des geheimen Rathes für den Ansaz von 300 fl., nur Seine Excellenz der Herr Justiz Minister [Reigersberg] fanden einen festen Ansaz für den Ankauf der Gerste und des Hopfens nicht ganz paßend, weil sich der Preis derselben sich [!] alle Jahre ändere. Sie würden alle 2 oder 3 Jahre einen Preis festsezen laßen, und vereinigten sich rüksichtlich des Durchschnitts Preises der Gerste mit der Meinung des geheimen Referendär von Steiner.

Auch geheimer Rath von Krenner und einige andere geheimen Räthe bemerkten, daß das Verlags Capital nur für 6 Monate zu verzinsen sein dürfte, weil es nur so lange im Umlaufe nöthig sei, selbst geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco verstand sich dazu, für diese {13r} Verzinsung nur 200 fl. annehmen zu wollen, allein, da die Mehrheit der Mitglieder des geheimen Rathes bei dem Ansaze von 300 fl. blieb,

so wurde beschloßen, bei Seiner Majestät dem Könige auf den Ansaz von 300 fl. für diese Post allerunterthänigst anzutragen.

Wegen vorgerükter Mittagszeit wurde die gegenwärtige Sizung aufgehoben, und solle in der künftigen Sizung mit den abzuziehenden Einnahmen aus den Nebennuzungen Artikel 151 fortgefahren werden319.

Der König genehmigt die Anträge des Geheimen Rates „vorbehaltlich der weiteren Discußionen und der hieraus hervorgehen könnenden ferneren Entschließungen“ (11. März 1811).

Anmerkungen

309

Vgl. Protokoll Nr. 9.

310

Joseph Bruninger (1752-1816), Studium in Ingolstadt, Lizentiat der Rechte, 1776 Priesterweihe. Im Anschluß mehrere Verwendungen als Hofmeister, zuletzt beim Grafen Seinsheim. 1795 Übernahme des Seinsheimschen Benefiziums in Erding. 1800 trat der frühere Illuminat Bruninger als bayerischer Jakobiner in Erscheinung. 1803 Oberschul-, 1809 Distriktschulinspektor im Landgericht Erding. 1806 Pfarrer in Riding (Gemeinde Fraunberg, Landkreis Erding), 1813 in Langengeisling (Stadtteil von Erding, Landkreis E.). 1809/10 Gründungsmitglied des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern (Harrecker, Verein, S. 32, 361). Zur Beantwortung der 1799 von der Generallandesdirektion „[s]ammentliche[n] in [!] Bräuwesen wohl erfahrne[n] und bewanderte[n] Männer[n]“ gestellten Preisfragen reichte Bruninger eine Schrift ein, die das halbe Preisgeld erhielt (Bekanntmachung vom 12. Oktober 1804, RegBl. 1804, 924 f.; vgl. ChPfB IntBl. 1804, Sp. 839). Gefragt wurde 1. nach den richtigen Mengen an Malz, Hopfen und Wasser, um ein gutes Bier herzustellen, 2. nach den Kriterien, um die Qualität des Biers zu beurteilen, 3. nach dem angemessenen Preis des Biers und wie dieser zu bestimmen sei (Bekanntmachung vom 27. Mai 1799, IntBl. München 1799, Sp. 389f., hier auch das Zitat). Näheres zur Biographie bei Stein, Staatskirchentum, S. 198-207.

311

Schiff und Geschirr bezeichnete in oberdeutschen Mundarten „das nötige gerät zum betrieb von etwas“, DWB Bd. 15, Sp. 53-61 s.v. Schiff, hier Sp. 60 Nr. 25.

312

Benno Scharl (1741-1812), Ausbildung zum Braumeister, 1768 Eintritt als Jesuitenbruder in die Gesellschaft Jesu, 1773-1785 Verwalter der Jesuiten- bzw. Maltesergüter in Ingolstadt bzw. Ebersberg. Als Verwalter der Herrschaft Sünching (1785-1787) sowie der Hofmark Grünbach bei Erding (1787-1812) stand er im Dienst der Grafen Seinsheim. Scharl stand der religiösen Erneuerungsbewegung um den Theologen Johann Michael Sailer (1751-1832; vgl. Boehm (Hg.), Biographisches Lexikon, Tl. 1, S. 358-361 s.v. Sailer [Michael Schaich]) nahe, gehörte 1809/10 zu den Gründern des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern (Harrecker, Verein, S. 28, 32, 361), trat vor allem aber als weithin anerkannter, „hervorragender Brauerei-Fachmann“ hervor (vgl. Teich, Bier, S. 31 [Zitat] und die zahlreichen Erwähnungen im Text, s. Register S. 353). Die im Protokolltext erwähnte „noch im Manuscripte befindliche Anleitung über das Bier-Sudwesen“ wurde 1814, eingeleitet mit einer biographischen Würdigung Sailers, damals Professor für Moral- und Pastoraltheologie sowie Pädagogik an der Landesuniversität Landshut, aus dem Nachlaß herausgegeben: Beschreibung der Braunbier-Brauerey im Königreiche Baiern. Aus dem Nachlasse Benno Scharl’s, gräflich-seinsheimischen Verwalters zu Grünbach. Von dem landwirthschaftlichen Verein in Baiern zum Druck befördert, München 1814 (Nachdrucke: Berlin 1913; Hildesheim/New York 1976). Eine zweite, überarbeitete Auflage erschien 1826 in München, eine dritte, von Karl Wilhelm Dempp vermehrte und verbesserte Auflage wurde 1843 ebenfalls in München publiziert. Postum erschien eine Anleitung für die Arbeit im Bräuhaus: Bräu-Beschreibung. Nach dem Manuskript bearb. v. Heinrich Huber, Berlin 1937. Zum Lebensweg Scharls vgl. Schuster, Scharl; Stein, Pfarrdorf, S. 370-373; Stein, Staatskirchentum, S. 304-310.

313

Die Biertaxe „ist der von der Policei vorgeschriebene Preis, um welchen die brauberechtigten Bürger das Bier verkaufen und ausschenken müssen“. Krünitz, Encyclopädie Bd. 5, Sp. 279-285 s.v. B., Zitat Sp. 279, mit weiterführenden Überlegungen zur Höhe des festgesetzten Preises.

314

Preysing-Hohenaschau, „Votum“, 3 Bll., BayHStA Staatsrat 214.

315

Die Post bzw. der Posten: eine bestimmte Summe Geld, auch der einzelne Ansatz in einer Rechnung, vgl. DWB Bd. 13, Sp. 2022 s.v. Posten.

316

Ein Kiefer, auch Küfer (Böttcher), stellte Brau- oder Bierkufen her, das waren Bottiche, in denen das Bier gebraut wurde. Vgl. DWB Bd. 5, Sp. 2530-2532 s.v. Kufe, hier Sp. 2531; BWB Bd. 1, Sp. 1230.

317

Unschlittkerzen sind Talgkerzen, vgl. Krünitz, Encyclopädie Bd. 199, Sp. 237f. s.v. Unschlitt; BWB Bd. 1, Sp. 113 s.v. Unslitt.

318

Hubert Karl (1808/1813: Ritter von) Steiner († 1817), 1785 Eintritt in die Hofkammer in München, 1789 Rechnungskommissär, 1795/97 Rat. Nach dem Regierungswechsel 1799 geheimer Referendär im Ministerialfinanzdepartement. 1808 Ritter des Zivilverdienstordens der bayerischen Krone, 1813 Eintragung in die Ritterklasse der Adelsmatrikel. 1817 Titel und Rang eines Geheimen Rates. Vgl. HStK 1798, S. 215; HStK 1802, S. 58; RegBl. 1808, Sp. 1044; RegBl. 1813, Sp. 886f.; RegBl. 1817, Sp. 422f.; Baierische National-Zeitung Nr. 69, 21. März 1818, Beilage; Lang, Adelsbuch, S. 559; Protokolle Bd. 1, S. 32.

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Zum Fortgang: Nr. 11 (Geheimer Rat vom 14. März 1811), TOP 1.